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juliawa

Mitglied
Option 1:
Versuche niemals,
das Lächerliche am Erhabenen zu erkennen.
(Und wer genau hinsieht, findet es immer)
Falls du es bemerkst, erschrecke
und verstecke deine Entdeckung vor den Anderen
wie eine heimliche Schande.
Denn dieses Wissen ist der Pilz,
der aus dem Wald Bäume,
aus Geschwistern Konkurrenten
und aus Völkern Konsumenten macht.

Option 2:
Versuche immer,
das Lächerliche am Erhabenen zu erkennen.
(du hast doch Humor, es wird dir nicht schwer fallen)
Wenn du es findest, rufe es heraus
so laut du kannst an Alle die zuhören.
Denn dieses Wissen ist der Spiegel,
der uns erlaubt, uns von außen zu sehen,
alles zu hinterfragen und im Zweifel
still nach Hause zu gehen.
Aus Märtyrern werden Marathonläufer,
aus Propheten Dichter
und aus Folterern Richter.
 

Tula

Mitglied
Hallo
Eine interessante Betrachtung. Man sollte wohl beide Varianten verwenden, je nach Bedarf.

Das 'erschrecke' in der ersten Strophe ist sicher auf Lyrich selbst bezogen. Dann müsste es mMn 'erschrick' heißen (?)

LG
Tula
 

juliawa

Mitglied
Hallo Tula,
du hat Recht, es muss 'erschrick" heißen.
Beide Varianten bei Bedarf zu verwenden ist theoretisch gut, aber praktisch schwer umsetzbar. Denn wer will bestimmen was schützenswert und "heilig" ist und was offene Zielscheibe für Spott ist ?
Hallo revilo,
du müsstest schon konkreter werden. Warum ist es für dich nur blabla ? So fang ich mit der Kritik wenig an

Viele Grüße
juliawa
 
Ich finde es sehr interessant und durchaus wichtig, dass man sich diese Alternative und die jeweiligen Konsequenzen klarmacht. Obwohl selbst nicht religiös oder sonstwie gläubig, bin ich doch oft, sagen wir mal, erstaunt darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit viele Intellektuelle heutzutage der Säkularisierung im weitesten Sinne das Wort reden. Dieses Gedicht bringt meine Irritation auf den Punkt, viel besser, als ich es selbst bisher konnte.

Ich finde es auch richtig, das in Lyrik zu sagen und nicht in Prosa. Ich bin mir nicht sicher warum, aber es ist einfach besser. Und da möchte ich einen ganz kleinen Kritikpunkt vorbringen. Was unterscheidet Lyrik von Prosa? Na ja, ein Riesenthema, aber es gibt ein paar offensichtliche Dinge wie Metrik und Reim. Reimen passiert nicht in diesem Forum, klar. Deswegen muss man hier eben andere Charakeristika der Lyrik betonen, z.B. die Metrik. Ich finde, da hapert es ein bisschen in diesem Fall. Es kommt mir so vor, als hättest Du Dich auf das Inhaltliche konzentriert, mit grossem Erfolg, wie ich finde, aber dabei das Formale etwas vernachlässigt. Vielleicht ist mir da etwas entgangen. Ich würde mich sehr freuen, wenn mich jemand widerlegen könnte!
 

revilo

Mitglied
Guten Morgen, Dein Text ist keine Lyrik. Du hast einen aus meiner Sicht mäßigen Prosatext mit dem Charakter eines Kalenderspruchs verfasst, ihn durch Zeilenumbrüche gepimpt und ihn unter Lyrik eingestellt. Der Text ist weder inhaltlich noch sprachlich gut. Du gibst den Erklär— Bär und nötigst dem Leser deine Intention auf, versuchter dies aber durch eine scheinbare Wahlform zu umgehen. Im Grunde genommen ist die Idee gut, aber die Umsetzung inhaltlich und handwerklich nicht. Es bedarf viel mehr, um richtig gute Lyrik zu schreiben. Nimm meine Kritik bitte nicht persönlich. LG revilo
 

juliawa

Mitglied
Hallo WalksWithTheBear, dein Interesse am Text freut mich. Ich sehe es wie du. Die Entscheidung für die Säkularisierung ist keine leichte und es wird oft übersehen, was dabei verloren geht.

