Trampen nach Norden Zwei

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Trampen nach Norden Zwei

„Seemanns Braut ist die See, und nur ihr kann ich treu sein,

Wenn der Sturmwind sein Lied singt, dann winkt mir der großen Freiheit Glück.“

Hans Albers Song aus „Große Freiheit Nr. 7“

Unsere Zimmervermieterin, die Mutter von Betty und Marie, las viel und war sehr weltläufig. Ich hatte immer die Hoffnung, dass ich mit ihr, die mir in ihren Ansichten wesentlich moderner zu sein schien als die Frauen, die ich kannte, welche aber in dem kleinbürgerlich, konservativen Klima, dass bei uns auf dem Dorf herrschte, zurechtkommen mussten, über das reden könnte, was ich dachte.

In dieser Beziehung aber wurde ich enttäuscht. Im Gegenteil, mich beschlich eher das Gefühl, dass sie mich, in der sie vielleicht ein altkluges, verwöhntes Gör sah, insgeheim gar nicht mochte, und Angst hatte, dass ich Betty und Marie ungünstig beeinflusse.

Vielleicht sah sie in mir, die langsam anfing, die Blicke der Männer auf sich zu ziehen, auch die andere Frau. Ich machte damals denselben Fehler, den ich heute noch mache, indem ich Leute, in denen ich einen unabhängigen Geist spüre, überschätze, und zu viel von ihnen erwarte.

Sie war eine Laborantin. „Die Leute haben doch selbst schuld, wenn sie eine Fischvergiftung bekommen. Warum sind sie zu geizig, und werfen ihn nicht weg, wenn er stinkt.“ Diese Worte von ihr, die immer die Proben von Vergiftungsopfern untersuchen musste, habe ich heute noch im Ohr, und mir wird jedes Mal mulmig zumute, wenn ich Fisch esse.

Außerdem war sie auch eine kluge Frau und Menschenkennerin, und ich hatte immer den Verdacht, dass sie mich durchschaute.

Das ich nicht das nette Mädchen, die brave Tochter und strebsame Schülerin war, als die ich mich gab, war ihr bestimmt schon aufgefallen. Sie sah in mir, die ein bisschen zu sehr nach Aufmerksamkeit und nach intellektuellen Reibungsflächen suchte, was Truman Capote in dem Alter bestimmt genauso ging, wohl schon die zukünftige Querulantin.

Obwohl sie auf der einen Seite einen intellektuellen Touch hatte, war sie auch andererseits wieder sehr konservativ. Zum Beispiel nahm sie ihrem Neffen übel, dass er als Student in Weimar in friedensbewegten Kreisen verkehrte, vielleicht nur weil er in eine Pastorentochter verliebt war, deshalb ins Visier der Stasi geriet, und zwangsexmatrikuliert wurde.

Dadurch wurde auch die restliche Familie überprüft, und Betty bekam keine Lehrstelle als Sekretärin bei der Seerederei. Man muss aber berücksichtigen, dass sie Ärger vermeiden wollte, da sie ihre Kinder allein großziehen musste.

Ihrem Neffen ist es noch richtig schlecht ergangen. Der Ärmste fiel in ein tiefes Loch. Er, der schon an seiner Diplomarbeit geschrieben hatte, bekam keine Arbeit, auch nicht als einfacher Handlanger. Er musste wieder zu seinen Eltern in die Kleinstadt in Mecklenburg zurückkehren, wo jeder ihn kannte.

Das Dilemma, in dem er sich befand, war, dass er in Wahrheit gar kein Umstürzler war, sondern nur ein paar Leute aus Künstlerkreisen kannte, und dort irgendwelchen IMs aufgefallen war, die ihrem Führungsoffizier etwas liefern mussten. Sie sahen ja in jedem einen Staatsfeind. Wenn er wirklich dazugehört hätte, wäre bestimmt eine Stelle als Hausmeister in der Kirche für ihn abgefallen.

Sein Vater, der LPG-Vorsitzender und Genosse war, verlor den Glauben an den Staat. „Eigentlich bleibt meinem Sohn ja nur noch, einen Ausreiseantrag zu stellen.“

Durch seine Beziehungen konnte er aber als Hilfsarbeiter auf dem Bau arbeiten.

Seine Situation stelle ich mir nicht einfach vor. Es könnte sein, dass er ein gefundenes Fressen für seine Arbeitskollegen darstellte.

Vielleicht nutzten die Jungs vom Bau die Gelegenheit sich über seine Person, an „denen da oben“ zu rächen, als deren Vertreter sie ihn, der mal studiert hatte, sahen. Da spielten wohl auch Schadenfreude über sein Pech eine Rolle, diffuse Neidgefühle lebten wieder auf, die sie früher immer gegenüber den Mitschülern hatten, die die Matheolympiaden gewannen, und ein Gespür für seine geistige Überlegenheit. Nach den klassenbewussten Arbeitern, die in DDR Romanen vorkamen, suchte man dort vergeblich.

Solche aufrechten Proletarierpersönlichkeiten, die so waren wie die, die mit Karl und Rosa zusammen beim Spartakusaufstand gekämpft hatten, und gegen die Freikorps in den Generalstreik traten, fand man in unseren sozialistischen Betrieben nicht.

Und jeglicher Glauben an die Menschheit wird ihm wohl geschwunden sein, als er nach der Wende seine Stasiakte lesen konnte und erfuhr, wer seine vermeintlichen Freunde und Freundinnen wirklich waren.

Sein Vater hatte durch diese Enttäuschung, denn er hatte an den Sozialismus geglaubt, sehr zu trinken angefangen, und wurde nicht alt. Eigentlich haben sie ihn auch auf dem Gewissen. Die Stasitypen sind nach der Wende viel zu gut weggekommen. Durch sie wurden viele Familien zerstört und Lebenswege abgeknickt. Heute sagen sie alle, sie haben keinem geschadet.

Vor einer Weile hatte unsere Zimmervermieterin einen Nervenzusammenbruch erlitten. „Marie hat mich morgens auf dem Küchenfußboden gefunden, von dem ich mich nicht mehr selbst erheben konnte.“ Nach ein paar Wochen in der Klinik in Gehlsheim ging es ihr besser. Ich denke heute, dass es damals entweder um Liebeskummer oder über Mobbing auf Arbeit ging.

Aus dem Ort, aus dem ich komme, war auch ein Mädchen in Gehlsheim gewesen. Sie hatte ständig versucht sich umzubringen, und sie mussten Scheren und Messer vor ihr verstecken. Das erste Mal war sie in Gehlsheim, als sie in der Pubertät war. Später erging es ihrer Schwester genauso. Als nach der Wende das Thema Missbrauch öffentlich gemacht wurde, denn früher war das kein Thema, kam mir ein Verdacht. Bei uns im Dorf wusste jeder, dass der Nachbar auf leisen Sohlen zur Nachbarin rüber geschlichen war, aber so etwas wollten die Leute nicht wahrhaben. Das war ihnen wohl zu ungeheuerlich.

Die Idee, dass Missbrauch im Spiel sein könnte, kam mir nach einer Sendung im Fernsehen. Eine Frau aus Frankreich berichtete davon, dass ihre Adoptivtochter plötzlich nicht mehr den Fuß aufsetzen konnte. Es kam heraus, die Ursache dafür war, dass ihr Adoptivvater sie missbrauchte, was für die Frau ein Schock war. Mir fielen Parallelen zu den beiden Mädchen aus meinem Dorf auf, denn meine Mutter hatte mir erzählt, dass das eine Mädchen dasselbe psychosomatisch Symptom mit dem Fuß zeigte. Als ich meiner Mutter etwas von meinem Verdacht erzählte, wollte sie davon nichts hören, da es sich um eine angesehene Familie handelte. So läuft es wohl oft.

Ich hatte einmal vom Jobcenter einen Ein-Euro-Job verpasst bekommen. Wir montierten Lampen zusammen mit Leuten, die das als Reha Maßnahme machten. Jana und Sevalla, eine Jugoslawin, saßen sich bei der Arbeit gegenüber. Beide waren als Kinder von ihren Vätern missbraucht worden, und hatten schon jahrelange Therapien hinter sich. Die eine, Sevalla, war ein junges Mädchen, und hatte sich so eine Schutzschicht angegessen, dass sie kaum noch durch die Tür passte. Angeblich ging es ihnen besser. „Was machst du nach der Arbeit?“ fragte ich Jana, die ältere der beiden. „Ich muss nachdenken.“ erwiderte sie. Ich sah ihr hinterher, die etwas Zerbrochenes an sich hatte, und mir krampfte es das Herz zusammen.

Außerdem bemerkte unsere Zimmervermieterin, die tiefer sah als andere, dass es zwischen meiner Mutter, die sie mochte, da spielte wohl ein gewisses Solidaritätsgefühlt unter Alleinerziehenden eine Rolle, und mir nicht stimmte. Bestimmt gab sie mir die Schuld. Viele, die ihre aggressive, hysterische Seite nicht kannten, hielten meine Mutter für eine Heilige, die sich für ihr Kind aufopferte, und mich für undankbar, oder sie ahnten etwas, und wollten es nicht sehen, um nichts unternehmen zu müssen, was mir als wahrscheinlicher erscheint. Warum ich für die viele Prügel, die ich kassierte, auch noch dankbar sein sollte, erschloss sich mir nicht.

Ich hatte immer das Gefühl, meine Mutter wollte mich, die in ihren Augen ein Teil des Mannes war, der sie sitzengelassen hatte, zerstören, um sich an meinem Vater zu rächen, und hasste mich insgeheim. Vielleicht hat sie das auch irgendwie geschafft.

