Tag 18:
"Ich weiß ja nicht. Sieh sie dir nur mal an. Hohlköpfe, wie sie im Buche stehen. Vor allem der da", sagte Hagen Albert abfällig und zeigte auf den größeren der beiden Jungen, dessen strohblonde Haare in der Dämmerung hell leuchteten.
"Mag sein. Aber uns wird langsam die Zeit knapp, und du willst ihn doch nicht noch weiter verärgern, oder?" Albert zuckte deutlich zusammen. Als wenn er an seine Fehlschläge noch erinnert werden musste. Jede schmerzende Stelle an seiner Haut, jede der Tätowierungen, erinnerten ihn daran. Man verärgerte keine Götter, vor allem nicht solche, die eh schon leicht reizbar waren. Etwas, das ganz besonders auf diesen Gott zutraf.
Bauer lächelte bei Alberts unabsichtlicher Reaktion. "Außerdem haben wir bei ihnen den Vorteil, dass sie unseren Goldjungen eh schon nicht besonders mögen. Sie werden jede Gelegenheit ergreifen um ihm eins auszuwischen."
"Aber es geht hier um weit mehr als nur 'einen auswischen'. Hast du vor ihnen das zu sagen? Es sind Kinder, aber auch die haben ihre Grenzen."
"Ah ja, du sprichst ja aus Erfahrung. Was ist eigentlich jetzt mit deiner Tochter? Hat sie mittlerweile ihre Meinung geändert? Spricht sie wenigstens wieder mit dir?"
Diesmal tat Albrecht ihm nicht den Gefallen zu reagieren, sehr zum Leidwesen seines Gegenübers, der doch eine Sekunde brauchte um seine Enttäuschung zu verbergen. Albrecht sah keinen Grund gerade mit Bauer darüber zu reden. Sie waren Kameraden in diesem Krieg, aber keine Freunde. Weit entfernt davon. Er traute David Bauer nicht weiter als der Länge seines eigenen Schattens während der Nacht.
Und ganz besonders nicht, wenn es um seine eigene Familie ging, oder die Probleme die sie hatten. Und Melanie wurde langsam zu einem Problem. Erst war sie Feuer und Flamme gewesen, aber nach dem Desaster letzte Woche hatte sie eine völlige Kehrtwendung gemacht.
Vielleicht lag es daran, dass ihr die Erinnerung genommen worden war. Vielleicht hatten sie ihr noch mehr als das genommen. Gedankenmanipulation war immer ein Risiko, aber Albrecht hatte nicht versucht dagegen anzugehen, oder die Erinnerung wieder herzustellen. Er hatte es für einen Moment überlegt, aber sich dann dagegen entschieden. Es war besser so. Sicherer. Melanie hätte sich in einem unbedachtem Augenblick leicht verraten können, und dann hätten sie befürchtet, dass auch Albrecht sich noch an alles erinnern konnte. Es war ein zu großes Risiko.
Sollte der goldene Junge und seine Truppe doch in Unwissenheit schweben so lange es ging. Es war es wert gewesen, selbst wenn Melanie sich seit dem so verändert hatte und alles in Frage stellte. Vielleicht hatte sie sich tatsächlich in Karl verliebt, aber das wäre katastrophal, so wie die Dinge gerade standen, und war so ein Gedankengang, den Albrecht lieber nicht weiter verfolgen wollte.
"Was ist mit Fähigkeiten? Ohne das nutzen sie uns nicht lange. Es geht hier nicht nur um eines deiner Spielchen. Wir müssen langfristig denken." Was immer langfristig bedeutete. Albrecht glaubte nicht, dass es noch lange dauern konnte. Mit jeder Faser seines Körpers spürte er, wie der Tag näher rückte, wie sich die Welt auf den entscheidenden Kampf um sie vorbereitete. Sie pulsierte mit Leben, als wenn sie im letzten Augenblick noch mal alles geben wollte.
"Dein Hohlkopf hat einiges an Potential. Wir müssen es nur erwecken. Der andere, Martin, ist ein hoffnungsloser Fall. Seine Zeit wird bald ablaufen."
"Manchmal frage ich mich echt, ob du nicht schon zu lange für ihn arbeitest. Ein Menschenleben hier, eins da. Das hat alles keine Bedeutung für dich, oder?"