Hallo revilo, ok ich kann nachvollziehen was du meinst. Ich war mir nicht ganz sicher in welche Kategorie mein Text gehört. Für Lyrik ist er vielleicht zu unausgereift. Im Grunde sollte der Text eine Antwort auf Patricks Gedicht Jesus sein das ja heftige Diskussionen ausgelöst hat. Aber du hast Recht, sprachlich und inhaltlich ist wohl Luft nach oben. Ich nehme deine Kritik nicht persönlich, es ist gut, dass du ehrlich bist
Viele Grüße,
juliawa
 

revilo

Mitglied
Hallo WalksWithTheBear, dein Interesse am Text freut mich. Ich sehe es wie du. Die Entscheidung für die Säkularisierung ist keine leichte und es wird oft übersehen, was dabei verloren geht.

Hallo revilo, ok ich kann nachvollziehen was du meinst. Ich war mir nicht ganz sicher in welche Kategorie mein Text gehört. Für Lyrik ist er vielleicht zu unausgereift. Im Grunde sollte der Text eine Antwort auf Patricks Gedicht Jesus sein das ja heftige Diskussionen ausgelöst hat. Aber du hast Recht, sprachlich und inhaltlich ist wohl Luft nach oben. Ich nehme deine Kritik nicht persönlich, es ist gut, dass du ehrlich bist
Viele Grüße,
juliawa
Das freut mich sehr ....schönen Sonntag
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Es sagt mir besonders zu, Juliawa,

einen eingeführten Gedanken mit seiner Gegen-Ausführung zusammenzuhalten.

Antithetische Struktur ist schon eine starke poetische Stilfigur, die hier nicht ma so eben zwischendrin vorkommt, sondern das Ganze bestimmt.

Auch sonst sind Lesarten, die die wesentlichen poetischen Stilfiguren des Textes nicht erkennen, auf beiden Augen blind. (Selbstverständlich gibt es Poesie über ostinate Metrik und Reime hinaus, das war zu kurz gegriffen!)

Denn dieses Wissen ist der Pilz,
der aus dem Wald Bäume,
aus Geschwistern Konkurrenten
und aus Völkern Konsumenten macht.
Dreifacher Parallelismus in der Schlußklausel der Strophe.

Denn dieses Wissen ist der Spiegel,
der uns erlaubt, uns von außen zu sehen,
alles zu hinterfragen und im Zweifel
still nach Hause zu gehen.
Trikolon der Infinitive.

Aus Märtyrern werden Marathonläufer,
aus Propheten Dichter
und aus Folterern Richter.
Wiederum ein dreifacher Parallelismus in der Schlußpointe des gesamten Gedichts.

Natürlich ist das poetisch.

grusz, hansz
 

Tula

Mitglied
Hallo nochmal
Ich habe das Gedicht überhaupt nicht religiös gelesen bzw. verstanden, sondern eher verallgemeinernd, dass in jeder erhabenen Größe auch irgendein , dieser entgegen wirkenden, Makel bzw. Unvollkommenheit steckt. Die Hasser und Miesepeter nutzen das gern für ihre Zwecke aus, um das eigentlich Positive in den Schatten zu stellen. Siehe Greta, um nur ein Beispiel zu nennen.

Andererseits haben wir die bedingungslose Vergöttlichung solcher Persönlichkeiten, die dann jede berechtigte Kritik in Frage stellt bzw. schweigend über jene hinweg sieht.

Ich finde daher die Gegenüberstellung recht interessant, ich fühle mich als Leser nicht in irgendeine 'das hier ist die richtige Ecke' gedrückt. Es bleibt offen genug, und wenn ich hier nicht sofort an den Rülpser anderswo dachte, spricht es für das Gedicht.

Sprachlich: Sicher präsentiert sich dieses als so etwas wie Gedanken-Lyrik. Die Vergleiche mögen nicht alle gleich gut sein, aber es bleiben Vergleiche, die in ihrer Interpretations-Spanne über das prosaisch-Konkrete hinausgehen. D.h. selbst ohne die lyrischen Stilmittel als Begründung zu nehmen, sehe ich hier lyrische Sprache, dem gedanklichen Experiment entsprechend.

LG
Tula
 

juliawa

Mitglied
Es freut mich, Tula und Mondnein, dass ihr an meinem Beitrag lyrische Qualitäten gefunden habt. Tula, du hast Recht das Gedicht bezog sich nicht nur auf die Religion. Auch politische Ideologien arbeiten natürlich mit dem Gefühl des Erhabenen. (wobei ich den Kampf gegen den Klimawandel nicht als besonders ideologisch, sondern einfach als logisch bezeichnen würde)
Liebe Grüße,
juliawa
 



 
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