Sie

4,00 Stern(e) 2 Bewertungen

mohn.a

Mitglied
Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Moment jemals werde vergessen koennen. Und ganz ehrlich, ich moechte ihn auch nicht vergessen.

Wir lagen im Bett. Er war gerade im Badezimmer, um sich sauber zu machen. Sie und ich lagen einfach da, mit dem Kopf am Fussende, verschwitzt und irgendwie erschoepft, aber in einer angenehmen Weise, auch wenn wir beide heute Nacht nicht auf unsere Kosten gekommen sind. Aber es war trotzdem schoen. Wir lagen auf dem Bauch, die Gesichter einander zugewandt. Ihre Fingerspitzen strichen saft ueber meine nackte Haut, knapp oberhalb meines Pos, und langsam meine Seite hinauf bis zum Ansatz meiner Brueste. Meine Hand strich ueber ihre Wange. Ihre Haut war so zart.
Wir schauten uns in die Augen. Ich laechelte. Ich konnte es noch immer nicht ganz fassen, dass ich tatsaechlich hier war.

---

Der Abend hatte ganz harmlos begonnen. Ich bin nach der Arbeit zu den beiden gefahren und wir wollten gemeinsam kochen. Dass da eventuell mehr als nur Kochen draus wird, war mir schon klar. Aber wir hatten keinen Stress, und ich fuehlte auch keinen Druck oder die uebliche Nervositaet, die bei mir aufkommt, sobald ich denke, dass mein Gegenueber an mehr als nur einer freundlichen Unterhaltung interessiert ist. Es war alles komplett zwanglos. Ich kenne ihn nun schon seit ziemlich langer Zeit – sie dagegen erst seit einigen Monaten. Seit ich von meiner letzten Reise nach Hause gekommen bin. Wir haben uns seitdem zwar schon haeufiger gesehen und uns grundsaetzlich immer gut verstanden, aber wir hatten bis dato keine tiefgruendigen Gespraeche gefuehrt, durch die wir uns besser kennenlernen konnten. Dadurch, dass sie nun schon seit fast zwei Jahren mit ihm zusammen war, hatten wir dennoch viele gemeinsame Bekannte, und so kam es, dass unser Gespraech sowohl aus den ueblichen Kennenlern-Fragen (Wo bist du aufgewachsen? Was machen deine Geschwister? Seit wann bist du Vegetarierin?) bestand als auch daraus, uns ueber unsere Freunde, Familien, kommende Partys und Events im Freundeskreis, Musik, Reisen und Literatur auszutauschen. Sex wurde erstmal gar nicht angesprochen und ich war froh daraum.

Er kennt mich gut genug, um zu wissen, dass mir eine emotionoale Beziehung wichtig ist, bevor ich es in irgendeiner Form weitergehen lasse. Ich moechte Vertrauen aufbauen, bevor ich einer anderen Person Kontrolle ueber meinen Koerper gebe.
Ich vertraue ihm. Auch wenn er mich, bevor ich weggegangen bin, des Oefteren zum Weinen gebracht hat – unbewusst, aber dennoch, mit ihm war es wie mit einer Achterbahn; ein staendiges Auf und Ab. Waehrend der Hoch-Zeiten war ich uebergluecklich und konnte mich kaum zurueckhalten, meine Freude und Aufregung, meine Erlebnisse und Wuensche mit meinen Freundinnen zu teilen. Er musste mich nur anschauen und ich war direkt Feuer und Flamme. Ich liebte unsere Gespraeche – selbst betrunken auf Partys fuehrten wir Diskussionen ueber Politik, ueber Geschichte und Gleichberechtigung, ueber Liebe und Einsamkeit. Manchmal merkte ich gar nicht, dass Stunden vergingen, bevor die Musik ausging und meine Schwester mir sagte, dass ihr Freund uns nun nach Hause bringen wuerde. Hin und wieder fragt er mich, ob ich nicht Lust haette, draussen weiterzureden. Und natuerlich sagte ich nie Nein. Ich glaube, damals haette zu allem Ja gesagt, was er vorschlaegt. Heute vielleicht auch nocht. Ich bin mir nicht sicher.

