Teil 2

Olgeke

Mitglied
9

Trigon und Samuel betrachteten neugierig die Neuankömmlinge. Zwanzig kräftige Jungs in langen schwarzen Ledermänteln. „ An denen ist viel dran, von einem von ihnen könnten bald zwei von uns satt werden. Was meinst du, Samuel ?“
Samuel beobachtete noch kurz wie sich die neuen Gäste im Saal verteilten und drehte sich dann zu seinem Bruder herum. „ Ja, scheint wohl `ne Bikergang zu sein. Harte Jungs eben. Sie sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Es geht gleich schon los.“
„ So haben sie wenigstens nicht mehr die Zeit sich zu betrinken. Die können ja üblicherweise einiges vertragen, aber ich mag sie nicht wenn sie zu viel gesoffen haben.“ Und lachend fügte Trigon noch hinzu: „ Dann schmecken sie so streng nach Alkohol.“
Samuel musste auch lachen. „ Na du bist ja ein richtiger Feinschmecker“.
Sie schauten sich im Saal um und Trigon zeigte Richtung Palus. „ Da, Vater gibt das Zeichen. Jetzt geht´s rund.“
Die Band hörte auf zu spielen und der Sänger richtete das Wort an die Menge.
Er verkündete, dass der Veranstalter dieser Feier sich etwas besonderes für seine Gäste ausgedacht hat, doch dazu würde die Feier nun in einen anderen Teil des Schlosses verlegt. In einen exklusiven Bereich der eigentlich nur für die privaten Angelegenheiten des Schlossherren gedacht ist.
Ein schwerer Samtvorhang glitt zur Seite und zwei Mitglieder der Barcrew öffneten eine dahinterliegende schwere zweiflügelige Holztür. Die Gäste die nah genug standen sahen den dahinterliegenden steinernen Tunnel, an dessen Wänden Fackeln brannten die eine alte, und schon deutlich sichtbar abgelaufene, steinerne Treppe erleuchteten die in die Tiefe führte. Nur zögerlich machten zwei der Gäste einige Schritte auf die Treppe zu.
Erst als einige Vampire den Tunnel betraten, folgte ihnen die Menge. Die Leute bemerkten nicht, dass einige der Gäste bis zum Schluss warteten, um erst als letzte die Stufen hinabzusteigen. Sie bemerkten auch nicht, dass zwei dieser letzten Gäste die Treppe nicht betraten, sondern die Tür von Außen wieder gut verschlossen und sich davor stellten.


Im Gegenzug dazu, hatte aber auch keiner der Vampire bemerkt, wie sich noch bevor die Band aufgehört hatte zu spielen, zwanzig Gäste heimlich und leise aus dem Saal geschlichen hatten und in einem anderen Teil des Schlosses verschwunden waren.
Plato wusste genau, dass davon der ganze Einsatz abhing. Wären sie mit in die Katakomben hinabgestiegen, hätten sie ihre Tarnung aufgeben müssen. Die Vampire hätten über sie herfallen wollen, und sobald sie sich verteidigten, hätten diese Biester gemerkt wer sie sind und Palus hätte die Zeremonie abgebrochen und seine Rüstung nicht abgelegt.
Der Plan sah vor, dass sie gleich die zwei Wachen an der Tür in die Hölle schicken würden, und sich dann leise an die Menge anschleichen würden, sich solange in Deckung halten würden, bis die Zeremonie beginnt.
Es war ein Leichtes die zwei Türsteher zu entsorgen. Markus und Silvio kamen aus den Nebenräumen und gingen auf die zwei zu. Die Vampire waren recht erstaunt. „ Wo kommt ihr den her?“
„ Wir hatten etwas zu besprechen, und haben uns dabei ein wenig im Schloss umgesehen.
Wo sind denn alle hin?“ Markus blickte sich demonstrativ im leeren Saal um.
