Unter Quarantäne

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ThomasStefan

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Seit Urzeiten umkreist in großer Höhe eine Raumstation die Erde. Ein geheimer Beobachtungsposten, aufgrund hochentwickelter Technik für Menschen weder sichtbar noch zu orten. Er wird von einem Außerirdischen bewohnt, der überraschend Besuch erhält

Unverwandt starrte Krak auf das blinkende Licht über dem Transponder. War da tatsächlich jemand gekommen? Nach so langer Zeit?
„Hallo“, sagte er zu dem Neuankömmling, der gerade in einer Glaskugel aus der Schleuse rollte.
„Freundschaft“, gab der Neue zur Antwort, winkte kurz mit der Flosse, „ich heiße 13ZK007.“ Seine Stimme klang blechern.
Krak starrte eine Weile auf das gläserne Ding, in dem sich sein Besucher befand, genauer gesagt, schwamm. Ein kugelrunder, mit einer klaren Flüssigkeit gefüllter Behälter, in dem sich ein ovales blaues Flossenwesen bewegte. Die Glaskugel ruhte auf einer Metallsäule, die seitlich mit Lautsprechern ausgestattet war und zwei Greifarme besaß. Nach unten verbreiterte sich die Säule, sie enthielt Schubladen und unter dem abschließenden Metallboden waren Räder. Gesteuert wurde das Ganze offenbar durch eine kleine Tastatur im Innern der gläsernen Kugel.
Sieht aus wie ein Goldfisch auf Reisen, murmelte Krak vor sich hin.
„Kann ich mir nicht merken,“ sagte er schließlich, „ich nenne dich 13.“
„Ist okay, die meisten kommen mit dem Namen nicht klar.“

Auch der Neuankömmling taxierte sein Gegenüber: Ein bauchiger, mit einem braunen Pelz überzogener Leib sowie seitlich acht dünnen Beinchen. In der Mitte des Körpers wölbte sich ein Kopf hervor, mit zwei Facettenaugen, die auf genau seiner Höhe in die Glaskugel glotzten.
Scheußlich, so ein Spinnenwesen, blubberte der kleine Schwimmer leise vor sich, ohne das es zu hören war.

„Und, wie heißt du?“, fragte der Flossenträger schließlich.
„Krak. Einfach Krak, ohne irgendwelche Zahlen. Was willst du hier? Ich habe keine Hilfe angefordert, arbeite schon seit langem allein.“
„Das merkt man, darum ist dir die korrekte Begrüßungsformel unbekannt. Typisch. Einsamkeit ist Gift. Da wird man eigensinnig und macht am Ende Fehler. Das hat auch das Ministerium inzwischen erkannt.“
Das Spinnenwesen starrte den Neuankömmling mit großen Augen an.
Der musterte die Umgebung, machte einen Schmollmund.
„Ziemlich alte Technik, und …staubtrocken. Na ja, ich werde einiges ändern. Dass du es weißt: Im Universum herrscht inzwischen die Parität. Alle Posten wie der hier werden jetzt doppelt besetzt. Wir beide müssen noch abstimmen, in welchem Rhythmus wir zukünftig arbeiten werden.“
„Ich verstehe kein Wort“, erwiderte Krak.
Der Neue sah ihn an, seine Augen wurden eng wie Schlitze.
„Jetzt pass mal auf: Parität heißt totale Gleichstellung, wechselweises Arbeiten unter optimalen Bedingungen. Als dein neuer Kollege werde ich demnächst diesen Stützpunkt fluten, damit ich mich frei bewegen kann, und du musst dich dann in einen Anzug zwängen. Alles klar?“
„Du …spinnst!“, brach es aus Krak hervor.
„Ich sehe schon, du hast überhaupt keine Ahnung“, das Fischwesen schüttelte den Kopf, „du lebst noch im Gestern. Respekt und Gleichberechtigung, das sind nur Fremdworte für dich. Kommst mir vor wie ein Fossil aus der hintersten Galaxis, aber ich gewöhne dir deine Rückständigkeit schon ab.“
Kraks Kopf war inzwischen angeschwollen, seine Augen traten hervor. Er begann, mit einer Beinspitze permanent gegen die Glaskugel zu tippen, so dass der Neue hin und her geworfen wurde.
„Dass du hier arbeiten sollst, 13, das ist doch …ein Witz! Oder deine letzte Chance? Weil du woanders versagt hast? Ich jedenfalls brauche eine Fischgräte wie dich nicht!“
„Ich warne dich!“, stieß das Flossenwesen hervor, „Achtung der anderen Art ist das höchste Gebot! Und wenn du weiter so unkooperativ bist, mache ich Meldung.“
Krak hörte auf, gegen die Kugel zu klopfen. Wortlos starrten sie sich an.