Eigentlich waren wir wie ein Ehepaar, das nicht zusammenpasste, und für das es besser gewesen wäre, sich zu trennen. Aber als Mutter und Tochter waren wir auf Gedeih und Verderb aneinandergekettet. Tatsächlich verstanden wir uns erst besser, als ich weit weg in Berlin war.

Das häusliche Drama mit meiner Mutter und mir ist vielleicht gar nicht deshalb entstanden, weil mein Vater bei seiner Familie blieb, sondern dadurch, dass er sich dazu entschlossen hatte, den Kontakt zu seiner ehemaligen Geliebten völlig abzubrechen, und womit er den blanken Horror auslöste, weil sie sich dafür an mir rächen wollte. Die letzte Postkarte, die ich fand, hatte er geschrieben, als ich sechs Jahre alt war.



Zurück in den Sommer vor der Wende, zwanzig Jahre nach dem Woodstockfesival.

Zwischen den Hochhäusern laufen keine Menschen mehr. Ich drücke die Klinke einer Eingangstür runter, und sie ist zum Glück nicht abgeschlossen. Ich nehme zwei Fußmatten, lege sie auf den Treppenabsatz, rolle mich darauf zusammen und erwarte den nächsten Morgen.

Nachdem eine Beziehung in die Brüche gegangen war, hatte ich mich spontan im Vorwendesommer in Berlin, wo ich inzwischen lebe, an die Straße gestellt und bin einfach ins Blaue getrampt. Insgesamt sind es wohl drei Wochen gewesen. Was mir mehr zu schaffen machte als mein gebrochenes Herz, war die Demütigung, verlassen worden zu sein. Was machte ich falsch? Was stimmte nicht mit mir? Woher kam bloß diese verhängnisvolle Anziehungskraft auf Leute, die es nicht gut mit mir meinten? Scheinbar war ich in einer Zeitschleife gefangen, wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Alle, denen ich begegnete, tippten sofort auf Liebeskummer. Übernachtet habe ich meist im Freien oder in Hauseingängen. Vielleicht war ich im Grunde nichts weiter als eine Kleinbürgerin, die ausflippte, und deren Weltbild ins Wanken geriet, als sie bei der Suche nach dem kleinen Glück scheiterte.

Da hatte die Gehirnwäsche, der wir Frauen von klein auf ausgesetzt sind, erfolgreich gewirkt. Sogar in der Margarinewerbung fallen sie sich in die Arme. „So eine gute Margarinestulle habe ich noch nie gegessen. Willst Du meine Frau werden?“

Leider verliert man, wenn einem so etwas widerfährt, die Fähigkeit, sich selbst zu belügen, und einem wird die rosarote Brille von den Augen gerissen, durch die man das Leben bisher gesehen hatte, und man sieht mit einmal die Dinge so, wie sie wirklich sind.

Irgendwie mochten sie mich nicht. Das fing schon an, als ich als Kind beim Abzählen im Sportunterricht immer noch als letzte in der Reihe stand, zusammen mit einem Mädchen, das körperliche Einschränkungen hatte, und mir wünschte im Parkettfußboden der Turnhalle zu versinken. Ich hoffte, dass ich vor ihr in die Mannschaft gewählt wurde, und schämte mich gleichzeitig wegen diesem Gedanken. Mein natürlicher Gerechtigkeitssinn meldete sich.

Durch diese Abzählerei im Sportunterricht, die während meiner Schulzeit die gängige Praxis war, sind die Gemüter vieler Kinder langanhaltend geschädigt worden. Mögen unsere Sportlehrer in der Hölle schmoren.

Ich habe mal im Fernsehen ein Experiment gesehen. Aus einer ungraden Anzahl Schüler sollten durch Abzählen zwei Mannschaften gebildet werden. Ein kleiner Junge blieb übrig. Er war so am Boden zerstört, als er mitbekam, dass die anderen ihn nicht mochten, und er in der Klassenhierachie an unterster Stelle stand, dass die Dokumentarfilmer schon bereuten, das überhaupt gemacht zu haben. Obwohl er noch so jung war, war ihm schon bewusst, dass man, um in der Gesellschaft zurecht zu kommen, die Solidarität der anderen braucht.

Bei uns im Dorf hätte man über mich gesagt: „Er hat sie sitzenlassen.“ Diesen Ausdruck hörte ich in meiner Kindheit oft aus dem Mund meiner Mutter, wenn das Gespräch sich um andere Frauen drehte. Es erschien mir so, als wenn auf die Ärmsten jetzt ewige Einsamkeit und Verdammnis lauerte.

Den, wegen dem ich nicht mehr weiter machen konnte wie bisher, und in meinen Grundfesten erschüttert war, so dass ich alles Bisherige in Frage stellte, traf ich auf einem Konzert in einer Kleinstadt bei Berlin. Wir spielten mal wieder Woodstock auf der grünen Wiese. Wir wollten es anders machen als unsere Alten, ich dachte an meinen Vater, den ich nicht kannte, und waren auf der Suche nach echten Gefühlen.

Eigentlich wollte ich nichts von ihm und versuchte ihn abzuschütteln. Vielleicht spielen da ererbte Überlebensinstinkte eine Rolle. Ich hätte darauf hören sollen. Aber er blieb hartnäckig.

Mich störte, dass er mich ansah, als wenn ich eine Nutte wäre. Sein Blick war genauso notgeil, wie der Blick, mit dem der Freier, der im Hotel auf sie wartet, Jane Fonda ansah, die in „Klute“ eine Edelprostituierte spielt. „Hallo, ich bin Bree. … Na was haben sie sich denn so gedacht mit uns beiden? … Das Finanzielle erledige ich gern vorher…Für´n Fünfziger bist du gut dabei. Wenn du Sonderwünsche hast, wird´s ein bisschen teurer.“ Man sieht, wie der Mann ihr was ins Ohr flüstert. Sie: „Also das macht dann nen Hunderter.“

Er hielt mich wohl für so was Ähnliches.

Später habe ich mir überlegt, dass mich vielleicht sogar das an ihm gereizt hat und unbewusst angezogen hat. Vielleicht war ich eine Sadomasochistin, was wohl mit meiner Kindheit mit einer gewalttätigen Mutter zu tun hatte und suchte instinktiv nach Männern, die mich demütigen würden. Das hört sich ziemlich krank an, aber wir haben alle unsere Dämonen in uns.

Aber andererseits dachte ich auch wieder: „Vielleicht sehe ich Gespenster, und er ist nur ein netter, lustiger Student.

Nachts, in meinem Zelt, wo noch andere schliefen, suchte er sich einen Platz neben mir. Eigentlich spielte von meiner Seite dabei ein gewisses Woodstock Feeling die ausschlaggebende Rolle. „Wir sind alles Brüder und Schwestern.“ dachte ich, und strich ihm durch die Haare. Wir sahen uns im Dunkeln in die Augen. Irgendwie begann mein Widerstand zu bröckeln. „Vielleicht ist das hier die große Liebe?“ dachte ich. Ich wollte kuscheln, auch weil die Nacht im Zelt kalt war, denn die Decken hatte ich an die anderen verteilt, er wollte mehr. Morgens verschwand er, und ich hatte die zweifelhafte Genugtuung, ihn richtig eingeschätzt zu haben.

Dann hörte ich ein paar Monate nichts von ihm, der in einer anderen Stadt studierte, aber musste viel an ihn denken. Eines Tages stand er plötzlich vor mir, wie aus dem Boden gewachsen. Er musste sich damals meine Adresse gleich aufgeschrieben haben.

Das er wieder aufgetaucht war, lag vielleicht nicht in erster Linie daran, dass er sich in mich verliebt hatte, sondern dass es gar nicht so einfach für einen Mann ist, eine Frau dazu zu bewegen, mit ihm zu schlafen. Deshalb versuchen sie oft alte Kontakte aufzuwärmen. Mir ist mal aufgefallen, dass man nach einem One-Night-Stand oft schnell verlassen wird, aber zu neunzig Prozent, vielleicht wäre die Prozentzahl sogar noch höher, aber in einer so großen Stadt wie Berlin läuft man sich nicht so häufig über den Weg, versuchen sie wieder bei dir zu landen.

Einmal bezeichnete er mich als Menschenfreund. Er, der mir übel mitspielte, schien zu glauben, dass das eine naive Spezies Mensch ist, die man benutzen kann.

Wenn man von anderen Menschenfreund genannt wird, ist das ein Zeichen dafür, dass Gefahr im Anzug ist, und die Alarmglocken sollten bei einem angehen.

Kennt ihr die Stelle im „Kleinen Prinzen“, wenn der Fuchs sagt: "Wenn du mich zähmst wird mein Leben voll Sonne sein. Ich werde den Klang deines Schrittes kennen, der sich von allen anderen unterscheidet."?

Er hatte mich gezähmt, aber seine Gefühle waren wohl bloß geheuchelt, und nach einiger Zeit verschwand er einfach so von der Bildfläche, was wohl auch daran lag, dass ich damals in einer schwierigen Situation steckte, denn er erwartete von einer Frau, dass sie funktionierte.

Aber wenn das nicht so gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht gar nicht in ihn verliebt, und er hätte mich nur von weitem dabei beobachten können, wie ich mit einem anderen Mann in ein Auto steige. Man verliebt sich schnell, wenn man in Schwierigkeiten steckt. Vielleicht dachte er, dass ich mir einbildete, dass er der Ritter auf dem weißen Pferd ist, der mich aus den Armen des bösen Drachen bzw. aus meiner Misere rettet, und mich von meinem gesellschaftlichen Außenseitertum befreit.

