wo immer

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revilo

Mitglied
starkes gedicht bis auf die dritte strophe; die ist zu dick und variiert lediglich die erste minimal........grundstimmung ist gut: melancholisch und nicht weinerlich....
 

halblicht

Mitglied
Hallo revilo,

besten Dank für deine Eindrücke.

Die Gegenüberstellung von S1 mit S3 scheint demnach nicht so zu wirken, wie intendiert. Gut zu wissen.

Liebe Grüße
halblicht
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Auf mich wirkt es schon:

die uhr zählt jahre
an dir vorbei
1 Das ist eine Festellung, die keine bestimmte Person machen muss.
3: Es geht um Jahre.

die uhr erzählt mir
von der ewigkeit
1: Das ist eine Festellung, die eine ganz bestimmte Person macht.
2: Es geht um die Ewigkeit.

du träumst
von hoffnung
Das bezieht sich auf Strophe 1.
Hoffnung ist ja auch nur in Nummer 1 möglich. ( Man kann nur hoffen, wenn es die Möglichkeit gibt, dass es anders wird und das geht bei der Ewigkeit nicht)

und ich
verzweifle daran
Das bezieht sich auf Strophe 3.
Hier ist keine Hoffnung mehr möglich.

Das ganze Gedicht funktioniert ohne diese Gegenüberstellung nicht und wird total sinnlos ohne sie.

Lg
Patrick
 

Tula

Mitglied
Hallo halblicht
So richtig sagt hier niemand etwas zum eigentlichen Inhalt. Vielleicht ist dieser allen klar und ich war zunächst die Ausnahme.

Beim wiederholten Lesen der Knackpunkt für mich:

ich ziehe deine decke hoch
und friere


Ich denke hier geht es um einen Pflegefall. Die andere Person ist nicht mehr wirklich 'bei Sinnen', schon eine lange Zeit. Oder einfach der Kranke, der noch nicht weiß, dass es zu Ende geht. Im schlimmsten Fall, ein Kind.

Das Frieren nicht körperlich gemeint (schon weil es nicht die eigene Decke ist). Wovon der andere noch träumt, man weiß es ja nicht. Oder wieder andere versuchen, dem Pflegenden Hoffnung zu machen, auch wenn jeder weiß, dass das keinen Sinn mehr macht.

Ewigkeit - verstehe ich auch als Metapher für den Tod bzw. das Sterben

Vielleicht liege ich voll daneben, dann war das jetzt wenigstens eine weitere Deutung. ;)

LG
Tula
 
Zuletzt bearbeitet:

halblicht

Mitglied
Hallo Patrick,

die beiden Strophen s1 und s3 sind gleichermaßen relevant für den Inhalt, das konntest du herauslesen und hast mir damit gezeigt, dass ich gar nicht so weit am Leser vorbei schreibe, wie ich immer annehme.

Dafür erst mal ein Dankeschön.

Auch deine anderen Beobachtungen sind interessant.

s1 hängt sozusagen in der Luft,

erst s2 kann u. A. entnommen werden, dass es sich bei dem Erzähler um ein LyrIch handelt das ein LyrDu anspricht.

Das Wiederaufgreifen des Uhrenbilds in s3 sollte dazu auffordern, diese zu vergleichen und Bezüge zuzuordnen.

Woran das LyrIch letztendlich verzweifelt, bleibt vorerst in der Auflösung der Szene verborgen und bedarf den korrekten (meiner Intention folgenden) Schlüssen aus allen 4 s, dem Titel, der Gegenüberstellung von s1 und s3 und einem (semantischen?) Hinweis, der dem Aufbau entnommen werden kann.

Das ganze Gedicht funktioniert ohne diese Gegenüberstellung nicht und wird total sinnlos ohne sie.
Danke dir fürs Lesen und Kommentieren, ich habe mich darüber gefreut!

Liebe Grüße
halblicht
 

halblicht

Mitglied
Hallo Tula,

gleich zu Anfang ein großes Dankeschön fürs Hineinspüren in den Text und deine Interpretation!

Du hast mit nahezu allen gezogenen Schlüssen meine Intention aufgespürt, was mich sehr überrascht hat, da viele meiner Texte wohl etwas kryptisch erscheinen.

Beim wiederholten Lesen der Knackpunkt für mich:

ich ziehe deine decke hoch
und friere
Hier habe ich auch beim Schreiben die Eingangstür zum Text gesehen.

Ja, der Text soll Einblick in die beklemmende (glücklicherweise nur nachempfundene!) Gefühlswelt dieses sehr spezifischen Pflegefalls ermöglichen.

Zur Spezifikation wäre meiner Intention nach die Übertragung des Zeitempfindes vom LyrIch auf den Leser von zentraler Bedeutung. Dass die beiden Uhrenbilder dies ohne ein Zutun meinerseits leisten können zweifle ich etwas an.

Eine weitere nützliche Information kann die Beobachtung der eigentlichen Handlungen der beiden sein. Die Vervollständigung des Titels würde diese unterstützen.

In welcher Beziehung die beiden zueinander stehen, ließ ich im Text bewusst offen, die Verzweiflung von LyrIch sollte lediglich die Qualität dieser vermitteln.

Das Frieren nicht körperlich gemeint (schon weil es nicht die eigene Decke ist)
Auch hier versuchte ich einen weitern Einblick über den Zustand von LyrDu einzuarbeiten, dem du ja bereits dicht auf der Spur bist.

Ist das Frieren physikalisch, psychisch oder emotionaler natur?
Oder findet evtl eine Übertragung statt?
Kann LyrIch überhaupt feststellen ob eine Notwendigkeit besteht die Decke hochzuziehen oder gibt es für ihn andere Beweggründe?

Ich kann gerne aufschließen, falls jemand Interesse haben sollte.

Vielen Dank nochmal und
Liebe Grüße

halblicht
 



 
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