Heinrich VII
Mitglied
Jens wohnte schon eine Weile in dieser Wohnung im dritten Stock. Sie hatte einen schönen Balkon mit einem weiten Blick, das war das Beste daran. In der Wohnung gleich nebenan wechselten die Mieter. Eine junge Frau zog ein und es war dazu noch im Frühsommer. Das bedeutete, dass man sich unweigerlich auf dem Balkon traf – das Mäuerchen, das die beiden Balkone trennte, war gerade mal hüfthoch.
„Ich bin die Rita“, stellte sie sich vor, als Jens sie zum ersten Mal zu Gesicht bekam.
„Jens“, antwortete er und beide gaben sich über das Mäuerchen die Hand.
„Wohnst du schon lange hier?“, wollte sie wissen.
„Ja, ziemlich“, antwortete Jens.
Rita trat an die Balkonbrüstung und sah in die Weite.
„Eine tolle Aussicht hat man hier.“
„Ja, das stimmt“, bestätigte Jens.
Er betrachtete die neue Mieterin. Sie war hübsch, hatte eine tolle Figur, die langen Haare und ihr verführerischer Mund ließen sie sehr weiblich erscheinen. Vom Alter her schätzte er sie zwei bis drei Jahre jünger als er. Gefährlich, dachte er. Ich sollte mich jetzt besser verabschieden und wieder rein gehen.
„Ich muss jetzt gehen“, sagte er, „hab noch was zu erledigen.“
Rita drehte sich zu ihm um: „Oh, das ist schade. Ich dachte, ich könnte dich auf etwas zu trinken einladen – so als Einstand.“
Jens schüttelte den Kopf. „Ne, tut mir leid. Vielleicht ein andermal.“
Rita nickte. Sie war enttäuscht, das war ihrem Gesicht unschwer anzusehen.
In der Folgezeit spähte Jens, bevor er den Balkon betrat, vorsichtig durch das Fenster, ob Rita draußen war. Wenn ja, blieb er in der Wohnung. Es war warm und die Sonne schien, es war eine Schande, nicht raus zu gehen, aber Jens blieb in seiner Wohnung. Das ging einige Wochen so, bis es eines Abends an seiner Tür klingelte. Er machte auf, Rita stand da und hielt eine Flasche Wein in der Hand. „Wenn der Jens nicht zur Rita kommt“, sagte sie, „muss die Rita zum Jens kommen.“
Jens sah sie überrascht an. Einen Moment war er drauf und dran, sie abzuwimmeln. Aber sie lächelte ihn so freundlich an, dass er sie stattdessen herein bat. „Wir müssen den Einstand nachholen“, erklärte Rita feierlich.
Jens nickte und ging in die Küche, um zwei Gläser und einen Korkenzieher zu holen. Er stellte die Gläser im Wohnzimmer auf den Tisch und öffnete die Flasche. Dann schenkte er ein und reichte Rita ein Glas. Sie stießen im Stehen „auf die neue Wohnung“ an und nahmen beide einen Schluck. Danach sagte Jens: „Setzen wir uns – oder willst du stehen bleiben?“
Rita lachte und zeigte aus dem Fenster. „Auf dem Balkon wäre es vielleicht noch besser, es ist so schön draußen.“
Jens nickte, beide nahmen ihr Glas, gingen hinaus und setzten sich auf den Balkon. Es blieb bei Smalltalk und man lernte sich ein bisschen kennen. Woher bist du, was machst du, was hat dich hierher verschlagen und so weiter. Sie flirtete Gott sei Dank nicht, das wäre Jens peinlich gewesen. Obwohl es vielleicht nur eine Frage der Zeit war, dass es doch passierte, wenn sie sich auf dem Balkon trafen.
Tage vergingen, ohne dass sie sich wieder sahen. Vermutlich ist sie in ihrem Job ziemlich eingespannt, dachte Jens - Krankenschwester, kein leichter Beruf. Er selbst saß acht Stunden am Tag im Büro und erledigte Abrechnungen. Er konnte ohne Stress arbeiten und musste keine Minute länger als vorgegeben auf seinem Sessel kleben.
An einem Samstagmittag saß er mit aufgespanntem Sonnenschirm, ein Bier offen und einem Buch in der Hand auf dem Balkon, als nebenan die Tür aufging. „Hallo Jens“, sagte Rita überschwänglich und schien sehr fröhlich zu sein, „schön, dich mal wiederzusehen.“
Jens erhob sich und gab ihr über das Mäuerchen die Hand. „Ja, schön dich zu treffen.“
Er musterte den Grill, den Rita mitgebracht hatte und in eine Ecke stellte.
