lietzensee
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Verschütteter Kaffee
Kaffee dampfte aus zwei Tassen. Das Tischtuch zwischen ihnen war blau gestreift. Sie selbst hatte das Tuch ausgesucht, ärgerte sich jetzt aber darüber. Blau war eine schöne Farbe, doch eine fröhliche Farbe war es nicht. Natürlich hätte sie über das Tischtuch nicht nachgedacht, wenn sie sich angeregt unterhalten hätten. Er aber schwieg wieder. Warum schwieg er? Über die Streifen der Decke hinweg sah sie in sein Gesicht. Sein Blick war gesenkt. Sie hatte doch nun wirklich nichts gesagt, was er hätte als Kränkung deuten können. Im Gegenteil! Dass sie ihn über die Pläne für ihre neue Küche ins Vertrauen zog, das war doch ein Kompliment. Sie hatte gehört, wie handwerklich geschickt er war. Nur darum hatte sie diese Andeutungen gemacht. Das Zwischenmenschliche aber fiel ihm scheinbar schwer. Er redete selten und wenn, dann meist über Gadgets und Computer und so ein Zeug. Jetzt saß er mit seinen Händen im Schoß und schwieg.
Lange hatte er vor diesem Kauf mit sich gerungen. Er blickte auf die neue Uhr an seinem Handgelenk. Hoffentlich war er nicht auf einen Betrug hereingefallen. Zeigte die Fitnessuhr seinen Puls korrekt an?
Er saß da, in ihrer Küche und blickte sie nicht mal an! Die blauen Streifen zwischen ihnen schienen breiter zu werden. Weit weg saß er da, auf seinem Stuhl, hinter der blauen Streifenmauer und schmollte. Wie seine Brauen sich zusammenzogen. Sie hatte ihn doch nicht mal direkt gefragt, keinen Druck aufgebaut, keine Forderungen gestellt. Sie hatte nur angemerkt, dass es so eine Renovierung viel Arbeit wäre. Wollte er sie da wirklich nicht unterstützen? Fühlte er sich etwa ausgenutzt? Unzufrieden wischte ihre Hand über die Streifen, weil ihre Augen sich an Krümeln störten. Wenn er doch nur sagen würde, was mit ihm war.
Neunzig Schläge pro Minute, konnte das stimmen? Das wäre ein deutlicher Puls. Dabei war er ganz ruhig, Ruhepuls, das sollten weniger als siebzig Schläge sein. Er fühlte sich betrogen. Dabei waren die Bewertungen für die Uhr so gut gewesen.
Langsam wurde das Schweigen ihr unangenehm. Wenn er jetzt nicht bald etwas sagte, würde sie etwas sagen. Aber wenn sie etwas sagte, würde er sie bestimmt für eine Zicke halten. Was sie auch machte, sie machte es verkehrt! So war das immer mit ihm. Sie starrte ins Blau der Tischdecke und spürte Tränen in sich aufsteigen.
War ihre Tasse umgekippt? Er blickte erschrocken auf. Brauner Sud überschwemmte die Tischdecke. Er sprang nach dem Lappen in der Spüle und beim Wischen versuchte er, nicht auf dieses kratzende Geräusch zu achten. Tischdecken aus Synthetik konnte er nicht ausstehen. Doch das behielt er für sich, um sie nicht zu kränken. Auch wollte er die Stille nicht stören. Er liebte ja die stillen Momente mit ihr. Wenn sie ihn ansah, mit diesen großen, geheimnisvollen Augen. Beim Wischen streifte sein Arm ihre Bluse.
Dass er den Kaffee nur breitwischte, anstatt ihn zu entfernen, behielt sie für sich, um ihn nicht noch mehr zu kränken. Auch gefiel ihr die rhythmische Bewegung seiner Arme. Nun konnte sie seine Wärme spüren. Etwas blitzte an seinem Handgelenk und ihr fiel wieder ein, dass er irgendetwas über eine Fitnessuhr geredet hatte.
"Ist was, mein Schatz?"
"Nein, alles gut."
Ihre Finger fanden sich, auch wenn ihre Worte einander verpassten. Seine waren feucht vom Kaffee. An ihren klebten noch Krümel. Von ihren Körpern mit zu Boden gezogen, lösten sich blaue Streifen zu wilden Kringeln auf. Die Fitnessuhr piepte, als sein Puls zu rasen begann.
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