Vier Tage in Barcelona oder wie eine Reise mein Leben veränderte

Vier Tage in Barcelona, oder, wie eine Reise mein Leben verändert hat.











Über mich:



Mit 57 Jahren, davon 35 auf den Baustellen in Süden Deutschlands, wurde mir vom Hausarzt meines Vertrauens geraten, mir doch noch eine andere Tätigkeit zu suchen, eine bei der man wahlweise stehen- sitzen oder laufen kann. Schweres tragen und heben sollte ich in Zukunft nach Möglichkeit auch unterlassen.
Was ich erst, für einen schlechten Witz hielt , stand tatsächlich so, in der sozialmedizinischen Stellungnahme, die bei mir, nach meiner letzten Knie Operation gemacht wurde.
Für die Rente zu jung und für die Arbeit, die ich gelernt hatte zu kaputt. Nicht gerade beruhigende Aussichten. Sie müssen sich eine Arbeit suchen, die sie mit ihrem Krankheitsbild noch machen können, da gibt es sicher genug Möglichkeiten, sagte der Mann im weißen Kittel und trank aus dem Glas Wasser (mit Zitrone) das immer auf seinem Tisch stand. Mehr kam nicht mehr, ein kurzer Blick zur Tür, was wohl die Aufforderung zum gehen war.
Nun stand ich da, es war mir zwar bewusst das ich nach einigen Knie Operationen und ständigen Kreuzschmerzen nicht mehr alles machen konnte, aber von so einer Stelle, wie ich sie nun brauchte, hatte ich noch nicht gehört.
So kam es denn auch, wie es kommen musste, Stellenangebote die auf mein Krankheitsbild passten, gab es nicht, schon gar nicht in meinem Alter.
Nach mehreren Versuchen im Mindestlohnbereich, wobei meine Schmerzen eher noch stärker wurden, war ich schon ziemlich frustriert.
So las ich eines Abends eine Statistik über die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern und Frauen und dachte so bei mir, noch 20 Jahre, also was tun?
Wo ich herkomme, sagt man ein Mann muss in seinem Leben, einen Sohn zeugen, ein Haus bauen und einen Baum pflanzen. All das hab ich schon hinter mir, nur das ich das Haus verkaufen musste, somit steht der Baum heute bei jemand anderem im Garten. Ich hab drei tolle Kinder, die aber inzwischen innzwischen erwachsen sind, und ihre eigenen Wege gehen.
Wie das bei vielen so ist, wenn es einen Bruch in der Biografie gibt, fragt man sich, was ist eigentlich aus den Träumen der Kindheit und der Jugend geworden ? Was ist aus dem jungen Mann geworden der Sven Hedin und David Livingston bewundert, und der Mobby Dick und die Schatzinsel verschlungen hat.
Die einfachste Antwort wäre zweifellos, der Junge ist erwachsen geworden und er hat das Leben gelebt, das eigentlich andere für ihn erdacht haben.
Nun ist jeder seines Glückes Schmied und eigentlich, wenn ich bis jetzt zurückblicke war das Leben doch recht gut zu mir, also kein Grund sich zu beklagen.
Vielleicht, ist es auch ganz gut, wenn man gezwungen ist, sich ein wenig mit sich selber auseinander zu setzen.
Wenn ich früher, Bücher wie König Artus gelesen habe, dann war ich nachts, an der Seite des Königs, kämpfte in epischen Schlachten, nahm Teil an Ritterturnieren und wenn ich vom Pferd fiel, bin ich aufgewacht., bei Mark Twain, fuhr ich im Traum auf einem Floß den Mississippi hinunter vorbei an Baumwollfeldern und immer auf der Hut vor riesigen Alligatoren. Von den Bäumen hing Louisiana – Moos bis fast ins Wasser, und ich wurde Teil der Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn.
Heute beschäftigen mich Tag und Nacht nur noch die aktuellen Probleme, Fantasie und Magie sind mir verloren gegangen, da war kein Platz mehr, an den ich mich flüchte konnte, fern von düsteren Gedanken, wo ich die Sorgen vergessen konnte.
ch denke, viele sind Gefangene ihres Alltags, und am Ende bin ich auch nur einer von den vielen suchenden, in einer Zeit der großen Veränderungen in der wir so vieles hinterfragen was für uns das bisherige Leben ausgemacht hat. Ich hatte ein wenig Geld gespart und dachte, wenn nicht jetzt, wann dann, und so machte auch ich mich, auf eine Reise.



Die Reise

Kapitel 1: Schöne Tage in Südfrankreich



Südfrankreich sollte das erste Ziel sein, danach Spanien und weiter nach Portugal solange ich Lust hatte und das Geld reichte. So packte ich meinen Opel Corsa mit all den nützlichen und auch so manchen überflüssigen Sachen die man für eine längere Reise braucht . Zelt, Schlafsack und Isomatte, verschiedene Schuhe, Klamotten, Handy und Laptop . Dienstags- morgens ging es los und ich fuhr den Träumen meiner Jugend hinterher, erstmal Richtung Westen, das Wetter war schön und die Dinge die sich wenige Tage später ereignen sollten, zeichneten sich mit keinem Gedanken ab.
Ein perfekter Tag zum fahren, schönes Wetter wenig Verkehr, in Frankreich gute Straßen (allerdings nicht umsonst, da Mautpflichtig) , so kam ich gut voran, hielt nur zum tanken und hatte gegen 14 Uhr schon dreiviertel meiner Tagesetappe geschafft. Im Zentralmassiv ging dann ein heftiges Gewitter auf mich nieder, es regnete so stark das ich rechts ranfahren musste weil ich nichts mehr sehen konnte .Es dauerte eine halbe Stunde bis der Regen nach lies und ich weiterfahren konnte, der Himmel riss auf und die Sonne kam durch, ich fuhr bis zum Pont du Gard.

Die Schalter waren schon geschlossen, so musste ich keinen Eintritt bezahlen. Ein kleiner Park umgibt die Brücke die sich über den Fluss Gard spannt. Ich ging ein Stück und, setzte mich auf eine Mauer, von wo ich einen schönen Blick auf die Brücke hatte. Schon immer hatte mich fasziniert, was alte Kulturen, mit ihren doch begrenzten technischen Mitteln für beeindruckende Bauwerke erschaffen hatten. Für mich erzählen diese Bauwerke auch immer Geschichten. Erbaut um die Zeitenwende stand sie nun da, und sie hatte bestimmt eine Menge zu erzählen. Gallien war schon lange ein Teil des Imperium Romanum, aber erst als die vereinigten gallischen Stämme, die sich unter Vercingetorix erhoben hatten, im Jahre 51 v. Chr. bei Alesia, von Julius Cäsar vernichtend geschlagen wurden, galt das Land als befriedet. Die Römer, hatten Tod und Sklaverei für viele gebracht, aber sie brachten auch, ein neues Rechtssystem, sie verbesserten und vergrößerten die Weinanbauflächen, und nicht zuletzt spielte Wasser für sie eine zentrale Rolle, sie brauchten es für die Thermen, als Trinkwasser und für die Kanalisation. Der Pont du Gard, wurde erbaut für den Wassertransport nach Nimes, mit fast 50 Metern Höhe und einer Länge von ca. 300 Metern, hatten die römischen Wasserbauingineure mit ihrer Bogenbrücke etwas, für ihre Zeit, außergewöhnliches erschaffen.
Das römische Imperium ist lange verschwunden, wurde Teil der Geschichte, wie all die anderen, sogenannten Hochkulturen. Ich fragte mich was von uns, die Zeit überdauern würde, außer dem Atommüll der noch in einer Million Jahre strahlte und dem Plastik, das man inzwischen in jedem Organismus und an jeder Stelle des Planeten nachweisen konnte.

Ich fand keine Antwort, stand auf und ging den Weg entlang, der mich über die Brücke führte. Auf der anderen Seite führten Treppen runter zum Fluss. Dort setzte ich mich in den Kies, zog meine Schuhe und Socken aus und hielt meine Füße in das kalte Wasser. Am Ufer blühten gelbe Blumen und wie Sie da so stand, im letzten Licht der untergehenden Sonne und sich im Wasser spiegelte, das hatte schon was romantisches.

Pärchen gingen am Fluss spazieren, andere machten Fotos unter den Bögen der Brücke und ich fühlte mich plötzlich ein wenig einsam, bedauerte, das ich niemand hatte , mit dem ich diesen Moment teilen konnte.

Momentan, lebte ich, in selbstgewähltem Zölibat, war mir meistens selbst genug und konnte ganz gut alleine sein. Nicht, das ich es nicht probiert hätte, aber im Grunde, war ich immer noch nicht frei, dachte noch viel zu oft an jemand, den ich schon lange Zeit nicht mehr gesehen hatte. Es gab eine Zeit da kamen und gingen die Frauen, eine nach der anderen. Bis ich merkte, das sie alle , die Lücke nicht füllen konnten, die, die eine hinterlassen hatte. Eigentlich ist es wie so oft im Leben, hat man etwas, weiß man es nicht zu schätzen und setzt es leichtfertig aufs Spiel, ist es dann weg, sehnt man sich danach und merkt erst danach, wie gut es eigentlich gewesen ist.
Der Anflug von Wehmut verschwand, mit der zunehmenden Dunkelheit, es gab ja auch schlimmeres, als in Südfrankreich zu sitzen, auf Kieselsteinen die der Fluss, im Laufe der Zeit, perfekt rund geschliffen hatte. Ich stand auf, und machte mich auf den Weg zum Parkplatz, solange ich noch was sehen konnte. Ich fuhr ein Stück Richtung Avingnon und nahm das erste Hotel das an der Straße lag. Nichts besonderes , eigentlich nur ein Bett und ein Bad, dafür mit Frühstück und vom Preis angemessen. Über dem Bett hing ein Banner mit den Idealen der französischen Revolution Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Bevor mich Morpheus in seine Arme nahm dachte ich noch darüber nach, was geblieben ist, von dem, was sich die Menschen damals erträumt hatten. Nicht viel, ein wenig Freiheit, wobei der Grad des frei seins, maßgeblich vom Stand des Kontos abhängig war. Gleichheit, ist vielleicht auch gar nicht erstrebenswert, da sie dem naturell des Menschen entgegensteht, einer der Gründe warum auch der Kommunismus nie auf lange Sicht funktionieren wird, und Brüderlichkeit, dieses Wort kam im modernen Wortschatz gar nicht mehr vor, ich selbst kannte es nur noch aus dem Satz, und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein. Alles in Allem waren es Versprechen, die nie erfüllt wurden, den schon während der Revolution begann die Schreckensherrschaft der Jakobiner in der viele Menschen, wortwörtlich ihren Kopf verloren. Mit diesem Bild vor Augen schlief ich ein, und ich war froh, daß ich mich am Morgen, nicht mehr an einen Traum erinnern konnte.

Am nächsten Tag, fuhr ich nach Avignon, ich wollte mir den Papstpalast und die Brücke aus dem berühmten Kinderlied anschauen, das ich in der Schule vor langer Zeit gelernt hatte. Nach einer Parkplatzsuche auf der mich mein Weg kreuz und quer durch die Stadt führte, fand ich dann doch einen Platz der nicht weit vom historischen Zentrum weg war. Ich ging ein Stück an der Rhone entlang, und da war sie auch schon, die berühmte Brücke, oder zumindest das, was von ihr übrig war.
Saint Benezet, wie die Brücke eigentlich im Original heißt, wurde im 12ten Jahrhundert erbaut und steht nur noch zur Hälfte, ganze vier Rundbögen sind noch übrig mehr ein Fragment als eine richtige Brücke. Für mich ein wenig enttäuschend aber vielleicht waren die Erwartungen auch einfach zu groß.

Der Weg zum Papstpalast ist gut ausgeschildert und führt durch die Altstadt, die zurecht Unesco Weltkulturerbe ist. Dreimal um die Ecke gebogen und man steht auf einem Platz, vor dem mächtigen Gebäudekomplex , der eher einer Festung ähnelt als einem Palast. Im Stil der Gotik erbaut, war er zwischen 1335 und 1430 der Sitz verschiedener Päpste . Ein eher düsteres Bauwerk, und ich fühlte mich an eine Zeit erinnert, als der Großinquisitor von Stadt zu Stadt reiste, um den Menschen den Prozess zu machen, die vom wahren Glauben abgefallen waren. An das Rad geflochten und so lange gequält bis sie jede Tat zugaben, egal ob sie sie begangen hatten oder nicht. Erst einmal schuldig gesprochen, wurden sie gevierteilt oder unter dem Gejohle der Einwohner dem Feuer übergeben. Und das alles im Namen des einzig wahren Gottes. Wenn ich genau hinhörte, konnte ich das schleifen der Ketten auf den Steinböden, und die Schreie der Gefangenen durch die dicken Mauern hören.
Immerhin ein Gebäude, das meine Fantasie anregte. Eine Führung konnte man nicht machen, es war geschlossen. So setzte ich mich in ein Cafe in der Nähe und gönnte mir ein Eis. Inzwischen war der Platz gut besucht, Jung und Alt bestaunten einen jungen Mann der übergroße Seifenblasen aus einem Ring zauberte. Maler versuchten ihre Bilder zu verkaufen, die natürlich ausnahmslos, entweder den Papstpalast oder die berühmte Brücke zeigten. Ich nahm noch einen cafe au lait und schaute einer jungen Frau zu, wie sie die Jungfrau Maria und das Jesuskind auf das Pflaster malte. Nicht nur das sie gut aussah, braun gebrannt mit langen schwarzen lockigen Haaren, die sie, wenn sie malte immer wieder aus dem Gesicht streichen musste, sie konnte auch verdammt gut malen. Und so entstand, nach und nach ein Kunstwerk. Ein Kunstwerk allzu vergänglich, den der nächste Regen würde die Farbe wegwaschen und nach ein paar Tagen würde nichts mehr daran erinnern. Seltsam, das sie sich gerade so ein Motiv ausgesucht hatte, für manche mag das tatsächlich ein Platz sein, der sie ihrem Gott näher bringt, für mich, mehrten sich die Zweifel, wenn ich mir Gedanken darüber machte was sich hinter den Mauern abgespielt hatte.
Ich bezahlte das Eis und den Kaffee und ging ein paar Schritte, ich wollte das Bild noch von nahem sehen, sie war immer noch zugange und legte letzte Hand an den Mantel in den Maria gehüllt war, ich legte etwas Geld in eine Holzschale, Merci. Auf meinem Weg zum Auto musste ich immer wieder daran denken, mal an das Bild und mal an die Frau, die es gemalt hatte.

