v14.32 h
Ich hatte eine knappe halbe Stunde vom Haus der Shepards
bis zum Justizpalast in der Bryant Street gebraucht. Ich ließ
meinen Jeep in Reihe mit einem halben Dutzend Streifenwa-
gen auf dem dafür vorgesehenen Parkstreifen stehen, legte
das Schild "Polizeifahrzeug im Einsatz" gut sichtbar aufs
Amaturen-Brett und betrat das Gebäude. Der Justizpalast
war ein hässlicher Betonklotz. Wenn man reinkam waren
linker Hand mehrere Metalldetektoren, die die Ankommen-
den durchleuchteten und rechter Hand eine wunderschöne,
deckenhohe Marmortafel. Der Anlass, diese Tafel dorthin
zu stellen, war weniger schön gewesen. Die Tafel war eine
Mahnung. Auf ihr standen 86 Namen. Die Namen der Poli-
zisten, die im Dienst für die Stadt seit 1850 ihr Leben verlo-
ren hatten. Dass ich nur wenige Tage und haarscharf davor
war, Nr. 87 zu werden, wusste ich zu jenem Zeitpunkt noch
nicht.
Ich fuhr in den zweiten Stock, wo die Staatsanwaltschaft
residierte. Die Abteilung für Sexualdelikte war gleich gegen-
über der Aufzüge und der Feuertreppen.
Rafes und Lauras Büro sah aus wie ein Schlachtfeld. Zwei
mannshohe Aktenschränke - einander gegenüber an den
Wänden - gähnten teilweise leer in den Raum. Zwischen
den Aktenschränken zwei Schreibtische und dazu gehören-
de Stühle. Hinter der Tür ein Garderobenständer, in der an-
deren Ecke eine Grünpflanze, die sogar einigermaßen leben-
dig aussah. Im ganzen Raum stapelten sich Akten in unor-
dentlichen Haufen.
"Hier sieht's aus wie in einer Messie-Höhle."
"Dir auch einen guten Tag", sagte Rafael. Er hatte sein Jak-
ket ausgezogen und seine Hemdärmel hochgekrempelt.
Seine Haare waren in Unordnung. Er sah aus wie ich in
einem Anzug. Gruselige Vorstellung.
"Du wirst es kaum glauben, Dr. Freud", sagte Scavo, "aber
das Durcheinander hat System. Der Haufen da" - sie zeigte
auf einen ziemlich großen - "sind 'Ausgeschlossene'. Die sit-
zen alle noch. Der Stapel dort" - es war wirklich nur ein Sta-
pel - "ist pädophil. Der Haufen da drüben" - es war ein beein-
druckender Haufen - "sind Männer über 45 und der da" - es
war die Mutter aller Aktenordner-Haufen - "sind junge Män-
ner unter 20."
Und doch hatten sie noch nicht mal die Hälfte aller Akten
gesichtet !
"Und das Zeug auf den Schreibtischen ?" Es war ein fast so
lächerlich kleiner Haufen wie der der pädophilen Täter.
"Die passen in dein Ausschluss-Profil. Weiße Männer zwi-
schen 25 und 45 Jahren, die solche und ähnliche Taten be-
gangen haben und vor kurzem entlassen wurden."
"Was heißt 'vor kurzem' ?"
"Anfang des Jahres bis Anfang Juni."
"Gut. Welche habt ihr noch nicht durchgesehen ?"
"Die hier", sagte Rafe. "Komm' her und hilf mir."
Bevor ich mich dem Aktenschrank zuwandte, öffnete ich
die Fenster und stellte sie auf Kipp. Die Fenster war selbst-
mördersicher, das heißt, sie ließen sich nicht ganz öffnen. Es
konnte also niemand in einem Anfall von Lebensmüdigkeit
einfach so hinausspringen. Milde Luft und Straßenlärm ström-
ten in den Raum. Ich ging zu meinem Bruder, griff mir einen
Stapel Akten und sah zufällig aus dem Fenster...
