Wetterzauber

hera

Foren-Redakteur
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Gelangweilt saß ich mit meiner Freundin Arabella im Zimmer. Die Winterferien waren fast vorbei und es hatte noch nicht geschneit.
„Sag mal“, fragte ich meine Freundin, „du hattest doch von deiner Uroma dieses seltsame Hexenbuch geerbt. Steht da nicht drin, wie man Schnee zaubern kann?“
„Drin steht das schon, ich kann mich erinnern. Aber wer glaubt denn diesen Humbug vom Wetterzauber?“
„Aber uns ist langweilig. Wir sind in diesem Winter noch kein einziges Mal Schlitten gefahren. Könnten wir es nicht probieren? Einfach nur so zum Zeitvertreib?“
Arabella ging im Zimmer auf und ab und überlegte. „Also gut, man muss eine Schlange und ein Huhn in einem Kessel im Freien kochen.“
„Das ist alles?“, fragte ich erstaunt. „Brauchen wir keine drei Haare vom Teufel oder so was?“
„Nein, nur ein Huhn und eine Schlange, ich weiß es noch genau.“
„Hühner haben wir in der Scheune.“
„Gut, dann besorge ich die Schlange und wir treffen uns morgen oben am Waldrand.“ Arabella gab mir einen freundschaftlichen Stoss in die Rippen und ging.
Ich machte mich auf den Weg zur Scheune. Nachdem ich eine halbe Stunde die Hühner gescheucht hatte, bis sie so viele Federn verloren hatten, dass sie fast nackt waren, erwischte ich endlich eins. Ich packte es und zerrte das um sich hackende Vieh zum Holzklotz. Ich erhob die Axt, aber ich konnte nicht zuschlagen.
Trotzdem fand ich mich mit einem Huhn am nächsten Tag am Waldrand ein. Arabella platzte fast vor Lachen, als sie mein gefrorenes und zerteiltes Huhn in der Aluschale sah. Aber was hätte ich tun sollen? Ich habe mir einfach eins im Supermarkt gekauft. Arabellas Schlange war auch nicht besser. Sie war in Alkohol eingelegt und garantiert viel älter als mein Huhn. Und unter uns, sie stank schon.
Arabella hatte ein Gestell aus dicken Stöcken gebaut und einen alten zerbeulten Topf daran aufgehängt. Es konnte losgehen. Die besoffene Schlange kam ins Wasser und mein Huhn. Es war auch noch fertig gewürzt, mit Paprika. Hoffentlich würde der Schnee nicht eine rote Färbung annehmen.
Wir zündeten unsere Holzstückchen an. Es dauerte eine ganze Weile, bis das Wasser anfing zu kochen. Als sich kleine Dampfwölkchen bildeten, bat mich Arabella zurückzutreten. Andächtig rührte sie in der Suppe. Die freie Hand hatte sie erhoben und schien etwas zu murmeln. Reichten Huhn und Schlange allein doch nicht aus? Musste noch ein ordentlicher Hexenspruch her?
Es passierte nichts. Arabella meinte, man müsse eben warten, bis der aufsteigende Qualm den Himmel erreicht hätte.
Aber es war ziemlich ungemütlich bei dieser Kälte so lange auszuharren. So saßen wir zusammengekauert auf meinem Schlitten und klapperten mit den Zähnen. Plötzlich sprang Arabella auf. „Ich habe ja das Wichtigste vergessen! Man muss den Kessel umstoßen, damit der Zauber wirksam wird.“
Ich hechtete hoch und stieß den Kessel mit dem Fuß um. Sofort spürte ich einen eisigen Wind im Gesicht. Von ferne hörten wir Grollen wie von Donner. Zuweilen bewegte ein Wind die Äste der Bäume. Kleine Steine, die eben noch festgefroren waren, wirbelten vom Erdboden auf. Die Stimmen des Waldes wurden lauter. Hörte ich da Wolfsgeheul? Rasch ziehende Wolkenfetzen bildeten sich am Himmel. Arabella stand auf und begann zu tanzen. Sie hüpfte von einem Bein aufs andere und grölte undefinierbares Zeug. Da es ziemlich kalt war, tanzte ich mit. Wenn uns jemand gesehen hätte, er hätte glattweg die Hexenjäger auf uns gehetzt.
Die ersten zarten Schneeflocken erreichten meine Wange. Wir schrieen vor lauter Freude und tanzten noch wilder. Die Zunge weit herausgestreckt, stellten wir fest, dass der Schnee nach Hühnersuppe schmeckte. Dieser seltsame Nachgeschmack veranlasste uns allerdings, die Zunge wieder einzuziehen.
Zwei Minuten später war der Schneesturm perfekt. Wir retteten uns unter die Bäume und warteten ab. Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei. Erstaunt und ungläubig betrachteten wir die weiße Pracht. Waren wir das wirklich gewesen? Der Schnee war etwa zehn Zentimeter hoch, sehr fest und eignete sich prima zum Schlittenfahren. Das lag bestimmt daran, dass das Huhn tiefgefroren war.
Wir setzten uns auf meinen Schlitten und ich zeigte Arabella, was eine richtige Chaosfahrt ist.
Der Schnee reichte leider nicht mal bis ins Tal. Es waren nur ein paar hundert Quadratmeter mit Schnee bedeckt, wie sich herausstellte. Laut Wetterbericht, den wir später aufmerksam hörten, hatte es nirgends geschneit.

Nun, ich habe diese Geschichte aufgeschrieben, damit du weißt, was du tun musst, wenn es dieses Jahr wieder nicht schneit. Probiere es aus! Erzähle es deinen Freunden. Umso mehr Leute mitmachen, umso besser. Hinter den Hexenspruch bin ich allerdings nicht gekommen, aber du hast ja Phantasie.
 
Hallo hera,
Du bist mir ja eine ganz Schlimme. Mit Hexenkult vertraut und so. Kein Wunder, dass da eine fantasievolle Geschichte herausgekommen ist.
Fröhliche Schlittenfahrt wünscht
Willi
 

hera

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Willi!

Vielen Dank für dein Interesse.
Wollen wir mal hoffen, dass es von alleine schneit.

Viele Grüße, hera
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo hera,

vielen dank für diese heitere geschichte. habe mich amüsiert. mach mal so weiter. ganz lieb grüßt
 

hera

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo flammarion!

Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat.
Ich schreibe schon fleißig an der Nächsten.

Schönen Tag noch, hera
 



 
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