Verlust

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Windspiel

Mitglied
Die Stunden der Dunkelheit
sind mir ans Herz gewachsen
und an öden Tagen sehne ich mich nach der Nacht.

Ruhelose Ängste von denen ich heimgesucht werde,
der Erinnerung an deinen Arm um meinen Nacken,
von seltsamen Nebeln und wilden Strudeln.

Deine Augen starrten mich an,
wie Bittsteller eben angestarrt werden,
mit der Kälte der Überlegenheit.

Ein Flüchtling auf der Suche nach Asyl.
Ich bekomme keine Einreisegenehmigung mehr
an deiner Grenze.
 
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G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Windspiel,

eine Liebe, die nicht mehr ist. Jetzt, nach der Trennung, zieht sich das Ich wie ein verletztes Tier ins Dunkel, in die Nacht zurück. Erinnerungen, Ängste, seltsame Nebel - alles vermengt sich zu Bildern des Nachts. Das Ich nennt sich Flüchtling auf der Suche nach Asyl. Das lässt darauf schließen, dass es Fehler gemacht hat, die es jetzt bereut, ohne es zugeben zu wollen. Es spürt heftig den Verlust, aber die Einreisegenehmigung bleibt aus.

Nicht ganz verstehe ich die Strophe 2, wo du schreibst, Ängste ... der Erinnerung an deinen Arm um meinen Nacken. Ist das nun eine liebevolle Erinnerung oder willst du sagen, dass der Arm um deinen Nacken dich erdrücken wollte?

Das Bild des Flüchtlings, der um eine Einreisegenehmigung bettelt, scheint mir zwar eine Metaphern-Idee zu sein, ich kann mich aber mit diesem Bild bei so viel
Sehnsucht nach Dunkelheit irgendwie nicht anfreunden. Hier ist der Freund der Nacht schon wieder obenauf, wenn er Scherze machen kann, und das steht völlig im Widerspruch zu den vorhergehenden Versen. Und man begreift, dass die Kälte vielleicht beiderseits war, die Sehnsucht binnen kurzem
sich wandeln wird, vielleicht ins schnelle Vergessen. Nach dieser letzten Strophe wäre der Titel "Katzenjammer" angebracht. Schon der Titel "Verlust" weist auf Besitzdenken hin, und so wird an dieser kaputten Beziehung einiges erklärlich.

Eine Kleinigkeit:
S1V2 - besser ohne "sehr"

Liebe Grüße, Hanna
 
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Windspiel

Mitglied
Liebe Hanna,

ich danke dir sehr für deine ausführliche Auseinandersetzung mit meinem Text!
Es geht mir nicht um Liebe, eher um die gelebte gegenseitige Abhängigkeit zweier Schwestern, die es nicht geschafft haben aus einer kindlichen Notgemeinschaft in eine erwachsene Beziehung zu wechseln.
Der Arm um den Nacken, Halt, Schutz aber auch Abwehr von Veränderung.
Gegenseitige Unterstützung entartet zur gegenseitigen Erdrückung, Bevormundung, schließlich ein unbeherrschter Streit. "Ein ungezähmter Geist ist ein Minenfeld" daraus folgernd einseitiges, unverzeihliches Schweigen, die Bittstellerei ein Versuch in ein Gespräch zu kommen.
Du hast Recht, eine kaputt gemachte Verbindung von beiden Seiten.
Die Eine steht an der Grenze der Anderen und kann nichts mehr vorweisen was akzeptiert würde. Zu stark wurde das Anderssein erkannt und abgelehnt.
Schmerz über den Verlust der Kindheit, der Gewohnheit, der engen Gemeinschaft derer man sich so sicher war.
Das habe ich versucht aufzuschreiben - leider etwas ungelenk.
Den Titel in Katzenjammer zu ändern fände ich jetzt auch wirklich viel treffender. Ein unsentimentaler Blick macht manches sichtbar ;)

Es grüßt dich herzlich, Tanja
 
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G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Liebe Tanja,

das kann passieren, man setzt beim Schreiben beim Leser zuviel voraus. Dass es sich um zwei Schwestern handelt, das habe ich dem Gedicht nicht entnehmen können, ich habe auf eine Liebesbeziehung getippt. Da fehlt vielleicht eine Einleitungsstrophe.

Lieben Gruß, Hanna
 

Windspiel

Mitglied
Da hast du völlig Recht liebe Hanna, ich hätte das Gedicht „Zwei Schwestern“ oder so ähnlich nennen sollen. Ich freue mich, dass du dich mit mir darüber ausgetauscht hast. Liebe Grüsse, Tanja
 



 
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