Die beiden so verschiedenen Außerirdischen schauten auf den großen Bildschirm, auf dem ein blauer Planet abgebildet war.
„Dein destruktives Schweigen macht es auch nicht besser, Krak. Los, erzähl! Was ist denn nun genau deine, ich meine, unsere Aufgabe?“
„Hast du denn keine Infos bekommen?“, zischte Krak unwillig.
„Doch, doch“, blubberte der andere, „ ich habe die Dateien …irgendwo, aber sowieso lieber Informationen aus erster Hand.“
„Das fängt ja gut an“, meinte Krak. „Also: Dieser Planet wird von seinen derzeit am höchsten entwickelten Bewohnern Erde genannt. Mein Befehl lautet, ihn zu überwachen, genauer gesagt, es soll verhindert werden, dass diese Wesen, die Menschen, ihn verlassen können, und zwar bis auf Weiteres.“
„Heilige Galaxis!“, stieß das Wesen in der Glaskugel hervor, „Isolation ist das Letzte, das wünscht man keinem. Was haben sie angestellt, dass sie so bestraft werden müssen?“
Krak senkte seine Stimme.
„Auf diesem Planeten herrscht eine Seuche, schon viele Sonnenumläufe lang. Sie wütet unter den Menschen, flammt immer wieder auf, will einfach nicht verschwinden. Es muss verhindert werden, dass diese Krankheit sich in der Galaxis ausbreitet. Die Entwicklung der Menschheit soll behindert werden, gerade soviel, dass sie es nicht schafft, ins All vorzustoßen. Dabei dürfen die Erdlinge unsere Anwesenheit und unser Eingreifen nicht bemerken.“
Stumm blickten beide auf das Bild der Erdkugel.
Nach einer Weile: „Kann man diese Krankheit nicht heilen, Krak?“
Der schüttelte den Facettenkopf.
„Bisher ist es mir nicht gelungen, den Erreger zu isolieren.“
In diesem Moment sah man auf den Bildschirmen wieder verstärkte menschliche Bemühungen, das Weltall zu betreten, Vorbereitungen für Raketenstarts. Die Spinnenbeine huschten über die Tastatur und brachten die gestarteten Raketen so zum Absturz.
„Für mich nur ein kleiner Tastendruck, für die Menschen, tja, unerklärliche Katastrophen.“
Krak klang zufrieden, sogar etwas Stolz schwang mit. Sein schwimmender Kollege registrierte es genau. Plötzlich zog der Neue mittels der seitlichen Greifarme eine Schublade unter seiner Glaskugel auf. Sie war voller Schachteln. Eine geöffnete wurde entnommen, in ihr war ein weißes Pulver zu erkennen. Oben auf dem gläsernen Behälter hatte sich eine Öffnung aufgetan. Vorsichtig dirigierte der Kugelbewohner den Metallarm und schüttete eine Portion des Schachtelinhalts hinein.
„Was tust du da?“, fragte ihn Krak.
Der Angesprochene zögerte mit der Antwort.
„Die …Automatik meines Kugelapparates ist ausgefallen und ich muss manuell nachhelfen.“
Er vermied es, den Kollegen anzusehen, schaute angestrengt auf die blinkenden Kontrolllichter seiner eigenen Tastatur. Auf seinen weiteren Befehl hin verstaute der Greifarm die Schachtel wieder in der Schublade.
„Wofür ist das Zeug gut?“, fragte ihn Krak.
„Nun“, jetzt blickte der Fisch ihn wieder an, „das dient zur Verbesserung der Glaskugelfunktion und schmiert auch den Antrieb. Da du gerade fragst: Vielleicht kann man die Automatik reparieren. Könntest du mir dabei helfen, Krak?“
„Ich glaube nicht“, antwortete der. „Du hast es ja selbst gesagt, hier gibt es nur veraltete Technik. Am besten, du kehrst bald zurück.“