Nicht weit von Avignon beginnt die Camargue, jene flache Landschaft im Mündungsdelta der Rhone wo sich Land, Fluss und Meer vereinen und zu einem riesigen Marschland werden . Auf meinen bisherigen Reisen durch Frankreich, hatte ich den Landstrich schon mehrmals gestreift. Aber es hatte sich nicht ergeben, dort Zeit zu verbringen. Jetzt hatte ich Zeit und wollte weiterfahren bis Saintes Maries de la Mer der sogenannten Hauptstadt der Camargue.
Man kann sich auf dem Weg gut mit regionalen Produkten wie Obst, Gemüse und allerlei anderen bäuerlichen Erzeugnissen eindecken, was ich auch getan habe, und so für die nächsten Tage versorgt war . Jede Menge Wohnmobile, und da man eh nicht schneller als 80 fahren darf, und somit das Überholen fast unmöglich wird, kann man sein Augenmerk auch ein wenig auf das richten was an einem rechts und links vorbei zieht. Neben der Straße kann man auch schon sehen was die Camargue ausmacht, ebenes weites land immer wieder unterbrochen durch kleine Seen, Tümpel und Bäche an deren Rändern das Schilf meterhoch wächst . Herden von weißen Pferden, suchen sich ihr Futter in dem üppigen grün, das durch den Reichtum an Wasser, das ganze Jahr aus dem Boden sprießt. ,Schwarze Stiere dösen in der Mittagssonne , auf ihren Weiden wo sie das ganze Jahr, mehr oder weniger wild umherstreifen. Der Stierkampf hat im Süden Frankreichs genau wie in Spanien eine lange Tradition, und so gibt es überall wo mehr als ein paar Häuser stehen, eine Stierkampfarena. Überall hängen Plakate mit den Terminen, für die nächste Corrida. Berühmte Matadore werden wie Helden verehrt und ihre Bilder zieren die Wände in Hotels und Pensionen. Wenn man nicht hier lebt, ist es schwierig das ganze einzuordnen, auch mir wäre lieber, man würde nur noch die unblutige Variante praktizieren, bei der, versucht der Matador an eine Quaste zu kommen, die zwischen den Hörnern des Stieres befestigt wurde, eine Variante, die den Mut des Matadors würdigt, und bei, der der Stier die Arena anschließend lebend verlässt.
Der Stierkampf gehört zur Camargue, er gilt als Kulturgut und wie er letztendlich praktiziert wird, werden die Einheimischen oder die Politik entscheiden.

Hier kann man wirklich sagen, das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde , fast jeder Hof bietet Pferde zum ausreiten und man sieht rechts und links der Straße Gruppen von Reitern die sich ihren Weg durch das Geflecht von Land und Wasser suchen.
Während ich mir noch Gedanken darüber machte, ob wohl halb Frankreich hier seine Reiterferien verbringt, war das Ortsschild auch schon da, ich war in Saintes Maries de la Mer.

Jede Menge Leute waren unterwegs, was ich gar nicht auf meinem Schirm hatte, ich dachte ich könnte ein paar ruhige Tage verbringen, da die Hauptsaison vorbei war. Wie sich später herausstellte war ich genau zu der Zeit gekommen, in der eine große Agrar-Ausstellung stattfand, bei der man vom Pferdesattel über Saatgut bis zur Melkmaschine so ziemlich alles bestaunen und kaufen konnte, was der moderne Bauer, zu seinem Glück braucht.
Mit ganz viel Glück, einen Parkplatz ergattert, ging ich durch das Städtchen zum Strand, wobei ich sagen muss Saintes Maries unterscheidet sich nach meiner Beobachtung, nicht großartig von anderen Orten an der Mittelmeerküste, Souveniergeschäfte, Restaurants, Bekleidungsgeschäfte und dann das ganze wieder von vorn.
Was sich abhebt ist die Kirche Notre-Dame-de la Mer von außen nett anzuschauen, und innen mit der schwarzen Madonna, der heiligen Sarah der Schutzpatronin der Zigeuner. Und so pilgern jedes Jahr im Mai und Oktober, Zigeuner aus ganz Europa nach Saintes Maries de la Mer, um die heilige Sarah zu ehren und sie in einer Prozession in einer Barke zum Meer zu tragen.
Bestimmt toll das mitzuerleben, aber ich war nicht zur richtigen Zeit da, und ehrlich gesagt, bin ich jemand, der den Trubel nicht braucht, die Kleinstadt war mir auch so schon zu voll. Auf meinem Weg zum Strand, kam ich an einem Denkmal vorbei, das einen Stierzüchter auf einem weißen Pferd zeigt, der einen Stier vor sich her treibt, schön gemacht, gelten doch die Stierzüchter als die letzten Cowboys in Europa.

Was die Camargue ausmacht sind nicht zuletzt die tollen Strände und östlich der Stadt beginnt eine recht ursprüngliche Landschaft zwischen Seen und Meer, mit Dünen und einem Kilometerlangem Sandstrand . Nun bin ich einer der das Wasser liebt, schon als Kind war ich gern am Wasser, neben einem Bach aufgewachsen hat es mich ein Leben lang begleitet und auch heute noch, ist es leicht mich glücklich zu machen, ich kann einfach irgendwo sitzen und aufs Wasser schauen. Manch einem mag das seltsam erscheinen und doch ist es als als ob mein Herz leicht wird, die Gedanken entfernen sich von allem was einen trübsinnig macht und einem schwer auf der Seele lastet. Ich kann dann einfach loslassen und die Wellen tragen die Sorgen fort, weit weg wo, sie auf der Müllhalde des Lebens mit einer Plane abgedeckt, auf ewig verborgen sind.

Kurz dachte ich an, das Leben mit all seinen Wiedersprüchen, an die drei großen Fragen woher, wohin und wieso. Aber das legte sich schnell wieder und mein Kopf wurde frei.
So lag ich in den Dünen, von allem losgelöst mit dem Blick aufs sonnenbeschienene Mittelmeer und obwohl ich nicht allein am Strand war, war es ein perfekter Nachmittag.

Wie das halt so ist, das Leben folgt seinen Gesetzmäßigkeiten, nach dem Nachmittag kommt der Abend und mit ihm die Dämmerung, es wurde auch langsam kühl. Ich ging zurück in die Stadt, kaufte mir ein Baguette gefüllt mit Pommes und Hackfleisch und eine Cola und verzehrte das ganze auf einer Sitzbank.
Es war kein Zimmer zu bekommen, alles war ausgebucht, und auch der Campingplatz war voll. So fuhr ich auf die Straße zurück Richtung Arles, nahm den zweiten Parkplatz, packte meinen Schlafsack aus und versuchte es mir im Corsa bequem zu machen, ich hatte eine Flasche Weißwein gekauft mit dem seltsamen Namen Pink Flamingo, (eigentlich als Geschenk für zu Hause) Ich trank sie zur Hälfte, und schlief bis zum Morgen durch.
Nach einer Nacht im Corsa, knackt es morgens erstmal richtig im Gebälk das Kreuz meldet sich und man merkt das man keine 20 mehr ist, zudem hatte ich vergessen das die Camargue auch für eine andere Tierart berühmt ist, ihre Moskitos. Von den Füßen bis zum Bauch zählte ich 14 Stiche, selber Schuld dachte ich, bei dem vielen stehenden Wasser haben die Viecher perfekte Brutbedingungen das hätte man wissen können . Nach einer Katzenwäsche aus der Wasserflasche ( inklusive Mundausspülen ) und einem Frühstück aus Dosenkaffe und zwei Äpfeln war ich soweit den neuen Tag in Angriff zu nehmen. Auf meiner Fahrt Richtung Avignon war mir ein Schild aufgefallen, und den Namen hatte ich schon mal irgendwo gelesen, Uzes hört sich erstmal recht unspektakulär an, aber irgendwie klingelte da was im Hinterstübchen also Handy an und Googeln. Stadt der Kunst und Geschichte, gut erhaltener Ortskern aus dem Mittelalter fand ich da. Alte Steine und Geschichte, ein wunderbares Reiseziel für mich, also back on the Road.
Wieder auf der schnurgeraden Straße nach Arles, über mir große Schwärme von rosa Flamingos, der Motor schnurrte, im Radio sang Carles Trenet „ La Mer „ was für ein Tag, ich war glücklich.

Es stellte sich heraus, das ich schon am ersten Tag der Stadt ganz nah war, ich hätte nur eine Abzweigung an einem Kreisverkehr eher abfahren müssen, aber was solls, ich hatte ja Urlaub und das Benzin in Frankreich ist recht billig ( nicht wirklich ).
Uzes liegt in der Region Okzitanien, man fährt die Landstraße hoch stetig vorbei an Weinreben und dann immer Richtung Zentrum, ich habe direkt vor der Kirche geparkt, die ,wie mir gesagt wurde, den einzigen runden Glockenturm Frankreichs hat, vom Parkplatz aus, hat man einen tollen Ausblick auf die umliegende Landschaft Olivenbäume Weingärten und Zypressen, Südfrankreich wie aus dem Bilderbuch.

Das Zentrum ist sehr gut erhalten, herrschaftliche Häuser im Stile der Renaissance und des Barock mit imposanten Türeingängen und Torbögen, man kann unter Arkaden flanieren, die den Place aux Herbes umgeben, der Brunnen in der Mitte lädt zu einer Pause ein, entweder zu einem Eis oder wie in meinem Fall zu einer Zigarette . Auf diesem Platz findet auch der Wochenmarkt statt, was eigentlich nicht verwundert, den Herbes heißt übersetzt : Kräuter. Am Boulevard Victor Hugo nahm ich mein Mittagessen ein, Pizza und einen Salat ( sicher nicht typisch französisch, aber mir war einfach danach ) Wenn man einiger maßen gut zu Fuß ist kann man alle Sehenswürdigkeiten in einen längeren Spaziergang packen. Es gibt Fotomotive ohne Ende wie den Bischofspalast, Sitz des ersten Herzogs von Frankreich, der nicht aus einem adligen Geschlecht kam, mit seinen Farbigen glasierten Dachziegeln.
Mitten im geschäftigen Trubel, bog ich in ein kleine Gasse ein, die steil nach unten führte, am anderen Ende, konnte man, das grün der Weinberge sehen. Der Boden war mit uralten Pflastersteinen belegt, ich stand zwischen den alten hohen Häusern, die das Sonnenlicht vom Boden fernhalten, mit ihren Kreuzstockfenstern und den ausgefallenen Torbögen. Ich war allein, hatte die ganze Gasse für mich, an einer Wand war eine Tafel angebracht, die an die Hugenotten erinnerte, Protestanten die wegen ihrer Religion verfolgt, getötet und im 16 Jahrhundert aus Frankreich vertrieben wurden . Das schöne und das schreckliche liegen auch hier nah beieinander. Da war sie wieder, die Zwiespältigkeit des Lebens, die man einfach akzeptieren musste, wollte man nicht daran zerbrechen. Ich ging zurück, trat wieder ein, in ein anderes Leben, voller Lärm und Geschäftigkeit. Bei zwei Cafe au lait ging dann auch der Nachmittag zu Ende, und ich ging zu meinem Auto, noch ein letzter Blick auf die Kathedrale und den runde Glockenturm.

Uzes, ein Reiseziel das sich mehr als gelohnt hatte, vielleicht nicht unbedingt in der Hauptsaison, den ich glaube, da ist der Andrang der Massen einfach zu groß.

Ich spürte mein rechtes Knie, war wohl doch ein bischen viel gelaufen heute, deshalb und nach meiner letzten Nacht im Auto, war ich froh über ein Hotelzimmer mit Bett, Bad und Frühstück. Morgen, ein anderes Land, neue Eindrücke, ich freute mich auf Spanien auf Andalusien und speziell auf Granada.
Granada,, die letzte Bastion der Nasriden Herrscher auf spanischem Boden bevor Granada durch die Reconquista wieder Teil des Katholischen Spaniens wurde .Lange ist es her das ich in den Gärten der Alhambra die Harmonie von Wasser, Blumen und Gehölzen bestaunt habe, alles scheint in Perfektion vereint, Form und Farbe, Architektur und Kunst . Bei Sonnenuntergang auf dem Albacin – Hügel zu stehen und die Burg zu sehen wenn der rosafarbige Sandstein zu leuchten beginnt, mit den Schneebedeckten Bergen im Hintergrund, ein für mich unvergessliches Bild. So wurde Granada ein magischer Ort für mich, ein Ort an den ich mich flüchten konnte, wenn ich alles andere vergessen wollte.
Ich hoffe das jeder so einen Ort kennt, manche haben vielleicht auch zwei oder drei. Für mich reicht dieser eine, denn in dieser Nacht ging ich durch die Gärten der Alhambra, Hand in Hand mit einer orientalischen Schönheit.