Aber das hatte er nicht vor.

„Wenn´s beruflich nicht hinhaut, haut es auch in der Liebe nicht hin.“ war ein ständiger Spruch meiner Mutter. Sie schien recht zu haben. Und auch der Rat meiner Oma: „Schlafe niemals sofort in der ersten Nacht mit einem Mann.“, den ich in den Wind schlug, hatte sich bewahrheitet. Es ist schon eigenartig, dass die Moralvorstellungen meiner Mutter und meiner Oma, auch von ihm, trotz seiner Intelligenz und seiner langen Haare, geteilt wurden. „Wie traurig ist das denn.“ dachte ich.

Die kleinbürgerliche Enge, aus der ich ausbrechen wollte, hatte mich wohl in seiner Person wieder eingeholt. Vielleicht war mir der Wiedergänger meines Vaters, der sich nie bei mir vorgestellt hatte, und der auch mal Student gewesen war, erschienen in der Gestalt eines einundzwanzigjährigen, Langhaarigen, der auf der Hippiewelle war.
Die Liebe auf den ersten Blick war eine fixe Idee von mir, die auch daher rührte, dass mich als Teenager die Erinnerungen eines Berliner Schriftstellers***, der in den dreißiger Jahren sehr bekannt war, schwer beeindruckt hatten.

Er beschrieb darin, wie er seine erste Frau, die nicht alt wurde, kennenlernte, als er, ohne Geld, mit feuchten Kleidern, nach einer Nacht im Tiergarten, das Café des Westens betrat. Sie hatte ein weiches Herz und nahm ihn mit in ihre Wohnung, wo er auf der Couch schlief. Das Buch, aus dem ich das habe, stand bei meiner Mutter im Bücherschrank. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, dass sie es jemals gelesen hat. Das muss in einem anderen Leben gewesen sein.

Eine Junkie Frau, die Junkies sind die Intellektuellen unter den Süchtigen, da wäre bei vielen mehr drin, hat mal zu mir gesagt: „Für Liebe muss man gut drauf sein, aber wenn man das ist, kommt man eigentlich auch allein klar.“ Man verliebt sich schnell, wenn man Hilfe braucht.

Heute ist gerade der 54. Jahrestag des Woodstock Festivals.

Wenn ich es mir so durch den Kopf gegen lasse, hat die große Hippiebewegung in Amerika eigentlich wenig bewirkt. Die ehemaligen Studenten müssten doch in den Achtzigern, oder zu mindestens in den Neunzigern auf verantwortungsvollen Posten gesessen haben, und versucht haben etwas zu ändern an der amerikanischen Gesellschaft.

Die Amis haben immer noch keine Krankenversicherung. Obama Care soll auch nicht so das gelbe vom Ei sein. Eine Knastreform hat nicht stattgefunden. Der Vietnamkrieg ging noch bis 1975.

„Vielleicht war das für die meisten der Mädchen und Jungen nur ein kurzes Zeitfenster.“ denke ich. „Damals holte wohl jeder seine besten Eigenschaften aus sich heraus.“ Wo sind sie denn alle geblieben?

Von der halben Million, die auf dem Woodstockfestival waren, waren die meisten wohl keine echte Avantgarde, sondern fügten sich, nachdem sie kurz alternative Lebensweisen ausprobiert hatten, wieder in die Konventionen und Traditionen der Gesellschaftsordnung ein.

Die Hippies sagten ja auch der bürgerlichen Doppelmoral unser Elterngeneration den Kampf an. Aber ob ihnen das gelungen ist? „Woodstock war eine sexuelle Revolution, aber die haben die Männer gewonnen.“ sagte einmal hellsichtig ein Kumpel zu mir.

Ich kucke mir den Woodstockfilm im Fernseher an. Ein utopischer Ort, wo alle gleich waren, wo Unterschiede in Bildung und Elternhäusern nichts zählten, wo andere Gesetze zu gelten schienen als in der restlichen Gesellschaft, wo Neid, Geiz und Gier keine Chance hatten, wo die Liebe am meisten zählte, wobei ich mit Liebe, die Liebe unter den Menschen meine.

Was eine Wunschvorstellung war. Die Kellnerin aus der Bronx und der Akademiker, die verband, dass beide ein Stirnband trugen, wurden kein Paar für die nächsten hundert Jahre, sondern nur für die drei Tage, woran gar nicht mal seine begüterten Eltern Schuld hatten, sondern mehr anerzogenes Vorurteil und die zu verschiedenen Realitäten, denen sie ausgesetzt waren.

Von den Fernsehbildern geht eine Welle der Liebe aus, und angenehme Empfindungen durchströmen mich. „Mir geht es wohl nicht viel anders als den Zuschauern der Volksmusikantensendungen, auf die ich immer so herabgeschaut habe, und die sich damit auch in eine künstliche Harmonie versetzen.“ muss ich mir eingestehen.

Während Crosby, Stills, Nash § Young im August 69 „Helplessly hoping, her harlequin hovers nearby“ sangen, wurden allerhand alleinerziehende Kinder gezeugt. In den Vereinigten Staaten kamen die Leute aus der Hippiebewegung zum größten Teil von den Campussen der Unis. In unserem Arbeiter- und Bauernstaat waren das zum größten Teil junge Arbeiter, was auch mit dazu beitrug, dass alles irgendwie zu einem Kleinbürger Woodstock wurde. Besonders das sehr schwarzweiße Frauenbild muss man erwähnen.

Zwischen Heiliger und Nutte gab es da bei vielen Männern nichts. Ich war in seinen Augen wohl eher letzteres.

„Unser Hippiegespiele auf der grünen Wiese hat ja nichts gebracht.“ sagte einmal jemand zu mir.

Ein junger Mann, den ich im Sommer 89 beim Trampen kennenlernte, sagte zu mir: „Ein hübsches Mädchen wie du, zieht die Männer an, aber sie kann sie nicht halten.“, was ich irgendwie für einen merkwürdigen Spruch hielt, aber andererseits fühlte ich mich auch geschmeichelt.

Ich kann bei ihm übernachten, aber erst nachdem eine riesige Katze widerwillig ihren Stammplatz geräumt hat, und morgens zeigt er mir ein großes Album, in dem nur Fotos von Frauen sind. „Meine erste war meine Cousine.“ Er spielt mir etwas auf der Gitarre vor. „Du kennst doch den Schauspieler aus dem Film… Mit dem war ich bei der Armee auf der Stube. Wir sind Freunde geworden, und er hat mir das Gitarre- spielen beigebracht.“

Das grasgrüne Auto hält an der Autobahn, obwohl das verboten ist.

Zufälle gibt es. Der Fahrer, ein Schauspieler, den ich aus dem Kino kenne, ist derselbe, der dem jungen Mann mit der Katze, bei dem ich übernachtet habe, bei der Armee die Griffe auf der Gitarre gezeigt hat. Der Film*, in dem ich ihn gesehen habe, ist der lustigste Film von der Welt und feiert die Freundschaft. Es geht um zwei Kumpels, die sich von der Armee kennen, und nach ihrer Entlassung in einem kleinen norddeutschen Städtchen Fuß fassen wollen. Er stammt aus derselben Gegend, aus der ich komme, nicht weit von meinem Dorf entfernt. Vor ihm schien eine große Karriere als Komiker zu liegen.

Als ich ihm sage, dass ich ihn im Kino gesehen habe, ignoriert er das. Scheinbar hört er das nicht gern. Habe ich da einen empfindlichen Punkt berührt? Ich habe sowieso nie verstanden, warum sein Partner den Preis als bester Newcomer bekommen hat und nicht er. Er war es doch, der den Film mit seinem Witz und Charme gerockt hat. „Ob er und der andere Schauspieler wohl wirklich Freunde gewesen sind, und das nicht nur gespielt haben?“ denke ich. Aber ich traue mich nicht, ihn danach zu fragen, da er auf das Thema nicht gut zu sprechen zu sein scheint.

Er erzählt mir, dass er sich auf seine Musik konzentrieren will. Das ist bestimmt ein Fehler gewesen, denn in dem Film war er genial, seine Musik haut mich nicht um. Selbst unter seine Musikvideos schreiben die Leute: „Wann spielst du mal wieder?“

Ich will endlich mal meinen Vater kennenlernen, und trampe in das Dorf, von dem mir meine Mutter erzählt hat, dass er hier lebt, und wo ihre erste Stelle als Lehrerin war.

Eine Tür geht auf, und ein Mann, in dessen Gesicht ich mich widergespiegelt sehe, und von dem ich das Gefühl habe, dass er alles über mich weiß, fragt mich, was ich will, und will mir die Tür gleich wieder vor der Nase zu machen. Obwohl ich ihm sehr ähnlichsehe, entspricht die zerzauste junge Frau, die er vor sich sieht, absolut nicht seinem Typ Frau.

Ich glaube er überlegte, ob sie ihn nicht eher an die Mädchen im Jugendwerkhof erinnerte, wo er als Erzieher gewesen war.

Trotzdem ich alles so vorausgesehen hatte, war ich doch geschockt, als er und seine Frau mich nach zehn Minuten hinauskomplementierten. Ist eine Paarbeziehung ein Egoismus Pakt zum gegenseitigen Nutzen?

