Hallo miholt!
flammarion, ich will dir nicht in den Rücken fallen,
aber wenn der Text nun einmal hier steht, nutze ich
doch gerne die Gelegenheit für ein paar Feinheiten.
Ansonsten gebe ich dir aber recht: stünde er in
Kurzgeschichten, hätte ich ihn auch so gut bewertet.
Das Geld reichte noch gerade für die neue Ausgabe der „Zeit“, aber dann hatte ich [strike]kein Geld [/strike][blue]nichts (Wiederholung)[/blue] mehr für einen Capuccino. Leistete ich mir den Capuccino, könnte ich dabei nicht „Die Zeit“ lesen. Ich entschied mich für den Capuccino und das hieß, für die Tür rechts zum Coffee shop und nicht links zum Zeitschriftenhändler. Ich trat ein und ließ gewohnheitsmäßig meine Augen durch den Raum schweifen. Drei Stehtische, die den Raum längs hindurch in der Mitte teilten, eine Theke mit den drei Barhockern davor und eine an der Wand entlang angebrachte, an der man auch stehend seinen Kaffee nehmen konnte, die Bilder an den Wänden. [blue]Hieraus vielleicht einen Extra-Satz machen und noch ein Detail einfügen, eventuell ein bestimmtes, markantes Bild. [/blue]
Es war wie immer.
„Hallo! Wie immer?“ Eine Antwort war nicht nötig. Ich legte die Einsneunzig für den großen Capuccino und die Rabattkarte zum abstempeln auf die Theke. Einen Moment lang übertönten das Zischen der Kaffeemaschine und das folgende Rauschen des Milchschäumers alle anderen Geräusche. Es war ziemlich voll, so dass mir nur ein Platz an der Theke blieb. Ich lehnte den linken Ellenbogen und einen Teil meines Unterarms auf, um mit rechts zu trinken. Dabei wendete sich mein Blick automatisch nach rechts und ich sah sie.
Sie mag in meinem Alter, Mitte zwanzig, gewesen sein. Sie war nicht mehr schlank, sondern schon dünn. Ob sie groß oder klein war konnte ich, da sie saß, nicht sofort [strike]zu [/strike]erkennen. Ihr Gesicht konnte ich auch nicht genau sehen, nur ihr Profil.
[blue]Anderer Satzbau, um Wiederholung zu vermeiden, Vorschlag: Auch ihr Gesicht blieb mir verborgen, ich sah nur das Profil. [/blue]
Die spitze Nase fiel mir auf und die Farblosigkeit ihrer Haare, die frisurlos leicht gewellt bis zu ihren Schultern herabhingen. Insgesamt fiel mir ihre Farblosigkeit auf. [blue]Auch hier wiederholen sich die Formulierungen. Vorschlag: Insgesamt wirkte sie recht farblos.[/blue]
Sie war also alles andere als schön und anziehend. Trotzdem kam mein Blick nicht von ihr los und diesem folgend wendeten sich meine Gedanken ihr zu. Ich müsste [blue]Tempus[/blue] sie ansprechen. Sie gefiel mir zwar nicht besonders, aber eine solche Gelegenheit kam nicht oft. Sie war eine Frau. Sie war allein. Wie ich.
Ich malte mir in Gedanken aus, wie es sein müsste: „Hallo! Darf ich mich dazu gesellen?“ Sie lächelte mich an. „Klar! Studierst Du auch hier?“ „Hier? Nee, gegenüber in der Uni!“ Sie lachte. Ein voller Erfolg. „Au weia, Du musst Jurist sein. Nur die sind solche Wortklauber.“ „Und? Schlimm? Immerhin biste erst dadurch drauf gekommen, also sehe ich nicht aus wie einer. Werte ich übrigens als Kompliment. Danke!“ „War auch so gemeint. Wonach sehe ich denn aus?“ „Miss alma mater.“ Es dauerte einige Sekunden. Die waren entscheidend. Entweder, das war zu dick aufgetragen oder ich hatte gewonnen. Sie prustete los. Dem Lachkrampf war noch nicht genau zu entnehmen, ob ich gewonnen hatte. „Danke, Du bist echt süß. So wie Du lügst, wirst Du bestimmt mal Anwalt; nen guter.“ Sie lächelte noch. Durchschlagend war der Sieg nicht, aber es war auch noch nichts verloren. Ich wollte es noch mal versuchen. „Versuchs [blue]Wegen der Wiederholung: Rate [/blue]noch mal! Also, wonach sehe ich denn aus?“ Ich schaute genau hin. Wenn ich ehrlich war, nach Grundschullehrerin, aber das konnte ich ihr nicht sagen. Ich entschied mich für die ausweichende Variante. „Ich bin befangen und sage nichts mehr ohne meinen Anwalt.“ Es funktionierte. Das war genau die richtige Dosis. Ich hätte sie noch gern auf einen Capuccino eingeladen, [strike]aber war[/strike] [blue]war aber [/blue]pleite. „Sollen wir noch einen trinken?“ „Nee, machen mein Herz und mein Geldbeutel nicht mit.“ Sie lächelte mich an. „Dann muss ich Dir bei mir einen kochen. Wenn Du dann Herzprobleme bekommst, kannst Du Dich ja ein bisschen hinlegen.“ Gewonnen!
Ich rührte [strike]noch einmal[/strike] [blue]"Noch einmal" klingt so nach Endlosschleife. Ich würde es hier streichen.[/blue] meinen Capuccino um. Sie sah nicht so schlagfertig und offensiv aus und meine Eröffnung kam mir auch albern vor.
[blue]Könnte man nicht etwas griffiger beschreiben, dass sie keinen sonderlich schlagfertigen Eindruck macht? "sie sah aus" hast du am Anfang schon so häufig benutzt. [/blue]
Ich zögerte. Ich hatte Angst. Ich hatte so etwas noch nie gemacht und wollte es eigentlich auch nicht. Sie war weder richtig hübsch noch sonst irgendwie mein Typ. Mein Herz klopfte. Ich nahm noch einen Schluck von meinem Capuccino, atmete durch, und ging. Im Hinausgehen hörte ich noch, wie jemand zu ihr sagte: „Hallo! Darf ich mich dazu gesellen?“ Ich drehte mich um, bevor ich die Tür hinter mir schloss. Sie lächelte.
Insgesamt finde ich deinen Text gut und flüssig
geschrieben. Vorsichtig solltest du mit Wiederholungen
sein. Denn es ist doch so: du schilderst eine kurze
Szene, aus dem Alltag gegriffen. Das ist nur spannend
und lesenswert, wenn sprachlich alles sitzt. Mit ein
paar kleinen Änderungen ist dir das super gelungen.
Viele Grüße,
Denschie