Spannung auf Satzebene erzeugen

Darlene

Mitglied
Spannung erzeugen

Spannung kann erzeugt werden, indem man die Antworten, die der Leser erwartet (Bsp.: Die Antwort auf die Frage, welcher der beiden Protagonisten, die zu den Küchenmessern geriffen haben, zuerst zusticht..) solange wie möglich hinauszögert.
Dies kann durch Einschübe (Erzählschritte) geschehen oder auf Satzebene, indem man das aufschlussgebende Wort an den Schluss stellt.

Bsp.: Hans lugte vorsichtig um die Ecke und sah im Licht von sechs Fackeln, die im weiten Rund um den Waldboden steckten und eine kaum bewachsene Fläche von kaum 15 Metern Durchmesser beleuchteten, eine seltsame Gestalt.

Zwischen Hans lugte vorsichtig und sah....eine seltsame Gestalt, liegt der wichtigste, aber auch \"ärgerlichste\" Teil, der den Leser auf die Folter spannt. Dabei kann die Erzählzeit oft auch länger sein als die erzählte Zeit.
Wer schafft es im folgenden Satz den Leser am längsten auf die Folter zu spannen?

Aufgabe:
Ich trat voll auf die Bremse.........







......krachte aber trotzdem in den vor mir stehenden Wagen.

Viel Spaß beim Schreiben!
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Das ist natürlich eine lustige Fingerübung – nur die Begründung ist völlig unsinnig. SOLCHE Sätze (wie in dem Beispiel) sind nicht spannend – sie sind zäh, langatmig, unübersichtlich oder gar "unlesbar"…


Ich trat voll auf die Bremse, mein Oberkörper strebte der Frontscheibe zu, die Reifen qietschten, im Kofferraum rumpelte es und das Heck meines Autos wollte partout nach vorn, die Limoflasche schoss aus ihrer angeblich unfallsicheren Halterung, knallte gegen die Konsole, plumpste in den Fußraum und übergab sich zischend über meine guten Schuhe, ich trat noch verzweifelter auf Kupplung und Bremse – bockte regelrecht – und zog das Lenkrad zu mir und …
…krachte in den vor mir stehenden Wagen.
 
D

Denschie

Gast
Ich trat voll auf die Bremse, während die Beatles im
Radio weiterhin unermüdlich "Lucy in the sky with diamonds"
besangen, und ich mich fragte, ob es nun LSD-Werbung
sein sollte oder nicht,bemerkte jedoch, dass es zu spät
war und konnte nur noch schnell ein Stoßgebet losschicken,
das mich hoffentlich vor einem grausamen Tod eingequetscht
zwischen Lenkrad und Fahrersitz bewahren würde, bevor ich
die Augen schloss und in den vor mir stehenden Wagen
krachte.
Na ja, der letzte Satz ist etwas umgestellt.
Mal ehrlich: findest du das spannend, Darlene?
Ich würde nach so einem Satz nicht weiterlesen. Allerdings
auch nicht nach dem, den du als Beispiel bringst.
Trotzdem eine unterhaltsame Idee, das will ich nicht
abstreiten.
Gruß,
Denschie
 
Ich trat voll auf die Bremse, als meine Augen direkt auf die Straße sahen und ich außer grauem Asphalt nichts sah, jedoch gedanklich bei ihm war - bei ihm - der mir gerade gestand, dass er sich das Leben nehmen würde, wenn ich jetzt fahre, denn sein Leben hätte keinen Sinn mehr und ich wüßte es, wüßte es sehr genau, dass ich an allem Schuld sei, weil ich ein gefühlskaltes, egoistisches Frauenzimmer sei, dass nur ihre Vorteile nutzt und sich sonst um keinen scherrt, um Niemanden, noch nicht einmal um ihn, der alles für mich sie tun würde, alles, wobei er sich fragt, was er als Lohn bekäme und bei dieser beschissenen, letzten Frage krachte ich in den vor mir stehenden Wagen.

Na ja, hab es auch versucht.

Lieben Gruß Stephanie
 
E

Edgar Wibeau

Gast
Fingerübung

Ich trat voll auf die Bremse, der wie immer perfekt geschminkte Erdbeermund meiner Frau, die zum x-ten Mal über meinen Fahrstil gemeckert hatte, machte mich diesmal nicht verrückt, sondern vereinte sich mit der Frontscheibe wie zum Kuss, begleitet vom hässlichen Geraüsch der aufplatzenden Silikonimplantate, für die die letzten drei Raten des Beauty-Kredits noch nicht zurückgezahlt waren und ich fragte mich, als gezackte Risse mein Blickfeld zerteilten, ob die Teilkaskoversicherung wohl für Glasschäden aufkommt, die durch innere Einwirkung entstanden sind.