Also stiefelte ich wieder los mitsamt meinen ungelösten Fragen. Irgendwie fand ich den alten Knaben auch cool, der sich nicht von überflüssigen Sentimentalitäten leiten ließ und mich ohne Wenn und Aber rausschmiss, und dazu stand, zu gar nichts zu stehen. Das hatte was. Und wenn ihr mich jetzt fragt, ob ich total geschockt war? Nein, das war ich nicht. So hatte ich das erwartet. Wir beide kannten uns ganz genau, auch wenn wir uns vorher nie gesehen hatten.

Das er mich irgendwie zur Rebellin wider Willen gemacht hat, war wohl ein unerwünschter Nebeneffekt, der von ihm so nicht angestrebt wurde. Jedenfalls hatte er nicht vor, die norddeutsche Antwort auf Simone de Beavoire zu erschaffen, als er meiner Mutter Avancen machte.

Ich glaube, er stand auf den Typ Frau, dem seine Frau und leider auch meine Mutter entsprachen, denn die beiden waren sich ähnlicher, als sie dachten.

Ich glaube, ich habe Glück gehabt.

„Vielen Dank dafür, dass Du mich mit Deiner Vaterschaft in Ruhe gelassen hast.“

Es hätte ja auch anders sein können, wenn er ein ganz normaler Mensch gewesen wäre. Eines Tages könnte er bei uns vor der Tür gestanden haben. „Hallo, ich bin dein Vater. Was machst du so? Was denkst du so?

Als meine Mutter mal auf einem Lehrgang war, hatte ich systematisch die Wohnung durchstöbert, und im Kleiderschrank zwischen den Bettlaken war ich fündig geworden.

Ein Etui mit einem Packen Briefe war dort versteckt. Die Schrift war schwer zu entziffern, aber es waren Briefe meines Vaters.

Teilweise waren sie sehr intim, so dass ich schon ein schlechtes Gewissen bekam, das ich aber beruhigte, indem ich mir sagte, dass sie das Einzige waren, was ich von meinem Vater besaß, teilweise beschrieb er aber auch seitenweise seine Arbeit als Lehrer und das Dorfleben.

Die letzte Postkarte hatte er geschickt, da war ich sechs Jahre alt.

Leider fand ich kein Foto von ihm. Aber bei einer gründlicheren Suchaktion, meine Mutter, die Lehrerin, war mal wieder auf einer dieser Fortbildungen, auf die sie sie fast jede Ferien schickten, entdeckte ich ein kleines grünes Album. Auf jeder Seite war ein Foto, auf dem immer ein geheimnisvoller schwarzhaariger Mann drauf war.

Er war viel älter als meine Mutter. Diesem Fotoalbum verdanke ich meine lebenslange Fixierung auf jüngere Männer, da für mich von nun an feststand, dass man älteren nicht trauen soll. Viele Frauen, die ohne Vater aufgewachsen sind, stehen ja gerade auf ältere Männer, bei mir ist das genaue Gegenteil der Fall.

Als ich in „Felix Krull“ von Thomas Mann, von der Freundin von ihm las, die nie wirklich über Männer in den Zwanzigern hinausgekommen ist, wurde mir angst und bange. Mir stand schon ein unerfreuliches Schicksal vor Augen, als alternde Frau, die junge Männer anmacht, was von der Gesellschaft ja überhaupt nicht akzeptiert ist. Wie Scheiße ist das denn?

„Eines Tages kriegst du keine jüngeren Männer mehr.“, hatte mich ein Freund, dem meine Vorliebe aufgefallen war, mal gewarnt. Da war ich noch nicht mal Dreißig. Die Gesellschaft akzeptiert, dass viele Frauen die Töchter oder manchmal sogar Enkelinnen ihrer Männer sein könnten, aber umgekehrt werden ein paar Jahre, die die Frau älter ist als der Mann, schon als bedeutend empfunden. Sehr eigenartig.

Einmal hat mich auch ein Schleppkahn mitgenommen. Über die Kahnfahrt muss ich nicht viel erzählen. Schaut euch besser den Film „Unter den Brücken“ von Helmut Käutner an. Dort nehmen Schiffer auch eine Neuberlinerin mit Problemen an Bord, weil sie dachten, sie wollte ins Wasser springen.

Wenn ich von der Brücke gesprungen wäre, aber das hätte ich nicht gemacht, denn es wäre für mich ein Eingeständnis, gescheitert zu sein, dann wäre ich ein Wassergeist geworden wie Undine, und mit tropfenden Haaren erscheine ich vor dem Treulosen. Nie hätte ich gedacht, dass man einen Menschen dermaßen hassen kann. Das war wohl nicht die große Liebe, sondern eine große Schmach.

Wenn ich ihn erwischt hätte, hätte ich es mit ihm gemacht wie Undine mit ihrem Geliebten. Wenn er unvorsichtig ist, und zu nahe an das Rummelsburger Ufer tritt, taucht mein Arm aus den Fluten auf, packt ihn, und zieht ihn ins nasse Grab, wie es dem treulosen Ritter Huldbrand erging. Eine Frau weiß sich zu rächen.

Ob die Amis, die den Feudalismus einfach übersprungen haben, sie hatten deshalb ja keine Burgen und kein nichts und kein Garnichts, uns beneiden um unsere adligen Dichter mit ihrem Überschuss an Fantasie, Romantiker genannt, die vor über zweihundert Jahren als Advokaten in muffigen Schreibstuben ihr Brot verdienten, und von ihrer Kindheit in ihren verlorenen Schlössern träumten? Von der waren ihnen bloß noch alte Sagen geblieben, wie die von Undine, die ihre Kindermädchen ihnen erzählt hatten. Die haben sie ganz schön ausgesponnen. Wenn man manche Sachen liest, glaubt man nicht, dass damals keine Drogen in Umlauf waren.

Aber weg von der Germanistikvorlesung über die Romantiker, zurück zu dem Schleppkahn. Das Zirpen und Zwitschern und Plätschern, die Geräusche, die ein Fluss in einer Sommernacht macht, erkannte ich sofort wieder, als ich diesen Film aus dem Jahre 1944 sah.

Und auch wir mussten vor Brücken immer die Fahrerkabine runterklappen und fuhren mit dem Schleppkahn durch das Schiffshebewerk. Mittags warfen wir an Land Anker, klappten den Steg aus, und ich ging mit dem Lehrling einkaufen. Ich schälte Kartoffeln und der zweite Steuermann kochte. Es gab Kotelett mit Blumenkohl. Abends sprangen wir vom Deck in den Fluss.

Der Schiffer, der nur wenig älter war als ich, hatte sich wohl was ausgemalt. Er war sauer, als ich, die völlig übermüdet war, einschlief wie ein Stein, und am nächsten Morgen musste ich runter vom Kahn. Der Abschied war frostig. Ich war schwer enttäuscht von ihm, denn er gefiel mir.

Es war mehr so auf den dritten Blick, falls ihr wisst, was ich meine. Das war eine schwache Vorstellung von ihm. In „Unter den Brücken“ hatte es jedenfalls mit Heirat geendet.

Als Abschiedsgeschenk habe ich ihm noch heimlich ein Buch, das von einem Siebzehnjährigen handelt, der kurz vor Weihnachten allein durch New York irrt, auf seine Pornozeitschriften gelegt.

„Er hatte gar keine kleine Schwester.“ denke ich, und meine damit den Verfasser** dieses Romans. Ich hatte mich immer gefragt, welchem Charakter in seinem Buch er die Züge seiner großen Liebe Oana O`Neill, die damals fünfzehn war und er einundzwanzig, verliehen hat. Und dass sie dabei sein musste, stand für mich fest, denn sie war wohl für ihn so etwas wie Lotte für Werther. Ihre Gestalt geistert durch alle Frauen- und Mädchenfiguren im „Catcher in the rain“.

Schon merkwürdig. In Amerika ist der „Ein Buch Autor“ verbreitet, das ist dann aber eines, dass es in sich hat, und einen umhaut. Eigentlich haben die meisten davon noch mehr geschrieben, was aber nie an dieses Buch herankam. Ich denke da an Harper Lee, Ken Kesey, Anthony Burgess, Margaret Mitchel und natürlich an Sylvia Plath und auch an den, um den es hier geht.

Seit ich in seiner Biografie gelesen habe, dass die einzige Schwester, die er besaß, viel älter als er war, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass auch in der Figur der kleinen Schwester des Ich-Erzählers etwas von Oana drin sein könnte. Vielleicht hat sie, die die Frau von Charlie Chaplin war, sich wiedererkannt, und ihr Geheimnis mit ins Grab genommen.

Sie soll Fragen von Journalisten nach ihrem Jugendfreund, der immerhin ein weltberühmter Schriftsteller war, nie beantwortet haben. Das ist schade. Wie sie wohl sein Buch fand?

Schon, als ich mit sechzehn das erste Mal dieses Buch in der Hand hielt, hatte ich ein komisches Gefühl dabei, als ich las, wie euphorisch der Autor über kleine Mädchen schrieb.

Die Ahnung hatte mich nicht getrogen. Er hatte eine lebenslange Vorliebe für Kindfrauen. Als die wahrscheinlich erste davon, Oana, einen anderen heiratete, kämpfte er in Europa gegen die Deutschen. Als seine Briefe nicht mehr beantwortet wurden, und dann die Nachricht kam, dass sie Charlie Chaplin geheiratet hatte, sah er Kameraden sterben. Er hat sein Buch wohl auch für sie geschrieben. Ob er sie jemals wiedergetroffen hat?