Das darf doch nicht wahr sein, dachte ich.
"VERDAMMTER MIST !"
Meinen Bruder traf fast der Schlag. Kein Wunder: Ich hatte
ihm direkt ins Ohr gebrüllt. "Himmel nochmal, Clark ! Du hast
mich zu Tode erschreckt ! Clark ? Clark !"
Doch ich war längst über alle Berge. Ich wartete gar nicht erst
auf den Aufzug, sondern rannte die Treppen hinunter. Alle, die
sich in der Eingangshalle aufhielten, mussten die Druckwelle ge-
spürt haben, die ich vor mir herschob und teilten sich vor mir
wie das Rote Meer vor Moses. Ich rannte aus dem Gebäude
und zu der Abschleppwagen-Mannschaft, die sich gerade an
meinem Jeep zu schaffen machte.
"He, was treibt ihr da ? Hört sofort auf !"
Der Chef der Abschlepper sah mich nur mitleidig an. "Tja, sel-
ber schuld."
"Wer hat das angeordnet ?"
"Die beiden Typen da drüben." Zwei Streifenpolizisten. Ziem-
lich jung und keine Ahnung.
"Wie heißen Sie ?"
"Bailey Hoskins." Er sah mich neugierig an.
"Okay, Bailey. Ich bin Sergeant Craig." Ich zeigte ihm meine
Marke, die am Bund meiner Jeans klemmte. "Ich mach Ihnen
einen Vorschlag. Sie warten zwei Minuten. Ich rücke den bei-
den jungen Kollegen kurz den Kopf zurecht und Sie fahren
dann wieder."
Er kratzte sich am Kopf. "Das ist aber verlorene Arbeitszeit,
Sergeant. Und verlorenes Gehalt..."
"Mein Großvater hat einen Pub in der O'Farrell, das Green
Day. Ich sag ihm Bescheid und Ihre beiden Kollegen und Sie
kriegen eine Runde aufs Haus. Jetzt sofort."
Bailey überlegte einen Augenblick. Dann grinste er. "Alles
klar, Sarge !", sagte er. "Hört auf, Jungs."
Ich ging zu meinen beiden jungen, uniformierten Kollegen
hinüber.
"Haben Sie die Abschlepper auf mein Auto gehetzt ?"
"Ja, Sir. Sie stehen auf einer Parkspur für Polizeifahrzeuge."
"Haben Sie nicht das Schild auf dem Armaturenbrett gese-
hen ?", fragte ich ungläubig.
"Wissen Sie, wie leicht man an so eins rankommt ? Man
muss nur einen Polizisten kennen und sich dessen Auto
leihen..."
"Wie heißen Sie, Officers ?"
"Ich bin Officer Preston", sagte der große Blonde, "und
das ist mein Kollege Officer Paxton." Er war das Gegenteil
von Officer Preston: klein und dunkelhaarig.
"Okay, wie heißt Ihr Ausbilder ?"
"Lieutenant Randolph Fagin", antwortete Preston in diesem
ganz bestimmten Ton. Schon wieder so ein dämlicher Wich-
tigtuer, der seine eigene Dummheit an uns auslassen will.
"Weisen Sie sich bitte aus, Sir."
Ich drückte Preston meinen Dienstausweis mit dem Abzei-
chen nach unten in die Hand. Es sah aus wie eine schmale
Geldbörse.
"Ach ja, Randy", seufzte ich wehmütig.
"O shit", flüsterte Paxton.
Sein Kollege wurde blass und sah mich ungläubig an.
"Er hat mir soviel beigebracht damals. Er ist ein guter Leh-
rer, nicht wahr ?"
"Ja, Sir", sagte Preston.
"Seid ihr neu im Verein ?"