„Willst du heute grillen?“
Rita nickte. „Es wird am Anfang etwas rauchen, stört dich das?“
„Nein – hier draußen ist das kein Problem, der Wind weht den Rauch weg.“
Rita legte Kohle in die Schale, zündete sie an, blies die Glut an und verschwand kurz, um mit Steaks und Würstchen zurückzukehren.
„Du bist eingeladen – ich hoffe, du sagst nicht nein.“
Jens zögerte und fragte verlegen: „Hast du auch Bier?“
Rita lachte. „Sicher – was glaubst du denn?“
Nicht viel später saßen beide auf Ritas Balkon, hatten ein Steak auf dem Teller und etwas von dem Kartoffelsalat und dem Tsatsiki, den Rita zubereitet hatte. Es schmeckte und beide langten herzhaft zu. Dazu tranken sie Bier. Und schließlich saßen beide da, rauchten und sahen sich an. Jens zog an seiner Zigarette, er fühlte sich unbehaglich, weil er fürchtete, dass jetzt jene Sache kommen würde, die er so fürchtete.
„Erlaubst du mir eine Frage, mein lieber Nachbar?“, fragte Rita.
Jens sah sie überrascht an und wusste nicht, was er antworteten sollte.
„Gehst du mir aus dem Weg?“
Jens fühlte sich ertappt, wurde leicht rot und wehrte heftig ab.
Rita betrachtete ihn ruhig und fragte: „Bin ich so schrecklich, dass du ..?“
„Nein!“, unterbrach Jens sie, „es liegt nicht an dir. Du bist okay – es ist weil ...“
„Ja?“
Jens verstummte. „Es ist immer dasselbe“, brachte er heraus, mehr zu sich selbst als zu Rita.
Rita sah ihn mitfühlend an. „Sprichst du von einem Problem?“
Jens schwieg. Dann sagte er: „Bitte Rita, ich will nicht darüber reden.“
Rita zögerte einen Moment und antwortete: „Ich bin Krankenschwester, ich habe schon viel gesehen, kann viel aushalten und verstehen.“
Jens stand auf. Er steckte seine Zigarettenschachtel ein, die auf dem Tisch lag und ging zum Mäuerchen, um darüber zu klettern.
„Jetzt warte doch mal!“, rief Rita ihm nach.
Kurz danach saß er im Wohnzimmer, goss er sich einen Whisky ein und dachte: Wie soll ich je damit fertigwerden? Es ist zum Verzweifeln: Manche würden sich wünschen, so etwas zu haben wie ich; für mich ist es der reine Horror. Und dann diese attraktive Frau nebenan. Single, wie ich - und sie scheint mich zu mögen. Wie würde sie reagieren, wenn ich mich ihr offenbarte? Er musste auf jeden Fall verhindern, dass er sich in Rita verliebte. In den Wochen danach vermied er jede Begegnung. Jedes Mal, bevor er auf den Balkon gehen wollte, blickte er prüfend hinüber. Wenn Rita da war, blieb er in seiner Wohnung.
Die Wende kam an einem Augustabend. Jens trat nichtsahnend und nackt aus der Dusche; die Balkontür stand weit offen, weil es so warm war.
Rita tauchte plötzlich auf seinem Balkon auf, weil sie ihm etwas bringen wollte. Und dann sah sie seinen riesigen Penis.
„Mein Gott!“, entfuhr es ihr ungewollt.
Jens griff hastig nach dem bereitliegenden Handtuch und schlang es sich um die Hüften.
„Was machst du auf meinem Balkon? Du kannst doch nicht einfach -“
“Ich wollte dir etwas bringen“, unterbrach sie ihn, „die Tür stand offen.“
Sie hob eine Flasche hoch: „Diesen schottischen Malt. Ich habe ihn im Spirituosengeschäft entdeckt – weil du gerne Whisky trinkst.“
Einen Moment wusste Jens nicht, was er tun sollte. Sie hatte auf seinem Balkon nichts verloren. Andererseits war sie dort, um ihm ein exzellentes Geschenk zu machen – einen Malt.
„Komm rein und setz dich“, sagte er schließlich. „Ich ziehe mich an. Holst du in der Küche zwei Gläser?“ Rita nickte, stellte die Flasche auf den Wohnzimmertisch und ging zur Küche.