An irgendwelchen Fantasien, auch wenn man weiß, dass sie nicht der Realität entsprechen, muss man sich ja festhalten, wenn man im Schützengraben liegt. Das kann einem helfen zu überleben.

Eine Frau, die in Auschwitz war, erzählte, dass ihr die Kraft zum Überleben, ein kleiner Zettel gab, der ihr zugespielt wurde. Ihr Mann, der Arier war, versicherte ihr, dass er immer auf sie warten wird. Als sie nach der Befreiung zu ihm ging, war er schon lange mit einer anderen Frau verheiratet. „Aber trotzdem hat er ihr das Leben gerettet.“ dachte ich.

Ich weiß noch, wie Kumpels mir davon erzählten, wie hart es sie bei der NVA traf, wenn der Brief kam, dass ihre Freundin einen anderen hatte. Einige dachten sogar daran, bei den Schießübungen die Waffe gegen sich selber zu richten. Und sie machten bloß ihren Grundwehrdienst, und nahmen nicht an der Schlacht im Hürtgenwald teil wie Salinger.

Die meisten jungen Männer in unserem Dorf heirateten gleich nach der Armee. Eine Liebesbeziehung, die vorher vielleicht nicht so bedeutungsvoll gewesen war, nahm in der Eingesperrtheit der Kaserne, wo es wenig Abwechslung gab, eine ganz andere Dimension an. Viele Armisten, die vorher selten Mal einen Brief schrieben, wurden bei der Armee zum Dichter, und überschütteten ihre verblüffte Freundin mit Liebesschwüren.
Dadurch, dass ich seine Biografie las, erhielte die anonymen GIs, die bei uns die Nazis vertrieben haben, ein Gesicht.
Die Kriegserlebnisse, zusammen mit dem Verlust seiner großen Liebe hat J.D. wohl nie verkraftet. Sie müssen ein lebenslanges Trauma ausgelöst haben. Zu Friedenszeiten hätte er das bestimmt leichter weggesteckt, unter Feindbeschuß wurde ihm das zur fixen Idee.

Er fühlte sich sein ganzes Leben immer zu sehr jungen Mädchen hingezogen. Einige, um die er warb, verliebten sich trotz des großen Altersunterschiedes in ihn, da er witzig und hochintelligent war. Vielleicht verwechselten sie auch den Ich-Erzähler im Roman mit dem Autor.

Aber nach einiger Zeit, meist nachdem sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten, löste sich sein Interesse in Luft auf, und er suchte nach neuen Mädchen, und ließ sie ratlos zurück.

Die Mädchen hatten wohl bloß eine Stellvertreterfunktion, und er wollte er sich über sie an Oana rächen, die einen anderen geheiratet hatte, so wie meine Mutter sich über mich an meinem Vater, den ich gar nicht kannte, rächen wollte.

Als ich einmal vor der Sommerhitze Zuflucht auf dem Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee suchte, wo man immer sehr gut mit sich allein sein konnte, fiel mir am Eingang ein Stein auf, auf dem der Name Salinger stand. „Warum kommt dir dieser Name bekannt vor?“ fragte ich mich.

Plötzlich wurde mir klar, dass der Verfasser des „Fängers im Roggen“, ein Jude gewesen sein musste, vielleicht sogar ein deutscher.

Auf einem anderen Stein in der Nähe stand Biermann drauf. Also schien auch er, der aus der DDR ausgewiesene Liedermacher, ein Jude zu sein. Ihn habe ich immer für einen Schwätzer gehalten, bis mir eines Tages auffiel, dass viele Lieder von ihm ganz gut sind.

Es ist schon merkwürdig, dass es sowohl auf der Seite der Staatssicherheit und als auch auf der Seite derer, die sie bespitzelten, so viele Juden gab.

Ich persönlich kannte keinen einzigen. Juden waren etwas Exotisches für mich. Bei uns in der DDR waren jüdische Wurzeln kein Thema. Ich wusste gar nicht, dass es überhaupt noch jüdische Mitbürger in Berlin gab, da ich annahm, dass sie alle entweder geflohen oder ermordet worden waren. Erst nach der Wende stellte sich heraus, dass viel bekannte Schauspieler, Musiker, Regisseure aber auch Wissenschaftler, Politiker und leider auch viele Stasileute jüdische Wurzeln hatten. Ein bekannter Schauspieler ist Rabbiner geworden, und lebt in Israel in der Negev Wüste. Sogar Nina Hagen hatte einen Vater, der Jude war. Besonders unter unseren Schriftstellern waren viele von ihnen. Das war mir völlig neu.

Auch in Amerika mischten sie überall mit. Ich erfuhr, dass eine Menge Leute aus der Hippiebewegung, auch Musiker, die in Woodstock auftraten, Juden waren. Viele aus diesem Volk machen wohl in ihrer Jugend eine Phase durch, in der sie aufbegehren, sind musikbegeistert und die geborenen Organisatoren. Aber auch bei Metal und Punk stellte sich raus, dass dort viele jüdische Wurzeln hatten, sogar die Freundin von Sid Viscious.

Ich hätte sie eigentlich viel eher in der orchestralen Synagogenmusik vermutet, oder in der Wall Street als im CBJB, einem bekannten New Yorker Punkschuppen. Wer hätte vermutet, dass die interessanten schwarzlockigen Typen mit E-Gitarre und Lederjacke Rabinersöhne waren?

Eine Vertreterin dieses Volkes ist mir aber schon zu DDR – Zeiten über den Weg gelaufen. Einmal sah ich einen Kumpel mit einem schwarzhaarigen Mädchen mit halblangen Haaren zusammensitzen. Sie waren wohl zu der Zeit ein Paar. Sie war siebzehn, und mir ging durch den Kopf, dass sie merkwürdigerweise so aussah, wie ich, als ich in ihrem Alter war.

„Ich heiße Rebekka, und bin Jüdin.“ erzählte sie. Ihr Großvater war im KZ ums Leben gekommen.

Wir beide verstanden uns auf Anhieb, aber aus unserer Freundschaft wurde nichts, denn jedes Mal, wenn ich sie traf, saß sie gerade bei irgendjemandem auf dem Schoß, und winkte mir von weitem lachend zu. Ich sah sie das letzte Mal, als sie auf der Schönhauser Allee ein kleines Kinderwägelchen stolz vor sich herschob. Sie bemerkte mich und den Freund neben mir und lächelte. Das war aber auch das einzige Mal, dass ich einem Juden über den Weg lief.

Nicht nur über den jüdischen Friedhof an der Schönhauser bin ich gerne gegangen, am meisten hatte es mir der in Weißensee angetan. Dort konnte man stundenlang durch wilde unberührte Natur laufen, ohne dass man einer Seele begegnete. Es gefiel mir dort so gut, dass ich mir vorstellen konnte, mich hier einmal beerdigen zu lassen. Obwohl ich erst Anfang Zwanzig war, schreckte der Gedanke, hier begraben zu sein, mich nicht. Einmal fragte ich mich, warum man auf dem riesigen Areal eigentlich keine Menschen sah, die Grabpflege betrieben, so wie überall. Da wurde mir klar, dass tatsächlich fast alle Angehörigen, der hier liegenden, ermordet oder ins Ausland geflohen waren.

Nachdem ich mir das Tagebuch von Anne Frank, das ich Jahre zuvor schon gelesen hatte, nochmal als Hörbuch angehört hatte, beschäftigte mich die Frage: Wer war der Verräter?

Das Tagebuch geht einem auch deshalb so unter die Haut, da man instinktiv ahnt, dass Anne ihren Tod vorausgeahnt haben muss, und wusste, dass von ihr nur das Tagebuch übrigbleiben würde,

Ich wusste nicht, dass sich zur selben Zeit wie ich, auch eine Gruppe Journalisten diese Frage stellte.

Deshalb war ich sehr interessiert, als das neue Buch über die mutmaßlichen Verräter von Annes Versteck in der Prinzengracht herauskam, aber nicht in Deutsch erscheinen durfte. Ich war so neugierig, dass ich versuchte es in Originalsprache zu lesen, was auch einigermaßen funktionierte. Dafür muss ich dem Jobcenter dankbar sein, das mich auf einen Englischkurs schickte, wo ich die älteste und die schlechteste war. Zu dem, des Verrats Verdächtigten, möchte ich, die noch nie in so einem Gewissenskonflikt war, mich nicht äußern. Ich fragte mich nur: „Warum haben sie ihn nicht zu Lebzeiten mit den Vorwürfen konfrontiert?“

Schade, dass das Buch nicht auf Deutsch erscheinen durfte. Ausgerechnet diesem Buch, wie noch keinem anderen vorher, ist es gelungen, mir einen lebendigen Eindruck der Geschehnisse zu vermitteln, und mich auf eine Zeitreise mitzunehmen. Irgendwie war man mit dabei.

Nie habe ich die Situation der Juden in Amsterdam so realitätsnah geschildert gefunden, auch die zweifelhafte Funktion des Judenrates. Ich versuchte auch etwas über den Judenrat im Berlin der Nazizeit rauszukriegen, aber fand nichts. In Berlin wird sich ähnliches abgespielt haben wie in Amsterdam. Ich las noch weitere Bücher darüber, obwohl dieses Thema für mich zuvor schon längst abgehakt gewesen war.