„ Die Party wurde in einen besonderen Teil des Schlosses verlegt. Und eigentlich dürfen wir keinen mehr hineinlassen.“ Der Vampir musterte Markus und Silvio von Oben bis Unten. „ Aber ich denke wir können eine Ausnahme machen. Seit ihr denn die einzigen die hier noch herumstreunen?“
„ Uns ist sonst keiner mehr begegnet.“ antwortete Silvio. „ Aber das ist ein hübsches Schloss hier.“
„Eigentlich sollten einige Freunde des Veranstalters aufpassen, dass keiner sich hier selbständig macht. Wenn der Besitzer des Schlosses das erfährt, war das wohl die letzte Feier hier.“ Knurrte einer der Vampire.
„ Also gut, dann lassen wir euch noch rein. Ihr braucht nur immer geradeaus gehen, dann hört ihr irgendwann die Musik auch schon.“
Die Vampire drehten sich zur Tür um, und einer fummelte mit einem großen alten Schlüssel im Schloss herum. Das Schloss knackte einmal laut und jeder der zwei griff sich einen der großen Türflügel um in zu öffnen. Doch dazu kamen sie nicht mehr. Ihre Kehlen wurden von Hinten von großen klauenbestückten Pranken umschlossen, und ehe sie auch nur piep sagen konnten, klaffte bei jedem der Vampire ein großes Loch im Hals nachdem ihre Kehlköpfe herausgerissen wurden. Blut klatschte gegen die schwere Tür, und als sie sich herumdrehten, blickten sie entsetzt in die Gesichter zweier großer Wölfe.
Sie bekamen noch mit, wie die Werwölfe ihre mächtigen Klauen in ihre Brustkörbe rammten und ihnen die Herzen herausrissen. Plato und der Rest der Truppe kam dazu und beobachtete amüsiert, wie die Vampire noch ein letztes mal auf ihre schlagenden Herzen in den Pranken der Wölfe blickten, bevor Markus und Silvio sie herunterschlangen. Natürlich nicht im Ganzen. Sie haben sie schön zerkaut, das Blut lief ihnen aus den Mäulern und sammelte sich in ihrem Fell, und erst als sie aufhörten zu schlagen, schluckten sie die Vampirherzen. Zeitgleich sackten die zwei Vampire an der Tür zu Boden und rührten sich nicht mehr.
Plato kam zu ihnen.“ Sehr schön. Dann kann es ja jetzt losgehen. Laut dem Informanten haben wir dort Unten genügend Möglichkeiten uns zu verbergen bis es soweit ist.“
Plato beobachtete erfreut wie schnell und einfach sich Silvio und Markus wieder zurück verwandelten. Das Serum der Regierung war wirklich gut. Sie waren nicht nur nicht mehr vom Vollmond abhängig, sonder die Verwandlung verlief viel schneller und schmerzfreier. Plato blickte noch einmal in die Runde. „ Also gut, dann schleichen wir uns mal an.“ Einer nach dem anderen verschwanden sie im Tunnel, und bevor Plato hinabstieg drehte er sich zu den großen Fenstern um und winkte grinsend.
Er wusste genau das die Agents sie beobachteten, und das ihnen wahrscheinlich nun speiübel sein würde, nachdem sie Markus und Silvio gesehen hatten.
Und so war es auch.




10

Sie hockten nun schon seit mehr als einer Stunde in den Büschen, als Miller das Schweigen brach. „ Was denken sie? Ob alles schon vorbei ist ?“
Barkley zuckte vor Schreck zusammen. Er hatte wie alle anderen nun schon so lange angewidert und voller Spannung mit seinem Fernglas das Gebäude beobachtet, dass ihm Agent Millers Stimme wie ein Kanonenschlag im Ohr dröhnte.
„ Das würde ich auch gern´ wissen. Diese verdammten Missgeburten verschwinden einfach alle im Keller und man sieht und hört nichts mehr von ihnen.“ Er schaute Miller an und überlegte kurz. „ Fragen sie über Funk bei den anderen Agents nach. Vielleicht haben die ja etwas gesehen.“
Nach einigen Funksprüchen wendete Miller sich wieder an Barkley. „ Nichts. Keiner hat etwas gesehen.“ „Ich weiß“, antwortete Barkley.
Miller blickte verdutzt drein.“ Woher wissen sie....“
„Mensch Miller, sie Vollpfosten. Ich hocke keine zwei Meter entfernt von ihnen. Und selbst sie sind nicht in der Lage in Gebärdensprache zu funken.“
„ Oh...., ich bin wohl etwas durch den Wind.“
„ Das kann man wohl keinem verübeln. Zumindest nicht in dieser Nacht.“ Barkley musterte Miller kurz und blickte dann zum Schloss. Seine Gedanken rasten.