Als Jens zurückkam, waren die Gläser bereit. Er betrachtete das Etikett, nickte anerkennend. „Ein guter Tropfen. Kennst du dich damit aus?“
„Ich nicht“, antwortete sie, „der Verkäufer schon.“
Sie lachten beide.
Jens öffnete die Flasche, füllte die Gläser und beide nahmen einen Schluck. Der edle Tropfen ging geschmeidig runter und so wurde die Flasche bald Stück für Stück leerer und die Stimmung stieg. Es ging so weit, dass Rita Jens schließlich küsste. Erst nur zaghaft. Dann etwas mehr. Und dann lagen sie eng umschlungen auf dem Sofa. Jens Gedankenkarussell war durch den Whisky ausgeschaltet. Er genoss den Augenblick, so unbeschwert und nah mit Rita zusammen zu sein.
Als er am nächsten Morgen wach wurde, brauchte er einen Moment um sich zu kommen. Rita lag neben ihm auf dem Sofa, halb zugedeckt.
Auf dem Tisch stand die Whiskyflasche, fast leer. Er setzte sich auf und blieb zunächst stumm. Rita öffnete die Augen, lächelte, wenn auch zaghaft.
„Guten Morgen.“
„Morgen“, antwortete Jens.
Eine Pause entstand, ehe er sagte: „Du hast mich gestern nackt gesehen.“
Sie nickte. „Ja!“
„Das war mir peinlich, wie du gemerkt hast.“
„Kann ich verstehen. Ich wollte dir nur den Whisky bringen, dann sah ich, dass die Balkontür offen stand, und bin übers Mäuerchen.“
Er blickte sie mit gemischten Gefühlen an.
„Ich weiß, dass die Leute komisch reagieren, wenn sie so etwas sehen.“
„Was ist schon dabei?“, erwiderte Rita. „Es gibt eben verschiedene Größen.“
„So siehst du das?“
Rita nickte.
Hatte sich Jens die ganze Zeit umsonst gekrämt? Und diese Ausweicherei wäre gar nicht nötig gewesen?
Es gibt verschiedene Größen – sie war die erste Frau, die so etwas sagte.
Neue Hoffnung keimte in Jens auf.
„Bleibst du noch ein bisschen?“
Rita sah ihn wohlwollend an.
Dann lächelte sie, ein echtes, warmes Lächeln.
„Ja - ich bleibe noch.“
„Ich bin die Rita“, stellte sie sich vor, als Jens sie zum ersten Mal zu Gesicht bekam.
„Jens“, antwortete er und beide gaben sich über das Mäuerchen die Hand.
„Wohnst du schon lange hier?“, wollte sie wissen.
„Ja, ziemlich“, antwortete Jens.
Rita trat an die Balkonbrüstung und sah in die Weite.
„Eine tolle Aussicht hat man hier.“
„Ja, das stimmt“, bestätigte Jens.
Er betrachtete die neue Mieterin. Sie war hübsch, hatte eine tolle Figur, die langen Haare und ihr verführerischer Mund ließen sie sehr weiblich erscheinen. Vom Alter her schätzte er sie zwei bis drei Jahre jünger als er. Gefährlich, dachte er. Ich sollte mich jetzt besser verabschieden und wieder rein gehen.
„Ich muss jetzt gehen“, sagte er, „hab noch was zu erledigen.“
Rita drehte sich zu ihm um: „Oh, das ist schade. Ich dachte, ich könnte dich auf etwas zu trinken einladen – so als Einstand.“
Jens schüttelte den Kopf. „Ne, tut mir leid. Vielleicht ein andermal.“
Rita nickte. Sie war enttäuscht, das war ihrem Gesicht unschwer anzusehen.
In der Folgezeit spähte Jens, bevor er den Balkon betrat, vorsichtig durch das Fenster, ob Rita draußen war. Wenn ja, blieb er in der Wohnung. Es war warm und die Sonne schien, es war eine Schande, nicht raus zu gehen, aber Jens blieb in seiner Wohnung. Das ging einige Wochen so, bis es eines Abends an seiner Tür klingelte. Er machte auf, Rita stand da und hielt eine Flasche Wein in der Hand. „Wenn der Jens nicht zur Rita kommt“, sagte sie, „muss die Rita zum Jens kommen.“
Jens sah sie überrascht an. Einen Moment war er drauf und dran, sie abzuwimmeln. Aber sie lächelte ihn so freundlich an, dass er sie stattdessen herein bat. „Wir müssen den Einstand nachholen“, erklärte Rita feierlich.