„Es wird Zeit, dass du mir endlich was zu dieser Krankheit der Menschen sagst!“ Der Neue ließ nicht locker.
Krak sah auf den Bildschirm.
„Na schön, wenn es sein muss. Im Moment ist ja etwas tote Zeit. Ehe die Menschen sich wieder erholt und Mut gefasst haben, will ich dir meine Dokus zeigen.“
Während er sprach, flogen die Spitzen seiner Beinchen regelrecht über die Tastatur.
„Eigentlich kenne ich die Erde gar nicht anders. Ich umkreise sie schon seit vielen Sonnenumläufen. Aber diese Seuche wütet immer noch, es wird eher schlimmer. Und jetzt, wo die Menschen ins All aufbrechen möchten, musste ich eine Entscheidung treffen, und der Große Rat hat der Quarantäne zugestimmt.“
Während Krak die richtigen Videos suchte, drückte das Fischwesen mit seinen Flossen ständig auf Tasten im Boden des Kugelapparats, ohne dass sich etwas tat, die seitlichen Greifarme hingen jetzt schlapp herab. Dem aufmerksamen Krak entging es nicht. Schließlich gab der Glaskugelbewohner auf.
„So, Nummer 13, schön aufpassen, jetzt wirst du staunen“. Ein weiterer Bildschirm flammte auf und das Archivmaterial erschien. Schweigend schauten sich die beiden Außerirdischen alles an.
„Könnte es sich nicht um einen religiösen Ritus handeln, der im Einverständnis aller durchgeführt wird?“, fragte der Flossenträger mit ruhiger Stimme. Gerade sahen sie Erschießungen.
„Völlig ausgeschlossen, das habe ich geprüft“, antwortete das Spinnenwesen.
„Vielleicht sind es nur konstruktive Mängel oder Bedienungsfehler“, suchte der Neue nach Erklärungen. Auf dem Bildschirm sah man zerbombte Häuser, abstürzende, brennende Flugzeuge und torpedierte, sinkende Schiffe.
„Nein, nein, diese Taten sind gewollt“, wies Krak den Einwand zurück.
„Könnte es sich nicht um eine besondere, uns abstoßende Form der Nahrungsaufnahme handeln, um Kannibalismus etwa?“, überlegte der Flossenträger.
Krak schüttelte nur stumm den Kopf. Auf dem Bildschirm sah man Leichenberge von Menschen.
„Könnte es gar eine Geisteskrankheit sein?“, grübelte der andere. Man sah sterbende Menschen in Gräben, nachdem sie im direkten Kampf aufeinander einschlagen hatten, umgeben von Giftschwaden.
„Daran hatte ich auch gedacht. Inzwischen weiß ich, diese Taten werden bei klarem Verstand begangen, mit großer Zustimmung der Bevölkerung. Dann kommt es zur emotionalen Raserei. Schließlich hält man ein, aber aus Erschöpfung, nicht aus Einsicht in das sinnlose Tun.“
„Das reicht, ich habe genug gesehen“, sagte das Fischwesen. „Diese Form der Selbstzerstörung ist ungewöhnlich, aber ob es tatsächlich eine Krankheit ist?“
Sie starrten beide auf den blauen Planeten, der wieder den ganzen Bildschirm einnahm.
„Eine Rasse tötet sich selbst, lebt wieder auf, vermehrt sich, tötet sich erneut, beginnt wieder von vorn. Der reine Wahnsinn“, resümierte Krak, um den Fisch endgültig zu überzeugen. „Es muss eine Seuche sein, die zu Autoaggression führt, und zu Recht hindern wir die Menschen daran, ins All vorzustoßen.“
Das Fischwesen sah ihn an.
„Das heißt, wären die Menschen gegen andere aggressiv, etwa gegen uns, so etwas wäre für dich normal und ein Zeichen der Reife für das Universum. Glaubst du das wirklich?“
„Die Menschen sind krank, basta“, brummte Krak.