Er war hin und her gerissen, und letztendlich siegte die Neugier. Ohne den Blick von dem Gebäude zu lassen gab er mit ruhiger Stimme seine Anweisungen.
„ Funken sie alle anderen Agents an. Wir gehen rein.“ Miller konnte kaum glauben was er da hörte. „ Sind sie sich sicher Agent Barkley. Wir sollen alle unsere Positionen verlassen und das Schloss stürmen?“ Barkley drehte sich langsam zu Miller um, blickte ihm einige Sekunden in die Augen, und sagte dann leise aber bestimmend: „ Nein Miller, nicht alle. Nur wir zwei. Der Rest bleibt in Position.“ Miller schluckte kräftig und begann zu schwitzen. Er holte tief Luft und fing an zu funken.



Miller gab noch Barkleys letzte Anweisung weiter, dass wenn sie nach einer Stunde nicht zurück seien, sollten alle ihre Posten verlassen und sich zurückziehen. Es solle umgehend das Militär und der Präsident informiert werden um das Schloss in Schutt und Asche zu bomben. Dann packte sich jeder sein Gewehr und soviel Munition wie er tragen konnte, und sie schlichen Richtung Haupteingang. Er war nicht verschlossen.
Barkley nickte Miller zu und sie betraten das Gebäude. So leise wie möglich arbeiteten sie sich bis zu dem Kellerabgang vor, und Miller hätte sich beinahe übergeben. Die zwei toten Vampire lagen vor der steinernen Treppe und verbreiteten einen bestialischen Gestank. Ihre Haut war schon beinahe schwarz und Körper schienen langsam in sich zusammenzufallen. Sie schienen viel schneller zu verwesen als ein normaler Mensch.
„ Sehen sie das als ein gutes Zeichen an,“ flüsterte Barkley zu Miller. „ Wer so stinkt muss einfach mausetot sein.“
Miller zwang sich ein gequältes Lächeln ab. Sie zögerten kurz, doch dann betrat Barkley als erster die Treppe. Nach einigen Stufen schlug ihnen wieder dieser Gestank entgegen, und je tiefer sie kamen desto stärker wurde er. Sie erreichten das Ende der Treppe, lauschten angestrengt und gingen dann weiter. Sie durchquerten mehrere Gewölbekeller ohne jemanden zu hören, geschweige denn jemanden zu sehen. Die Kellerräume waren riesig, die Gewölbedecken wurden von mehreren Säulen gestützt, und beide Agents rechneten hinter jeder Säule mit einem Vampir, der sie anspringen und töten würde.
Ihre Nerven lagen blank. Dazu wurden diese ganzen Räume wohl als Lager genutzt. Überall waren große Holzkisten gestapelt, teilweise bis unter die Decke. Es gab genügend Möglichkeiten für einen Hinterhalt. Ein Kellerraum führte sie weiter in einen Tunnel. Miller und Barkley starrten angestrengt hinein. Er war wie die Treppe und die Räume spärlich mit Fackeln beleuchtet und sie konnten kein Ende sehen. Die Tunnelwände waren in regelmäßigen Abständen mit großen Nischen versehen in denen sich selbst problemlos ein Hüne wie dieser Plato verstecken konnte. Miller war gar nicht wohl beim Anblick dieses Tunnels. Als sie geschätzte vierzig Meter und etliche Biegungen des Tunnels hinter sich gelassen hatten, hörten sie plötzlich leise Stimmen. Wie angewurzelt blieben sie stehen und lauschten.
