spät sommer ahnung

Walther

Mitglied
spät sommer ahnung


das leise rauschen von den blättern wind
gemacht so schiens hat noch sommer aber
ganz langsam wird es herbst der kandel laber
auf der veranda flackert wo wir sind

zum abschied nehmen im gespräch versunken
ein schauer lässt am arm die haare stehn
als wir uns tief in unsre augen sehn
da war das letzte kalte bier getrunken

ich hole uns die jacken denn die kühle
zieht bis hinein in unsre knochen das
ist eine todes ahnung die ich fühle

sie sticht in diesen abend nach dem spaß
des langen warmen tags ich halt dich fest
sag ich zu dir weil deine wange nässt
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein sanftes und trauriges Sonett. Merkwürdig, dass Spätsommer immer auch Abschied assoziiert.

Zugleich entsteht die Ahnung des neuen Frühlings, aber kommt er auch?

Herbst Regen Tränen fallendes Laub Abschied.

Aber da ist neben den Metaphern auch der ganz reale Abschied und die Ahnung des Todes des lyrischen "Ich".
 
B

Beba

Gast
Lb. Walther,

das gefällt mir gut. Wie Bernd schon schreibt, sind hier ja zumindest zwei Ebenen erkennbar, die du fein ineinanderwebst. Dieser Spätsommer, tagsüber noch warm, am Abend kühlt er ab, so dass man schnell fröstelt. Und auch der Mensch fühlt sich durchaus noch wohl und gesund in seinem Spätsommer, aber die ersten Anzeichen des Alters zeigen sich immer deutlicher.

Einzig das kalte Bier brachte mich etwas ins Grübeln. Und ich weiß noch nicht so recht, ob ich es hier mag oder nicht. Aber darüber denke ich noch einmal nach. ;)

LG
Beba
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich sehe das Bier als Symbol des Abschieds, wobei es entweder auf die Gegend oder auf Vorlieben hindeutet, ich hätte eher Wein erwartet.
 

Walther

Mitglied
spät sommer ahnung


das leise rauschen von den blättern wind
gemacht so schiens hat noch sommer aber
ganz langsam wird es herbst der kandelaber
auf der veranda flackert wo wir sind

zum abschied nehmen im gespräch versunken
ein schauer lässt am arm die haare stehn
als wir uns tief in unsre augen sehn
da war das letzte kalte bier getrunken

ich hole uns die jacken denn die kühle
zieht bis hinein in unsre knochen das
ist eine todes ahnung die ich fühle

sie sticht in diesen abend nach dem spaß
des langen warmen tags ich halt dich fest
sag ich zu dir weil deine wange nässt
 

Walther

Mitglied
bernd und beba,

danke für eure einträge.

was haltet ihr von weizenbier, dem getränk des sommers? ;)

lg w.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ja, das tauchte hier auf, hat aber hier in Dresden wenig Tradition. Es erhält langsam welche ...
Hier ist eine Heimat von Pilsner. (Manche denken, in der Semperoper).
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es würde die Stimmung völlig ändern.
"Kaltes Bier" klingt erfrischend. Dadurch verstärkt es den Abschied, die Plötzlichkeit, die Unvermeidlichkeit des "letzten". Mit "schales Bier" wird ein Gefühl der Langsamkeit, Trägheit, des Überdrusses erzeugt, weniger der Trauer, des Verlustes. Verdruss statt Verlust, Trägheit statt Abschied, Gezwungenes Zusammensein wie in einem Ehekrieg.
Es ist völlig anders, als die Unvermeidlichkeit des Todes, der sagt "KOMM!". Ich habe einen Fim über Sterbehilfe gesehen, dort war auch ein Abschiedsgetränk - vor dem letzten.

Ich selber glaube nicht, dass aktive Sterbehilfe gut sei, aber ich war nie in der Situation, das Gedicht erinnert mich daran, auch wenn die Handlung das nicht notwendig ist.

Mein Vater hat uns ein halbes Jahr vor seinem Tod zu einem Gartenfest eingeladen. Dort sagte er, er müsse zur Chemo. Er arbeitete darauf hin, seinen Geburtstag im April zu erleben und alle nochmal einzuladen.
Es ist ihm gelungen. Er starb dann im Mai, nachdem die letzten Verwandten ihn zwei Tage vorher besucht hatten.
 
B

Beba

Gast
Lb. Walther,

Weizenbier? Wo? Ich bin dabei ... ;)

Das kalte Bier ist etwas besonders, aber vielleicht darum auch besser als der "gewöhnliche" Rotwein.

LG
Beba
 

Walther

Mitglied
lb rogathe,

das "kalte bier" oder "weizenbier" ist eine figuration des hochsommers mit seiner biergärten. das war der sinn dieses verses.

danke für deine überlegungen und fürs reinlesen.

lg w.


lb bernd,

es sind immer "letzte" feste, die einen unvermeidlichen zieren sollten, wenn man das noch arrangieren kann. das klappt nicht immer, und was deinem vater gelang, ist etwas wunderbares, das sich auch in deiner erinnerun positiv manifestiert hat.

hier geht es um das verweben der jahreszeiten mit der endlichkeit von uns allen. also ist das sonett ganz in der tradition des memento mori.

lg w.

lb beba,

soll ich nun das weizenbier nehmen? :)

lg w.
 

Walther

Mitglied
spät sommer ahnung


das leise rauschen von den blättern wind
gemacht so schiens hat noch der sommer aber
ganz langsam wird es herbst der kandelaber
auf der veranda flackert wo wir sind

zum abschied nehmen im gespräch versunken
ein schauer lässt am arm die haare stehn
als wir uns tief in unsre augen sehn
da war das letzte kalte bier getrunken

ich hole uns die jacken denn die kühle
zieht bis hinein in unsre knochen das
ist eine todes ahnung die ich fühle

sie sticht in diesen abend nach dem spaß
des langen warmen tags ich halt dich fest
sag ich zu dir weil deine wange nässt
 

Walther

Mitglied
version mit zäsuren:
das leise rauschen von den blättern / wind
gemacht / so schiens / hat noch der sommer / aber
ganz langsam wird es herbst / der kandelaber
auf der veranda flackert / wo wir sind

zum abschied nehmen / im gespräch versunken /
ein schauer lässt am arm die haare stehn /
als wir uns tief in unsre augen sehn /
da war das letzte kalte bier getrunken /

ich hole uns die jacken / denn die kühle
zieht bis hinein in unsre knochen / das
ist eine todes ahnung / die ich fühle /

sie sticht in diesen abend nach dem spaß
des langen warmen tags / ich halt dich fest /
sag ich zu dir / weil deine wange nässt
 



 
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