Zu Hause in Deutschland - Gleiche unter Gleichen?

Maria Braig

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„Zu Hause in Deutschland – Gleiche unter Gleichen?“ ist eine Anthologie mit Texten von geflüchteten Menschen und von Einheimischen, denen das Einheimischsein gerne abgesprochen wird, weil sie bestimmte Eigenschaften besitzen: Sie sind Schwarz, sie tragen Kopftuch, …

Menschen fliehen nach Deutschland. Um sich vor Not, Verfolgung und Todesgefahr in Sicherheit zu bringen, nehmen sie unendliche Mühen und lebensgefährliche Wege auf sich. Nicht alle schaffen es. Aber die, die angekommen sind, werden sie auch „angenommen“?

Andere wurden hier geboren, leben nach gelungener Flucht schon seit vielen Jahren in Deutschland oder wurden irgendwann einmal als Arbeitsimmigrant*innen angeworben.
Dennoch werden sie oft als die „Anderen“, die Fremden gesehen. Weil sie von Migrant*innen abstammen, weil sie Schwarz sind oder weil sie ein Kopftuch tragen.

Sie alle verbindet, dass sie oft nicht als Gleiche unter Gleichen akzeptiert werden.

MitTexten von zahlreichen Autor*innen, einem Vorwort von Astrid North und Fotos von Lena Reiner

Das Buch mit ca. 160 Seiten kostet 13 Euro und ist im Buchhandel erhältlich. Die Herausgeber- und Autor*innenhonorare werden jeweils nach der halbjährlichen Abrechnung an eine gemeinnützige Organisation gespendet, die in der Geflüchtetenarbeit oder im Empowerment tätig ist.

Gerne verschicke ich auch kostenlose Rezensionsexemplare zur Besprechung in Zeitschriften, BLogs, Foren, Online-Portalen, ...



Wer noch ein wenig Genaueres über das Buch wissen mag, kann sich hier schon mal das Editorial zu Gemüte führen:

Maria Braig
Vorab


Zwei-Welten-Kind nennt sich Marina Maggio, von der die Idee stammte, eine Textsammlung mit Beiträgen von Menschen zusammenzutragen, die in Deutschland geboren sind, die Deutsche sind, aber doch von vielen Deutschen nicht als ihresgleichen gesehen werden. Weil sie Schwarz sind, weil sie asiatische Vorfahren haben, weil sie ein Kopftuch tragen, … einfach weil sie anders sind oder vielmehr als anders gesehen und einsortiert werden. Dabei stellt sich hier die Frage: Warum sind sie anders? Oder noch besser, warum sind gerade sie anders? Die Anderen sind ja immer diejenigen, die wir selbst gerade nicht sind. Also sind wir, je nach Perspektive, alle anders oder eben niemand.

Zwei-Welten-Kinder: Sind sie das wirklich oder werden sie nur dazu gemacht?