Da waren sie auf einmal wieder, Fantasie und Magie, irgendwas hatte sie in mein Leben zurückgebracht, und was auch immer es war, ich freute mich darüber.


Kapitel 2: Der Überfall und die Folgen

Frühstück mit Kaffee, Baguette und Croissant gut gestärkt belud ich mein Auto und fuhr Richtung Autobahn, noch lagen fast tausend Kilometer zwischen mir und Granada. Ich überquerte die Grenze nach Spanien und fuhr durch die Region Katalonien, vorbei Figures wo Salvador Dali geboren und wo er auch begraben liegt , immer entlang der Costa Brava . Hinter Girona fuhr ich in eine Raststätte und parkte mein Auto direkt vor dem Eingang. Wie es sich gehört packte ich meine ganzen Papiere inklusive Geldbeutel in meinen Rucksack (man soll ja nichts im Auto lassen ) Als ich einen jungen Mann bemerkte der sich an meinem Hinterreifen zu schaffen machte, ich stieg aus und fragte ihn was das soll (natürlich auf deutsch ), ging ein paar Schritte auf ihn zu, er hatte schon mit einem Schraubenzieher die Radkappe gelöst. Er sagte irgendwas auf spanisch, was ich nicht verstand, ziemlich verdutzt fragte ich ihn auf englisch: „ what are you doing „? Im gleichen Moment hielt ein blauer BMW, die Beifahrertür wurde aufgemacht der junge Mann sprang rein, und mit durchdrehenden Reifen fuhr der BMW Richtung Autobahnauffahrt davon.
So stand ich da, ziemlich perplex und wusste noch nicht wirklich was da eben passiert war. Ich ging um mein Auto herum und da sah ich das die Beifahrertür offen war, der Rucksack mit allen Papieren der Geldbeutel mit meinem ganzen Geld den Kreditkarten, das Handyladekabel und ein durchgeschwitztes T-Shirt vom Vortag alles weg. Ich hätte mit vielem gerechnet aber das mir einer am hellichten Tag vor einer, kameraüberwachten gut besuchten Raststätte mein Zeug stiehlt, damit nicht. Mein Handy von dem ich zuerst auch dachte es wäre auch weg, fand sich dann zum Glück im Fußraum auf der Beifahrerseite.
So ging ich in meiner Verzweiflung in die Raststätte und versuchte dem Mann an der Kasse mit Händen und Füßen zu erklären, das ich gerade ausgeraubt wurde. Ich, kein spanisch und nur rudimentäres englisch, er kein deutsch und kein englisch man kann sich vorstellen das es eine Weile dauerte, ich sagte dann nur noch „ Policia Policia „. Ich glaube er hat mir meine Verzweiflung angesehen, denn er hat dann die Notrufnummer gewählt, ein kurzes Gespräch und er sagte zu mir „ La Policia viene „ was laut meinem Handy- Übersetzter bedeutet, die Polizei kommt. Nun gut, also wieder raus zum Auto, erstmal zwei Zigaretten geraucht um wieder runter zu kommen, tausend Gedanken was tun, ohne Geld ohne Papiere. Es vergingen die Minuten und es vergingen die Stunden, niemand kam. Ich hatte inzwischen, eine halbe Schachtel Zigaretten geraucht und ging wieder rein in die Raststätte, der Kassierer war inzwischen abgelöst worden und die neue Dame an der Kasse zuckte nur mit den Schultern, schaute mich fragend an, sie konnte und vielleicht wollte sie mir auch nicht helfen. Draußen auf der Terrasse hörte ich wie sich ein Pärchen auf englisch unterhielt, ich nahm meinen Mut zusammen und habe ihn angesprochen, wie sich herausstellte war er Spanier und seine Frau war Engländerin. Nach kurzem schildern meiner Lage, gab ich ihm mein Handy und er rief nochmal bei der Polizei an. Das Gespräch dauerte dann auch wesentlich länger und es kam heraus, das für die spanische Polizei, ein Diebstahl an der Autobahn kein Grund war ihr Polizeirevier zu verlassen. Ich hätte ewig warten können, und was das beste war, ich musste mir selber ein Polizeirevier suchen und dort eine Anzeige machen. Ich bedankte mich bei den beiden, war froh das mir überhaupt jemand geholfen hatte.

Fragen über Fragen, wohin zur Polizei, reicht das Benzin, wie ist es mit der Verständigung. Über „ Google-Map „ habe ich verschiedene Reviere gefunden, manche nicht durchgehend geöffnet ( inzwischen war es 17 Uhr Freitag-nachmittags ) ) manche zu weit weg. Nach Barcelona waren es noch 40 km, so entschied ich mich für die große Stadt in der Hoffnung das es mit der Verständigung ein wenig einfacher sein würde, außerdem wusste ich das in Barcelona ein Konsulat war. Die Fahrt nach Barcelona kam mir ewig vor, immer ein Auge auf der Tankuhr, dann Stau in der Stadt und das Polizeirevier war auch alles andere als einfach zu finden. Es wurde schon Nacht als ich mein Auto direkt vor dem Revier auf einem Polizeiparkplatz abstellte es gab keinen anderen Parkplatz und ehrlich gesagt war es mir auch egal, was sollte auch jetzt noch groß kommen.
Rein ins Revier und in der Schlange angestellt, da ich ewig warten musste bot sich wenigstens die Gelegenheit aufs Klo zu gehen und Gesicht und Hände zu waschen. Endlich vorn an der Scheibe war, keiner da, der mich so gut verstand, wie es für eine Anzeige nötig gewesen wäre. Ich sollte „ manana „ ( morgen ) kommen da wäre ein Dolmetscher da. Wenigstens hatte jemand das passende Ladekabel und ich konnte mein Handy auf 40 % aufladen. In meiner Naivität hab ich gedacht, ich könnte auf dem Revier übernachten, ich hätte auch in der Ausnüchterungszelle geschlafen, aber nein, war nicht, zurück ins Auto. Inzwischen war es 22 Uhr und ich musste meine Kreditkarten noch sperren lassen, das hatte ich in der ganzen Aufregung völlig vergessen. Gut 7 Stunden waren seit dem Diebstahl vergangen, Zeit genug um jede menge Unsinn mit meinen Karten zu machen. Das hat dann auch geklappt, zumindest eine Sorge weniger. Da ich ADAC- Mitglied bin, hab ich dort auch angerufen, bin über die Notrufnummer mit einem Mann verbunden worden, mit dem ich mich auch verständigen konnte. Ein Gespräch, das mir gar nichts brachte, Geld für die Heimfahrt gibt es nicht, der ADAC hilft nur bei Schäden am Fahrzeug ,ich musste mir noch anhören, das ich nicht der erste und bestimmt auch nicht der letzte bin, dem das in Spanien passiert, auf dem Konsulat könnte man mir helfen, dafür sind die ja schließlich da. Kurz war ich versucht, meinen Corsa an die Wand zu fahren aber wahrscheinlich gibt es dann auch tausend Gründe mir nicht zu helfen.
So versuchte ich die Nacht rumzukriegen, an Schlaf war natürlich nicht zu denken, klar denken, war auch nicht, es geht einem zu viel im Kopf rum. Um zwei Uhr kam ein Polizist, der mir zu verstehen gab, ich müsse wegfahren der Parkplatz ist nur für Polizeifahrzeuge.
Ich fuhr zwei Querstraßen weiter und stellte mich an den Rand einer Bushaltestelle. In meiner linken Hosentasche fanden sich 7,20 Euro Kleingeld was ich zum Anlass nahm eine Bestandsaufnahme meiner Habseligkeiten zu machen, eine Wasserflasche, halb voll, zwei Äpfel und eben jene 7,20 Euro. Der Tank viertel voll das Handy bei 40 %. Nicht eben viel, denn es war Freitagnacht oder besser gesagt Samstagmorgen und das Konsulat öffnet Montag um 8.30 Uhr.

Als ich dann grad so die Augen ein wenig zugemacht habe, macht es auf einmal patsch und dann gleich noch einmal patsch, wie wenn einer mit der flachen Hand gegen das Auto schlägt. Ich raus aus dem Auto, niemand da, und wieder patsch, direkt auf der Motorhaube ein großer Haufen Vogelscheiße. Barcelona liegt am Meer, und wo Meer ist, gibt es Möwen. Neben meinem Parkplatz stand ein riesen Baum und wie es scheint ein wunderbares Plätzchen für sämtliche Möwen in der Umgebung um ihre Notdurft zu verrichten. Ich stieg wieder ein und dachte nur wenn du Scheiße am Schuh hast, hast du Scheiße am Schuh. Was so viel bedeutet wie, wenn es schlecht läuft wird’s so schnell auch nicht besser.

Um neun dann wieder zur Polizei, kein Dolmetscher da, aber wenigstens ein Klo und Wasser zum Zähneputzen. Dann kam der Dolmetscher ( kein deutsch, aber wenigstens englisch ) und es wurde die Anzeige aufgenommen, ( alles in katalanisch ) die ich unbedingt für das Konsulat brauchte.
Gegen 11 Uhr war ich dann fertig, Zeit nachzudenken, wo kann man Parken, wo kann man eine Weile das Auto stehen lassen, wo gibt es Wasser und eventuell eine Möglichkeit sich zu Waschen . Also wieder, das Handy und „ Google-Maps „ ich sucht im Stadtplan von Barcelona, gibt es überhaupt so einen Platz ? Ich entschied mich für einen kleinen Park, nicht weit vom Stadtstrand, das schien mir erstmal keine schlechte Lösung zu sein.

Irgendwie musste ich zu Geld kommen. Ich hatte einen Laptop dabei und in Barcelona gab es sicher ein oder mehrere Pfandhäuser. Ich war noch nie in einem, stellte mir das aber so vor, wie in einer Serie die ich mal im Fernsehen gesehen habe. Eine gutaussehende vollbusige Blondine, empfängt einen mit offenen Armen und mit einem Lächeln, das so breit ist wie das ganze Gesicht, man legt sein Pfand auf die Theke und nach ein wenig verhandeln, hat man die Blondine mit seinem Charme um den Finger gewickelt und sie gibt einem nicht Wunschpreis aber einen der nah dran ist. .Sie sagt, wie froh sie ist das ich gekommen bin, den genau so ein Teil, hat ihr gefehlt. Und zum Abschied gibt’s noch einen Kuss auf die Wange .Kurz fragte ich mich, ob mir mein Gedächtnis einen Streich spielte, und ob das nicht in einem ganz anderen Film passiert war, wo man gar kein Geld für sein Pfand bekam sondern von der Blondine in Naturalien bezahlt wurde. In meinem Alter kann man die Filme schon mal durcheinander bringen. Wir werden ja sehen.
Also wieder Handy raus, diesmal den Übersetzer, was heißt Pfandhaus auf spanisch „ Casa de empeno „ , zurück zu „ Maps „ und eins gefunden, war allerdings ziemlich weit zu fahren. Nun gut so viele Möglichkeiten hatte ich ja nicht, bin durch halb Barcelona gefahren voller Vorfreude auf ein paar Euro, und die Blondine, endlich da und das Pfandhaus auch offen juhu. Ich betrat den Laden, der nur ein paar Quadratmeter groß war, ringsum Gitter, dahinter Regale, gefüllt mit, all den Dingen, die sich die Leute mal gekauft hatten, und weil sie irgendwie in Geldnot geraten sind, hier als Pfand gelassen haben. Die Pfandscheine waren irgendwann abgelaufen, und jetzt wurden sie zum Kauf angeboten. Ein gutes Geschäft, wie es scheint, denn die Regale waren alle voll.
„ Holla, can i help you „ ? Ich hatte den älteren Mann hinterm Schalter gar nicht gesehen, ( Scheiße, keine Blondine ) , gut versteckt hinter einem PC Bildschirm, sprach er mich nochmal auf englisch an, ja, ich hätte einen fast neuen Laptop , ob er denn Interesse hätte und was ich dafür bekommen könnte. Er fragte nach der Marke, Lenovo sagte ich, fast neu und mit dieser schönen blauen Tasche, ich hob die Tasche hoch, damit er sie besser sehen konnte. Sein Kopf schob sich etwas in meine Richtung, ganz kurz, dann war er wieder zur Hälfte hinter dem Bildschirm verschwunden. „ I can not need this laptop, i have many from this „. „ Why not „ fragte ich, und sah nicht nur die Blondine sich in Luft auflösen sondern auch das erhoffte Geld. Er habe einfach schon zu viele, es wäre nichts damit zu verdienen, er könne mir kein Angebot machen. „ Shit happens „ dachte ich da ist sie wieder, die Scheiße am Schuh, auch an meinem Rucksack dem neuen Zelt oder meiner neuen Isomatte hatte er null Interesse.
Es lagen jede Menge Handys in der Auslage und so fragte ich ihn nach einem Ladekabel ,ich nahm eins für 4,50 Euro.

Das Ergebnis meines Ausfluges ins Pfandhaus war also, ich hatte statt mehr Geld weniger, genauer gesagt noch 2,70 Euro und ich hatte ordentlich Benzin verfahren. Das hatte ich mir dann doch anders vorgestellt.