„Was ist mit deinem Apparat? Hast du einen Defekt?“, fragte er seinen schwimmenden Kollegen, der immer noch auf den Bildschirm starrte.
„Ja“, antwortete der Angesprochene, wedelte mit seinen Flossen wie ratlos hin und her, „die Mechanik ist irgendwie auch dahin. Ich muss dich bitten, mir zu helfen. Könntest du etwas Pulver von oben hinein streuen?“
Krak starrte in die Kugel. Er begann, wieder gegen das Glas zu schnippen, dessen kleiner Bewohner wurde hin und her geworfen.
„Würdest du das bitte unterlassen?“, beschwerte der sich. „Mir wird schwindelig, und ich finde es auch diskriminierend. Für ein kultiviertes Wesen wie dich ein unwürdiges Verhalten.“
Das Spinnenwesen hielt endlich inne.
„Ich danke dir.“ Es klang erleichtert. „Ich habe mir überlegt, wir verzichten auf die Flutung der Raumstation, wir sind ja gleichberechtigte Wesen, autonom in unseren Entscheidungen, da können wir uns auch auf eine andere Art der Zusammenarbeit einigen. Was meinst du?“
„Ich stimme zu“, antwortete Krak.
„Dann bitte ich dich, jetzt etwas einzuwerfen.“
Die Spinnenbeine zogen die Schublade auf und holten die aufgerissene Schachtel hervor, hielten sie vor die Facettenaugen. Eine Beschriftung war nicht zu erkennen. Die blaue Farbe des kleinen Schwimmers veränderte sich, tendierte ins Rötliche, dazu machte er ständig seinen Schmollmund.
„Das ist Futter, nicht wahr?“, fragte Krak unverblümt. „Du frisst das Pulver, ich habe es vorhin deutlich gesehen.“
„Nein, nein, deine Schlussfolgerung ist völlig falsch“, antwortete der Kugelbewohner, er klang mühsam beherrscht, „in der Schachtel ist ein Antriebsmittel für den Kugelapparat. Es ist auf eine bekömmliche Art zubereitet, so dass ich das Zeug auch problemlos schlucken kann, ohne dass es mir schadet. Und nun, bitte, wirf was rein, ich merke, wie die Maschine stockt.“
Die Schachtel schwebte schon über der geöffneten Glaskugel, da hielt Krak wieder inne.
„Also ...die Funktion deines Kugelapparates ist völlig okay. Von daher brauchst du nichts“, und er zog das Spinnenbein mit der Schachtel wieder zurück.
„Was fällt dir ein! Du verstehst doch von dieser Apparatur überhaupt nichts!“, schrie das Fischwesen und wedelte heftig mit den Flossen. „Schütte sofort das Pulver hinein!“
Krak starrte seinen Kollegen unverhältnismäßig lange an.
„Ist ja okay, Kleiner, ich mache es“, sagte er schließlich und begann, etwas aus der Schachtel hinein zu kippen.
Der Flossenträger schaute wie erlöst auf die herabsinkenden Flocken, öffnete sofort sein Maul. „Im Übrigen, und das möchte ich betonen, ich glaube, du machst hier einen wirklich guten Job, Krak.“
Der Pulverfluss hielt noch eine Weile an.