Es war kein Kampfgeschrei oder ähnlich beunruhigendes. Jemand unterhielt sich jemandem. Nach einigen Sekunden stellte Miller beruhigt fest, dass eine der Stimmen Platos war. An Barkleys Blick sah er, dass auch er Plato erkannt hatte. Das war wohl ein Gutes Zeichen. Sie schienen gesiegt zu haben. Dennoch bewegten sie sich äußerst vorsichtig weiter. Nach zwei weiteren Biegungen erkannten sie das Ende des Tunnels. Je näher sie kamen, desto deutlicher erkannten sie, dass der Tunnel in einem großen Raum endete, der wohl so groß sein musste wie alle Kellerräume zusammen, die sie bisher durchquert hatten. Die Stimmen wurden immer deutlicher. Es war definitiv Plato, und jetzt erkannte Barkley auch die andere Stimme. Es war einer von Platos Leuten. Das beruhigte den Agent noch mehr. Doch das hielt nur solange an bis er plötzlich auch das leise Stöhnen und Wimmern hörte. Es klang so gequält und gepeinigt. Und Barkley begann zu zittern als er erkannte wie es noch klang. Es klang menschlich.
Miller erging es nicht anders. Sie rückten etwas näher aneinander und gingen langsam auf das Ende des Tunnels zu. Vorsichtig blickten sie in den großen Gewölbekeller, und es bot sich ihnen ein Anblick des Grauens.













11
Sie fand, dass er heute Nacht besonders nervös war. Immer wenn der Präsident eine Nachtschicht einlegte, gab es einen guten Grund dafür, doch so aufgekratzt und unruhig hatte sie ihn bisher noch nie erlebt.
Sie war nun schon seit über zwei Jahren seine Sekretärin und kannte ihn gut genug um behaupten zu können, dass diese Nacht wohl die bisher wichtigste in seiner Karriere zu sein schien. Sie packte einige Aktenordner in den Schrank und entschied sich dann einmal kurz nach ihm zu sehen. Nachdem sie leise an seine Tür geklopft und einige Sekunden gewartet hatte betrat sie das edle Büro des Präsidenten und blickte sich um. Er saß nicht wie üblich hinter dem riesigen antiken Schreibtisch aus dunklem Holz, sonder stand an einem der großen Fenster und blickte in die Nacht. Sie räusperte sich, doch keine Reaktion. Er musste so sehr in Gedanken vertieft sein, dass er sie überhaupt nicht bemerkt hatte.
„ Mr. Präsident. Ich... .“ Mit einem Ruck drehte er sich herum und blickte ihr erschrocken ins Gesicht. Als er sie erkannte sagte er sichtlich erleichtert : „ Oh Mandy, haben sie mich erschrocken. Ich hab´ sie gar nicht gehört.“
„ Tut mir leid, ich wollte nur wissen, ob sie irgendetwas brauchen. Sie scheinen mir sehr angespannt zu sein.“
„ Ja, das stimmt wohl. Ich warte auf einen wichtigen Anruf. Und es hängt sehr viel davon ab müssen sie wissen. Eigentlich dürfte ich ihnen gar nichts darüber erzählen, aber ich fürchte, das die ganze Nation in Gefahr schwebt, wenn ich diesen Anruf nicht bekomme.“
Mandys Gesichtsausdruck wechselt schlagartig vom fürsorglichen in einen verängstigten, und sofort taten ihm seine Worte wieder leid. Wie konnte er nur so dumm sein.
„ Aber es wird schon gut gehen. Das tut es doch immer. Machen sie sich keine Sorgen.“
„Wenn sie meinen, Mr. Präsident.“ , antwortete die Sekretärin unsicher.