Zurück an die Ostsee ins Jahr 89. Auf einem Zeltplatz lernte ich jemanden kennen, der mir auf einem Kassettenrecorder die ganze Nacht die „Bösen Onkelz“ vorspielte. Ich wunderte mich über seinen fanatischen Gesichtsausdruck, mit dem er jede Textzeile auswendig mitsang. Was fand er bloß an dieser Band? So ähnlich wie ihm mit den „Onkelz“ ging es mir mit „Ton Steine Scherben“. Von denen hatte ich auch alle Texte im Kopf.

Ich besuchte auch ein Mädchen, dass mal eine Weile in Berlin bei mir gelebt hatte. Sie war eine Ausreißerin, und, als sie schwanger wurde, reumütig zu ihren Eltern an die Küste zurückgekehrt. Ihr Kind war jetzt ein Jahr alt. Das Haus ihrer Eltern war nur durch einen schmalen Streifen Sand von der See getrennt.

Wenn wir beide in Berlin nichts mehr zu essen hatten, nahmen wir eine große Schultertasche und ließen mit knurrendem Magen im Lebensmittelladen so manches hineingleiten und bezahlten an der Kasse einen Becher Senf. Ich gehe übrigens heute an niemandem vorbei, der vor einem Kaffeebecher auf der Straße sitzt, ohne etwas hineinzuwerfen. Zu gut ist mir die Zeit damals noch in Erinnerung

Über Umwege gelangte ich auch in die große Stadt am Meer, in der meine Mutter und ich immer Urlaub gemacht hatten, zuletzt war das vor acht Jahren. Vielleicht hatte mich mein Unterbewusstsein hierhergeführt.

Ich lief wieder die altbekannte Strandpromenade entlang und schlief auf dem heißen Sand zwischen den ganzen Urlaubern ein.

Nachts landete ich an einem abgelegenen Strand, zu dem man mit einer Fähre fahren musste. Ich wollte auf dem Zeltplatz dort übernachten. An diesem Strand war ich früher in den Sommerferien oft mit meiner Mutter, weil es hier nicht so voll war.

Einmal kam eine große Gruppe junger Männer, vielleicht zwei Dutzend, und alle ließen sich neben mir und meiner Mutter in den heißen Sand fallen. In der Nähe gab es einen Zeltplatz. Alle haben lange Haare, sie tragen die gleichen blauen Jeansanzüge und sehen ziemlich geschafft aus.

Ich wundere mich, dass sie auch in der prallen Sonne ihre Jeans nicht ausziehen. Ihrem Dialekt nach kamen sie aus Thüringen. Dort gab es eine starke Bluesszene. Ein einziges Mädel, die sehr übernächtigt wirkt, ist mit dabei. „Ob sie wohl die Freundin von allen ist?“ frage ich mich. Ich war sechzehn, hatte nichts anderes im Kopf als Jungs, und bin ganz Interesse. Einer, mit langen blonden Haaren, gefällt mir.

Er sieht traurig aus. „Vielleicht hat ihm jemand das Herz gebrochen“, denke ich. Ich laufe extra ein paarmal im Bikini an ihm vorbei, und merke, wie seine Blicke mir folgen. Aber leider kommt er mir nicht ins Wasser nach, sondern liegt bloß wie angegossen mit den anderen im Sand. Sie tauchten nicht mal die große Zehe ins Wasser.

Ein Hauch von Woodstock lag in der Seeluft. Ich hätte mich gerne mit ihnen angefreundet, aber nach einer Weile standen sie auf und gingen. Ich schaute ihnen sehnsüchtig hinterher, und lag weiter mit meiner Mutter gelangweilt am Strand. „Es muss ein anderes Leben geben“, ging es mir durch den Kopf. Und dann noch: „Nehmt mich mit.“

Das ist aber lange her. Das letzte Mal, dass ich hier war, lag ja schon acht Jahre zurück.

Heute Abend lerne ich an diesem Strand einen flachsblonden Typen mit Metal Shirt kennen, der einsam auf einem Stein sitzt. „Wo kommst Du her“, fragt er mich. Irgendwie verstanden wir uns beide sofort. Es war nicht Liebe, sondern Freundschaft auf den ersten Blick. So was gibt es auch. Es stellte sich heraus, dass wir gemeinsame Bekannte hatten.

Seine Clique wartete schon an der Fähre. Sie sind so alt wie Betty und Marie, und stammten auch aus demselben Stadtbezirk. „Männer für meine beiden Mädels.“ geht es mir durch den Kopf.

Ob sie wohl meine beiden Freundinnen kennen, oder ist es ihrer Mutter, die wollte, dass sie ganz normale, angepasste Mädchen werden, erfolgreich gelungen, sie von den bösen Buben abzuschirmen, als die die Truppe in ihrem Stadtbezirk bestimmt galt? Unter ihnen waren Punks, Metal- und Bluesfans, denn die einzelnen Musikrichtungen waren hier nicht so streng voneinander getrennt wie in Berlin.

Ich hatte Betty und Marie vor sechs Jahren, da waren sie fünfzehn und sechzehn, es war auf der Beerdigung ihrer Großmutter, das letzte Mal gesehen. Ich weiß auch gar nicht, ob sie jemals eine rebellische Phase durchgemacht haben, und ob sie etwas für schräge Musik übrighatten. Außerdem durften sie ihre alleinerziehende Mutter nicht enttäuschen.

Einer von ihnen gefiel mir auf Anhieb: „Nach diesen schwarzen Augen habe ich schon mein Leben lang gesucht,“ dachte ich. Das wusste auch ein Schriftsteller*** sofort, der in den Dreißigern seine große Zeit hatte, solange bis er vor den Nazis flüchten musste, als er seine zukünftige dritte Frau das erste Mal sah. Es war in Berlin in einem Café. Sie ging dann aber mit einem Mann fort, und er traf sie erst Jahre später im Exil in Amerika wieder.

Ich weiß nicht, ob ihr auch solche Leute kennt, bei denen man, wenn man sie anschaut, als erstes nur Augen sieht. Genauso ein Typ war er auch. Auf der Überfahrt mit der Fähre kamen wir ins Gespräch. „Ich bin früher in den Ferien oft mit meiner Mutter hier gewesen,“ erzähle ich ihm. Er hört mir so aufmerksam zu, als wenn ich gerade das Evangelium verkünden würde. Ich spüre, dass die schwarzen Augen mir überallhin folgen. Er überlegt eine Weile. Dann, „Wenn du willst, kannst du auch mit zu mir kommen“. Genau das wollte ich hören.
Aber ich wusste, dass das nicht ging. Schon hier, auf der Fähre, machte mich seine Gegenwart befangen. Bei Proust, dem kranken Zauberer auf seinem Matratzenlager, habe ich gelesen: „Wenn man jemandem begegnet, der zu viele Vorzüge hat, bleibt einem als Ausweg nur, sich in ihn zu verlieben.“ Wie sollte das erst werden, wenn wir beide allein waren. Dann hätte ich bestimmt aus lauter Verlegenheit nur Mist erzählt, und alles in den Sand gesetzt.

Er hielt mich für eine coole Frau. In dem Glauben wollte ich ihn lassen. In Wirklichkeit stolperte ich ständig über meine eigenen Füße. Ihm imponierte wohl auch mein Mut, allein durch die Gegend zu trampen. Dass ich ein paar Jahre älter war als er, fiel ihm wahrscheinlich nicht auf, die meisten hielten mich für jünger.

Es stellte sich auch heraus, dass ich aus Berlin Freunde von ihm kannte. Sie waren in demselben Stadtbezirk aufgewachsen wie er. Ich nannte ein paar Namen und hatte gleich einen Stein bei ihm im Brett. Er kannte Dio und seine Clique, die mich oft besucht hatten.

Und jetzt war ich also ihren Kumpels in die Arme gelaufen. „Die Heimat lässt einen auch in der Ferne nicht los.“ Dieser schmalzige Spruch könnte glatt in „Große Freiheit Nr.7“ Hans Albers von den Lippen geglitten sein. Aber er stimmt wohl irgendwie.

Der blonde Metalfan, mit dem ich mich spontan am Strand angefreundet hatte, ließ mich bei sich übernachten. Er war in festen Händen, hatte ein Kind, aber wohnte noch bei seinen Eltern in einem Hochhaus. Wir hatten nur freundschaftliches Interesse aneinander und schliefen Arm in Arm wie Bruder und Schwester auf seinem Kanapee.

Bei ihm an der Wand hing ein Plakat von einer Band. Der, der im Vordergrund saß, hatte lange schwarze, krause Haare und trug Lederstiefel mit Stacheln dran. Das war die Lieblingsband von ihm, und der Sänger sein Vorbild. Er spielte mir auch etwas von ihnen vor, einen Livemitschnitt aus dem Hammersmith Odeon in London. Das Einzige, was mir gefiel, war das Intro. Dafür hatten sie nämlich die Kleine Nachtmusik von Mozart verwendet.

Ich schaute mir ein großes Fotoalbum an. Ich staunte, dass sich darin, im Gegensatz zu dem Album von dem Katzenfreund, der nur Bilder von Frauen eingeklebt hatte, ausschließlich Fotos von Männern befanden. Auch alle, die mich in Berlin besucht hatten, waren dabei. Zu jedem erzählte er mir eine Geschichte.

Die Kumpels in dieser Hochhaussiedlung schienen sich wie Brüder zu lieben. „Was ist passiert?“ fragte ich. Um zwei Bilder war ein schwarzer Rahmen angebracht. Einer der beiden hatte zu viel getrunken, und war eine steile Treppe runtergestürzt, und der andere Freund von ihm war nach einer Party von einem Bus überfahren worden. Das war noch gar nicht lange her.