„Weißt du, ich glaube, es gibt Hoffnung für die Erde“, meinte Krak, er klang gut aufgelegt.
Eines seiner Beine hatte er fest um die Glaskugel geschlungen.
„Ganz schön warm, dein Apparat.“
Die offene Schachtel hatte er mittels einer seiner abgewandten Gliedmaßen beiseite gestellt, befüllte sie unbemerkt mit schwärzlichem Material. Zur Ablenkung ließ er auf den Bildschirmen verschiedene Abschnitte der Erdoberfläche sichtbar werden.
„Was …du nicht sagst“, antwortete der schwimmende Kollege und sah mit großen Augen auf das fest seine Glaskugel umspannende Spinnenbein.
„Auf lange Sicht sieht es für den Planeten gar nicht so schlecht aus“, fuhr Krak fort, und sein neuer Partner schaute erstaunt.
„Nein, nein, mein Freund, ich meine nicht die Menschen, die habe ich abgeschrieben. Aber es gibt da eine andere Spezies, die hat enormes Potential“, ergänzte der Vielfüßler.
„Ach ja, bestimmt stammen sie von dort …“, und der Angesprochene deutete mit einer Flosse auf die tiefblauen Regionen der Erdoberfläche.
„Du hast wirklich keine Ahnung“, Krak klang amüsiert, „dort gibt es kein wertvolles Leben, nur unbedeutende Kreaturen paddeln dort herum. Aber diese Wesen hier haben hoffnungsvolle Ansätze.“
Und sie sahen auf dem Bildschirm eine große Spinne in ihrem Netz. Plötzlich verfing sich darin ein Insekt, zappelte wie wild hin und her, während die Spinne behände auf ihr Opfer zukrabbelte.
„Da! Siehst du das?!!“, schrie der kleine Schwimmer erregt.
Doch Krak hatte blitzschnell den Bildschirm auf eine harmlose Totale umgestellt.
„Das war Nahrungsaufnahme, das ist immer erlaubt“, beschwichtigte er, holte die präparierte Schachtel hervor und zeigte sie dem Kollegen.
„Willst du noch etwas, mein Lieber?“
„Vielleicht später“, antwortete der und sah Krak in die Facettenaugen.


Eigentlich war alles ganz schnell gegangen, und es lief besser als gedacht. Die blutverschmierten Greifarme huschten über das Steuerpult der Raumstation, stellten den Funkkontakt her. Mit kalten Augen blickte der Fisch noch einmal zur Seite, schaute auf Kraks Kadaver.
Für wie dumm hat der mich nur gehalten?, dachte er sich und schüttelte den Kopf.
Endlich, die Verbindung stand.
„Hier ist 13ZK007. Ich habe meinen Auftrag wie besprochen ausgeführt. Krak musste liquidiert werden. Er hatte seine Macht missbraucht.“
Für einen Moment herrschte Stille.
„Gut gemacht, 007. Und was ist mit der Erde, was hat es mit dieser Seuche auf sich? Besteht die Krankheit noch? Und gibt es Hoffnung, sie auszurotten?“.
„Jetzt schon“, antwortete der Flossenträger und blickte auf einen der Bildschirme. Zu erkennen war ein sinkendes Schiff, dem er eben den Rest gegeben hatte. In Großaufnahme war alles gut zu sehen, viele tote Seeleute trieben auf dem Wasser.
„Ich habe den Erreger identifizieren können, kann ihn jetzt deutlich erkennen.“
„Dann sind die Aussichten also gut, den Planeten von dieser Krankheit zu befreien, diese aufstrebende Rasse zu heilen?“, kam die Nachfrage.
Der schwimmende Geheimagent starrte auf einen weiteren Bildschirm, auf dem riesige Fischschwärme zu sehen waren, wie sie frei ihr Milieu, das Meer, beherrschten.
„Ja, diese Hoffnung habe ich. Aber man muss ihnen Zeit geben. Auf alle Fälle haben sie ein enormes Potential.“
Zum ersten Mal lächelte er, während er das Zusammenspiel seiner Artgenossen beobachtete. Die Weichen wurden ab jetzt neu gestellt, von ihm.
Nach Beendigung des Kontakts bemerkte er, dass die Futter-Automatik seines Kugelapparates tatsächlich defekt war. Na ja, dachte er bei sich, kein Grund, sich zu ärgern. Im Ganzen war es eine gelungene Täuschung gewesen, dafür hatte seine runde Behausung getaugt. Als nächstes würde er die Station fluten und dann könnte er diese lächerliche Glaskugel verlassen, sich endlich frei bewegen.
Hungrig langte er mit einem Greifarm nach der offenen Schachtel, gönnte sich eine ordentliche Portion. Zu spät bemerkte er den schwarzen Schleier, den die hereinrieselnde Masse in der Flüssigkeit verursachte. Wie wild schlug er mit den Flossen auf seine Tastatur, machte ein letztes Mal seinen Schmollmund - und schon lag er bewegungslos auf dem Boden der eingetrübten Glaskugel.