"Ja"sagte Paxton. "Aber das ändert nichts daran, dass-"
"Wart ihr mal Gegenstand eines von Randys legendären
Wutanfällen ?", fragte ich freundlich.
"Nein, aber einer unserer Mitschüler in der Akademie.
Wir haben es live gesehen."
"Wollt ihr es werden ?"
Beide wechselten einen Blick und verneinten dann.
"Okay, Mädels. Ich mach euch einen Vorschlag. Ihr lasst
mein Auto in Ruhe und ich liefere euch Randy nicht als
Zwischen-durch-Snack aus. Na, was ist ?"
Beide erwiesen sich als sehr vernünftig und verzogen sich.
Die ganze Nummer hatte nicht länger als zehn Minuten ge-
dauert.
Ich trabte die Treppen in den zweiten Stock wieder hinauf.
Leigh grinste mich nur an.
Rafe war stinksauer. "Ich bin auf einem Ohr taub !",
beschwerte er sich.
"Stell dich nicht so an ! Die wollten mein Baby abschleppen
lassen."
(Was runzeln Sie beim Lesen die Stirn ? Ich mochte mein
Auto eben.)
Er wollte etwas erwidern.
"Pass bloß auf ! Ich hab noch eine Ohrfeige frei."
Leigh bekam einen Hustenanfall.
Dann machten wir weiter. Der Stapel der Kandidaten, die
als Täter in Frage kamen wuchs ziemlich schnell an. Als
wir die Akten wieder in die Schränke räumten, waren 36
übrig geblieben: 36 Männer zwischen 25 und 45 Jahren,
die von Laura angeklagt worden waren und die eine ähn-
liche Vorgehensweise wie der Täter, der sie ermordet
hatte, an den Tag gelegt hatten.
Ich fuhr ins Untergeschoss und ging ins Archiv. Ich wies
mich beim diensthabenden Beamten aus und fragte, wo
meine Kollegen seien. Er sagte, ich müsse durch das
ganze Archiv gehen. Dort hinten seien leere Räume, die
man ihnen zur Verfügung gestellt habe.
"Leiten Sie die Ermittlungen ?"
"Ja."
"Kriegen Sie das Schwein. Sie war ein nettes Mädchen.
Erinnerte mich an meine einzige Tochter."
Ich sah die Lichter und hörte ihre Stimmen schon von
weitem. Ein paar uniformierte Kollegen halfen ihnen. Es
sah ähnlich aus wie in Rafes Büro, nur dass zwischen den
Aktenhaufen noch die Pappkartons herumlagen, in denen
die Akten gelagert wurden.
"Hallo, Leute."
Wir begrüßten uns kurz.
"Wieviele Fälle mit Laura als Anklägerin habt ihr ?"
"4321", sagte Inspector Kylie Travis. "Wir haben bis
jetzt gebraucht, bis wir sie alle beieinander hatten." Sie
räusperte sich. "Sie zu sortieren und zu sichten kann
etwas länger dauern."
"Wir haben 36 mögliche Kandidaten bei der Durchsicht
der Akten im Büro gefunden."
"Von wievielen ?", fragte Lewis Ross.
"246."
"Na Klasse", sagte Frank Bellucci trocken. "Dann ist
das hier die Suche nach der Nadel im Heuhaufen."
"Er hat eine von uns umgebracht", meinte Kathleen
Sullivan, "wir werden jede Unterstützung kriegen, die
wir brauchen."
"Scavo, Rafe und ich kommen runter und helfen euch",
bot ich an.
"Wäre es nicht besser, wenn die 36 so bald wie möglich
befragt werden ?", fragte Kath.
"Aber ihr-"
"Wir haben genug Unterstützung, Clark", sagte Frank.
"Geht raus und macht ihnen Feuer unterm Arsch."
Genau das taten Scavo und ich schließlich. Wir holten
uns Lieutenant Duane Griffin und Meredith Gallagher,
ehemals FBI nun SAD, als Unterstützung.
