Sein Werdegang

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Schon mit acht oder neun Jahren sagte er, dass er später schreiben würde; eine Krankenschwester könnte es bezeugen. Sie antwortete dem kleinen Blinddarmpatienten: Dazu musst du erst noch viel lernen.

In seinen Zehner- und Zwanzigerjahren schlugen spezielle Schreibversuche – Erzählungen, Dramen – regelmäßig fehl und er brach sie alle ab. Dennoch schrieb er damals sehr viel: Tagebücher und Briefe.

Mit dreißig verhob er sich unter Prousts starkem Eindruck an einem autobiographischen Roman und kam nicht über zwei Dutzend Seiten hinaus. Noch mehr zu erleben, das erschien ihm vorerst wichtiger als darüber zu schreiben.

In seinen Dreißigerjahren ging er, damals in Hamburg lebend, noch immer viel aus, doch in den Zeiten von Aids verlagerte sich der Schwerpunkt: vom Erleben aufs Beobachten, Sublimieren. Am Ende des Jahrzehnts mühte er sich mit Kurzprosa und kleinen Erzählungen ab, angeregt von Robert Walser und Cesare Pavese. Er gönnte sich nach gut zwei Dutzend abgeschlossenen Texten erschöpft eine längere Pause.

Mit Mitte vierzig aufs Land gezogen und dort zwei mittelgroße Erzählungen verfasst, bevor die Produktion erneut für einige Jahre versiegte. Dann setzte sie unter dem Einfluss der Werke von Hans Henny Jahnn wieder ein, um bis heute anzuhalten. Nacheinander schrieb er in zehn Jahren drei Romane und eine lange Erzählung.

Mit Ende fünfzig kam sein Einstieg ins Internet und die Rückkehr zur kleinen Form: Skizzen, Schnipsel, Rezensionen. Er filetierte nun seine Romane, stellte Auszüge ins Netz, den Stil verbessernd.

Als Siebziger - und inzwischen wieder in Berlin - findet er es nicht der Mühe wert, weiter Ureigenes hervorzubringen und zu gestalten. Schier unendlich die Welt uns überlieferter Literatur, gewiss nicht zu überbieten, kaum zu erreichen in Qualität und Vielfalt. Darin kann er sich, sie betrachtend und ausdeutend, nun verlieren.
 
G

Gelöschtes Mitglied 23450

Gast
Vielen Dank, Arno, für den Einblick in Dein Leben. Hier hats zwar nur geschnipselt, aber schön geschrieben ist es trotzdem!

Schönen Tag
Rudi
 
Danke, Rudi, für die freundliche Resonanz. Den Text habe ich um die Jahreswende verfasst. Jetzt könnte ich den Schluss noch ergänzen: Wenn der Atavismus zu herrschen beginnt, endet die Zeit für Literatur.

Trotzdem einen schönen Abend
Arno
 



 
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