„ Es tut mir leid, ich wollte sie nicht verängstigen. Wahrscheinlich haben sie recht. Diese Warterei setzt mir doch arg zu. Es wäre nett wenn sie mir einen Kaffee bringen würden.“
Mandy lächelte wieder. „ Ich würde vorschlagen, ich bringe ihnen eine schöne heiße Tasse Tee, und wenn sie die getrunken haben versuchen sie wenigstens etwas auf ihrem Sofa zu schlafen. Sie werden das Telefon schon hören.“
Er lächelte ihr zu. Es war ein müdes und angestrengtes Lächeln. „ Na gut. Sie haben ja recht.“
Mandy verließ das Büro und machte sich an der kleinen Küchenzeile des Vorzimmers an die Arbeit. Sie füllte den Wasserkocher, schaltete ihn ein und wollte gerade eine Tasse aus dem Schrank nehmen, als sie eine Bewegung hinter sich bemerkte. Sie wirbelte herum und konnte dem Mann, der auf die Tür des Präsidentenbüros zuging, ein kräftiges „Stop, oder ich rufe den Sicherheitsdienst!“ hinterher rufen, bevor er die Tür öffnete. Sie hatte die eine Hand schon auf dem Notrufknopf des Senders, und die andere auf dem Griff der kleinen Pistole, die beide an ihrem Gürtel hingen. Der Mann drehte sich langsam um und blickte irritiert in ihre Richtung. Als er sah, wo sie ihre Hände hatte, hob er langsam die seinen. „ Sorry, ich habe sie in ihrer kleinen Kochnische da gar nicht gesehen.“ Der kräftige Kerl wartete kurz und sagte weiter: „ Ich sah nur, dass ihr Schreibtisch nicht besetzt ist, und dachte dann ich könne einfach direkt durch zum Präsidenten.“
Er blickte ihr tief in ihre skeptisch dreinblickenden Augen, und fügte noch hinzu: „Natürlich hätte ich vorher angeklopft.“
Mandy zog ihre Hände keinen Millimeter von ihrem Gürtel zurück. „ Und wie sind sie überhaupt an den Wachleuten vorbeigekommen?“, schnauzte sie den kräftigen Mann nun an. „ Nun, ich arbeite für die Regierung.“
„ Dann zeigen sie mir doch mal ihren Ausweis. Aber schön langsam.“
Der Mann griff langsam in die Innentasche seiner Jacke und hielt ihr einen Ausweis entgegen. Mandy kam langsam näher, bis sie alles genau erkennen konnte. Sie wusste nicht genau welcher Abteilung er zugeordnet war, aber es war ein amtlicher Ausweis mit Stempel und Siegel. Mit Foto und Daten zur Person. Seit sie alles neu unterteilt hatten, gab es abartig viele Abteilungen, und es gab wohl keinen der für die Regierung arbeitete, der genau wusste was es alles für einzelne Abteilungen nun gab. Wahrscheinlich nicht einmal der Präsident selber wusste es. Das Ganze wurde noch dadurch erschwert, dass alle Abteilungen nur noch mit Nummern bezeichnet wurden. Scheiß Bürokratie dachte sie sich, und zog nun doch langsam ihre Hände zurück.

„ Sie haben ihren Besuch aber nicht bei mir angemeldet, und mir hat auch kein anderer mitgeteilt, dass sie herkommen würden.“
„ Es war zu kurzfristig, und es ist von außerordentlicher Dringlichkeit. Ich wollte keine Zeit mit unsinniger Bürokratie vergeuden, und habe mich sofort auf den Weg gemacht.“
Er blickte sie freundlich an.“ Glauben sie mir, es ist sehr wichtig.“
Mandy zeigte auf einen Sessel in einer Ecke des Vorzimmers. „Dann setzten sie sich erst einmal. Ich werde den Präsidenten fragen ob er sie empfängt.“
„ Sagen sie ihm einfach, Lazarus wünscht ihn zu sprechen.“
Mandy blickte ihn kurz fragend an, drehte sich dann aber herum und verschwand im Büro des Präsidenten. Nach nur einigen Sekunden kam sie zurück. „ Er erwartet sie.“ Der Mann erhob sich aus dem Sessel. „Haben sie vielen Dank. Es war mir eine Freude sie kennen zu lernen.“ Er betrat das Büro des Präsidenten und schloss die Tür hinter sich.
Mandy ging zur Küchenzeile. Das Wasser war mittlerweile natürlich wieder kalt, und sie schaltete erneut den Wasserkocher an. Sie zuckte heftig zusammen, als sie einen lauten gequälten Schrei aus dem Präsidentenbüro hörte. Sie drehte sich mit einem Ruck herum, und starrte mit weitaufgerissenen Augen auf die Bürotür. Sofort knallte sie mit der Faust auf den Notrufsender und zog ihre Pistole. Sie rannte zum Büro des Präsidenten und noch bevor sie die Tür erreichte, endete der Schrei in einem langgezogenen Röcheln.