Ziemlich angefressen fuhr ich durch die Stadt und suchte den Platz, den ich mir auf dem Stadtplan ausgesucht hatte, es war ein kleiner Park neben dem Friedhof „ Poble Nou „ nicht weit vom Strand und nicht allzu weit vom Konsulat, es war alles zu Fuß zu erreichen.
Keine schlechte Wahl erstmal, der Park war zwar recht klein aber an der Seite zum Friedhof hin mit recht viel Gestrüpp, und nach zweimaligem um parken hatte ich einen Stellplatz für den Corsa gefunden. Ich trank meinen Rest Wasser und mein Mittagessen bestand aus meinen zwei letzten Äpfeln. Ich hatte mir überlegt daheim anzurufen, aber erstens, schämte ich mich doch ein wenig ( es ist gar nicht so leicht jemand um Hilfe zu bitten; ) und zweitens ohne Dokumente konnte mir eh niemand Geld überweisen.

Der Ärger war schon nicht mehr ganz so groß, es hilft ja auch nichts, man ist in der Situation gefangen und irgendwie muss es ja weitergehen, so beschloss ich erst die nähere Umgebung zu erkunden und dann den Weg zum Strand zu nehmen. Wo ich erstmal gestrandet war, waren auf drei Seiten Wohnhäuser alle ziemlich neu und gepflegt eine Straße sorgte für genug Abstand zwischen den Häusern und dem Park. Ein Stück auf einem Fußweg und eine Brücke überquert und da war er, der Stadtstrand von Barcelona. Es waren noch gut 25 Grad und der Strand war gut besucht, er zog sich zu beiden Seiten so weit ich sehen konnte, was vor allem für mich wichtig war, es gab immer in einigem Abstand, Trinkbrunnen, man drückt drauf, und wenn man nicht aufpasst ist man von oben bis unten nass, das ganze dauert dann nur ein paar Sekunden, für mich da ich nichts mehr zu trinken hatte, eine nicht zu unterschätzende Entdeckung.. Ich ging Richtung Stadtmitte eine ganze Weile lang, setzte mich auf eine Mauer und sah dem bunten treiben zu, ging in einen Supermarkt und kaufte eine Dose Sardellen in Öl und so was ähnliches wie Knäckebrot, ich hatte noch 15 Cent.
Zurück zum Auto, die Sardellen und das trockene Brot verspeist und nochmal zum Strand gegangen um an einem der Brunnen meine Wasserflasche aufzufüllen und ( unter den missbilligenden Blicken der Strandbesucher ) meine Zähne geputzt. Wieder beim Parkplatz, den Schlafsack ausgepackt, nachts wurde es doch schon ganz schön frisch, und habe es mir so gut es ging im Auto bequem gemacht. Für die Leute die den ganzen Abend ihre Hunde in dem Park ausführten war es bestimmt ein befremdlicher Anblick, ein Auto mit deutscher Nummer in dem ein Typ, auf dem eigentlich zu kleinen Corsa Sitz versuchte zu schlafen. Irgendwann bin ich dann weggenickt, aufgewacht um 5.30 Uhr, keine Sicht mehr nach draußen weil die Scheiben total beschlagen waren ( obwohl ich meine Schuhe nicht ausgezogen habe ) im Magen rumorte es, die Sardellen suchten einen Weg ins Freie.
Dabei hatte ich dreifaches Glück, denn erstens, ich hatte Klopapier dabei, zweitens es waren noch keine Leute unterwegs und drittens das Gebüsch an der Grenze zum Friedhof war ziemlich dicht.

Man muss sich auch mal über Kleinigkeiten freuen.

Da ich schon mal wach war, gönnte ich mir die Reste meines Brotes, ein ziemlich spartanisches Mal, aber es füllte ein wenig den Magen. Was ist das beste, wenn man viel Zeit und nichts zu tun hat, man geht „ on the Beach „ Zahncreme, Zahnbürste und die Wasserflasche eingepackt und ab ging es zum Strand, nach erfolgter Zahnhygiene ( dieses mal hatte ich den Trinkbrunnen besser im Griff und war nicht mehr von oben bis unten nass ) ging ich Richtung altem Hafen, die Luft war noch kühl und vom Meer wehte ein leichter Wind landeinwärts .Die Möwen kündigten mit ihrem Geschrei einen weiteren perfekten Spätsommertag an. Die Nacht, gab dem Tag die Hand, und so setzte ich mich auf eine Sitzbank, und sah der Sonne beim aufgehen zu, sah zu, wie sie großen Schiffe und die kleinen Boote in warmes goldenes Licht tauchte. Und wie immer wenn ich am Wasser war, kam ich zur Ruhe und all das was an Unsicherheit über die nächsten Tage da war, verlor erst einmal seinen Schrecken.

Barcelona erwachte und die ersten Jogger drehten ihre Runden.

Am anderen Ende der Sitzbank, hatte jemand eine Illustrierte liegen lassen. Spanisch natürlich, aber mit vielen Bildern. Ich begann sie durchzublättern, lesen konnte ich nur ein paar Wörter aber die Bilder dazu erklärten sich von selber. Neuigkeiten über die „ Royals „ vom spanischen Königshaus, Kochrezepte, Fußball irgendwas über den FC Barcelona, Horoskope und ganz am Ende, ein Bild von einem Steinzeitmenschen mit einer Keule in der Hand, darunter ein langer Artikel. Auf der anderen Seite, ein Mann im Anzug, mit Regenschirm, und ebenfalls ein langer Artikel. Darunter ein Piktogramm, das die verschiedenen Stufen der Entwicklung vom Affen bis zum heutigen Menschen zeigte. Wenn ich mir die beiden so ansah, fragte ich mich ob sich in den letzten 5 Millionen Jahren wirklich viel verändert hat. Sicher, die Form des Kopfes, und der gang war aufrechter, was mir vor allem aufgefallen ist, waren die immensen Augenbrauen unseres Vorfahren, waren sie für mich doch die Erklärung dafür, das meine, die, die Schönheit ihrer Jugend verloren hatten, und sich zu einem von der einen Seite der Stirn bis zur anderen in ein buschiges etwas verwandelt hatten, eine Laune der Evolution waren.

So lässt sich doch, für alles, die passende Erklärung finden.

Aber im Ernst, war es nicht schon zu Zeiten des Homo Erectus so, das der erfolgreiche, die schönsten Frauen bekam, der stärkste, der am meisten Futter mit nach Hause brachte, heute ist es der CEO einer Firma oder der Gitarrist einer Band.. Erfolg macht Sexy, dieses Prinzip galt also auch schon in grauer Vorzeit. Manche Angewohnheiten haben sich erhalten, andere sind neu dazu gekommen, der moderne Mensch ist gut darin sich neue Ziele zu setzen, Wörter wie Wirtschaftswachstum, Produktionskapazität, Leistungsprinzip, und Optimierung haben Einzug in den Sprachschatz gefunden. Höher, schneller, weiter Eigenschaften die zu einem sportlichen Wettkampf gehören, wurden ins alltägliche Leben übertragen. Und weil es einigermaßen gut funktionierte, kamen andere Ziele hinzu, mein Haus, mein Boot und ein langes Leben für alle, schön und fit bis das der Tod uns, vom Fitnessstudio scheidet.
In den modernen westlichen Gesellschaften, ist das durchschnittliche Lebensalter, so hoch wie nie, die meisten Menschen führen ein augenscheinlich gutes Leben. Und doch sind die Wartezimmer von Psychologen und Psychoanalytikern voll mit Menschen die, mit ihrem doch so guten Leben, nicht mehr klarkommen.
Viel gewonnen wäre schon, wenn der Mensch einsieht, das er eben nicht die Krone der Schöpfung ist, sondern nur ein kleiner Teil von etwas größerem. Wenn in der Wildnis eine Population zu groß wird, beginnt sie ihrer Umwelt zu schaden, und zerstört das Gleichgewicht das nötig ist, um den Kreislauf des Lebens aufrecht zu erhalten. Da stellen sich für mich die Fragen : Gibt es unbegrenztes Wachstum auf einem, vom Platz begrenzten Planeten ? und, wenn es ewigen Frieden, Heilung für alle Krankheiten, Wohlstand und ein hohes Alter, wenn es das alles geben würde. Wo zum Teufel, wollten die ganzen Menschen leben, und wer sollte sie ernähren?

Vielleicht, war es am Ende doch so einfach, die einen mussten sterben, damit die anderen Leben konnten.

Dieser Traum vom ewigen Leben, den schon viele Kulturen vor uns geträumt haben, ist er denn überhaupt erstrebenswert. Sollten wir nicht akzeptieren, das alles ein Ende hat, und unsere Kraft darauf verwenden ein für uns erfülltes Leben zu führen.
So streben wir nach etwas, was in der Natur nicht vorkommt, denn dort braucht das Leben den Tod, was gestorben ist, wird zur Nahrung für Mikroben und Pilze, und letztendlich wieder zum Dünger für neues Leben. Ein ebenso einfaches wie geniales Prinzip. Auch ich bin Teil dieses Systems, gefangen in meinen Ansprüchen, Wünschen und Notwendigkeiten, Fehler behaftet wie alle anderen, und das System selbst. Ich hab nicht studiert, hatte noch nicht mal Abitur, aber selbst mein beschränkter Geist, denkt immer öfter, es wird Zeit was zu verändern, denn nicht immer ist ein Schritt zurück, ein Verlust und vielleicht ist er manchmal einfach zwingend notwendig.

Wirkliche Lösungen, wusste auch ich nicht, und bevor ich mal wieder die Welt retten wollte, sollte ich mich vordergründig , erstmal um meine Probleme im hier und jetzt kümmern. Mein erstes und ganz aktuelles war, ich hatte wieder Kreuzschmerzen. Meistens wurde es nach ein paar Übungen besser, und so ging ich hinunter zum Strand, und versuchte Kobra und Krieger, verschiedene Jogaübungen, die im weichen Sand aber nicht so richtig gelingen wollten, konzentrieren konnte ich mich auch nicht, so gab ich nach einigen Versuchen auf, und ging wieder hoch zur Straße.

Was man heute, in dem Teil Barcelonas bestaunen kann, in dem ich unterwegs war, Hafenanlagen die Gebäude der Stadtstrand sind das Ergebnis der Olympischen Spiele von 1992 und auch die Wohnhäuser auf der anderen Seite der Strandpromenade waren Teil des Olympischen Dorfes. Man muss sagen, hier haben sich die Investitionen gelohnt, alles war noch gut erhalten und schien auch sehr gepflegt. Wohl eines der wenigen Beispiele, wo die Bewohner von den Spielen nachhaltig profitiert haben. Es kommen jedes Jahr Millionen von Touristen nach Barcelona, ist ja auch ne schöne Stadt, mit viel Grün vielen Sehenswürdigkeiten, nur was man auch in Barcelona brauchte, war Geld. Money rules, sagen die Amerikaner, was so viel bedeutet wie, Geld macht die Regeln, oder Geld bewegt die Welt; und wie sehr es das tut, merkt man erst, wenn man keines hat.

Ich ging weiter bis zum Kolumbus Denkmal, wo ich mich an die Mole setzte, und einem alten Mann zu sah, wie er die Fische mit Brot fütterte. Die ersten Restaurants und Cafes öffneten, ich musste unbedingt mein Handy laden, ich hatte zwar seit meinem Ausflug ins Pfandhaus ein neues Ladekabel aber natürlich keine Steckdose zum laden. Am ersten Cafe traute ich mich noch nicht, am zweiten nahm ich dann meinen Mut zusammen, und fragte den Kellner „ emergencia, telefonando a Alemania „ er fragte mich ob ich was trinken wollte,( ich wollte schon, konnte es mir aber nicht leisten ) als ich verneinte, drehte er sich um, und verschwand im inneren des Lokals. Warum es mir so schwer fällt um Hilfe zu bitten, weiß ich auch nicht, letztendlich, ist eine Frage der Überwindung aber man gewöhnt sich auch daran, und beim vierten Versuch nahm mir dann eine nette Dame mittleren Alters das Handy samt Ladekabel aus der Hand und stöpselte es neben ihrer Kasse ein. Inzwischen war recht viel los , es war ein schöner Tag, und Sonntags gehen die Leute dann auch in Barcelona an den Strand. Um während der Wartezeit etwas Sinnvolles zu tun, suchte ich nach dem deutschen Konsulat, ich fand es, nicht weit weg, in einem schmucken Hochhaus direkt an der Promenade, schaute nach den Öffnungszeiten und dachte, hier wird sich morgen mein Schicksal entscheiden, entweder auf ewig im Corsa in Barcelona mit dem Gebüsch im Park als Toilette, oder zurück daheim mit bequemem Bett, Toilette mit Wasserspülung und Kaffee und Brötchen zum Frühstück.
War natürlich ein wenig übertrieben, aber in so einer Situation kommen einem die seltsamsten Gedanken. Das Handy abgeholt, mich tausendmal bedankt, es war zu 60% aufgeladen, nicht gerade viel, aber ich wollte die nette Dame nicht noch einmal bemühen. So ein Tag kann ganz schön lang werden und als ich wieder in meinem zuhause (meinem Auto ) ankam, beschloss ich baden zu gehen. Ich hatte ja alles dabei, also Badehose und Handtuch aus den Koffer gekramt und ab an den Strand oder wie der Spanier sagt „ vamos a la playa „.