Und einer, den ich auch gut kannte, saß zurzeit. Eigentlich war er ein gutmütiger Typ, aber bei einer Streitigkeit unter Kumpels völlig ausgerastet. „Was ist bloß in ihn gefahren?“ wunderte sich mein Gastgeber. Merkwürdigerweise wollte der Verletzte keine Anzeige erstatten, weil er ihm verziehen hatte. Er hatte aber keinen Einfluss mehr darauf.

Nachts wachte ich auf, weil er sich so breit gemacht hatte. Mein blonder Gastgeber, er sah ausgesprochen gut aus, besonders als er sich auszog, kam ich ins Grübeln, lag splitternackt, mit weitgespreizten Beinen, auf seiner Liege. Ich konnte mich ja schlecht auf ihn drauflegen, und ließ mich auf die Auslegware gleiten. „Komm wieder ins Bett.“ sagte er und rückte kameradschaftlich zur Seite. Da er darauf bestand, blieb mir nichts anderes übrig.

So lag ich mit dem attraktivsten Typen, mit dem ich jemals das Bett geteilt hatte, zusammen, und es war ganz unschuldig. Eventuell verstanden wir uns auch so gut, weil es sein könnte, dass wir weitläufige Verwandte waren. Meine Mutter hatte mir erzählt, dass ich mit der halben Stadt verwandt war.

Am Morgen schmuggelte er mich noch aus der Wohnung raus, da seine Eltern nichts merken durften, und ich fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten. Ich stand vor seinem Hochhaus, und blinzelte im Licht der gleißenden Morgensonne, die hier an der Küste besonders hell strahlte. Mit einmal ging im siebzehnten Stock ein Fenster auf, und ein flachsblonder Schopf beugte sich raus. „Adieu.“ kam es von oben. Wir winkten uns zum Abschied zu. Ich glaube, es ist ihm gut ergangen. Er hatte viele Freunde in seinem Viertel, und hing sehr an seinem kleinen Sohn. Die Kumpels dort standen zueinander wie Brüder.

Ich trampte auch zu dem Dorf an der Küste, aus dem meine Familie stammte und klopfte an ihre Tür. Zu meinem Glück waren sie gerade verreist. Sie hätten mich sonst bestimmt für eine Streunerin gehalten. Meine pragmatische norddeutsche Verwandtschaft ist übrigens gut getroffen in der Verfilmung von „Tadellöser & Wolff“, die sich um eine Rostocker Familie dreht.

Meine Tante, die ich mochte, eine echte Frau von der Küste, muss man sich so vorstellen wie die weibliche Hauptfigur, Margarethe Kempowski.

Für mein letztes Geld kaufte ich ein Ticket nach Berlin. Seitdem war ich nicht mehr am Meer. Drei Monate später fiel die Mauer.

„La Paloma, ade“

Der, mit den schwarzen Augen, ging mir nicht aus dem Sinn. Es heißt ja: „Man sieht sich immer zweimal.“ Jahre später habe ich in Berlin mal jemanden getroffen, der ihn kannte. Dadurch wusste ich, dass er hier eine Weile in einem besetzten Haus, ganz in der Nähe von mir, gewohnt hatte und jetzt in Hamburg war. Wir hatten also gar nicht weit voneinander entfernt gelebt.

Einmal lief ich an diesem Haus vorbei, da spürte ich, wie ich von zwei schwarzen Augen angeblickt wurde. Das Haus, in dem sonst immer bunte Leute rein und raus liefen, schien vor kurzem geräumt worden zu sein und war umzäunt. Vor diesem Zaun war ein Auto geparkt, neben dem zwei junge Männer standen und irgendwie wie bestellt und nicht abgeholt wirkten.

Ich nehme an, sie waren gekommen, um Freunde zu besuchen und wussten nicht, dass dort keiner mehr wohnte.

Der eine von den Beiden könnte er gewesen sein, aber ganz sicher war ich mir nicht. Wir hatten uns ja ein paar Jahre nicht gesehen.

Ich sah ihm direkt ins Gesicht, was ich sonst bei Fremden auf der Straße nicht mache und bemerkte, dass er lächelte.

Er hatte mich erkannt. Die feinen Linien auf seinem Gesicht, die er damals, als ich ihn auf der Fähre am Meer kennenlernte, noch nicht hatte, machten ihn reifer und erwachsener. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er allein war. Wahrscheinlich hätte ich ihn einfach anquatschen sollen. Wenn man schon `ne zweite Chance kriegt.

„Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,

die Braue, Pupillen, die Lider -

Was war das? vielleicht dein Lebensglück...

vorbei, verweht, nie wieder. „

„Augen in der Großstadt“ Kurt Tucholsky



*Ete und Ali

**J.D.Salinger

***Leonhard Frank

****Made in GDR - Alles über meine

Freunde
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Proust, dem kranken Zauberer auf seinem Matratzenlager, habe ich gelesen: „Wenn man jemandem begegnet, der zu viele Vorzüge hat, bleibt einem als Ausweg nur, sich in ihn zu verlieben.“
Ist das nicht von Goethe, Wahlverwandtschaften und lautet da: Gegen große Vorzüge eines andern gibt es kein Rettungsmittel als die Liebe?

Heute Abend, Friedrichshainerin, habe ich beide Teile deiner Erzählung durchgelesen und bin stark beeindruckt von der Fülle des Materials, von den Einblicken in den Alltag der späten DDR, in das Erwachsenwerden in der damaligen Gesellschaft. Überrascht hat mich die starke Kleinbürgerllchkeit, vor allem in sexuellen Dingen, die in deiner Darstellung aufscheint. Wir haben heute insofern oft ein anderes (progressiveres) Bild, doch ich halte es für gut möglich, dass das von dir vermittelte der Realität damals eher entspricht. Viele dieser Einstellungen und Reaktionen sind mir bekannt aus dem Milieu, in dem ich selbst aufgewachsen bin (Südwestdeutschland um 1960/70). Es kann sein, dass sich die beiden Gesellschaften in der Tiefe, in zentralen Punkten doch stark ähnelten. Es waren Industriegesellschaften mit stark traditioneller, konservativer Ausrichtung von Mentalität und Lebenspraxis, trotz krasser Unterschiede im gesellschaftlichen Überbau.

Formal würde ich die Erzählung eines solchen Stoffs stärker raffen, verdichten. Aber man kann es gewiss auch so angehen wie du. Nur scheint mir, der Text könnte auch in diesem Fall im Detail durch stilistische Überarbeitung Satz für Satz noch erheblich gewinnen. Was vorliegt, sind ein bedeutender Stoff und ein insgesamt geglückter Zugriff mit manchen kleinen Schönheitsfehlern. Bei der Bewertung schwanke ich daher zwischen drei und vier Sternen. Ich verteile sie "gerecht" auf beide Teile.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön
 
Hallo Arno,
danke für Dein Feedback. Freut mich ja, dass einem "Wessi" die Geschichte meiner DDR Jugend gefällt. So lernt man sich kennen, obwohl wir schon dreiunddreißig Jahre wiedervereinigt sind.
Eigentlich bin ich mir sicher, dass die Textstelle mit dem Verlieben von Proust habe, da ich die "Wahlverwandtschaften" von Goethe nicht gelesen habe. Vielleicht hat ja Proust eine Übersetzung ins Französische davon zu Gesicht bekommen, oder aber es ist Zufall, und beiden Dichtern ist das selbe eingefallen. Leider finde ich die Stelle in der "Recherche" nicht wieder, denn sie besteht aus sieben Bänden.

Das mit dem Textraffen habe ich selber schon gedacht. Ich hatte ja zuerst nur einen Teil, und habe diesen ergänzt und alles auf zwei Texte aufgeteilt. Vielleicht war die erste Version besser?

Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, dass ich mich so ausführlich über den "Jugendfilmklub" ausgelassen habe. Auch die Stellen über Anne Frank und die jüdischen Friedhöfe in Berlin passen vielleicht nicht so gut rein. Andererseits ist das auch wieder ein Stück DDR. Deshalb habe ich es stehen lassen. "Wen das nicht interessiert, kann das ja überlesen." dachte ich mir. Die Dorfbibliothek kann vielleicht auch wegfallen. Ich schreibe vielleicht auch ein bißchen viel über Salinger, und über das Woodstockfeeling in der DDR.

Andererseits, wenn man einen Roman schreibt, was ich nicht will, muss man die Seiten ja auch erst Mal vollkriegen, denn keiner kauft ein Buch, wo fast alle Seiten weiß sind. Weil jetzt gerade von Salinger, mit dem ich mich natürlich nicht ernsthaft vergleichen will, die Rede war: eigentlich drückt er ja in sein Buch alles rein, was ihm gerade wiederfahren ist, oder was er gedacht hat, Bücher, die er gelesen hat, Filme, die ihm gefielen, Gesprächsfetzten, die er aufgeschnappt hat.
Wie gesagt, die Seiten müssen gefüllt werden, die Leute wollen etwas lesen, um sich die Zeit zu vertreiben. Und wenn man kürzt und kürzt und kürzt, bleibt da nicht viel.

Das mit dem ersten Erlebnis und den fleißigen Bauarbeitern ist natürlich mit einem Augenzwinkern gemeint, und kommt hoffentllich auch so rüber.

Bei Proust habe ich auch gelesen: "Man muss gegen den Strich schreiben." Er meint damit, dass man die Leute schocken muss, und ihnen das Gegenteil liefern muss, dass sie erwarten. Bei "Trampen nach Norden" sieht es ja auch zuerst so aus, als wenn eine nette Kindheits- und Jugendgeschichte, wie man sie schon Genüge kennt, und die man schon nicht mehr sehen kann, auf einen zukommt. Aber das entwickelt sich anders, hoffe ich zumindestens, dass es bei Euch so rüberkommt.