Ich hatte eine knappe halbe Stunde vom Haus der Shepards
bis zum Justizpalast in der Bryant Street gebraucht. Ich ließ
meinen Jeep in Reihe mit einem halben Dutzend Streifenwa-
gen auf dem dafür vorgesehenen Parkstreifen stehen, legte
das Schild "Polizeifahrzeug im Einsatz" gut sichtbar aufs
Amaturen-Brett und betrat das Gebäude. Der Justizpalast
war ein hässlicher Betonklotz. Wenn man reinkam waren
linker Hand mehrere Metalldetektoren, die die Ankommen-
den durchleuchteten und rechter Hand eine wunderschöne,
deckenhohe Marmortafel. Der Anlass, diese Tafel dorthin
zu stellen, war weniger schön gewesen. Die Tafel war eine
Mahnung. Auf ihr standen 86 Namen. Die Namen der Poli-
zisten, die im Dienst für die Stadt seit 1850 ihr Leben verlo-
ren hatten. Dass ich nur wenige Tage und haarscharf davor
war, Nr. 87 zu werden, wusste ich zu jenem Zeitpunkt noch
nicht.
Ich fuhr in den zweiten Stock, wo die Staatsanwaltschaft
residierte. Die Abteilung für Sexualdelikte war gleich gegen-
über der Aufzüge und der Feuertreppen.
Rafes und Lauras Büro sah aus wie ein Schlachtfeld. Zwei
mannshohe Aktenschränke - einander gegenüber an den
Wänden - gähnten teilweise leer in den Raum. Zwischen
den Aktenschränken zwei Schreibtische und dazu gehören-
de Stühle. Hinter der Tür ein Garderobenständer, in der an-
deren Ecke eine Grünpflanze, die sogar einigermaßen leben-
dig aussah. Im ganzen Raum stapelten sich Akten in unor-
dentlichen Haufen.
"Hier sieht's aus wie in einer Messie-Höhle."
"Dir auch einen guten Tag", sagte Rafael. Er hatte sein Jak-
ket ausgezogen und seine Hemdärmel hochgekrempelt.
Seine Haare waren in Unordnung. Er sah aus wie ich in
einem Anzug. Gruselige Vorstellung.
"Du wirst es kaum glauben, Dr. Freud", sagte Scavo, "aber
das Durcheinander hat System. Der Haufen da" - sie zeigte
auf einen ziemlich großen - "sind 'Ausgeschlossene'. Die sit-
zen alle noch. Der Stapel dort" - es war wirklich nur ein Sta-
pel - "ist pädophil. Der Haufen da drüben" - es war ein beein-
druckender Haufen - "sind Männer über 45 und der da" - es
war die Mutter aller Aktenordner-Haufen - "sind junge Män-
ner unter 20."
Und doch hatten sie noch nicht mal die Hälfte aller Akten
gesichtet !
"Und das Zeug auf den Schreibtischen ?" Es war ein fast so
lächerlich kleiner Haufen wie der der pädophilen Täter.
"Die passen in dein Ausschluss-Profil. Weiße Männer zwi-
schen 25 und 45 Jahren, die solche und ähnliche Taten be-
gangen haben und vor kurzem entlassen wurden."
"Was heißt 'vor kurzem' ?"
"Anfang des Jahres bis Anfang Juni."
"Gut. Welche habt ihr noch nicht durchgesehen ?"
"Die hier", sagte Rafe. "Komm' her und hilf mir."
Bevor ich mich dem Aktenschrank zuwandte, öffnete ich
die Fenster und stellte sie auf Kipp. Die Fenster war selbst-
mördersicher, das heißt, sie ließen sich nicht ganz öffnen. Es
konnte also niemand in einem Anfall von Lebensmüdigkeit
einfach so hinausspringen. Milde Luft und Straßenlärm ström-
ten in den Raum. Ich ging zu meinem Bruder, griff mir einen
Stapel Akten und sah zufällig aus dem Fenster...