"Prioritäten, mein lieber Hagen. Die solltest du dir vielleicht auch setzen. Ein Menschenleben ist nichts verglichen mit dem was kommt. Wenn wir gewinnen, ist das hier alles nichts mehr wert. Warum sollte ich mir das Leben also schwer machen und Bindungen aufbauen? Abgesehen von einigen Auserwählten -- uns eingeschlossen, wenn ich dich daran erinnern darf -- sind Menschen Schachfiguren. Sie sind blind und taub. Selbst das Offensichtliche können sie nicht erkennen. Sie bekommen genau das, was sie verdienen."
Albrecht schüttelte seinen Kopf. Er war schon lange über das Stadium hinaus, dass der andere ihn noch schocken konnte. Traurig war nur, dass dies tatsächlich seine Einstellung war. Im Gegensatz zu den meisten von ihnen, die zwar die Notwendigkeit dessen was sie hier taten erkannten aber Leben doch zu schätzen wussten - vielleicht gerade deswegen - sorgte sich David Bauer um nichts außer sich selber. Für ihn war alles nur ein großes Spiel, auch dies hier, mehr noch als wie für ihren Auftraggeber. Er hatte wenigstens einen Grund für das, was er tat. Bauer brachte Leute einfach nur aus Spaß and der Freude um.
Er war gefährlich, und Albrecht hatte sich schon mehr als einmal gefragt, warum er bei ihnen war. Einmal hatte er diese Frage auch laut gestellt. Die Antwort war ein Einfaches "Genau deswegen" gewesen.
"Na, dann lass uns mal loslegen. Ich nehme mir den Hohlkopf vor", entschied Albrecht und sprang von dem flachen Garagendach in den Hof bevor Bauer antworten konnte.
"Wer zur Hölle ist da?"
Bauer trat aus Albrechts Schatten heraus. "Entweder eure besten Freunde, oder euer schlimmster Albtraum. Das liegt ganz alleine an euch."
Albrecht verdrehte die Augen. Es war doch immer das gleiche Schauspiel.
-.-.-.-.-.-.-.-
"Ich weiß ja nicht. Sieh sie dir nur mal an. Hohlköpfe, wie sie im Buche stehen. Vor allem der da", sagte Hagen Albert abfällig und zeigte auf den größeren der beiden Jungen, dessen strohblonde Haare in der Dämmerung hell leuchteten.
"Mag sein. Aber uns wird langsam die Zeit knapp, und du willst ihn doch nicht noch weiter verärgern, oder?" Albert zuckte deutlich zusammen. Als wenn er an seine Fehlschläge noch erinnert werden musste. Jede schmerzende Stelle an seiner Haut, jede der Tätowierungen, erinnerten ihn daran. Man verärgerte keine Götter, vor allem nicht solche, die eh schon leicht reizbar waren. Etwas, das ganz besonders auf diesen Gott zutraf.
Bauer lächelte bei Alberts unabsichtlicher Reaktion. "Außerdem haben wir bei ihnen den Vorteil, dass sie unseren Goldjungen eh schon nicht besonders mögen. Sie werden jede Gelegenheit ergreifen um ihm eins auszuwischen."
"Aber es geht hier um weit mehr als nur 'einen auswischen'. Hast du vor ihnen das zu sagen? Es sind Kinder, aber auch die haben ihre Grenzen."
"Ah ja, du sprichst ja aus Erfahrung. Was ist eigentlich jetzt mit deiner Tochter? Hat sie mittlerweile ihre Meinung geändert? Spricht sie wenigstens wieder mit dir?"
Diesmal tat Albrecht ihm nicht den Gefallen zu reagieren, sehr zum Leidwesen seines Gegenübers, der doch eine Sekunde brauchte um seine Enttäuschung zu verbergen. Albrecht sah keinen Grund gerade mit Bauer darüber zu reden. Sie waren Kameraden in diesem Krieg, aber keine Freunde. Weit entfernt davon. Er traute David Bauer nicht weiter als der Länge seines eigenen Schattens während der Nacht.