Es gab Diskussionen während ich auf der Suche nach Texten für dieses Buch war. Die Frage kam auf: Darf eine weiße Frau ein Buch mit Texten von Schwarzen Menschen herausgeben? Oder dürfen sie das nur selbst tun? Oder darf sie das tun, muss sich aber anders, grundsätzlicher mit Rassismus auseinandersetzen, als ich dies in diesem Buch kann und will?
Manche Autor*innen sind wegen dieser Frage abgesprungen, ich selbst begann zu zweifeln, habe mich dann aber dennoch entschieden, weiter an der Anthologie zu arbeiten.
Ich selbst bin weiß, deutsch, anatomisch weiblich und katholisch geboren. Lediglich den Katholizismus habe ich abgelegt, der Rest klebt an mir und ich versuche, mich damit auseinanderzusetzen, finde aber immer wieder leere oder falsch besetzte Stellen in der Landkarte meiner Erkenntnisse und in meiner Auseinandersetzung mit den Problemstellungen. Dies ist für mich persönlich aber kein Grund, nicht weiter zu lernen und parallel dazu in die Öffentlichkeit zu gehen. Auch wenn ich (noch) nicht alle meine rassistischen Anteile, alle (unbewussten) Vorurteile und Klischeevorstellungen, die ich mit mir herumschleppe, ablegen konnte – ich bin fast sicher, dass es niemanden gibt, dem dies hundertprozentig gelingen kann, auch wenn wir das gerne von uns glauben möchten – so sehe ich doch nichts Falsches daran, das Thema Rassismus zu bearbeiten und meine Möglichkeiten auszuschöpfen: Ich habe die Möglichkeit zur Veröffentlichung und kann deshalb die Möglichkeit, Texte öffentlich zu machen, wie in Form dieser Textsammlung, weitergeben an andere, die selbst diese Gelegenheit nicht haben.
Parallel zu meiner Arbeit an diesem Projekt, schlug mir der Verlag 3.0 vor, in der Fortsetzung der Anthologie „Jetzt bin ich hier“ einen weiteren Band mit Texten von geflüchteten Menschen zusammenzustellen.
Herausgekommen ist nun letztendlich dieses Buch, das beide Ideen in sich verbindet.
Im ersten Teil „Angekommen“ habe ich erneut Texte von Geflüchteten zusammengetragen. Sie handeln meist von der Flucht und den Gründen, die Heimat zu verlassen, vom Ankommen in der Fremde und dem Versuch dort heimisch zu werden.
Im zweiten Teil „Angenommen?“ finden sich Texte von eben diesen Angekommenen und von immer schon Dagewesenen, die erzählen, welche Unterschiede zwischen Menschen gemacht werden, wie viel Diskriminierung sie erfahren, einzig aus dem Grund, weil sie sich äußerlich von der Mehrheit unterscheiden. Die Autor*innen beschreiben, wie ihnen wegen Äußerlichkeiten die grundsätzliche Gleichheit abgesprochen wird, wie sie zu Den Anderen gemacht werden, zu Zwei-Welten-Kindern, auch wenn sie selbst das so gar nicht empfinden.

Was fehlt, was aber ein ganz eigenes neues Projekt wäre, ist die Antwort auf die Frage, warum das so ist und welche Eigenschaften eigentlich wirklich zählen und weshalb gerade diese. Warum unterscheiden wir Menschen anhand ihrer Hautfarbe und ihrer Religion? Warum werden Schwarze Menschen oder Muslime nicht automatisch ebenso als Deutsche wahrgenommen, wie Weiße, die äußerlich ihre nichtchristliche Religionszugehörigkeit nicht zu erkennen geben?
Dass sich Nationalität nicht an der Haufarbe festmacht, ist im Sport keine Frage. Warum dann bei gewöhnlichen Menschen?
Was verbirgt sich hinter dieser Ab- und Ausgrenzung, welche Ängste stecken dahinter?

All diese Fragen kann dieses Buch nicht beantworten, aber es kann dazu beitragen, auch den weißen christlich sozialisierten Deutschen aufzuzeigen, dass es diese Probleme gibt. Es kann ihnen vielleicht zum ersten Mal klar machen, dass sie selbst auch oft noch so denken und dadurch genau dieses diskriminierende Denken aufbrechen. Das wäre ein erster Schritt, auf den andere, wie die Beantwortung der Frage nach dem Warum folgen können. Vor allem aber, was mir wichtiger erscheint als das Warum zu klären, soll das Buch dazu beitragen, durch das Aufzeigen der Situation diese zu verändern.

Denn wer ein Problem erkennt, kann dieses auch beseitigen. Wer erkennt, dass er/sie unbewusst unterscheidet, wo es nichts zu unterscheiden gibt – nicht bei den Ankommenden und nicht bei den immer Dagewesenen – kann die Zukunft gemeinsam auf Augenhöhe lebenswert machen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Marina Maggio für ihre Idee, beim Verlag 3.0 für die Möglichkeit, dieses Buch zu veröffentlichen und vor allem bei allen Autorinnen und Autoren, die uns ihre Texte zur Verfügung stellen und ihre Honorare spenden. (Alle Honorare von Autor*innen und Herausgeberin, die durch den Verkauf dieses Buches entstehen, gehen in die Flüchtlingsarbeit oder in Empowerment-Projekte.)


Und nicht zuletzt geht ein riesiges Dankeschön an die großartige Sängerin Astrid North, die sich die Zeit genommen hat, ein Vorwort für diese Anthologie zu schreiben.

Osnabrück, November 2016
 



 
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