12
Inmitten von stinkenden toten Körpern standen sich zwei fürchterliche Ungetüme gegenüber. Werwölfe. Das Fell zerzaust und über und über mit Blut beschmiert. Von ihren Schnauzen und Klauen tropften noch Blut und höchstwahrscheinlich einige Eingeweidereste ihrer Gegner. Sie unterhielten sich und es waren definitiv Plato und einer seiner Männer. Ohne sich zu ihnen herumzudrehen sagte Plato: „Treten sie ruhig ein. Agent Barkley und Agent Miller. Sie glauben doch nicht wirklich wir hätten sie noch nicht bemerkt.“
Plato und sein Gefolgsmann blickten nun beide in die bleichen und verstörten Gesichter der Agents und grinsten. „Eigentlich haben wir ihren Angstschweiß schon gerochen als sie die Treppe hinabstiegen. Also Schluss mit dem Versteckspiel und kommen sie näher.“
Er winkte sie herbei. „Keine Angst, mein Kollege Boris hier neben mir, der beißt nicht. Der will nur spielen.“ Plato und Boris verfielen in ohrenbetäubendes Gelächter.
Miller und Barkley waren so geschockt, sie konnten sich nicht rühren. Oder wollten es einfach nicht. Plato stemmte die kräftigen Pranken in die Hüfte. „ Nein, kein Blödsinn jetzt. Mir ist klar wie sie sich gerade fühlen müssen, aber es ist vorbei. Wir haben gesiegt.“ Plato griff hinter sich und zog etwas aus seinem Hosenbund. Er holte es nach vorne und hielt es voller Stolz in die Höhe. „Der Dolch“, platzte es aus Agent Miller heraus. Plato riss amüsiert die Augen auf. „ Ah, wenigstens einer von ihnen hat seine Stimme wiedergefunden.“
Und Boris konnte nun auch nicht anders. „ Oh ja. Und vielleicht muss Agent Barkley ja nur mal in seiner Unterhose nachsehen. Eventuell ist seine ja irgendwie dort gelandet.“
Wobei er das „irgendwie“ besonders betonte und dabei kicherte. Was so gar nicht zu der massigen Gestalt dieses Ungetüms passen wollte. „ Nichts für ungut Barkley“, meinte Plato nun in ernsterem Ton. „Schauen sie sich ruhig um, aber es wird kein Zuckerschlecken für ihre Mägen sein. Doch hier spiegelt sich die ganze Abartigkeit dieser Vampir- und Hexenwesen wieder. Dann verstehen sie wirklich, mit wem wir es hier zutun hatten, und diese Eindrücke kann ihnen kein Bericht vermitteln.“

Nun hatte auch Barkley seine Stimme wieder aus seiner Unterhose hervorgekramt. „ Nun gut.“ Mehr brachte er nicht hervor. Er schluckte einmal kräftig und betrat den riesigen Gewölbe Keller. Miller folgte ihm. Nach nur wenigen Schritten mussten sie schon über die ersten Leichen steigen. Der Gestank war beinahe unerträglich und der Anblick der Toten stand dem in nichts nach. Grausam verstümmelte Körper, die Gliedmaßen auf kuriose Art und Weise verdreht und gebrochen. Überall Blut und Gedärme, zu Todesfratzen mit aufgerissenen Mäulern und Augen erstarrte Gesichter. Mäuler mit langen Dolchartigen Eckzähnen, aber auch Münder. Normale menschliche Münder. Unmengen von Unschuldigen die nur feiern wollten. Dazwischen konnte Miller sogar einen Werwolf ausmachen. Sie hatten es also nicht alle geschafft. Der Gewölbekeller war verwinkelt und die Decken wurden wie in den anderen Keller von schweren dicken Säulen gestützt. Rundherum um die Säulen waren Fackeln angebracht, die den Raum eigentlich in ein gemütliches Licht tauchten. Einige Meter vor ihnen ging es eine Ecke herum, und von dort erklang plötzlich wieder dieses Stöhnen. Die Agents blieben kurz stehen, schauten sich an und gingen dann weiter. Das heißt, sie gingen nicht, sie mussten regelrecht über Leichen klettern. Dicht an dicht und teilweise in zwei oder drei Lagen übereinander, bedeckten die Kadaver von Mensch, Vampir und einigen wenigen Werwölfen den Boden. Barkley strauchelte, rutschte auf einem blutigen und glitschigen Körper aus, und landete mit dem Gesicht in einem aufgerissenen Vampirbrustkorb. Blitzschnell kam er wieder hoch, das Gesicht mit Blut und Innereien beschmiert, blickte Miller in sein entsetztes Gesicht und kotzte ihm dann vor die Füße.