Wir haben uns oft gekuesst. Er kuesste gut. Ich mochte es. Ich habe in meiner Jugend eine Menge Leute gekuesst und mit ihm machte es definitv am meisten Spass. Er sorgte dafuer, dass es Spass machte. Ich spuerte selten das Kribbeln zwischen den Beinen, das in den ganzen Liebesromanen beschrieben wird, die ich ueber die Jahre gelesen habe. Aber mit ihm war es aufregend und ich liebte es, wenn er meine Haut streichelte und seine Lippen langsam zu meinem Hals wanderten. Das mag komisch klingen, aber ihn zu kuessen, zielte nicht immer direkt darauf ab, gemeinsam ins Bett zu steigen. Das Kuessen und die Naehe zueinander waren wichtig – zumindest war das meine Empfindung. Er wusste mich zu necken und zum Lachen zu bringen. Er kannte die Stelle an meiner Seite, an der ich besonders empfindlich war.

In meiner Jugend litt ich unter so einigen Komplexen – doch er schaffte es, dass ich mich gut fuehlte in meiner Haut, sobald ich mit ihm zusammen war. Er machte mir Komplimente, sagte mir, wie sehr er meine Augen, meine Lippen, meine Brueste mochte. Aber auch die Art und Weise, wie er mich beruehrte und mich anschaute, gaben mir das Gefuehl, begehrenswert zu sein.
Trotzdem schaffte er es aber auch, dass ich mich klein und unbedeutend und ungeliebt fuehlte. Ich weiss, es war nie seine Absicht, und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es ihm nie bewusst war. Aber mein Problem war, dass meine Gefuehle immer ins Extreme stiegen. Ich war entweder extrem gluecklich und zufrieden oder ich war zu Tode betruebt und verzweifelt.
Ich habe in den vergangenen Jahren gelernt, besser mit meinen Gefuehlen umzugehen und meine letzte schwere Depression ist nun auch schon ein wenig her. Aber damals war es sehr schwierig fuer mich, ein Mittelfeld zu finden und ausgeglichen zu sein.
Sobald er also mal mit einem anderen Maedchen sprach, mit jemand anderem flirtete oder ich sah, wie er wen anders kuesste, war ich direkt enttaeuscht, fuehlte mich verletzt und so, als waere ich es nicht mehr wert. Dabei wusste ich damals schon, dass er und ich nichts Exklusives hatten. Er war nicht an einer Beziehung interessiert, und auch wenn das nicht so klingt, war es irgendwie OK fuer mich. Aber es schmerzte trotzdem, wenn sein Fokus auf jemand anderem lag.

Bis sie kam.

Ich war im Ausland unterwegs, reiste und arbeitete und begann, mir ein neues Zuhause in der Ferne aufzubauen. Ich liebe meine Freunde, meine Familie, mein Zuhause. Aber dort bin ich einfach nicht erfuellt. Es scheint, als wuerde ich etwas suchen. Was genau, weiss ich nicht. Glueck? Liebe?
Es fuehlt sich gut an, neu zu starten. Bei meinen Freunden zuhause, dreht sich immer alles um die Gruppe – eine tolle Gruppe, keine Frage – aber die Individuen passen sich der Gruppe an, und insbesondere solche wie ich, die kein Interesse haben, Dominanz zu zeigen, verstellen sich haeufig. Ich glaube, wenn man nichts anderes gewohnt ist, nimmt man das gar nicht so wahr. Und das ist vielleicht auch nicht immer schlecht.
Aber waehrend meiner Reisen habe ich gelernt, mehr Ich selbst zu sein. Mehr auf mich und meine Interessen und Beduerfnisse zu achten. Bei einem Neustart muss ich mich nicht anpassen, sondern ich passe mein soziales Umfeld an mich selbst an. Es ist ok, jemanden mal nicht so zu moegen oder nicht mit allen auszukommen. Denn ich bin niemanden etwas schuldig und bin nicht verpflichtet, mit allen befreundet zu sein oder mit allen auszukommen. Ich glaube, zuhause im gewohnten Umfeld, vergisst man das haeufig.

Wie auch immer. Ich war gerade irgendwo in Suedamerika unterwegs – die Sonne geniessen, den Amazonas erkunden, Vulkane besteigen, am Strand liegen und aus einer Kokosnuss schluerfen – als Julia, eine meiner besten Freundinnen, mir in einer kurzen Nachricht schrieb, dass er nun eine Freundin hat. Sie fragte, wie es mir damit ging, und meine ehrliche Antwort war: „Gut.“
Beim Reisen war ich immer ausgeglichener und ich konnte meine Emotionen viel besser reflektieren. Dass ich weit von Zuhause entfernt war, kam dem Ganzen wohl auch noch zugute, denn ich habe mich ganz ehrlich fuer ihn gefreut.
Er war schon immer ein guter Mensch – manchmal frech und anstrengend und stur, aber trotzdem gutmuetig und charmant und ehrlich. Er hat es verdient, die Person zu finden, die ihn gluecklich macht. Denn sind wir mal ganz ehrlich: Ganz sicher mochte er mich und wir waren selbstverstaendlich befreundet (auch wenn wir uns nicht immer nur freundschaftlich verhalten haben), aber ich war nun einmal nicht diejenige, die ihn gluecklich macht. Die irgendwelche tieferen Gefuehle in ihm weckte.
Ich war nicht seine Seelenverwandte, und er war auch nicht mein Seelenverwandter.