Ich bin gespannt, was meine Frau davon hält...

Gruß

Christian
 

Roni

Mitglied
Ich trat voll auf die Bremse und konnte meinen neuen Mercedes gerade noch stoppen, bevor er die junge Frau in dem kurzen Sommerkleid überrollen konnte, die wild gestikulierend hinter ihrem parkenden Käfer stand und offensichtlich, so deutete ich messerscharf die Situation, mitgenommen werden wollte zur nächsten Tankstelle, denn die Motorhaube ihres Wagens stand offen und deutlich konnte ich in ihrem von blonden Locken umrahmten herzförmigen Gesicht außer einem neckischen Ölfleck auf der Stirn auch die typisch weibliche Ratlosigkeit angesichts schon minimalster technischer Probleme wahrnehmen, die allerdings in Erleichterung umschlug, als sie jetzt zu mir in den Wagen stieg, zwitschernd ihre Not darlegte, sich artig für mein souverän gemachtes und mit sonorer Stimme vorgebrachtes Angebot, sie selbstverständlich bis ans Ende der Welt zu kutschieren, bedankte, sich aufatmend in den bequemen Ledersitz zurücklehnte und mich lächelnd beobachtete, wie ich, etwas abgelenkt durch den Anblick ihrer wirklich reizenden braungebrannten Schenkel, versuchte, den Rückwärtsgang einzulegen, dabei aber einen fatalen Fehler beging und beim energisch männlichen Tritt aufs Gaspedal (schließlich trotzdem) in den vor mir stehenden Wagen krachte.
 
Hallo Roni und Edgar

Ich mußte zwar beim Lesen mich öfter daran erinnern Luft zu holen, aber so gelacht, habe ich schon lange nicht mehr.


Genau so.........Stephanie
 

Hk

Mitglied
Hmm... ich bastel hier mal auf einer eher experimentellen Stilebene (das klingt grade derbst hochgestochen ^^)...

Ich trat voll auf die Bremse, hatte die roten Bremslichter des Wagens vor mir nicht gesehen, als dichter Nebel wie eine Wand plötzlich vor meinem Wagen aufgetaucht war, war durch das Fernlicht geblendet gewesen, war in Panik geraten, hatte die Bremslichter nicht gesehen, trat nun voll auf die Bremse, spürte, wie der Wagen weiterrutschte, versuchte auszuweichen, realisierte erst dann, das es glatt war, realisierte dies vielleicht auch, weil der Wagen sich einfach nur drehte, versuchte Gegenzulenken, versuchte aus der Gefahrenzone zu kommen, krachte aber trotzdem in den vor mir stehenden Wagen und sah noch zwei weitere Lichter, die sich konfus seitlich bewegten...
 

Nicolas

Mitglied
An Hk.

Hättest du das erste Komma durch ein 'und' ersetzt, hätte deine Schilderung nicht so einen Einkaufslistencharakter abbekommen. Ansonsten war der Ansatz meiner Meinung nach nicht schlecht.
 

Axel B

Mitglied
Ich trat voll auf die Bremse.........,

meine Oberschenkelmuskeln verhärteten sich, als ich mich gegen die Rückenlehne meines Sitzes presste um noch mehr Druck auf das Pedal ausüben zu können, weil ich um jeden Preis verhindern wollte, auf den Anhängerkupplung bewehrten Wagen vor mir aufzufahren, was mir mit zunehmender Reduktion meiner eigenen Geschwindigkeit auch zu gelingen schien, wäre nur nicht der unaufmerksame Fahrer des schwerfälligen Lastzuges hinter mir gewesen, der offensichtlich deutlich später begonnen hatte zu bremsen und unter Berücksichtigung des deutlich längeren Bremsweges mein eigenes Bemühen als Makulatur erscheinen lies, indem er mein mittlerweile zum Stillstand gekommenes Fahrzeug brutal von hinten anschob und ich - trotz erfolgreichen eigenen Bremsmanövers, nun zur Passivität verdammt -

......krachte aber trotzdem in den vor mir stehenden Wagen.
__________________
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich trat voll auf die Bremse, und während sich mein stierer Blick an den höhnisch grinsenden und rasch näher kommenden Bremslichtern meines Vordermannes fest saugte, stieß ich ein verzweifeltes "Himmel, Arsch und Zw...! aus und krachte aber beim "irn" bereits in den vor mir stehenden Wagen.
 