Das darf doch nicht wahr sein, dachte ich.
"VERDAMMTER MIST !"
Meinen Bruder traf fast der Schlag. Kein Wunder: Ich hatte
ihm direkt ins Ohr gebrüllt. "Himmel nochmal, Clark ! Du hast
mich zu Tode erschreckt ! Clark ? Clark !"
Doch ich war längst über alle Berge. Ich wartete gar nicht erst
auf den Aufzug, sondern rannte die Treppen hinunter. Alle, die
sich in der Eingangshalle aufhielten, mussten die Druckwelle ge-
spürt haben, die ich vor mir herschob und teilten sich vor mir
wie das Rote Meer vor Moses. Ich rannte aus dem Gebäude
und zu der Abschleppwagen-Mannschaft, die sich gerade an
meinem Jeep zu schaffen machte.
"He, was treibt ihr da ? Hört sofort auf !"
Der Chef der Abschlepper sah mich nur mitleidig an. "Tja, sel-
ber schuld."
"Wer hat das angeordnet ?"
"Die beiden Typen da drüben." Zwei Streifenpolizisten. Ziem-
lich jung und keine Ahnung.
"Wie heißen Sie ?"
"Bailey Hoskins." Er sah mich neugierig an.
"Okay, Bailey. Ich bin Sergeant Craig." Ich zeigte ihm meine
Marke, die am Bund meiner Jeans klemmte. "Ich mach Ihnen
einen Vorschlag. Sie warten zwei Minuten. Ich rücke den bei-
den jungen Kollegen kurz den Kopf zurecht und Sie fahren
dann wieder."
Er kratzte sich am Kopf. "Das ist aber verlorene Arbeitszeit,
Sergeant. Und verlorenes Gehalt..."
"Mein Großvater hat einen Pub in der O'Farrell, das Green
Day. Ich sag ihm Bescheid und Ihre beiden Kollegen und Sie
kriegen eine Runde aufs Haus. Jetzt sofort."
Bailey überlegte einen Augenblick. Dann grinste er. "Alles
klar, Sarge !", sagte er. "Hört auf, Jungs."
Ich ging zu meinen beiden jungen, uniformierten Kollegen
hinüber.
"Haben Sie die Abschlepper auf mein Auto gehetzt ?"
"Ja, Sir. Sie stehen auf einer Parkspur für Polizeifahrzeuge."
"Haben Sie nicht das Schild auf dem Armaturenbrett gese-
hen ?", fragte ich ungläubig.
"Wissen Sie, wie leicht man an so eins rankommt ? Man
muss nur einen Polizisten kennen und sich dessen Auto
leihen..."
"Wie heißen Sie, Officers ?"
"Ich bin Officer Preston", sagte der große Blonde, "und
das ist mein Kollege Officer Paxton." Er war das Gegenteil
von Officer Preston: klein und dunkelhaarig.
"Okay, wie heißt Ihr Ausbilder ?"
"Lieutenant Randolph Fagin", antwortete Preston in diesem
ganz bestimmten Ton. Schon wieder so ein dämlicher Wich-
tigtuer, der seine eigene Dummheit an uns auslassen will.
"Weisen Sie sich bitte aus, Sir."
Ich drückte Preston meinen Dienstausweis mit dem Abzei-
chen nach unten in die Hand. Es sah aus wie eine schmale
Geldbörse.
"Ach ja, Randy", seufzte ich wehmütig.
"O shit", flüsterte Paxton.
Sein Kollege wurde blass und sah mich ungläubig an.
"Er hat mir soviel beigebracht damals. Er ist ein guter Leh-
rer, nicht wahr ?"
"Ja, Sir", sagte Preston.
"Seid ihr neu im Verein ?"