Ich habe übrigens mit dem Text gekämpf wie ein Held, weil er so lang war. Immer, wenn ich Einfälle hatte, wie ich etwas verändern könnte, habe ich erst Mal ewig dazu gebraucht, bis ich die Stelle, die ich ändern wollte, gefunden hatte. Noch niemals habe ich so einen langen Text geschrieben. "Wie machen es bloß Leute, die einen Roman schreiben?" dachte ich bei mir.
Gruß Friedrichshainerin
 
Eigentlich bin ich mir sicher, dass die Textstelle mit dem Verlieben von Proust habe, da ich die "Wahlverwandtschaften" von Goethe nicht gelesen habe.
Ja, Proust könnte irgendwo Goethes Satz zitiert haben, das ist das Wahrscheinlichste. Ich weiß nicht, woher meine eigene Kenntnis des Zitats stammt, da ich "Die Wahlverwandtschaften"auch nicht gelesen habe. Proust kann es nicht sein, da ich das Zitat nachweislich schon mit 17 kannte, doch erst mit ca. 30 Proust las. Evtl. hat ihn Th. Mann mal zitiert, den ich sehr früh viel las.

Das mit dem Textraffen habe ich selber schon gedacht.
Um nicht missverstanden zu werden: Mit dem Raffen und Verdichten habe ich nicht einem Kürzen das Wort geredet. Der Stoff an sich rechtfertigt schon den Umfang. Falls einige Details geopfert würden, könnten andere etwas ausführlicher gestaltet werden, Was mich z.B. beeindruckt hat als wesentlicher Inhalt: a) Verhältnis zum Vater, das Erscheinen bei ihm mit dem Hinauskomplimentieren - b) das Gegenüberstellen von Filmkultur im DDR-TV und bei Jungvolk im Osten beliebtem TV-Trash aus dem Westen. (Hatte übrigens Parallelen im Westen: Die Minorität lief in die Programmkinos und die Majorität sah auch dort das von dir wenig Geschätzte.)

Klar ist leider auch, dass Texte dieser Länge im Internet sehr ungern gelesen werden, unabhängig von ihrem Stoff und ihrer Qualität. Grundsätzlich sollte ein Autor sich jedoch primär nach dem Stoff richten, der ihn stark beschäftigt, und ihm die angemessene Gestalt geben. Besser zwei Leser für einen Text, der einen nach dem Schreiben selbst überzeugt, als zwanzig davon mit dem Bewusstsein, sich nur der Nachfrage angepasst zu haben.

Bei so umfangreichen Texten hilft es manchmal, sie sehr lange in Ruhe zu lassen, um sie dann in einem späteren Lebensabschnitt stark umzuarbeiten. Ich bin jetzt wieder an einem solchen Text, der ursprünglich um 1980 entstanden und gegen 2000 bearbeitet worden ist. Er ist noch nie publiziert worden, ich sitze nur zu meinem Vergnügen daran.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön
 

rotkehlchen

Mitglied
Zitat:
Da hatte die Gehirnwäsche, der wir Frauen von klein auf ausgesetzt sind, erfolgreich gewirkt. Sogar in der Margarinewerbung fallen sie sich in die Arme. „So eine gute Margarinestulle habe ich noch nie gegessen. Willst Du meine Frau werden?“

Das bringt mich auf einen anderen Punkt. Auch an anderen Sendeplätzen des DDR-Fernsehen wurde kräftig Gehirnwäsche betrieben, z.B. via Krimi, nicht nur für junge Frauen, sondern für alle. Um der öffentlich-rechtlichen Krimi-Brutalität und Einfalt West zu entgehen, sehe ich mir ab und zu gerne einen alten Ost-Schinken aus Adlershof an, eben, weil es da wenig blutig zugeht. Zuweilen nicht schlecht gespielt werden einfache Delikte (aus heutiger Sicht) mit einfachen Methoden aufgeklärt. Da knallen die Sektkorken, halb- oder ganz nackte Männer und Weiber hupfen in Betten hinein und wieder hinaus, küssen und kuscheln dass die Matratzen qualmen (wogegen ich überhaupt nichts habe, was mich aber auch nicht sonderlich wach hält). Die Frauen kommen gerade vom Frisör oder polieren sich die Fingernägel. Die Männer arbeiten und diskutieren nicht, z. B. dass mann für die sauer erschufteten Piepen nüscht fanünftijes koofen kann. 1oo Mark Ost sind schon ein kleines Vermögen und zwanzig ein Grund für Totschlag; man residiert in Villen und Wohnungen, vollgestopft mit Antiquitäten, als hätter der Schalk Golodkowski nie gelebt. Mir kommen die Tränen, wenn ich sehe, wie ein einfacher Schupo-Meister den Hauptmann Dienststellenleiter fürsorglich am Arm packt, damit er nicht stolpert. Der Festgenommene wird höflich behandelt, wie es sich für einen Staat gehört, in dem das Volk Souverän ist. Kein Knüppel kommt zum Einsatz, kein Wasserwerfer ist zu sehen, kein halb wahnsinniger Grenzhund. Kein scharfes Verhör, höchstens ein paar laute Worte. Die DDR ein Paradies mit kleinen Schönheitsfehlern.
Derweil hoppeln Polizei-Trabbis über marode Straßen, urzeitlich anmutende WalkieTalkies besorden die Verständigung und und und. Und dann kommt das, was mich wieder wach macht: Die grauen Straßenzüge des alten Ostberlin, mit den vom Putzkrebs zerfressenen Fassaden, grauen Gestalten, die wie geprügelte Hunde über regenfeuchte Bürgersteige trotten, schmerzhafte Lücken in ansosten geschlossenen Häuserreihen, zu blauen Wolken geronnener Gestak der Autoabgase, vor Kellerfenstern Haufen von Braunkohlen-Briketts. Gut, will nicht zu schwarz malen; schon als Knirps habe ich in Friedrichshain mehrere Renovierungswellen erlebt, und doch war nach wenigen Jahren alles wieder grau. Und dann sind da auch noch lebende Eckkneipen und Schupos, die den Verkehr mit der Hand regeln. Eine untergegangene unheile Welt im krassen Gegensatz zu dem, was da im Fernsehen gezeigt wurde. Die Leute wussten bescheid; die Heile Welt aus Adlershof war natürlich für das Ausland, sprich BRD bestimmt. Trotzdem beschleicht mich immer wieder etwas Heimweh, wenn ick det sehe . . .
LG
Rotkehlchen
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Rotkehlchen,
endlich spricht mir mal einer aus dem Herzen, und kann auch die ewige Kriminalfilmschwemme, der sie uns aussetzen, nicht leiden. Viele Fernsehzuschauer denken genauso, aber scheinbar interessiert das keinen. Ich hatte eigentlich Hoffnung, als sie die ARD Senderchefin abgesetzt haben, dass sich da was ändert, aber immer noch überschütten sie uns mit Krimis in Dauerschleife.

Hat denn keiner die Befürchtung, dass sich die ständige Berieselung mit Kriminalität auch auf ein Anwachsen der Straftaten auswirken kann? Sogenannte "Normale Filme" werden kaum noch gezeigt, außer diesem verlogenen Heile Welt Kitsch, der meist in einem Landhaus im Süden spielt, unter Leuten, die es "geschafft" haben.

Die alten Polizeirufe sehe ich gar nicht so gern. Oberleutnant Fuchs und seine Truppe habe ich oft am Sonntag, war wohl einmal im Monat, als Kind und Jugendliche gesehen. Wir haben bei uns ja bloß das erste Programm DDR gehabt. Die Ostpolizisten waren nicht allzu nett. Wenn Du Deinen Ausweis nicht dabei hattest, konnten sie Dich 24 Stunden festsetzen. Besonders die Transportpolizei war eine Nummer für sich. Was ich mit denen nachts auf Bahnhöfen schon erlebt habe, wenn Du Deinen Zug verpasst hattest, und in der Mitropa festgesessen hast.

Die Malimogardinnen in den alten Polizeirufen, die Anbauwände, die grauen Hemden der Polizisten und besonders das Muster der Tapeten ruft nicht immer günstige Erinnerungen in mir hervor. Aber so sah meine Kindheit aus. Das wühlt mich irgendwie auf.

Wir sind ja praktisch von einem Tag auf den anderen Wessis geworden, die Honeckerbilder wurden in den Dienststellen abgenommen, es gab keine FDJ Blusen und Pionierhalstücher mehr, in der Schule lasen die Kinder wohl auch keinen "Wie der Stahl gehärtet wurde" mehr, was wir noch durchgenommen hatten, die Sowjetunion war nicht mehr unser Bruderfreund.
Alle Straßen wurden mit einem Mal umbenannt: die Leninallee hieß mit einem Mal Landsberger und die Wilhelm Pieck Straße Torstraße.
Der Plänterwald liegt schon seit Anfang Neunzig im Dornröschenschlaf.


Das Sport- und Erholungszentrum an der Landsberger haben sie gleich dicht gemacht, und den Palast der Republik auch. Sehr merkwürdig.

Eigentlich habe ich, obwohl ich schon über zwanzig war, neben den geschichtlichen Ereignissen so neben her gelebt.
Einen schönen Tag der Einheit wünscht Dir Friedrichshainerin
 



 
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