MDSpinoza

Mitglied
Ich trat voll auf die Bremse und staunte nicht schlecht, als mein Fuß das Pedal - hatte daran jemand herumgespielt? - bis zum Bodenblech ohne nennenswerten Widerstand - war das der Ursprung des seltsamen Flecks unter mainem Wagen, als ich losfuhr? - durchdrücken konnte - herrjeh, das reichte nicht mehr bis zum Vorderma-
Dunkelheit. Ein leises piep - piep - piep im Hintergrund, sonst Stille.
 

vicell

Mitglied
Ich trat voll auf die Bremse, ignorierte das würgende Geräusch meines betrunkenen Beifahrers, der sich trotz meines immer stärkeren Protestes ungeduldig am Reissverschluss meines geblümten Kleides zu schaffen machte, streckte meine rechte Hand aus und stieß den Kerl mit seiner Alkoholfahne mit weitausgestrecktem Arm aus der offenen Beifahrertür ... ich nahm den Fuß vom Pedal, wollte ordentlich Gas geben und merkte in dem Moment (viel zu spät natürlich) die grell aufblinkenden Signallichter ...viel zu wütend, um einen klaren Gedanken zu fassen, blieb mir nur noch Zeit, um schicksalsergeben mit den Schultern zu zucken (mein Kleid war eh hin, scheisse) und einen letzten Gedanken zu fassen: "Warum eigentlich nicht?" ... das Rücklicht des Fahrzeugs vor mir blinkte verheissungsvoll und dieser Einladung folgend krachte ich - meiner derzeitigen Stimmung gemäß entsprechend - in den vor mir stehenden Wagen.


Nojo. Hab keinen Führerschein, man merkts, gelle?

;)
 

HerbertH

Mitglied
späte Fingerübung, in doppelter Hinsicht...

ich trat voll auf die Bremse, ohne Hoffnung, dadurch den Schaden abwenden zu können und obwohl ich eigentlich Tierfreund bin, ich kann doch keiner Fliege was zuleide tun, aber diesmal, und ich freute mich geradezu über diese perfide Zielsicherheit, diesmal lebte ich meine Rache voll aus, ja, mit Hochgenuß zertrat ich das gemeine Insektenvieh, dessen Biss mich so unsäglich geschmerzt hatte, verpasste damit den rettenden Tritt auf die andere Bremse, das Pedal also, und krachte voll in den Wagen vor mir.
 

HerbertH

Mitglied
2. Version

ich trat voll auf die Bremse, Herr Richter, ohne Hoffnung, dadurch den Schaden abwenden zu können und obwohl ich eigentlich Tierfreund bin, ich kann doch keiner Fliege was zuleide tun, aber diesmal, und ich muss zugeben, ich freute mich geradezu über meine perfide Zielsicherheit, diesmal mußte ich einfach meine Rache voll ausleben, ja, mit Hochgenuß zertrat ich das gemeine Insektenvieh, dessen Biss mich so unsäglich geschmerzt hatte, verpasste damit den rettenden Tritt auf die andere Bremse, das Pedal also, und - hier muss ich den Herren Staatsanwalt korrigieren-, gerade deswegen, und nicht trotzdem, krachte ich voll in den Wagen vor mir.
 

Esah

Mitglied
Ich trat voll auf die Bremse,
und für einen kurzen Augenblick,
schien ich zu schweben,
engelsgleich,
die Ewigkeit im Moment,
erblickte ich die Herrlichkeit Gottes,
in Form eines Wassertropfens
auf der Windschutzscheibe,
der das rote Bremslicht brach,
und während ich meine ganze atheistische Weltanschauung in dieser Milliskunde über Bord warf,
und sich mein Glauben, meine Hoffnung, ja mein Leben schlagartig änderte,
wusste ich: „Gott liebt mich!“...
....und dennoch krachte ich in den vor mir stehenden Wagen.
 

mitis

Mitglied
Ich trat voll auf die Bremse,
spürte, wie mir das Blut heiß durch die Adern schoss, bis in die Fingerspitzen, bis in die Zehen, etwas quietschte von fern, jemand schrie gellend auf, war das ich selbst, ich riss am Lenkrad, oder klammerte ich mich an, die Augen so nah an der Windschutzscheibe wie nie, etwas quietschte von fern, jemand schrie, ich schrie, ich riss noch immer am Lenkrad, die Hände heiß, warum schmerzte mein Brustkorb, ich riss noch einmal am Lenkrad, ich wollte mit meinem ganzen Körper nach links, irgendwie, bitte, lieber Gott,
krachte aber trotzdem in den vor mir stehenden Wagen
 



 
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