Ich legte mich ganz an den Rand, wo der Strand an einem eingezäunten Bereich endet, der nur für Windsurfer reserviert war. Das Wasser war mir eigentlich schon zu kalt (Weichei ) aber nachdem ich mich vier Tage nicht richtig gewaschen hatte war es doch zwingend nötig, und mit ein wenig Überwindung ( Luft anhalten und rein ) auch gar nicht so schwer, wer weiß wann sich wieder eine Gelegenheit bietet ein Bad im Mittelmeer zu nehmen. Ein perfekter Tag am Strand aber es wollte sich so recht keine Freude einstellen, noch vor einigen Tagen lag ich in Südfrankreich an einem anderen Strand, der Bauch war voll, und ich machte mir Gedanken über die großen Themen des Lebens, was ist der Sinn, wo kommen wir her, wo gehen wir hin, und ist die Antwort auf alles, wirklich 42.
Heute dachte ich darüber nach was passieren wird, wenn das Konsulat mir keinen Ersatzpass ausstellt, wie komme ich ohne Geld und Papiere zurück nach Deutschland.
Könnte ich mich ohne Fahrkarte in einen Zug schleichen ( mein Auto einfach stehen lassen ) und mich die ganze Fahrt auf dem WC verstecken oder könnte ich trampen und mich unterwegs von gestohlenem Obst und Gemüse von den Feldern ernähren. Seltsame Gedanken, man muss dann immer aufpassen, das man nicht zu sehr in Selbstmitleid versinkt. Aber ehrlich, ich war ja auch schon öfters auf der Welt unterwegs und auch in Gegenden die nicht als sicher galten, aber ich konnte mir bis jetzt nicht vorstellen das mir so was ausgerechnet in Spanien mal passiert, ich hatte sozusagen meine jungfreulichkeit verloren. Das Leben erschien mir doch ziemlich ungerecht den während am Strand gepicknickt wurde, die Kinder Eis schleckten und nicht weit weg eine Imbissbude „ Taccos „ verkaufte , hatte ich seit dem trockenen Brot am Morgen nichts mehr gegessen, ich hatte Hunger.
Da meine Haut inzwischen die Farbe einer Tomate hatte, die Sonnencreme und meine Base-cap hatte ich vergessen, machte ich mich auf den Rückweg, an einem Nachmittag an dem mir auch das Meer meine gute Stimmung nicht wiedergeben konnte.

Fährt man durch Barcelona, sieht man, das auch hier das Schicksal so manchem ins Gesicht geschlagen hat., man sieht Bettler an Ampeln und wie, in inzwischen in jeder größeren Stadt, Menschen die in Eingängen von Wohnhäusern und Geschäften liegen. Wir haben uns daran gewöhnt, und mit der Zeit, sieht man es zwar noch, geht aber daran vorbei, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen. Es ist als wären diese Menschen unsichtbar geworden, vielleicht nicht für alle, aber doch für die meisten Menschen um sie herum.
Viele der Menschen in der Stadt, tragen ihre kleinen Rucksäcke nach vorn und mit einer Hand gesichert immer auf der Hut vor Dieben. Die Hauptstadt der Taschendiebe hatte ich in einem Reisebericht über Barcelona gelesen, was auch die viele Polizei in der Stadt erklärte. Verständlich das die katalanische Polizei nicht vor Eifer sprühte als ich meinen Fall zur Anzeige brachte, wenn man jeden Tag dutzende solcher Fälle hat wird es schwierig noch dafür zu begeistern.
Irgendwie beschäftigte mich der Überfall an diesem Abend besonders und ich wünschte den Dieben von der Pest bis zum Tripper alles an den Hals, mögen ihnen die Geschlechtsteile abfallen und ihre Augen blind werden.
Das hatte irgendwie geholfen, und ich konnte mich wieder beruhigen ging meinen Tätigkeiten nach, die auch hier getan werden mussten, Badehose über einen Baum hängen, im Park Notdurft verrichten und dabei aufpassen, auf die Hundescheiße die überall herumlag. Zähneputzen am Auto ( ich hatte keine Lust nochmal zum Strand zu gehen ) Schlafsack raus holen und gute Nacht, noch nicht ganz, ich hab noch meinen Sohn angerufen und ihm die Situation geschildert, bin mit ihm übereingekommen das er mir Montags nach der Arbeit bei Western Union 300 Euro überweist. So beruhigt, konnte ich in dieser Nacht einigermaßen schlafen. ( trotz des Sonnenbrandes )

Das Konsulat öffnet um 8.30 Uhr ich nahm mit, die Anzeige von der Polizei, Zahnputzutensilien, Waschzeug da sich im Konsulat ein WC befinden musste, mein Handy mit Ladekabel, meine Base-Cap, die Wasserflasche und einen Kugelschreiber das alles packte ich in meine Sporttasche und machte mich auf den Weg, eine Stunde zu früh, aber ich wollte auf jeden Fall der erste sein. Obwohl noch reichlich Zeit war, warteten schon fünf Leute was für mich gar nicht so schlecht war, ich konnte mich endlich mal wieder in meiner Heimatsprache unterhalten, wie sich herausstellte war drei von ihnen das gleiche wie mir passiert, nur nicht auf der Autobahn sondern direkt in Barcelona. Trifft man Leute denen das selbe passiert ist, kommt einem das eigene Schicksal schon nicht mehr so schwer vor und man geht ein wenig erleichtert den Weg noch oben ins Konsulat. Man zieht eine Nummer für Notfälle und dann wartet man, und wartet, und wartet man kann die tolle Aussicht genießen oder, man geht sich Waschen, putzt seine Zähne und tut seinem Darm was gutes , das war mein erstes bestreben. Ich konnte dann auch endlich mein Handy vollständig aufladen und war erstmal ganz zufrieden .Nummer 06 ich war dran, ich erzählte der Dame am Schalter die Ereignisse und gab ihr den Bericht der katalanischen Polizei. Ob ich mich irgendwie ausweisen könne, nein sagte ich, meine Papiere sind doch gestohlen worden ich hab gar nichts mehr. Kollegin kommt dazu und liest die Anzeige, ja man könne mir einen Ersatzreisepass ausstellen der würde 21 Euro kosten plus 5 Euro für die Bilder. Ich war schon kurz davor durch die Decke zu gehen, bemühte mich aber einen gemäßigten Ton anzuschlagen, wie ich ihnen gerade gesagt habe und wie sie auch der Anzeige entnehmen können habe ich kein Geld mehr. Ja wo haben sie denn die letzten Tage zugebracht und was haben sie gegessen. Zunehmend fassungslos erklärte ich ihr das ich im Auto geschlafen habe und seit zwei Tagen praktisch nichts gegessen habe. Kollegin kommt wieder dazu, ausnahmsweise könne man mir eine Überweisung geben, ich könnte das Geld dann zu Hause überweisen. Hab dann Bilder gemacht und den Antrag ausgefüllt, inzwischen war das Konsulat recht voll. Wieder ne Nummer ziehen und wieder warten, dann die Frage wo mein letzter Reisepass ausgestellt worden ist, dunkel konnte ich mich erinnern das, das in einer kleinen Gemeinde im Schwäbischen gemacht worden war.
Diese Gemeinde muss die Ausstellung erst bestätigen solange müssen sie warten. So vergingen die Stunden inzwischen war es mir auch kein Trost mehr das immer mehr der ankommenden das gleiche Schicksal wie ich hatten. Nach und nach wurden die Leute abgefertigt auch jene die weit nach mir gekommen waren. Irgendwann hat sich die Gemeinde dann gemeldet und das vorläufige Ausweisdokument wurde fertiggestellt. Beim abholen, fragte ich die Dame noch ,ob man denn nicht ein wenig Geld bekommen könnte, sie wisse ja jetzt wie die Lage bei mir war. Auf keinen Fall gibt es Geld vom Konsulat. Sie müssen sich Geld überweisen lassen und drückte mir eine Beschreibung für die Überweisung per Western Union in die Hand. Ich wollte dann auch nichts mehr sagen, man kommt sich vor wie ein Bitsteller im Mittelalter der auf Gnade und Verderb seinem Lehnsherrn ausgeliefert ist.
Im Endeffekt froh, das ich wenigstens meinen vorläufigen Pass hatte verlies ich das Haus wo ich mehrere Stunden zugebracht hatte. Ich hatte immer gedacht so ein Konsulat wäre dafür da, Hilfe in Notfällen zu leisten ( das heißt für mich, nicht nur einen Pass auszustellen ) aber da kann man sehen wie naiv ich bis jetzt durch die Welt gelaufen bin. Ich wollte nichts geschenkt sondern hätte es natürlich zu Hause zurück bezahlt, desillusioniert und enttäuscht von einem Staat dem ich 40 Jahre lang meine Steuern immer pünktlich bezahlt habe, ging ich die Uferpromenade zurück.

In ein paar Stunden würde mein Sohn das Geld überweisen dann war meine Notlage vorbei, so bog ich um die Ecke auf den Parkplatz, vor dem kleinen Park, wo eigentlich mein Auto stand, ja eigentlich, denn dort wo ich mein Fahrzeug verlassen hatte, stand, statt meines weißen Opel Corsa ein dunkelgrüner Matzda mx 5, ein schöner Wagen, aber definitiv nicht meiner. Ich musste mich erstmal setzen, ein leichtes Gefühl von Panik kam auf. Man hatte mir mein Obdach genommen, das Fahrzeug das mir seit drei Tagen als Wohnung diente, in dem ich schlief, mein geschützter Ort in der fremden großen Stadt.
Es wollte mir nicht in den Sinn, das jemand einen alten Corsa stiehlt noch dazu einen der voll war mit der Scheiße von Seemöwen.
Ich saß einfach da unfähig einen Konstruktiven Gedanken zu fassen, ich muss ein trauriges Bild abgegeben haben, so traurig das mich ein junger Mann ansprach der mit einem kleinen Schäferhund unterwegs war, zuerst auf spanisch, als er merkte das ich nichts verstand, auf englisch, was den passiert sei ob er mir helfen könne. Ich wollte schon sagen verpiss dich, besann mich dann eines besseren und versuchte es ihm zu erklären, mit dem Konsulat, der ewigen Warterei und zum Schluss das mit dem Auto . Das erste was er sagte war „ i think you had a bad day „ du mich auch dachte ich, aber auch froh in dieser Situation nicht ganz allein zu sein .Ob ich denn das Schild nicht gesehen hätte, was
für ein Schild ? er zeigte auf ein Schild ganz am Anfang des Parkplatzes. Man darf hier am Wochenende und in der Nacht, umsonst parken sonst braucht man ein Ticket. Na prima, mir war das Schild, in drei Tagen nicht aufgefallen und davon abgesehen hatte ich eh kein Geld für ein Ticket, also abgeschleppt, in einer Mischung aus Wut und Erleichterung, sah ich erst jetzt den Aufkleber den die Abschleppfirma auf dem Randstein angebracht hatte. Darauf Name und Adresse der Firma die mein Auto abgeschleppt hatte und mein Kennzeichen. Gut, weil das Auto war nicht gestohlen, schlecht weil das Auto irgendwo in Barcelona war, und es auszulösen würde Geld kosten. Der junge Mann sagte er heißt Brian und ist Lehrer für Englisch, überhaupt sei das doch alles gar nicht so dramatisch nur teuer würde es werden, man hätte ihn auch schon zweimal abgeschleppt. Er nahm mein Handy, hat den Namen der Firma eingegeben und auch gleich die Adresse gefunden, 225 Euro würde es kosten und der Laden war 24 Stunden geöffnet. Ich war schon nicht mehr ganz so niedergeschlagen, Brian verabschiedete sich und wünschte mir noch „ good luck „.

Ich hatte mir ausgerechnet das 300 Euro für Benzin und Mautgebühren reichen sollten, diese Rechnung hatte sich grade in Luft aufgelöst, jetzt mussten es mindestens 500 Euro sein. Ich musste meinen Sohn anrufen. Das Western Union Büro lag in der Innenstadt, ungefähr in der Mitte von Las Ramblas der Promenade die den alten Hafen mit dem „ Placa de Catalunya „ verbindet. Ein ziemlich weiter Weg vom „ Poble Nou „ Park wo ich momentan noch auf dem Randstein saß. Mein Sohn arbeitet bis um 17.00 Uhr bis er dann bei Western Union ist wird es sicher 18.00 Uhr, ich schrieb ihm eine Nachricht über Whats-App und hoffte er würde sie auch lesen. Kreuz und quer durch Barcelona, mit Hilfe von Google-Maps und doch das ein oder andere mal verlaufen, und Passanten nach dem richtigen Weg gefragt.
Dann endlich „ Las Ramblas „ die Flaniermeile Barcelonas Heimat von Geschäften jedweder Art, Laufsteg der Schönen und Reichen und in den Torbögen liegend, für kurze Zeit, Heimat für die, die das Glück vergessen hat. Es war 17.15 Uhr noch genug Zeit, ich füllte meine Plastikwasserflasche an einem der Brunnen, immer mit einer Hand krampfhaft die Sporttasche haltend in der alles war, was ich besaß. Ich nahm keine große Notiz vom bunten Treiben um mich herum, wollte nur noch das Geld, mein Auto und nach Hause. 17.50 Uhr mein Sohn meldet sich er ist da und geht jetzt rein er hat die 500 Euro dabei. Ich lehnte an der Schaufensterscheibe des Western Union Büros und konnte mir ein lächeln nicht verkneifen, in wenigen Minuten würde alles wieder gut sein.
15 Minuten vergingen, 20 Minuten vergingen ich hielt es nicht mehr aus, ging rein und fragte nach meiner Barüberweisung aus Deutschland, das könne sie mir nicht sagen ,sie bräuchte die Überweisungsnummer aus Deutschland meinte die Dame hinter dem Schalter.