Jens nickte und ging in die Küche, um zwei Gläser und einen Korkenzieher zu holen. Er stellte die Gläser im Wohnzimmer auf den Tisch und öffnete die Flasche. Dann schenkte er ein und reichte Rita ein Glas. Sie stießen im Stehen „auf die neue Wohnung“ an und nahmen beide einen Schluck. Danach sagte Jens: „Setzen wir uns – oder willst du stehen bleiben?“
Rita lachte und zeigte aus dem Fenster. „Auf dem Balkon wäre es vielleicht noch besser, es ist so schön draußen.“
Jens nickte, beide nahmen ihr Glas, gingen hinaus und setzten sich auf den Balkon. Es blieb bei Smalltalk und man lernte sich ein bisschen kennen. Woher bist du, was machst du, was hat dich hierher verschlagen und so weiter. Sie flirtete Gott sei Dank nicht, das wäre Jens peinlich gewesen. Obwohl es vielleicht nur eine Frage der Zeit war, dass es doch passierte, wenn sie sich auf dem Balkon trafen.
Tage vergingen, ohne dass sie sich wieder sahen. Vermutlich ist sie in ihrem Job ziemlich eingespannt, dachte Jens - Krankenschwester, kein leichter Beruf. Er selbst saß acht Stunden am Tag im Büro und erledigte Abrechnungen. Er konnte ohne Stress arbeiten und musste keine Minute länger als vorgegeben auf seinem Sessel kleben.
An einem Samstagmittag saß er mit aufgespanntem Sonnenschirm, ein Bier offen und einem Buch in der Hand auf dem Balkon, als nebenan die Tür aufging. „Hallo Jens“, sagte Rita überschwänglich und schien sehr fröhlich zu sein, „schön, dich mal wiederzusehen.“
Jens erhob sich und gab ihr über das Mäuerchen die Hand. „Ja, schön dich zu treffen.“
Er musterte den Grill, den Rita mitgebracht hatte und in eine Ecke stellte.
„Willst du heute grillen?“
Rita nickte. „Es wird am Anfang etwas rauchen, stört dich das?“
„Nein – hier draußen ist das kein Problem, der Wind weht den Rauch weg.“
Rita legte Kohle in die Schale, zündete sie an, blies die Glut an und verschwand kurz, um mit Steaks und Würstchen zurückzukehren.
„Du bist eingeladen – ich hoffe, du sagst nicht nein.“
Jens zögerte und fragte verlegen: „Hast du auch Bier?“
Rita lachte. „Sicher – was glaubst du denn?“
Nicht viel später saßen beide auf Ritas Balkon, hatten ein Steak auf dem Teller und etwas von dem Kartoffelsalat und dem Tsatsiki, den Rita zubereitet hatte. Es schmeckte und beide langten herzhaft zu. Dazu tranken sie Bier. Und schließlich saßen beide da, rauchten und sahen sich an. Jens zog an seiner Zigarette, er fühlte sich unbehaglich, weil er fürchtete, dass jetzt jene Sache kommen würde, die er so fürchtete.
„Erlaubst du mir eine Frage, mein lieber Nachbar?“, fragte Rita.
Jens sah sie überrascht an und wusste nicht, was er antworteten sollte.
„Gehst du mir aus dem Weg?“
Jens fühlte sich ertappt, wurde leicht rot und wehrte heftig ab.
Rita betrachtete ihn ruhig und fragte: „Bin ich so schrecklich, dass du ..?“
„Nein!“, unterbrach Jens sie, „es liegt nicht an dir. Du bist okay – es ist weil ...“
„Ja?“
Jens verstummte. „Es ist immer dasselbe“, brachte er heraus, mehr zu sich selbst als zu Rita.
Rita sah ihn mitfühlend an. „Sprichst du von einem Problem?“
Jens schwieg. Dann sagte er: „Bitte Rita, ich will nicht darüber reden.“
Rita zögerte einen Moment und antwortete: „Ich bin Krankenschwester, ich habe schon viel gesehen, kann viel aushalten und verstehen.“
Jens stand auf. Er steckte seine Zigarettenschachtel ein, die auf dem Tisch lag und ging zum Mäuerchen, um darüber zu klettern.