Sie dagegen...

---

Wir schauten uns in die Augen. Gruene Augen. Nicht leuchtend gruen oder so unnatuerlich, wie in den Buechern immer beschrieben.
Sie hatte einen fast schon gold-gelben Ring um die Iris, der dann langsam in ein dunkles, aber irgendwie blasses Blau ueberging, sodass ihre Augen insgesamt gruenlich schimmerten.
Ich haette ewig in diese Augen schauen koennen. Aber ich wollte mehr sehen, als nur die Augen. Ihre sanften, vollen Lippen. Die Gruebchen in den Wangen. Leichte Sommersprossen auf den Wangen und auf der Nase.
Sie laechelte nun auch. Ein sanftes, traeges Laecheln, doch ihre Augen schienen zu strahlen.
„Ich bin froh, dass du hier bist“, fluesterte sie.
„Ich bin auch froh, hier zu sein“, antwortete ich leise. Sie hoerte mich trotzdem. Ich liess meine Fingerspitzen von ihrer Wange weiter zu ihren Lippen wandern. Strich sanft ueber ihre Oberlippe. Meine Hand umfing ihre Wange und ich liess meinen Daumen ueber ihre Unterlippe gleiten.
Sie schloss ihre Augen, seufzte leise und oeffnte ihren Mund ganz leicht. Mein Daumen glitt in ihren Mund und ich spuerte, wie ihre Zunge langsam meinen Daumen umfing. Sie begann, daran zu saugen.

Ich aergerte mich schon fast, dass wir in dieser Position da lagen. Ich wollte mich nicht bewegen, weil wir beide so entspannt waren – gleichzeitig hatte ich aber auch den Drang, sie wieder mehr zu beruehren. Ich wollte, dass mein Daumen in ihrem Mund blieb, aber ich wollte auch ihre Haut streicheln, ihren flachen Bauch, ihre kleinen zarten Brueste. Ihre Brustwarzen, die sich schon bei der kleinsten Beruehrung aufrichteten und so schoen hart wurden, wenn man mit ihnen spielte.
Doch ich blieb liegen, wie ich war. Denn ich wusste nicht, ob ich das alles ueberhaupt durfte. Nicht einmal eine halbe Stunde zuvor hatte ich genau das schon gemacht, aber da war er ja auch dabei gewesen.
Jetzt waren es nur sie und ich. Durfte ich sie so beruehren, wie ich es mir wuenschte, wenn er gerade nicht im Zimmer war?

Ich liess meinen Daumen aus ihrem Mund gleiten und strich dann ueber ihren Arm, bevor ich mich vorbeugte und sie kuesste. Nur wenige Zentimeter von ihr entfernt, atmete ich ihren Duft ein. Ich schloss meine Augen und genoss ihre Finger auf meiner Haut.
 

Blue Sky

Mitglied
Eine hübsche Dreiecksbeziehung und es klingt nach der authentisch verwirrten Beschreibung auf dem Weg da hinein.

Dann Gefühle und Berührungen nur unter Aufsicht? So weit kommt das noch ...!

Benutzt du eine US-amerikanische Tastatur oder ist das ein Stieltrick mit den fehlenden Umlauten? :confused:

soll bestimmt sanft sein!

ich war froh daraum.
... darum... oder ... drum ...?

machte es definitv am
... definitiv ...!

Trotzdem bin ich gerne mal mit eingestiegen ...

LG
BS
 

HeinzD

Mitglied
Es gibt ein paar Teppfihler (aber weniger als ich mache) - aber die 'stören' weniger als der Umgang mit den Umlauten. So weit der formale Formalismus.

Es liest sich teils wie ein Tagebucheintrag, bei dem man/n sich fast unwohl fühlen könnte ob der vermittelten Nähe, teils wie ein begonnener Brief. Das wirkt ungewöhnlich - passt aber zur Situation.

Mit hat es gut gefallen.
 



 
Oben Unten