Wie man quirlig ist ...

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Tobias ist ein Wirbelwind. Von früh bis spät rotiert er durch die Gegend, bastelt hier für ein paar Minuten, spielt ein paar weitere mit seinem Ball, um gleich anschließend die Autos über seine elektrische Rennbahn rasen zu lassen. Kaum gibt es einen Sieger, schnappt er sich "Brummel", seinen Lieblingsteddy, den er sich mit dem Gürtel von Papas Morgenmantel auf den Rücken schnallt. Er ist jetzt ein Elefant und Brummel ein Ma-Ha- Rad-scha, der in Indien wohnt. Den hat er letztens im Fernsehen gesehen und weiß, dass die immer auf Elefanten reiten. Auf dem Weg zur Hauptstadt, begegnet der Elefant dem Springseil ...


Mama ist in der Küche. Mama ist sehr oft in der Küche, besonders jetzt, wo sie diesen dicken, kugelrunden Babybauch hat. Der Doktor für Mamas hat nämlich gesagt, dass die Mama nicht zur Arbeit gehen darf, damit das Baby, das schon die ganze Zeit über in der Riesenmurmel herumzappelt und bestimmt ganz dringend heraus will, wenn der Ma-Ha ... kommt, um mitzuspielen, auch ganz gesund ist, wenn es dann endlich heraus darf.


Der Hopser Tobias ist schon seit langer Zeit daheim, weil im Kindergarten eine Corona ist (hat Papa gesagt). Und die darf Tobias nicht mit nach Hause bringen, weil sonst Mama krank werden kann - und auch das Bauch-Zappel-Baby.


Tobias seilspringt in die Küche. Mama hat eben Geschirr bereitgestellt und wirft ihm einen Blick zu, der ein bisschen ... ängstlich aussieht. Die Küche ist zu eng (sagt auch Papa immer). Beim Versuch, an der Mama vorbei zu springen, stößt Tobias gegen den Tisch.
 Eine Mama ist kein Baumeister. Durch das Erdbeben, das Tobias ausgelöst hat, geraten einige Teller und die große Schüssel ins Wanken. Mama springt herbei und versucht, Katastrophenschutz zu machen. Aber das gelingt nicht.

KLIRR! PENG! KLINGEL!


Tobias springseilt zur Seite, damit er sich nicht an den Scherben schneidet. Eigentlich könnte ihn Mama mal loben, weil er so umsichtig ist. Sonst muss sie immer sagen: "Pass auf, sonst ...". Aber Mama ist erschrocken und vielleicht auch ein bisschen traurig, weil sie die zerplatzten Teller recht gern hatte.

"Ach", seufzt sie, "Was bist du heute wieder quirlig!"


Tobias staunt. "Quirlig"? Er holt sich schnell die Reinigungsutensilien und beginnt, die Überbleibsel des Erdbebens zu beräumen. Mama setzt sich auf den Stuhl, den Tobias in die Ecke geschoben hat und hält die Babymurmel fest, auf der man wieder ganz schön dicke Beulen sieht, so sehr strampelt das Baby. Tobias legt Schaufel und Besen weg und geht zu Mama. Er legt sein Ohr an den Bauch und sagt: "Alles gut, das Erdbeben ist vorbei. Du kannst jetzt wieder artig sein."


"Artig", das ist das Wort, das die Omi immer sagt, wenn sie will, dass Tobias sich ganz still in die Ecke setzten soll und nur ganz wenig und leise Luft holen. Meistens stört Tobias die Omi nämlich ganz schön sehr. Und die wird dann ganz "fispelig", sagt sie. Also muss Tobias "artig" sein, auch wenn das ziemlich doof ist. Zur Omi geht er nur gern, wenn auch der Opa da ist. Mit dem kann er in den Garten gehen und alles machen, was Spaß macht.



Tobias hat das Baby nun beruhigt und räumt fleißig weiter auf. Dann holt er den dicken Saugstauber und saugt drauflos, bis es im Hals von dem Ding nicht mehr rumpelt und knirscht. Nun ist alles wieder gut, außer, dass drei Teller der Katastrophe zum Opfer gefallen sind. Ein Glück, dass Mama noch einige Teller im Wohnzimmerschrank hat, die genau so aussehen, wie die zerschellten! Tobias macht sich auf den Weg, um die verschwundenen Teller zu ersetzen.

"Wo gehst du denn hin?" Mamas Stimme klingt ein bisschen besorgt.

"Ich hole neue Teller aus dem Wohnzimmer."

"Weißt du, das mache ich doch lieber selbst. Du bist einfach zu quirlig."

"Mama, was ist denn 'quirlig sein' eigentlich?"

"Das kann ich dir zeigen. Wasch dir bitte die Hände, wir wollen gemeinsam etwas kochen!"




Da ist Tobias sofort begeistert. Mit Mama kochen, das macht er sehr gern, weil man da meistens die leckeren Reste aufschlecken kann. Er rennt ins Badezimmer und wäscht seine Hände so sauber, dass sie fast glänzen. Als er zurück kommt, hat Mama schon Milch in einen Topf gegeben und den auf den Herd gestellt.

"Was kochen wir?", will Tobias wissen.

"Wir kochen einen leckeren Pudding."

Mama holt ein kleineres Töpfchen herbei und gießt ein wenig Milch hinein, aus dem großen Topf, der auf dem Herd steht. Den kleinen Topf gibt sie Tobias, der auf dem Stuhl am Küchentisch kniet, damit er groß genug ist, zum Helfen. Sie reicht ihm einen Quirl. Den kennt er schon, hat ihn schon oft ablecken dürfen, wenn Mama etwas feines gekocht hat.


Sie gibt Pulver in die warme Milch und zeigt Tobias, wie man beides mit dem Quirl vermischt. Hui, das ist toll! Der Quirl tanzt wild im Topf umher und manchmal spritzt auch ein bisschen von der Pulvermilch heraus.

"Siehst du?", erklärt Mama, "Wenn jemand ständig so wild umher tanzt, wie der Quirl und wenn Dinge durcheinander geraten, wie die Milch, die hier auf den Tisch spritzt, dann sagt man, dass derjenige 'quirlig' ist."


Tobias nickt heftig. Er hat verstanden, was Mama meint ... das Erdbeben, nämlich. Er gibt sich jetzt ganz viel Mühe, dass keine Pulvermilch mehr aus dem Topf hopst.

"Du machst das sehr schön.", lobt Mama.

"Ist das jetzt fertig?", will Tobias wissen, als alle kleinen Klümpchen verschwunden sind.

"Ja. Das wird ein ganz leckerer Pudding."




Tobias ist jetzt stolz. Er hat nicht nur mitgeholfen, dass der Pudding gelingt, sondern er weiß nun auch, wie das aussieht, wenn er wieder "quirlig" ist. Er geht in den Flur hinaus, wo der Teddy-Ma-Ha-Rad-Scha wartet, der absteigen musste, als sie der Springseil-Schlange begegnet sind. Er nimmt Brummel sanft in den Arm und setzt sich mit ihm auf die große Wohnzimmer-Couch, auf der man nicht hopsen darf.

"So, Brummel!", sagt er wichtig. "Jetzt waren wir quirlig und dann noch fleißig. Ich glaube, wir sind jetzt mal eine Weile ... artig."

Er lässt sich zur Seite rutschen, holt sich ein paar von den Sofakissen heran und legt sich bequem zurecht.




Als Mama ein paar Minuten später ins Zimmer kommt, liegt ihr kleiner Wirbelwind, den Teddy Brummel fest im Arm, auf der Couch und schläft.

 



 
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