Als nach einer halben Stunde immer noch keine Nummer bei mir eingetroffen war, schwante mir schon nichts gutes. Das Handy spielte Hotel California von den Eagles, mein Sohn war dran und teilte mir mit, das er nichts überweisen kann, weil sein Ausweis abgelaufen ist. Erst konnte ich es gar nicht glauben, dann wollte ich ihn anschreien, aber es kam kein Ton heraus, ich legte einfach auf. Manchmal, schmeißt das Schicksal mit Steinen nach dir, manchmal sind diese Steine klein, man kann gut ausweichen und wenn sie dich trotzdem treffen passiert nicht viel, aber manchmal sind es große Brocken denen du nicht ausweichen kannst, wenn du viel Glück hast verletzen sie dich nur, aber wenn du Pech hast, wirst du darunter begraben. Ich fühlte mich, wie wenn mich so ein Brocken, mitten ins Gesicht getroffen hätte. Die ganze Zuversicht, die ganze Hoffnung mit einem Schlag weg, Wieder musste ich mich setzen, diesmal auf die Fensterbank vor dem Schaufenster bei Western Union. Nach einer Weile in Schockstarre suchte ich nach einer Lösung, In Spanien schließen die Money Transfer – Büros um 21.00 Uhr in Deutschland aber um 18.30 Uhr, es war zu spät um an diesem Tag noch was zu machen.
Dann doch nochmal meinen Sohn angerufen ( er konnte ja nicht wirklich was dafür ) und mit ihm beratschlagt was zu tun das beste wäre, die nächstbeste Lösung, die uns einfiel, war, das der Freund meiner Tochter am nächsten Tag das Geld überweisen könnte ( ich hoffte er hatte einen gültigen Ausweis ) . Also meine Tochter kontaktiert und mit ihr alles abgeklärt ( und mein Leid geklagt ) kein Problem, er macht das, aber halt erst morgen nach Feierabend.

Für mich hieß das, eine Nacht ohne Dach über dem Kopf und ein weiterer Tag ohne was zu Essen.

Wieder hatte ich viel Zeit die ich irgendwie füllen musste, es gibt so viel zu sehen in Barcelona, so ging ich die Fußgängerzone hinauf Richtung „ Placa de Catalunya „ vorbei an zahllosen Geschäften, Restaurants und Buden die von allerlei touristischen Nippes, über Zeitungen bis zu Zigaretten alles mögliche verkauften. Diese Straße, die alles hatte, was mich mal begeistern konnte, war zu meinem „ Boulevard of broken Dreams „ geworden. Wie gern hätte ich jetzt eine geraucht, oder zwei. Ich fasste mir auf den Kopf, weil ich es für möglich hielt, das mir durch den Schreck, mein Haupthaar ausgefallen war. Das hätte noch gefehlt, man hätte mich auf meinem Ersatzreisepass nicht mehr erkannt, er wäre quasi wertlos gewesen. Es war noch da, aber ich hatte die starke Befürchtung das der Farbverlust ,den es vorher schon gab, sich extrem beschleunigt hatte. Ich würde Friedhofsblond nach Deutschland zurückkehren. Das laufen tat mir gut, der Ärger wurde weniger ( was an meinen Problemen wenig änderte ), durch das schmiedeeiserne Tor betrat ich die Markthalle die erbaut 1840, den größten Markt in der Stadt beherbergt, hier gibt es alles von Obst, Fleisch, Süßigkeiten bis fangfrischem Fisch, da es schon Abend war, waren viele Geschäfte schon geschlossen, aber der Duft von all den Leckereien lag noch überall in der Luft. Ich hatte seit fast zwei Tagen nichts mehr gegessen und der Anblick, und vor allem der Duft, erinnerten mich mit Macht daran, der Hunger war zurück.
Ich war versucht zuzugreifen und meine Beine in die Hand zu nehmen, aber bei meinem Glück, hätte mich sicher einer der vielen Polzisten, die in der Stadt unterwegs waren, schnell eingefangen.
Man liest in so einigen Büchern über Menschen, die ein Verbrechen begehen, um endlich, eine warme Mahlzeit ein Bett, oder im Winter ein beheiztes Zuhause zu bekommen. Ich hatte das bis jetzt in das Reich der Märchen verwiesen, aber wie die Lage bei mir war, konnte ich mir das inzwischen durchaus vorstellen. Nun, ich hatte ja die Aussicht, das sich dann morgen, doch noch alles zum guten wendet und ich wollte mich auch nicht, auf die gleiche Stufe stellen , mit denjenigen die meine Misere verursacht hatten.

Ich verlies den Tempel des Essens und ging hinaus, wurde wieder Teil des Gewusels der Straße, der folgte ich bis zum „ Placa de Catalunya „ wo ich mich auf einer der Stufen setzte und erst die Skulpturen und dann das geschehen um mich herum bestaunte. Auch hier, ringsum Geschäfte, Hard- Rock Cafe, Nike und Apple Stores und jede Menge Menschen, die dem Gott des Konsums opferten. Ich hatte nichts zu opfern und vielleicht deshalb fühlte ich mich irgendwie fehl am Platz und ausgeschlossen. Nitsche, hat mal gesagt, das Sein bestimmt das Bewusstsein, da ist was wahres dran. Noch vor einer Woche war ich einer von ihnen, das Leben lief in mehr oder weniger geordneten Bahnen, jetzt war mein vorangiges Bestreben einen Schlafplatz für die Nacht zu finden. Die Gedanken begannen wieder ins schwere abzugleiten, Zeit sich zu bewegen, westwärts Richtung alter Hafen und Meer.

Langsam kam die Nacht und es wurde kühl. Nur noch wenige Menschen waren am Strand und ich sah auch schon die ersten, die sich Kartons nebeneinander legten um die Nacht darauf zu verbringen. Nicht nur ich hatte das Problem einen Schlafplatz zu finden. Plan hatte ich keinen, ich lief einfach am Strand entlang, wenn mir das laufen zu viel wurde setzte ich mich eine Weile, dann stand ich auf und lief weiter. Das ging eine ganze Weile so, dann wurde der Wind stärker, und mir wurde verdammt kalt. Hinter dem Jachthafen kommen Verschiedene Gebäude in einem ist das Spielcasino von Barcelona untergebracht, es erschien mir irgendwie passend, ich suchte mir eine windgeschützte Stelle und lehnte mich an die Wand. Man konnte das Meer hören,, gar kein so schlechter Platz dachte ich, an Schlaf war erstmal nicht zu denken, aber irgendwie würde ich die Nacht schon überstehen.
An einem Mülleimer gleich nebenan, suchten zwei Raben nach etwas verwertbarem, mit ihren Schnäbeln zogen sie alles heraus, was sich im oberen Bereich greifen lies. Raben, sind doch kluge Tiere, vielleicht könnte ich einen fangen und im etwas beibringen. Man hatte schon gehört, das sie recht sprachbegabt waren, ich dachte an Gedichte von Goethe oder an einen Auszug von Shakespear s, Hamlet. „ Sein oder nicht Sein, das ist hier die Frage „. Wir könnten zusammen auf Tournee gehen, wurden berühmt, spielten überall in Hamburg, Berlin und im Caesars Palace in Las Vegas. Wenn wir dieses Lebens überdrüssig waren, kaufte ich ein Haus in der Toskana. Wo wir zusammen alt werden konnten, Starb er dann, sollte auf seinem Grabstein stehen, Hier ruht der sprachbegabte Rabe „ WUNSCHLOS „ der in Barcelona einen Menschen vor dem Hungertod gerettet hat.
Ich war selbst erstaunt, was einem so in Sinn kommen kann, wenn man seinem Körper längere Zeit, die Sachen verweigerte, die er einfach brauchte. Ich verwarf die Idee dann doch wieder denn, um so viel Text zu lernen, bräuchte der Rabe doch längere Zeit, bis er das erlernte fehlerfrei vortragen konnte, war ich dann doch verhungert.

Die Raben hatten sich satt gefressen und flogen davon ohne sich zu verabschieden.

Mein Magen meldete wieder Bedarf an Kalorien an, aber ich versuchte ihn zu ignorieren, manche Leute gehen ins Kloster um zu fasten und sich zu entgiften, und so kam mir der Gedanke, daß es für meinen Körper ganz gut sein könnte eine Weile auf Nahrung zu verzichten. Alles eine Frage der Sichtweise und des Willens.

Was für ein beschissener Tag.

Ich wachte auf, halb auf meiner Sporttasche liegend und halb im Dreck, und so sah ich auch aus. Mir war kalt und ich fühlte mich wie frisch ausgekotzt. Eine Nacht unter den Sternen hatte ich mir immer ganz anders vorgestellt. Ich wollte aufstehen, kam aber nicht hoch, noch nie hatte ich auf blankem Boden geschlafen und so spürte ich jeden einzelnen Knochen in meinem doch schon etwas in die Jahre gekommenen Körper. Fröstelnd saß ich eine Weile da, unfähig etwas zu machen, dann kam der Tag und brachte die Sonne mit, es wurde wärmer. Gleich einem Reptil, musste ich mich erst etwas aufwärmen, bevor ich mich richtig bewegen konnte.
Ich machte mich auf, zu einem der Trinkbrunnen ( Hoch lebe, der Erfinder des Trinkbrunnens ) . Fünf Minuten Morgenhygiene die mein Aussehen nicht wirklich zum besseren wenden konnten.
Wieder hatte ich den ganzen Tag vor mir und ich musste mir etwas einfallen lassen um die Zeit totzuschlagen. Gestern war mir schon ein Gedanke gekommen, ich hatte ihn gleich wieder aus meinem Kopf verbannt, weil ich gestern noch dachte, so tief willst du doch nicht sinken, wenn du das machst, was kommt dann noch? Da gibt es dann nicht mehr viel, legales zumindest, wobei, an das ich dachte, war vielleicht auch schon nicht mehr ganz legal. Es ist ja so, wenn der Mensch, Hunger hat, will er was Essen, und irgendwann, scheren ihn, die ganzen Konventionen die er im normalen Leben befolgt, nur noch einen Dreck. Wie schon Berthold Brecht wusste, erst kommt das Fressen und dann die Moral. Außerdem kannte ich hier niemand und die Chance das einer meiner Bekannten mich so sehen würde, erschien mir doch recht gering. Ich machte mich auf zum alten Hafen, dort wollte ich es ausprobieren, wo es zu den Kreuzfahrtschiffen geht, wo die Boote liegen, die Touristen für Hafenrundfahrten einsammeln. Wo die Menschen waren, die meiner Meinung nach genug Geld hatten um ein wenig abzugeben.
Auf ein großes Stück Karton, das ich neben einem Restaurant gefunden hatte, schrieb ich in englisch “ Im far away from home my Money and my Dokuments were stolen please give me a donation from my way home „.
In Sichtweite von Kolumbus suchte ich mir einen Platz und setzte mich, den Karton und meine Base-Cap hatte ich vor mich gelegt. Gern hätte ich mich verkleidet, als römischer Gladiator oder als irgendwas, aber da ich die Möglichkeit nicht hatte, musste es eben so gehen und irgendwie empfand ich mein Aussehen auch schon als eine Art Verkleidung.
Vier Tage nicht rasiert, die Haut sonnen verbrannt, die Haare in alle Richtungen abstehend und meine Kleidung, vor allem meine Hose, dreckverkrustet von der Nacht zuvor. Ich war zu einem Wesen der Straße geworden zu einem Schatten meiner selbst, in nur vier Tagen.

Betteln ist gar nicht so einfach, rein technisch natürlich schon, man sitzt ja nur da, aber die Schranke im Kopf zu überwinden, und sich den Blicken der Leute auszusetzen, erfordert ein gewisses Mas an Leidensfähigkeit .

Ich saß da, und versuchte mein Gehirn mit anderen Dingen zu beschäftigen, so das ich zwar körperlich anwesend war, aber mein Geist sich frei machen konnte, versuchte zu flüchten in eine andere Welt, in der Geld eine nicht ganz so große Rolle spielte. Es klappte nicht wirklich, dafür musste ich an einen ehemaligen Lehrer denken, der mir, während einer Reha-Maßnahme gesagt hatte: wahre Freiheit gibt es nur wenn man keinen Besitz hat, denn, wenn man nichts hat, hat man keine Angst mehr was zu verlieren. Heute halte ich diesen Satz für völligen Blödsinn. Eine Annahme von einem Mann, der selber noch nie wirklich Hunger hatte, an der Uni theoretisch schon mal was von Armut gehört hat, sie selber aber noch nie erfahren musste. Hier und heute hätte ich ihm sagen können, das es so gar nichts romantisches hat, irgendwo zu sitzen und sich abhängig davon zu machen, was die Leute die vorbeigehen bereit sind zu geben oder auch nicht. Ich glaube jeder der in dieser Stadt nichts hat, würde liebend gern mit ihm tauschen.
Ein Hund stupste mich an, und brachte mich zurück ins hier und jetzt, besser gesagt auf den Boden, Barcelonas, es war ein Golden Retriever, ein schönes Tier, die Schnürsenkel meiner Schuhe hatten es ihm angetan, er wollte gar nicht mehr von ihnen lassen. Auch meine Hose hatte wohl einen Geruch angenommen, den er sehr anziehend fand. Sein Frauchen,( eine Frau die mich in anderen Zeiten durchaus in entzücken versetzen konnte, denn ihr Haar war lang und schwarz, die Proportionen gut verteilt und ihr schwarzes Kostüm endete kurz über den Knien. Die Blüte ihrer Jahre war schon vergangen und doch fand ich sie, auf den ersten Blick äußerst attraktiv. Allerdings, nur für kurze Zeit, dann erschien mir diese andere Zeit, unglaublich weit weg. Mir wurde wieder bewusst, wo ich gerade war, und was ich tat, das hatte dann unmittelbare Auswirkungen auf meinen Paarungstrieb.) hatte reichlich mühe ihn von mir fernzuhalten. Sie sagte mehrmals etwas auf spanisch zu ihm, was ihn nicht sonderlich interessierte, er schleckte einfach weiter an meiner Hose. Ihr Tonfall wurde lauter, und ich glaube sie hatte Angst, sie müsse mir die Hose ersetzen, die unten herum schon das aussehen eines nassen Lappens angenommen hatte. Sie warf ein paar Münzen in meine Base-Cap packte den Hund am Fell hinter den Ohren, und zog ihn weg Richtung Wasser.