Die Greifarme des Kugelapparats machten noch viele Sonnenumläufe lang hilflose kreiselnde Bewegungen, dann war die gespeicherte Energie aufgebraucht und sie sanken endgültig erschlafft zu Boden.


Epilog

Die Liste der Rückschläge war unendlich lang. Manch einer hatte gezweifelt, ob es Sinn machen würde, so viel zu wagen. Doch jetzt war der Tag, die Stunde gekommen. Trotz der schlechten Qualität der TV-Übertragung wurden die Schwarzweißbilder überall mit größter Spannung verfolgt.
Eine unförmige Gestalt in einen weißen Anzug bewegte sich vorsichtig, wirkte unbeholfen, gelangte aber Schritt um Schritt abwärts, stieg die kleine Metallleiter hinab. Ein erster Kontakt mit dem Boden, ein vorsichtiger Hüpfer. Nur einem Sechstel der üblichen Schwerkraft, so etwas war gewöhnungsbedürftig.
Und dann endlich sprach Armstrong die sehnsüchtig erwarteten Worte:
„Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein großer für die Menschheit.“
 

Michael Kempa

Mitglied
Kurzweilig und eloquent geschrieben! Ich habe es gerne gelesen, es scheint mir auch ein wenig britischer Homor dabei zu sein. Nur der Schluss will mir seinen Witz nicht ganz offenbaren, doch das kann durchaus an mir liegen.
 

ThomasStefan

Mitglied
Hallo! Danke für deine Zustimmung.
Mit den Schluss meinst du wahrscheinlich den Epilog.
Ich sah darin eine letzte Pointe, dass es den Menschen erst endlich gelang, auf den Mond zu kommen, nachdem sich die Ausserirdischen gegenseitig massakriert hatten. Vorher war ja alles behindert worden.
Wenn ich so überlege ... die Rakete von Elon Musk ist explodiert ...vielleicht ist die geheime Raumstation wieder neu besetzt worden?
Gruß Thomas
 

ThomasStefan

Mitglied
Hallo. Ist mein Schluss so unverständlich?
Also: In der 50igern sind die Raketen nur so vom Himmel gefallen. Nachdem diese beiden Ausserirdischen sich umgebracht hatte, war es möglich, endlich den Schritt in den Weltraum zu machen, halt wie es Armstrong ausdrückte, als er 1969 den Mond betrat.
Ist doch eingängig, oder? War damals meine Zeit.
Gruß Tom
 

Michael Kempa

Mitglied
Hallo Tom,
ok - passt!

Seit 1969 ist ja einiges passiert, da könnte ich mir eine Fortsetzung der Geschichte gut vorstellen...
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Ich hab es mit Freude gelesen.

Die Pointe müsste aber wirklich ein bisschen besser vorbereitet werden - ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen, dass das nicht heute spielt. Trotz des "dafür sorgen, dass sie den Planeten nicht verlassen können", weil ich den galaktischen Maßstab im Kopf hatte und so gesehen sind wir weiß Gott noch nicht vom Planeten weg. Kannst noch sowas wie einen oder zwei Zeitmarker einbasteln?
 
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ThomasStefan

Mitglied
Halo Jon, mit den Pointen war ich eigentlich ganz zufrieden, aber ich lass mir das nochmal durch den Kopf gehen. Man ist ja betriebsblind.
Antworte erst jetzt, da ich frisch aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Bis bald und danke für deine Zustimmung. Tom
 



 
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