„Jetzt warte doch mal!“, rief Rita ihm nach.
Kurz danach saß er im Wohnzimmer, goss er sich einen Whisky ein und dachte: Wie soll ich je damit fertigwerden? Es ist zum Verzweifeln: Manche würden sich wünschen, so etwas zu haben wie ich; für mich ist es der reine Horror. Und dann diese attraktive Frau nebenan. Single, wie ich - und sie scheint mich zu mögen. Wie würde sie reagieren, wenn ich mich ihr offenbarte? Er musste auf jeden Fall verhindern, dass er sich in Rita verliebte. In den Wochen danach vermied er jede Begegnung. Jedes Mal, bevor er auf den Balkon gehen wollte, blickte er prüfend hinüber. Wenn Rita da war, blieb er in seiner Wohnung.
Die Wende kam an einem Augustabend. Jens trat nichtsahnend und nackt aus der Dusche; die Balkontür stand weit offen, weil es so warm war.
Rita tauchte plötzlich auf seinem Balkon auf, weil sie ihm etwas bringen wollte. Und dann sah sie seinen riesigen Penis.
„Mein Gott!“, entfuhr es ihr ungewollt.
Jens griff hastig nach dem bereitliegenden Handtuch und schlang es sich um die Hüften.
„Was machst du auf meinem Balkon? Du kannst doch nicht einfach -“
“Ich wollte dir etwas bringen“, unterbrach sie ihn, „die Tür stand offen.“
Sie hob eine Flasche hoch: „Diesen schottischen Malt. Ich habe ihn im Spirituosengeschäft entdeckt – weil du gerne Whisky trinkst.“
Einen Moment wusste Jens nicht, was er tun sollte. Sie hatte auf seinem Balkon nichts verloren. Andererseits war sie dort, um ihm ein exzellentes Geschenk zu machen – einen Malt.
„Komm rein und setz dich“, sagte er schließlich. „Ich ziehe mich an. Holst du in der Küche zwei Gläser?“ Rita nickte, stellte die Flasche auf den Wohnzimmertisch und ging zur Küche.
Als Jens zurückkam, waren die Gläser bereit. Er betrachtete das Etikett, nickte anerkennend. „Ein guter Tropfen. Kennst du dich damit aus?“
„Ich nicht“, antwortete sie, „der Verkäufer schon.“
Sie lachten beide.
Jens öffnete die Flasche, füllte die Gläser und beide nahmen einen Schluck. Der edle Tropfen ging geschmeidig runter und so wurde die Flasche bald Stück für Stück leerer und die Stimmung stieg. Es ging so weit, dass Rita Jens schließlich küsste. Erst nur zaghaft. Dann etwas mehr. Und dann lagen sie eng umschlungen auf dem Sofa. Jens Gedankenkarussell war durch den Whisky ausgeschaltet. Er genoss den Augenblick, so unbeschwert und nah mit Rita zusammen zu sein.
Als er am nächsten Morgen wach wurde, brauchte er einen Moment um sich zu kommen. Rita lag neben ihm auf dem Sofa, halb zugedeckt.
Auf dem Tisch stand die Whiskyflasche, fast leer. Er setzte sich auf und blieb zunächst stumm. Rita öffnete die Augen, lächelte, wenn auch zaghaft.
„Guten Morgen.“
„Morgen“, antwortete Jens.
Eine Pause entstand, ehe er sagte: „Du hast mich gestern nackt gesehen.“
Sie nickte. „Ja!“
„Das war mir peinlich, wie du gemerkt hast.“
„Kann ich verstehen. Ich wollte dir nur den Whisky bringen, dann sah ich, dass die Balkontür offen stand, und bin übers Mäuerchen.“
Er blickte sie mit gemischten Gefühlen an.
„Ich weiß, dass die Leute komisch reagieren, wenn sie so etwas sehen.“
„Was ist schon dabei?“, erwiderte Rita. „Es gibt eben verschiedene Größen.“
„So siehst du das?“
Rita nickte.
Hatte sich Jens die ganze Zeit umsonst gekrämt? Und diese Ausweicherei wäre gar nicht nötig gewesen?
Es gibt verschiedene Größen – sie war die erste Frau, die so etwas sagte.
Neue Hoffnung keimte in Jens auf.
„Bleibst du noch ein bisschen?“
Rita sah ihn wohlwollend an.
Dann lächelte sie, ein echtes, warmes Lächeln.
„Ja - ich bleibe noch.“
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