Synodale Depression (Sonett)

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Soljanka

Mitglied
Erkältet niest die Welt, vom Himmel rieselt leise
der kristalline Schnee. Der neue Weg liegt heu-
te eingekuschelt da. Er räkelt sich erneut
und dreht sich schläfrig um, genießt die schwere, heiße

Bettdecke aus Asphalt. Fast fertig für die Reise...
Ein bisschen ruhen noch, ein bisschen Zeit, ihr Leu-
te, einmal nur noch "Snooze", ein bisschen Zeit vergeu-
den, noch mal walzen... Stopp! Verlier nicht dummerweise

das Ziel aus deinem Sinn! Was walzt und teerst du noch?
Steh auf jetzt, mache dich auf deinen Weg und geh!
Er geht sich nicht von selbst. Es kommt auch keine Fee.

Als wüsstest du's nicht selbst. Als wär's nicht auch dein Weh,
'n Mit-leiden-schafft Gefall'ne. Hämisch darin sto-
chern ändert auch nicht viel. Du kriechst zu Kreuze doch.
 

Walther

Mitglied
Hi Soljanka,

die quarette, ok. die terzette, naja. ich denke, das muß noch reifen, um dann richtig gut zu werden. vielleicht solltest du das strenge reimkorsett aufgeben, des besseren flusses der sprache wegen.

lg W.
 

Soljanka

Mitglied
Hallo Walther,
Danke für's Lesen und Kommentieren.
Habe nichts gegen einen Reifungsprozess einzuwenden. Es hängt ein bisschen mein Herz an dieser Gedichtform und an den alten Meistern, da will ich so schnell nicht aufgeben. Aber ich lass es mir nochmal durch den Kopf gehen. Die Fee ist wahrscheinlich doch zu viel...
Gruß von Soljanka
 

Tula

Mitglied
Hallo Soljanka

Soweit gefällt mir der Text, inhaltliche Struktur, die Pointe in der letzten Zeile. Was wirklich störend wirkt mMn ist der wieserholte Bruch bei -heu, auch das sto- klingt merkwürdig. Nun ist es aber Absicht, denn die Alternative - eut'- ist einladend, wobei der metrische Fluss mit Füllwörtern wiederhergestellt werden kann:

... Der neue Weg liegt heut'
wie eingekuschelt da. ....

... ihr Leut'
nur einmal noch ein Snooze und keine Rast gescheut,
....

Andererseits überlege ich, ob es in der Tat ein Sonett sein muss. Das liest sich nämlich durchgehend als eine Art lyrische Prosa sehr gut.

LG
Tula
 

Soljanka

Mitglied
Danke, Tula, für's Lesen und für die wohlwollende Aufnahme.
Die Binnenwort-Enjambements sind ein bisschen auch Marotte von mir. Das bisschen Freiheit, was ich mir in dem Korsett nehme. Ich verzichte ungern darauf. Sind die wirklich so störend oder nur ungewohnt? Sie eröffnen einige neue Möglichkeiten. Sie verschärfen die Zäsur in der Versmitte und bringen neue Reime ins Spiel, die man nicht im Reimwörter-Lexikon findet.
LG Soljanka
 

Walther

Mitglied
Hi Soljanka, ein solches ist OK. mehr hemmt lesefluß (auch im vortrag) und sinnaufnahme. und ist dann auch nicht mehr originell. es gibt andere zwangskonstruktionen im text. das meinte ich mit reifenlassen. die idee ist gut genug für ein gedicht. es wäre also schön, die form zu verbessern. lg W.
 

Soljanka

Mitglied
So, nach einiger Reifezeit bin ich wieder da. Ich gebe zu, ich war mit den Terzetten auch nicht ganz glücklich und habe sie deshalb neu gebastelt.

...

das Ziel aus deine Sinn! Was walzt du noch, teerst rum?
Jetzt mach dich auf den Weg, und sei' s ein Trampelpfad.
Es kommt nicht so drauf an. Wer säumt am Rand bereut' s.

Als wüsstest du' s nicht selbst. Du stolperst, fällst fast um:
Mitleidenschaft ist keine Heldentat.
Die du mit Leiden schaffst, so kriechst du nun zum Kreuz.


Ich hoffe, es nimmt mir keiner den "Ausfall" im zweiten Vers der letzten Strophe krumm. Der Satz gefällt mir und das metrische Stolpern passt m.E. zum Inhalt.
Danke nochmal für die Hinweise.

Gruß von Soljanka
 



 
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