Die Leute kamen in Gruppen von den Kreuzfahrtschiffen, die meisten machten Fotos vom Hafen und machten sich dann auf, Richtung Innenstadt. Aus der anderen Richtung wiederum kamen andere die ans Meer wollten, Menschen die ihrem Tagewerk nachgingen wie jeden Tag.

Viele gingen achtlos vorbei, der Mehrheit, sah man schon am Gesichtsausdruck an, was sie von meiner Aktion hielten, manche denke ich hatten wirklich Mitgefühl und von den manchen kam das Geld in meiner Base-Cap.
Meine Füße waren eingeschlafen und mein Kreuz sehnte sich nach einer anderen Position, ich stand auf, da sah ich ein Stück weiter oben, einen Mann mit gelber Weste der sich mit zwei Polzisten unterhielt, und immer wieder in meine Richtung zeigte. Du blöde Sau dachte ich, ich mach das doch nicht aus Spaß oder weil ich die Aussicht hier so schön finde. Auch wenn ich mich im Recht sah, ich hatte keine Lust mich mit der „ Guardia Civil „ anzulegen, nahm meine Habseligkeiten und ging ein paar Meter weiter, dort entsorgte ich den Karton in einem Mülleimer. Ich schaute nach oben ,der Mann in der gelben Weste unterhielt sich immer noch mit den Polizisten, einen großen Bogen machend und ziemlich zügig machte ich mich in entgegengesetzter Richtung davon ,nicht ohne mich zwei oder dreimal umzudrehen. Ich fühlte mich schuldig ohne das ich ein Verbrechen begangen hatte, hatte ein schlechtes Gewissen ganz ohne Grund. Ziellos lief ich weiter, 15 oder 20 Minuten lang bis ich sicher war, das mir niemand hinterher kam, dann erst setzte ich mich auf eine Sitzbank, und zählte das Geld.

Es waren 3.34 Euro, mit so viel hatte ich gar nicht gerechnet, langsam kam die Freude, und mit ihr auch fast ein paar Tränen, denn nach so viel Pech in letzter Zeit, hatte ich endlich mal Glück. Einen Supermarkt zu finden war nicht schwer, ich kaufte eine Dose Cola, ein kleines Brot und abgepackte Salami. Was soll ich sagen, das Brot war bestimmt schon einen Tag alt und beim öffnen, tropfte mir Fett von der Salami auf die Finger, nichts für Feinschmecker und auch nichts für die Liebhaber von gesundem Essen aber für mich, an diesem Tag, einfach bitternötig. Ich musste mich zwingen, langsam zu essen, denn um nichts in der Welt, wollte ich das Essen auf dem Supermarktparkplatz gleich wieder auskotzen. Die Cola als Nachtisch, für den Zuckerhaushalt und weil mir das Wasser bald zu den Ohren rauskam.

Der Bauch war voll, und es ging mir gut. Mein Körper hatte entschieden die Nahrung zu behalten. Wie wenig es doch braucht, damit ein Mensch sich besser fühlt.

Ich hatte noch reichlich Zeit, und nun da der Magen nicht mehr knurrte, konnte ich auch wieder mit anderen Augen durch die Stadt gehen, konnte auch das schöne, was es ja in Barcelona zu hauf gibt, wieder sehen. Wenn man was über Barcelona liest, so geht es ganz oft um die Sagrada Familia, jene Kirche die der Katalanische Architekt Antonio Gaudi im Jahr 1883 entworfen hat, an der er bis zu seinem Tod 1926 gearbeitet hat, wo aber bis heute gebaut wird. Ein Datum für die Fertigstellung gibt es noch nicht, es werden wohl noch Jahre ins Land gehen. Nach Entwürfen von Gaudi wurden auch mehrere Häuser und ein Park in Barcelona gebaut.

Ich habe mich für die Kirche entschieden, die liegt im „ Carrer de Mallorca „ was von meinem jetzigen Standpunkt nicht zu weit weg war.

Hinter mir wurde es recht laut „ follow me , remain together „ eine Gruppe Amerikaner ging schnellen Schrittes an mir vorbei ,alle im Partnerlook , blaue T-shirts mit der Aufschrift University of Kansas, weiße Shorts und weiße Sneakers. Vorneweg der Guide mit einem Schild, auf dem mit großen Buchstaben Sagrada Familia stand. Ich bin ihnen dann einfach gefolgt, natürlich in gebührendem Abstand denn optisch gesehen passte ich so gar nicht zu ihnen. Mein Gemütszustand hatte sich zwar wesentlich gebessert, aber was Kleidung und Aussehen ( vermutlich auch den Geruch ) betraf, das hatte sich seit dem Morgen am Hafen nicht verändert. 15 oder auch 20 Minuten, und ich stand vor dem großen Platz an der Kirche. Da war sie also und zeichnete sich mit ihren Türmen aus Stein und Beton vom blauen, wolkenlosen Himmel ab, ein imposantes Bild. Natürlich war die Hölle los, es war ja auch nicht anders zu erwarten. Straßenmusikanten, Menschen auf Fahrrädern und Menschen auf E-Rollern, Menschen zu Fuß, in Gruppen oder allein. Junge, alte, große und kleine und alle wollten Gaudis Wunderwerk sehen. Vor den Eingängen hatten sich lange Schlangen gebildet, ich setzte mich auf eine der Betonstufen und schaute dem treiben zu.

Ich hatte schon viele Kirchen gesehen, auch große Kathedralen wie Amiens oder Notre Dame in Paris, beeindruckende Bauwerke klar strukturiert und jede auf ihre Art schön, die Sagrada war anders, hatte so gar nichts von der strenge der Gotik und auch die Kirchen der Romanik ( wie der Kölner Dom ) wo die Grundrisse meist einfachen geometrischen Formen folgten, fanden sich, in der Fassade nicht wieder. Mit ihren vielen Türmchen, Erkern großen und kleinen Fenstern, Säulen und Rundbögen wirkte sie fast überladen, das Auge musste sich erst daran gewöhnen um dann irgendwann jede Einzelheit erkennen zu können. Über dem Eingang, allerlei Statuen aus den Geschichten der Bibel
umrankt von Bäumen und Pflanzen. Ich glaube man kann das alles Stundenlang bestaunen und hat dann doch erst die Hälfte gesehen. Kein Wunder, das ein Architektenleben nicht ausgereicht hat um sie fertig zu bauen. Dauert es noch lange, kann man die Baukräne für die Renovierung stehen lassen. Gaudi hat wirklich etwas außergewöhnliches erschaffen, mich hat es irgendwie an Hundertwasser und an die Figuren von Niki de Saint Phalle erinnert.
Wenn man die Kirche von weitem sieht, ein wenig Fantasie hat und den Hintergrund nicht kennt, kann man sie auch für ein Schloss aus einem Märchen halten. Vielleicht ist es gerade das, was so viele Menschen hierher kommen lässt dieses leichte, verspielte und unbeschwerte das man so gar nicht mit Kirchen in Verbindung bringt.
Von innen ansehen konnte und wollte ich sie nicht, erstens ich hatte kein Geld und zweitens, seit dem Tod meiner Mutter, hatte ich keine Kirche mehr von innen gesehen, Kirche und Religion konnten mir schon lange keine befriedigenden Antworten mehr geben. Dieses Versprechen auf ein schönes Leben nach dem Tod, reichte mir einfach nicht, als junger Mann führte ich ein Gespräch mit dem Gemeindepfarrer, und obwohl er Theologie studiert hatte, war auf so ziemlich alles, was ich ihn fragte, die Antwort, die Wege des Herrn sind unergründlich. Am Ende verließ er beleidigt das Haus, verärgert darüber, das jemand die Kirche so in Frage stellen konnte.
Ich habe viel Respekt für Menschen die für die Kirche arbeiten, und versuchen den Menschen im Dieseits zu helfen, aber für mich liegen zu viele Schatten auf der Kirchenhistorie, und nicht nur was das Mittelalter betrifft, sondern gerade in der jüngsten Vergangenheit, wo ein Missbrauchsskandal den anderen ablöst.

Heute denke ich jeder mag Trost finden, wo er will, geht es ihm besser, wenn er einen Baum umarmt, so möge er das tun und ein jeder mag glauben was er will. Geht es dem Menschen gut dabei und vielleicht auch noch seiner Umgebung, so ist es doch das beste was erreicht werden kann.

Mich faszinieren Kirchen und Klöster immer noch, aber es ist das architektonische, die Bewunderung für die Steinmetze die aus den wenigen technischen Möglichkeiten so viel gemacht haben. Zu dem was im inneren praktiziert und gelehrt wird, habe ich inzwischen ein mehr als ambivalentes Verhältnis.

Was, würde sein, wenn die Geldüberweisung um 16.00 Uhr wieder nicht klappte, Möglichkeiten, hatte ich nicht viele, wieder betteln, was die Frage aufwarf, warum mich das so viel Überwindung gekostet hatte. Vielleicht, ist es leichter wenn man selber was tut. Mit einem Lächeln im Gesicht, dachte ich an die Straßenmalerin in Avignon. Musik machen, Kunststücke vorführen, Gedichte rezitieren. In New York, am Times Squere hatte ich mal gesehen, wie leicht bekleidete Frauen, Fotos mit Touristen machten, pro Foto einen Dollar, auf der Brust die amerikanische Fahne und auf den Pobacken I Love New York. Wenn man jung und knackig ist , ist das sicher eine Option, ich glaube nicht das mir jemand Geld, für ein Foto meines Arsches gibt, egal was ich drauf schreibe. Leider ist auch das Talent zu malen und zu musizieren grundlos an mir vorbei gegangen, und so wurden sie immer weniger, die Möglichkeiten. Was blieb dann noch, meinen malträtierten Körper der Wissenschaft übereignen, diese Möglichkeit zog ich als letzte in Betracht weil ich nicht wusste ob es dafür überhaupt Geld gibt, und weil in meinem Alter das Angebot die Nachfrage wahrscheinlich übersteigt.

Ein wenig Selbstironie, ist nie verkehrt, im Grunde war es ein Zeichen das es mir mental besser ging , das ich , seit ich gegessen hatte, wieder ein Optimist geworden war.

Ich ging einmal rundum, bestaunte die Sagrada Familia von allen Seiten, wünschte ihr alles gute und eine baldige Fertigstellung, am Ende des Platzes drehte ich mich nochmal um, ( sie war schon eine Schönheit ) überquerte die Straße, und wurde aufgesogen von der Masse an Menschen die durch Barcelona eilten. Mein Ziel war, das Western Union Büro auf der „ Ramblas „.
Wieder hindurch durch das ganze Kaleidoskop der Gesellschaft, wo Hoffnung und Verzweiflung so nah bei einander liegen, wo Reichtum und Armut sich direkt begegnen, all das kann man, wenn man will, auf der „ Ramblas „ sehen. Wobei, für die meisten, wird es dann doch nur eine Straße mit tollen Geschäften sein, wo man Selfies macht um seinen lieben zu Hause zu zeigen, das man in Barcelona war.
Ich hatte mein Ziel erreicht, es war 15.30 Uhr und ich wurde etwas nervös, würde doch die nächste Stunde darüber entscheiden, wie meine nähere Zukunft aussieht. Kurz noch mit meiner Tochter telefoniert und mich vergewissert das soweit alles klar war, und ob Michael ( der Freund meiner Tochter ) auch seinen Ausweis mitgenommen hatte. Soweit war alles klar, ich konnte nur noch warten.

Eigentlich bin ich ein geduldiger Mensch, aber, die Zeit zog sich in einer endlosen Schleife, und ich fiel von einem Extrem ins andere, einmal voller Hoffnung und dann wieder zu Tode betrübt. Ich überquerte die Straße, einmal, zweimal, dreimal ich konnte einfach nicht stillstehen, fast wäre ich mit einem E- Roller kollidiert. Und vor meinem inneren Auge, sah ich schon die Schlagzeile in einer großen deutschen Boulevard-Zeitung: verwirrter deutscher Urlauber in Barcelona von E- Roller überfahren.
„ On a dark dessert highway, cool wind in my hair „ mein Handy meldete sich mit Hotel California. Alles war gut. Er hatte das Geld überwiesen, muss mir nur noch die Nummer zuschicken. Dann könnte ich das Geld in 20 Minuten abheben. Ich hätte ihn küssen können, tonnen von Steinen fielen von meiner Brust auf den Boden, ich war einfach unglaublich erleichtert. Die gleiche Dame am Schalter, wie am Tag davor, ich zeigte die Nummer und legte meinen Ersatzreisepass vor. Sie schaute ungläubig auf das Passbild, dann zu mir, dann nochmal auf auf das Passbild und ich dachte so bei mir, schöner geworden bin ich sicher nicht seit dem Tag der Ausstellung im Konsulat. Wie auch immer, es ging dann alles seinen Weg, und sie hat mir die 500 Euro ausgezahlt.