Die anderen Werwölfe, die verteilt im Raum die Leichen durchwühlten, nahmen keine Notiz von ihnen. Barkley war auch froh darüber. Er beobachtete sie kurz, und war sich nicht ganz sicher. Er vermutete, dass Platos Krieger entweder sichergehen wollten, dass wirklich keiner überlebt hat oder sie hatten einfach nur Hunger. Barkley mochte es sich eigentlich nicht zu genau vorstellen. Sie kletterten weiter, und da war schon wieder dieses Stöhnen. Diesmal sogar mehrere durcheinander. Und als sie die Ecke erreicht hatten, wurde ihr Glauben an eine schöne heile Welt, in der es höchstens einige Verbrechen gab die sie als FBI Mitarbeiter zu bekämpfen hatten, restlos vernichtet.
Sie erkannten nun, dass der ganze Gewölbekeller in L-Form angelegt war, und in dem Teil, in den sie nun mit weitaufstehenden Mündern blickten, befand sich auf der rechten Seite eine mindestens zwanzig Meter lange steinerne Theke.
Auf der linken Seite erstreckten sich Sitzgruppen bis ans Ende der Theke. Auch hier war der Boden über und über mit Leichen bedeckt. Es waren so viele. Zwischen Sitzgruppen und Theke waren gut und gerne acht bis zehn Meter Platz, eine Menge Platz für eine Menge stinkender Kadaver. Doch dass alleine war nicht das Schlimmste. Beide blickten entsetzt an die Wand hinter der Theke, und kotzten sich schlagartig die Seele aus dem Leib. Jetzt sahen sie woher das entsetzliche Stöhnen kam. In regelmäßigen Abständen, etwa alle zwei Meter, befanden sich Nischen. Sitznischen. So groß, dass ein Erwachsener gerade genug Platz hatte um drin zu sitzen. Sie waren mit schweren eisernen Gittertüren verschlossen, und es saßen Menschen darin. Neben diesen Nischen befanden sich Zapfhähne an der Wand, die mit Schläuchen mit den Menschen verbunden waren.
Sie hatten an mehreren Körperstellen Anschlüsse für die transparenten Schläuche anoperiert. In einigen konnte man ihr Blut stehen sehen, und durch andere floss eine Flüssigkeit in ihre geschundenen Körper. Miller begann zu zittern. Sie hatten ihnen sogar die Arme fest an die Innenwände ihrer Nischen gekettet, damit sie sich die Schläuche nicht aus dem Leib reißen konnten. Barkley konnte es nicht glauben. So etwas konnte doch nicht sein. Sie hielten sie mit irgendeiner Flüssigkeit gerade so am leben, und nutzten sie als Zapfanlage. Ihre Körper waren beinahe völlig ausgetrocknet. Diese widerlichen Kreaturen waren heute Nacht wohl sehr durstig gewesen. Plötzlich hob der Mann, in der Nische denen sie am nächsten standen, langsam den Kopf und schaute die Agents an. Er sah elend aus. Eingefallene Augen und Wangen, aufgeplatzte Lippen und fahle schrumpelige Haut. Dann öffnete er langsam den Mund, Zähne hatte er keine mehr, und versuchte zu sprechen. Doch es ertönte wieder nur dieses, nun eher traurige und müde stöhnen. „Oh mein Gott, Miller, haben sie gesehen? Sie haben ihnen sogar die Zungen rausgeschnitten.“ Miller hob sein Gewehr, wartete kurz, und als die arme Kreatur in ihrer Zelle ihm ein schmerzhaftes Lächeln und ein leichtes Nicken zukommen ließ, wusste er Agent was er zu tun hatte. Unter Tränen erschoss er alle. Einen nach dem anderen.
