Warten

Vince50

Mitglied
Warten



Wenn Geduld nicht ausreicht, um das Warten zu ertragen,

macht Schmerz sich breit, der die Seele foltert



aufgewühlt zischende Gischt steigert die Sehnsucht

während die Gelassenheit im Meer versinkt



mit jeder sich brechenden Welle schlägt Besorgnis dein Herz,

worauf sich Raureif setzt



nur wohltuende Gedanken an das Kommende

lassen die Eiseskälte tauen und das Gemüt

mit süßer Salbe der Hoffnung heilen
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Vince50,

deine beiden Texte sind keine Kurzprosa. Ich verschiebe sie in "Ungereimtes".

Liebe Grüße
Manfred
 

anbas

Mitglied
Hi Manfred,

aus meiner Sicht handelt es sich aber auch nicht um Lyrik. Es ist eher Prosa mit Zeilenumbrüchen.

...aber diese Diskussion über Prosalyrik ploppt ja immer wieder mal auf ;).

Liebe Grüße

Andreas
 

sufnus

Mitglied
Hey Vince50,

ja... das ist hier gattungstechnisch ein Grauzonentext (das ist per se was Gutes, finde ich! :) ).
Ich würde mit Manfred aber doch für Lyrik als plädieren. Die ersten drei "Sinneinheiten" (so eine richtige Stropheneinteilung drängt sich hier nicht auf), sprich die Zeilen 1-6 haben in ihrer Doppelzeiligkeit ein bisschen was Distichon-haftiges und insgesamt wirkt das Ganze auf mich beim ersten Anlesen, als wolle es einen Einreiseantrag ins Reich der Sinngedichte stellen.

Dabei zielt der Text jedoch, auch das drängt sich schon beim ersten Lesen auf, keineswegs auf eine Pointe oder eine Conclusio, auch wenn der letzte Satz irgendwie Verdikt-artig daherkommt. Positiv formuliert bleibt hier also durch die Verweigerung eines erhellenden Summasummarum-Gedankens eine (gewisse) Offenheit gewahrt, die ich als Kernelement von Gedichten definieren würde (weshalb nebenbefundlich humoristische Gedichte, wie z. B. meine kürzlich eingestellten Plotzelverse, keine besonders "typischen" Gedichte sind, so formbewusst sie sich auch im Einzelfall geben mögen).

Oben hab ich geschrieben "positiv formuliert" und das ist meist kein so gutes Zeichen ;) ... hier ist es nun nicht gerade eine Ausholbewegung für eine eindeutige Negativkritik, aber ein bisschen eine Einschränkung meinerseits schwingt schon mit. Der Text liest sich für mich nicht ganz so eingängig wegen eines formalen und eines inhaltlichen (subjektiven!) "Problems" des Rezipienten.

Formal stört mich ein bisschen, dass der Text sich zum Gefangenen eines beinahe schon allegorisch ausgebauten Naturbildes macht, von einem wellenschlagenden Ozean, der das lyrische Ich ganz schön beutelt, in dem er erst seine Gelassenheit versenkt, dann mit Wellenbrechern traktiert und schließlich sogar kryostatische Eigenschaften ins Feld führt, bis am Ende eine Art Tauzeit einsetzt. Das ist mir als Bild ein bisschen zu breit ausgewalzt und dass die Durchdeklinierung dieses Bildes sich so sehr zum poetologischen Programm erhebt, nimmt dem Text viel an gedanklicher Beweglichkeit. Das war das formale Problem.

Auf der inhaltlichen Seite besteht meine Schwierigkeit darin, dass der Text in einer Art Anmoderationshaltung hängen bleibt. Den gewaltigen Bildern, die hier bemüht werden, entspricht keinerlei inhaltliches Momentum, die Schlüsselbegriffe bleiben total im Abstrakten: Geduld, Schmerz, Sehnsucht, Gelassenheit, Besorgnis, Hoffnung. Es git nicht mal den Hauch einer Andeutung, welches Leid die Erzählstimme hier, eigenartig belehrend, kommentiert.

Also doch eine eindeutige Negativkritik, was weiter oben doch bestritten wurde? Nein, keineswegs! Ich mag die ganz am Anfang beschriebene literarische Grauzonenhaftigkeit des Textes, ich mag die äußere, ein bisschen Epigramm-artige Form, ich mag viele sprachliche Elemente und ich mag den Mut zur Offenheit. Also ein durchaus gemischter Eindruck mit Licht und Schatten, wobei selbstredend meine subjektiven Ausführungen keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben.

LG!

S.
 



 
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