Zagreus (Dionysos)

G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]Zagreus


Mißglückte Jagd – Die süße Sucht der Schmerzen
Die nur das Unerreichte Unerhörte
Ersehnte und den Sehrenden verzehrte –
Die Liebe ist der Feind verliebter Herzen

Wie oft geschieht das Eine unvermutet
Daß irgendwer der sie schon fast bezwungen
Von dieser unvergleichlich alten jungen
Gepardin angefallen still verblutet

Wie oft – und doch taucht aus den Purpurmeeren
Der hingegossnen Seele des Verletzten
Der Gott auf den Titanen einst zerfetzten
Um alles Fleisch in Nahrung umzukehren

Ein Glück – Berührung Rausch wie beim Zerreißen
Von Apfelsinen – bäumt sich durch die Räume
Die Zellen kammern fort die sauren Schäume
Bis alle Mitten ineinandergleißen

Zu einem Ich: Die Welt verspielt zerspiegelt
Im Bad der eignen Sonnenflut gereinigt
Wo du allein bist blüht in dir vereinigt
Im Schlußgeheimnis der Person versiegelt
 
Hallo Mondnein,
das bewundernde Studium deiner Zeilen habe ich inzwischen beendet bzw. abgebrochen. Bewunderung ausgelöst habe einige deiner sehr gelungenen Formulierungen, fast in allen fünf Versen, von den Apfelsinen mal abgesehen, die zwar, so durch die Titanen und das Fleisch auf den unausweichlichen Tod des Zeussprösslings hindeuten, aber für mein Verständnis unbeantwortet lassen, ob denn Dionysos (vom Titel mal abgesehen) oder Prometheus oder gleich das Menschengeschlecht oder nur Rebstöcke aus irgendwelchen zerfetzten Resten hervorgehen. Wie auch immer, was jetzt noch besteht, sind das recht unvollkommene Menschengeschlecht und die teilweise doch recht guten Trauben. Und deine Zeilen. Und wenn man diesen dreien das richtige Maß gibt, dann ist der Sinn deiner Verse nicht verfehlt. An den Menschen muss man noch arbeiten.
Gruß
PS
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Danke fürs Reinschauen, Aufzweigen und Durchschmecken

Allgemein, philosophisch, zusammenfassend - ist es am ehesten wohl die Erfahrung, die aus der verblutenden Seele hervorgeht und den bleibenden Ertrag der Verwandlung bildet, "Erfahrung aus Erfahrung". In diesem Lied wird sie nicht eigens genannt (das wäre auch weniger poetisch "aufs Bild" als vielmehr philosophisch "auf den Begriff gebracht"), sondern in die Strukturen der Persönlichkeit verzweigt (oder "verkammert" oder "zerspiegelt"): statt der Auflösung des Bewußtseins, die sonst mit dem Gott der Ekstasen, Tragödien und Wahngenüsse verbunden wird, ist es die Geburt des Ich, eben der Persönlichkeit ("Schlußgeheimnis der Person") - oder eben in einem Wort: Erfahrung.
 



 
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