"Ja"sagte Paxton. "Aber das ändert nichts daran, dass-"
"Wart ihr mal Gegenstand eines von Randys legendären
Wutanfällen ?", fragte ich freundlich.
"Nein, aber einer unserer Mitschüler in der Akademie.
Wir haben es live gesehen."
"Wollt ihr es werden ?"
Beide wechselten einen Blick und verneinten dann.
"Okay, Mädels. Ich mach euch einen Vorschlag. Ihr lasst
mein Auto in Ruhe und ich liefere euch Randy nicht als
Zwischen-durch-Snack aus. Na, was ist ?"
Beide erwiesen sich als sehr vernünftig und verzogen sich.
Die ganze Nummer hatte nicht länger als zehn Minuten ge-
dauert.
Ich trabte die Treppen in den zweiten Stock wieder hinauf.
Leigh grinste mich nur an.
Rafe war stinksauer. "Ich bin auf einem Ohr taub !",
beschwerte er sich.
"Stell dich nicht so an ! Die wollten mein Baby abschleppen
lassen."
(Was runzeln Sie beim Lesen die Stirn ? Ich mochte mein
Auto eben.)
Er wollte etwas erwidern.
"Pass bloß auf ! Ich hab noch eine Ohrfeige frei."
Leigh bekam einen Hustenanfall.
Dann machten wir weiter. Der Stapel der Kandidaten, die
als Täter in Frage kamen wuchs ziemlich schnell an. Als
wir die Akten wieder in die Schränke räumten, waren 36
übrig geblieben: 36 Männer zwischen 25 und 45 Jahren,
die von Laura angeklagt worden waren und die eine ähn-
liche Vorgehensweise wie der Täter, der sie ermordet
hatte, an den Tag gelegt hatten.
Ich fuhr ins Untergeschoss und ging ins Archiv. Ich wies
mich beim diensthabenden Beamten aus und fragte, wo
meine Kollegen seien. Er sagte, ich müsse durch das
ganze Archiv gehen. Dort hinten seien leere Räume, die
man ihnen zur Verfügung gestellt habe.
"Leiten Sie die Ermittlungen ?"
"Ja."
"Kriegen Sie das Schwein. Sie war ein nettes Mädchen.
Erinnerte mich an meine einzige Tochter."
Ich sah die Lichter und hörte ihre Stimmen schon von
weitem. Ein paar uniformierte Kollegen halfen ihnen. Es
sah ähnlich aus wie in Rafes Büro, nur dass zwischen den
Aktenhaufen noch die Pappkartons herumlagen, in denen
die Akten gelagert wurden.
"Hallo, Leute."
Wir begrüßten uns kurz.
"Wieviele Fälle mit Laura als Anklägerin habt ihr ?"
"4321", sagte Inspector Kylie Travis. "Wir haben bis
jetzt gebraucht, bis wir sie alle beieinander hatten." Sie
räusperte sich. "Sie zu sortieren und zu sichten kann
etwas länger dauern."
"Wir haben 36 mögliche Kandidaten bei der Durchsicht
der Akten im Büro gefunden."
"Von wievielen ?", fragte Lewis Ross.
"246."
"Na Klasse", sagte Frank Bellucci trocken. "Dann ist
das hier die Suche nach der Nadel im Heuhaufen."
"Er hat eine von uns umgebracht", meinte Kathleen
Sullivan, "wir werden jede Unterstützung kriegen, die
wir brauchen."
"Scavo, Rafe und ich kommen runter und helfen euch",
bot ich an.
"Wäre es nicht besser, wenn die 36 so bald wie möglich
befragt werden ?", fragte Kath.
"Aber ihr-"
"Wir haben genug Unterstützung, Clark", sagte Frank.
"Geht raus und macht ihnen Feuer unterm Arsch."
Genau das taten Scavo und ich schließlich. Wir holten
uns Lieutenant Duane Griffin und Meredith Gallagher,
ehemals FBI nun SAD, als Unterstützung.