Barkley konnte nur verstört zusehen, wie sein Kollege über die Leichen die Theke entlang kletterte, und bei jeder Nische anlegte. Er musste sich setzen. Wie benommen stolperte Agent Barkley zu einer der Sitzgruppen und ließ sich in einen der Sessel fallen. Er atmete tief durch und sah sich die Möbelstücke genauer an. Erst den Sessel ihm gegenüber, dann den in dem er saß. Seine Hände glitten über die Armlehnen. Solch einen Bezug hatte er bisher an Möbeln noch nie gesehen, und doch kam er ihm bekannt vor. Er fühlte sich sehr vertraut an, doch er kam nicht drauf. Nicht sofort. Erst als er bemerkte wie sehr die Farbe seiner Hand der des Bezug glich, sprang er auf und unterdrückte keuchend einen erneuten Brechreiz. Diese Ausgeburten der Hölle hatten die Möbel alle mit Menschenhaut bezogen. „Miller“, schrie er die Theke entlang. „ Kommen sie, nichts wie raus hier. Ich kann nicht mehr.“ Miller war schon auf dem Rückweg, doch er kam zu spät um seinen Vorgesetzten zu stützen. Barkley brach zusammen und landete klatschen auf den verwesenden Leichen. Als er sich wieder aufgerappelt hatte, begaben sie sich in Richtung Ausgang. Miller stützte ihn vorsichtshalber noch ein wenig.
„Wie viele waren es?“
„ Neun. Ich habe Neun erschossen.“
„Arme Teufel.“
Plato und Boris sahen sie mitfühlend an. Beide hatten sich zurückverwandelt.
„Ich denke sie gehen jetzt besser.“
„Ja, ist wohl besser so. Ich sollte meinen Agents draußen auch langsam Bescheid geben. Ich hatte Anweisung gegeben, dass sie das Militär holen sollen, falls wir nicht in einer Stunde zurück sind.“
„Na dann nichts wie los. Sie beide sehen elend genug aus. Ich werde mit meinen Kriegern noch mal nachsehen, ob wir auch keinen übersehen haben. Dann werden wir die Bude hier verschließen und das große Aufräumen kann ja dann Die Army übernehmen.“ Plato lächelte. Miller blickte Plato mit tränenunterlaufenden Augen ins Gesicht. „ Ich hab sie alle erschossen.“
„Ich weiß Jungchen.“ Plato klopfte Miller auf die Schulter. Dann drehten sich die Agents um und verschwanden.
13

„Gut Boris, du weißt was zu tun ist. Verschließ dir Tür und lass bis ich mich melde keinen mehr hier runter.“
„Geht klar. Ist es also endlich soweit.“ Boris grinste.
„Richtig, alter Freund. Endlich ist es soweit.“
Boris gab den anderen Werwölfen ein Zeichen und sie rückten ab. Boris als letzter. Bevor er in dem Durchgang zum nächsten Kellerraum verschwand, drehte er sich noch einmal um. „Viel Spaß, wir sehen uns später.“
„Na ein Spaß wird das wohl nicht werden. Wohl eher eine Qual.“
Boris wollte gehen, doch Plato hielt ihn noch kurz zurück. „Ach Boris, bevor ich es vergesse.“ Boris blickte ihn fragend an.
„Besorg mir für später drei oder vier nette läufige Werwolfdamen. Ich habe einen Sohn zu zeugen.“
Boris grinste und verschwand. Plato blickte ihm noch einige Augenblicke nach, schloss die Augen, und rammte sich den gläsernen Dolch ins Herz.
Wieder Oben angekommen, verschlossen Markus und Silvio die schwere Tür und bezogen Stellung davor. Boris wandte sich an die übrigen Krieger. „Alles läuft wie besprochen. Geht schon einmal vor und kümmert euch um die Jungs vom FBI. Ich komme dann gleich nach.“
Platos Krieger gingen los und Boris zückte sein Handy. Wählte, setzte es ans Ohr, lauschte dem Freizeichen bis jemand abhob.
„Ja“
„Operation Wolflord war ein Erfolg. Operation Wolfsplanet kann beginnen.“
„Gut. Ich leite alle weiteren Schritte ein.“
„Dann bis später Lazarus.“
„Bis später Boris.“
Und im ganzen Land wurde die Stille der Nacht von Wolfsgeheul durchschnitten.
 



 
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