Und ganz besonders nicht, wenn es um seine eigene Familie ging, oder die Probleme die sie hatten. Und Melanie wurde langsam zu einem Problem. Erst war sie Feuer und Flamme gewesen, aber nach dem Desaster letzte Woche hatte sie eine völlige Kehrtwendung gemacht.
Vielleicht lag es daran, dass ihr die Erinnerung genommen worden war. Vielleicht hatten sie ihr noch mehr als das genommen. Gedankenmanipulation war immer ein Risiko, aber Albrecht hatte nicht versucht dagegen anzugehen, oder die Erinnerung wieder herzustellen. Er hatte es für einen Moment überlegt, aber sich dann dagegen entschieden. Es war besser so. Sicherer. Melanie hätte sich in einem unbedachtem Augenblick leicht verraten können, und dann hätten sie befürchtet, dass auch Albrecht sich noch an alles erinnern konnte. Es war ein zu großes Risiko.
Sollte der goldene Junge und seine Truppe doch in Unwissenheit schweben so lange es ging. Es war es wert gewesen, selbst wenn Melanie sich seit dem so verändert hatte und alles in Frage stellte. Vielleicht hatte sie sich tatsächlich in Karl verliebt, aber das wäre katastrophal, so wie die Dinge gerade standen, und war so ein Gedankengang, den Albrecht lieber nicht weiter verfolgen wollte.
"Was ist mit Fähigkeiten? Ohne das nutzen sie uns nicht lange. Es geht hier nicht nur um eines deiner Spielchen. Wir müssen langfristig denken." Was immer langfristig bedeutete. Albrecht glaubte nicht, dass es noch lange dauern konnte. Mit jeder Faser seines Körpers spürte er, wie der Tag näher rückte, wie sich die Welt auf den entscheidenden Kampf um sie vorbereitete. Sie pulsierte mit Leben, als wenn sie im letzten Augenblick noch mal alles geben wollte.
"Dein Hohlkopf hat einiges an Potential. Wir müssen es nur erwecken. Der andere, Martin, ist ein hoffnungsloser Fall. Seine Zeit wird bald ablaufen."
"Manchmal frage ich mich echt, ob du nicht schon zu lange für ihn arbeitest. Ein Menschenleben hier, eins da. Das hat alles keine Bedeutung für dich, oder?"
"Prioritäten, mein lieber Hagen. Die solltest du dir vielleicht auch setzen. Ein Menschenleben ist nichts verglichen mit dem was kommt. Wenn wir gewinnen, ist das hier alles nichts mehr wert. Warum sollte ich mir das Leben also schwer machen und Bindungen aufbauen? Abgesehen von einigen Auserwählten -- uns eingeschlossen, wenn ich dich daran erinnern darf -- sind Menschen Schachfiguren. Sie sind blind und taub. Selbst das Offensichtliche können sie nicht erkennen. Sie bekommen genau das, was sie verdienen."
Albrecht schüttelte seinen Kopf. Er war schon lange über das Stadium hinaus, dass der andere ihn noch schocken konnte. Traurig war nur, dass dies tatsächlich seine Einstellung war. Im Gegensatz zu den meisten von ihnen, die zwar die Notwendigkeit dessen was sie hier taten erkannten aber Leben doch zu schätzen wussten - vielleicht gerade deswegen - sorgte sich David Bauer um nichts außer sich selber. Für ihn war alles nur ein großes Spiel, auch dies hier, mehr noch als wie für ihren Auftraggeber. Er hatte wenigstens einen Grund für das, was er tat. Bauer brachte Leute einfach nur aus Spaß and der Freude um.
Er war gefährlich, und Albrecht hatte sich schon mehr als einmal gefragt, warum er bei ihnen war. Einmal hatte er diese Frage auch laut gestellt. Die Antwort war ein Einfaches "Genau deswegen" gewesen.
"Na, dann lass uns mal loslegen. Ich nehme mir den Hohlkopf vor", entschied Albrecht und sprang von dem flachen Garagendach in den Hof bevor Bauer antworten konnte.
"Wer zur Hölle ist da?"
Bauer trat aus Albrechts Schatten heraus. "Entweder eure besten Freunde, oder euer schlimmster Albtraum. Das liegt ganz alleine an euch."
Albrecht verdrehte die Augen. Es war doch immer das gleiche Schauspiel.
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