Ich war wieder in Spiel, im ersten Hochgefühl, war das erste was ich kaufte, Zigaretten. Nach der ersten, war mir ein bischen schwindelig, eigentlich waren die letzten Tage die perfekte Zeit gewesen um aufzuhören. Aber, ich war schwach, übergab mich wieder der Sucht und rauchte gleich noch eine. Hunger hatte ich auch schon wieder, deshalb machte ich mich auf ins nächste Restaurant, wo ich Paella und ein Bier bestellte. Das Essen war köstlich und für kurze Zeit fühlte ich mich wie ein König, allerding nur für kurze Zeit, den als die Rechnung kam, war die auch königlich und mir viel ein, das ich fast die Hälfte von dem Geld, das ich noch hatte, brauchte um mein Auto auszulösen.
Das Parkhaus, in das man den Corsa geschleppt hatte, befand sich im Osten von Barcelona, laut „Google-maps „ circa eine Stunde zu Fuß. Kurz hatte ich an ein Taxi gedacht aber nachdem das Essen so teuer war, wollte ich nicht noch mehr Geld unnötig ausgeben. Kein Geld ausgeben, heißt dann zwangsläufig zu laufen. Ich entschied mich für die Strecke am Meer entlang, die ich inzwischen ja ganz gut kannte, Kolumbusdenkmal, Jachthafen, olympisches Dorf , mehrmals war ich schon daran vorbei gelaufen, wenn auch unter anderen Vorzeichen, dann das Spielcasino, das deutsche Konsulat ( von dem ich hoffte, das ich es nie wieder aufsuchen musste ) ein Stück direkt am Strand, und dann der Mcdonald, wo ich versucht hatte mich zu waschen, ich mich aber wegen der vielen Leute nicht getraut habe. Hier bog ich wieder Richtung Innenstadt ab, noch einen Kilometer auf der „ Carrer d Avila „ und die Adresse war erreicht. Ich war da, konnte aber kein Parkhaus sehen, ging einmal um den ganzen Häuserblock, nichts. Hatte ich mich vertan, war das womöglich gar nicht die richtige Adresse. Da ich den Aufkleber, des Abschleppdienstes fotografiert hatte, schaute ich auch da nochmal nach. Es stimmte alles.

Mir kamen die ersten Zweifel, war das alles ein Scherz, oder hatte ich mir alles nur eingebildet, stand das Auto womöglich die ganze Zeit auf seinem Parkplatz und wartete auf mich. Nun in diesem Fall, wäre es an der Zeit gewesen in Barcelona einen Psychater aufzusuchen.

Ich kratzte mich am Hinterkopf, was konnte ich tun, fragen ist immer eine gute Idee. Unter einer Kastanie saßen zwei Damen gehobenen Alters auf einer Sitzbank, da ich schon dachte, das es mit der Verständigung Probleme geben könnte zeigte ich ihnen gleich das Foto, und sagte, „ estoy buscando mi coche „, ich hoffte stark, das der Übersetzter in meinem Handy richtig funktionierte, nicht das ich mich noch wegen Beleidigung verantworten musste. Sie sprachen untereinander, die eine zeigte mal in die, und mal in die andere Richtung die andere zeigte auf den Boden. Das bedeutete wohl, ich soll zur Hölle fahren. Das ganze schien mir dann doch wenig Erfolg versprechend zu sein, ich bedankte mich und ging.
Ein Stück weiter war eine S-Bahn Haltestelle, dort wartete ein junger Mann, ich sprach ihn an und zeigte das Foto, er begann sogleich zu erzählen, die Worte sprudelten nur so heraus, Wort um Wort, Satz um Satz, allein, ich verstand gar nichts. Ich traute mich fast nicht ihn zu unterbrechen, aber als er kurz Luft holte, sagte ich „ no habla espaniol „. Kurze Pause, dann a“ ingles „ und weiter ging es auf englisch. Er hat mir ganz viel erzählt, unter anderem auch, das er selbst nur mit dem Zug unterwegs ist, für mich von Bedeutung war nur, Straße überqueren, gerade aus an der nächsten Ampel links und wieder links.
Ich tat wie der Mann mir beschrieben hatte, und stand, dort wo ich vorher auch gestanden hatte, als ich beim ersten mal nach dem Parkhaus gesucht hatte. Erstmal eine rauchen, Leute gingen an mir vorbei, zielstrebig zu einem Würfel aus Glas der sich mitten auf einer freien Fläche, in beachtlicher Größe aus dem Boden erhob. Er war mir schon aufgefallen, aber ich dachte vielleicht eine Galerie oder irgend ein Geschäft, das rundum verglast ist.
Eine ganze Weile stand ich da, viele gingen rein, niemand kam heraus, von der Neugier getrieben lief ich hin. Und fand, eine große rote Mettalltür und daneben ein Schild mit dem Wappen des Stadt Barcelona und einer Beschreibung die mindestens viermal das Wort “ Coche „ enthielt. Das war es also, natürlich konnte ein Parkhaus auch unter der Erde liegen, es gibt ja bei uns auch jede Menge Tiefgaragen. Mir war das gar nicht in den Sinn gekommen, denn dieses war perfekt getarnt, warum auch immer. Es ging erstmal zwei Stockwerke in die Tiefe, dann in der Schlange anstehen ( es wurde wohl viel abgeschleppt in Barcelona ) am Schalter angekommen, Papiere vorlegen und bezahlen. 226 Euro und 35 Cent. Mein Auto war auf Deck P 5, das war nochmal drei Etagen tiefer, so machte ich mich auf den Weg tiefer in den Untergrund, vorbei an Fahrzeugen jeden Alters und jeder Farbe. Manche neu und glänzend andere waren quasi schon tot und hatten nur noch den letzten Gang zur Schrottpresse vor sich. Unter einer dicken Staubschicht gefangen, jene, die schon länger hier waren, darauf warteten von ihren Besitzern ausgelöst zu werden, denen vielleicht aber das Geld fehlte um sie aus ihrem dunklen Verlies zu befreien. Die Dimensionen waren unglaublich, ursprünglich könnte es ein Bunker gewesen sein, gebaut während des kalten Krieges, um die Menschen zu beschützen vor einem Krieg, der zum Glück nicht gekommen ist. Heute war es schlicht, ein Parkhaus in das Autos aus ganz Barcelona geschleppt wurden und mit dem die Stadt, wie es schien jede Menge Geld verdiente.
Ich fand den Corsa, in der letzten Reihe, und musste lächeln, immer noch voll Möwenscheiße aber inzwischen auch noch voll von feinem braunem Staub, als hätte er Wochen hier zugebracht .Dabei war er erst einen Tag hier. Ich war froh in wieder zu haben, war er doch das Fahrzeug das mich zurück nach Deutschland bringen sollte. Ich parkte aus und säuberte erstmal die Scheiben rundum, dann fuhr ich in eine Art Schleuse wo das vordere Tor erst aufgeht, wenn das hintere schon geschlossen ist, fünf Etagen nach oben und der Tag hatte mich wieder.

Da ich mich dringend umziehen musste und der „ Poble Nue „ Park nicht weit weg war, hielt ich es für keine schlechte Idee nochmal da vorbei zu schauen. Ich parkte nahe meinem alten Parkplatz und zog auch gleich ein Parkticket ( einmal abschleppen reicht ). Kleider machen Leute, ich hatte mich komplett umgezogen und fühlte mich, naja nicht gerade wie ein neuer Mensch aber doch besser, eine Haarbürste fand sich auch, mit der konnte ich mein wildes Haupthaar etwas bändigen. Jetzt sah man mir nicht mehr gleich an, das ich die letzte Nacht, im Dreck vor dem Casino geschlafen hatte.

Ich war zufrieden, hatte mein Auto wieder und Geld, das zumindest für die Rückfahrt reichen sollte.

Es war Nacht geworden, ob jetzt oder eine Stunde später fahren war relativ egal, so ging ich zum Strand auf dem Weg den ich inzwischen auswendig kannte. Es war mir irgendwie ein Bedürfnis mich zu verabschieden, von Barcelona, vom Strand mit seinen Trinkbrunnen und vor allem vom Meer, das ich zweifellos vermissen werde. Ich setzte mich in den schon feuchten Sand, nebenan, auf dem abgegrenzten Gelände für Windsurfer war noch die Hölle los, Surfbretter wurden auf Autos verladen, Segel und Bojen in einem Schuppen verstaut. Der aufkommende Wind trug ab und an, Fetzen von Musik zu mir herüber. Ich versuchte die Titel zu erraten, zumindest einen kannte ich, es war LA Woman von den Doors. Wie das bei mir oft der Fall ist, wenn ich aufs Wasser schaue, stellt sich so eine Mischung ein, aus Zufriedenheit und Melancholie. Ich dachte an Jim Morrison den legendären Sänger der Doors, dessen Grab ich auf dem berühmten Friedhof „ Pere Lachaise „ in Paris besucht hatte. Der war nun auch schon 50 Jahre Tod, aber immer noch pilgern die Leute zu seiner letzten Ruhestätte, und legen Blumen und auch mal eine leere Flasche Wein neben seinen Grabstein. Gestorben mit 27, hat er, zusammen mit seiner Band was hinterlassen was die Zeit überdauert hat. Am Ende konnte ihn das alles nicht glücklich machen und während seiner letzten Jahre in Paris, dem Alkohol verfallen, war nicht mehr viel übrig von dem Poeten und gutaussehenden Songschreiber früherer Jahre.

Glück ist, heute hier zu sitzen, dem Mond zuzusehen, wie sich sein Licht auf dem Wasser spiegelt, wie die Wellen in gleichmäsigen Abständen gegen den Strand rollen und jedes mal ein paar Körner Sand mit hinausnehmen in die unendliche Weite des Meeres. Ich weiß nicht genau,, wo sie herkommt, diese Verbundenheit mit dem Wasser und dem Meer, natürlich, wie bei allem, gibt es, das schöne nicht ohne das schreckliche, das Meer kann auch schrecklich sein, ein wildes Biest das Schiffe und Menschen verschlingt, wer schon mal einen Orkan auf hoher See erlebt hat, der weiß von was rede, wenn die Wellen sich Haushoch türmen und drohen alles zu zerschmettern was ihnen im Weg steht. Dann wünscht man sich an Land, mit festem Boden unter den Füßen und man verflucht die See. Doch, jeder Sturm legt sich, ebbt irgendwann ab, und das Wasser kann seinen Zauber neu entfalten. So wie heute Nacht, es gibt Augenblicke da wünscht man sich, man könnte das Rad der Zeit für eine Weile anhalten, nur um den Moment etwas zu verlängern. Diesen perfekten Moment voller Harmonie und Schönheit, natürlich ein sinnloses Unterfangen dreht sich das Rad doch unaufhörlich weiter, weiter bis zum Ende allen Seins, weiter bis der Planet in einer Sternenexplosion in kleinste Teile gesprengt wird, und es vielleicht irgendwo im Universum einen neuen Anfang gibt. Wo in ferner Zukunft irgendwer oder irgendetwas am Wasser sitzt, und sich verzaubern lässt.

Ich empfand eine große Dankbarkeit, denn für mich hätte das alles auch ganz anders ausgehen können. Sicher, noch war ich nicht zu Hause aber ich hatte es zumindest wieder in meiner Hand. Es wurde Zeit zu gehen, ich machte mich auf den Weg, zum Auto und dann Richtung Autobahn. 1300 Kilometer trennten mich von Deutschland. Eine Strecke die ich gut in zwei Tagen fahren konnte.

Die Rückfahrt verlief bis an die französische Grenze reibungslos, dort kontrollierte man mich ausgiebig als einziges Auto. Vielleicht hielt man mich für einen Drogenkurier, denn ich musste alles auspacken während ein „ Gandarm „ mit gezogener Waffe hinter mir stand. Irgendwie enttäuscht das nichts gefunden wurde, wollte man mir das weiterfahren untersagen, da ich keinen gültigen Führerschein vorlegen konnte und niemand die Anzeige der spanischen Polizei lesen konnte oder wollte. Nach einer halben Stunde, in der sie sich wohl versichert hatten, das ich nicht der Neffe von Pablo Escobar war, durfte ich meine Heimreise fortsetzen. In Frankreich bin ich dann immer ein Stück Autobahn gefahren, nach ungefähr 200 Kilometern wieder runter, und an der Mautstation geschaut was es gekostet hat, denn mein Kapital hatte bedenklich abgenommen. Ich war mir erst sicher, das es reichen würde, als ich kurz vor Mühlhausen war, Freiburg war nicht mehr weit und von Freiburg nach Hause waren es noch ungefähr 200 Kilometer. Bei Ottmarsheim überquerte ich die Grenze, die Autobahn war frei, Freiburg, Offenburg, Karlsruhe noch ein Stück, und ich war zu Hause. Abends um 19.00 Uhr hatte ich mein Ziel erreicht, ich war todmüde und hatte von den 500 Euro noch 14 Euro übrig, das nenne ich mal knapp kalkuliert.

Ich war froh zu Hause zu sein.




Nachtrag



Was ist geblieben, von einer Reise, die viel kürzer war, als sie hätte dauern sollen, und die so anders verlaufen ist, als ursprünglich geplant. Erstmal hatte ich natürlich viel Geld verloren. Vier Wochen



lang hab ich jeden Tag mein Konto kontrolliert, ob nicht doch noch was abgehoben wurde. Aber es gibt eben auch die andere Seite, ich hatte schöne Tage in Frankreich, und was ich in Spanien erlebt habe, war so voll von verschiedenen Emotionen wie ich sie noch auf keiner Reise erlebt habe . Und ist es nicht das, was bleibt Erfahrungen und Emotionen, die nicht ganz alltäglich sind und die ich nie gemacht hätte, wäre ich nicht gefahren. Ich hatte ein anderes Leben kennen gelernt, ein Leben am Rande der Gesellschaft und wenn es auch nur kurz war, so glaube ich doch, es hat mich ein wenig verändert.

Das einzige was ich bedauere ist, das ich es nicht bis Granada geschafft habe.
 



 
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