Zum Teufel mit Corona, oder: Joint Venture
In der Hölle herrscht Flaute. Der Teufel hat seine übliche miese Laune, und die lässt er mal wieder an seinen Mitarbeitern aus. Ein Teil der Hilfsteufel und Kohlenschipper sind in Kurzarbeit, die anderen bemühen sich nach Kräften, den wenigen Kunden ordentlich einzuheizen. Was bleibt ihnen auch sonst übrig, um den Frust zu kompensieren. Sie können doch wirklich nichts dafür!
Und alles wegen dieser Corona-Pandemie. Normalerweise bedeuten doch schlechte Zeiten auf der Erde eine Hochkonjunktur für die Hölle. Aber diesmal? Vor lauter Lockdown, Homeoffice, Abstandsgebote und Vermummungsanordnungen haben die Menschen doch gar keine Gelegenheit mehr zu sündigen.
Ehebruch? Männer und Frauen sitzen zuhause und passen gegenseitig aufeinander auf. Und wenn sich doch mal die Gelegenheit für ein paar freie Stunden ergibt, wie soll man da mit jemanden in Kontakt kommen? Bars, Kneipen und alle Etablissements, die Vergnügen versprechen: geschlossen! Männer und Frauen auf der Straße und den Geschäften lustfeindlich vermummt. Keine Chancen, keine Sünden! Und wenn es wirklich mal zu einer schnellen Vereinigung kommt, ist das Vergnügen mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz auch nicht wirklich prickelnd.
Du sollst nicht stehlen? Homeoffice, Kinderbetreuung, Ausgangssperre: die Leute sind doch permanent zuhause! Keine Chance für Diebstähle oder Überfälle. Ladendiebstahl ist noch im üblichen Rahmen, aber Einbruch meldet eine Einbuße von 90 %.
Mord und Totschlag? Rückläufig! Ein wenig mehr häusliche Gewalt, aber das macht den Kohl auch nicht fett.
Und jetzt noch der totale Lockdown: keine Familienfehden zu Weihnachten, keine Nachbarschaftsstreitigkeiten zu Silvester, nur Friede, Freude, Eierkuchen! Dazu fehlte nur noch ein Heimatfilm mit dem Titel: „Es ist kaah Sünd mehr auf der Welt!“
Der Teufel starrt grimmig ins Feuer: Es muss sich etwas ändern! Wo ist denn die fehlende Kundschaft? Natürlich im Himmel! Dort muss es doch rammelvoll sein. Kommen die denn damit überhaupt klar? Sollte er nicht einfach mal seine Hilfe anbieten?
Er greift zum Telefon und drückt den rot markierten Knopf, die direkte Leitung: „Hallo, wer ist dort? … Das Vorzimmer Gottes? Ich möchte den Chef sprechen! … Was, Krisensitzung? Wann kann man ihn denn erreichen? … Nicht absehbar? Sagen Sie ihm, er soll mich so bald wie möglich zurückrufen. Es wäre auch zu seinem Vorteil!“.
Dann wirft den Hörer auf die Gabel, scheißt noch kurz einen Hilfsteufel zusammen, der ihm gerade über den Weg läuft, und gibt sich wieder seinen Depressionen hin.
*****
Gott ist gestresst! Petrus auf der Intensivstation, die Hälfte der Verwaltungsengel in Quarantäne, und draußen vor der Pforte stauen sich die Seelen.
Seit Stunden hockt er nun schon wieder in einer dieser ewigen Krisensitzungen, der bereits dritten diese Woche. Und keine Lösung in Sicht! „Da füttert man nun diesen Haufen ‚Experten‘ jahrelang durch, und wenn sie gebraucht werden, sind die zu nichts nütze! Geschwafel hier, Ausflüchte dort, aber keine klare Antwort auf die Herausforderungen dieser merkwürdigen Zeit.
Das Problem ist doch, dass es im Moment einfach zu viele gute Menschen gibt. Niemand hat mehr die Gelegenheit, eine Sünde zu begehen. Dazu kommt, dass auch ein Großteil der Schutzengel infiziert oder in Quarantäne ist. Die fallen aus wenn es darum geht, den eine oder anderen Unfall oder eine Infektion zu verhindern. Und das bedeutet dann wiederum: noch mehr Kundschaft vor der Tür!
Die einzig relevanten Gruppen von Sündern sind heutzutage doch nur die Mundschutzverweigerer, Aluhutträger, Impfgegner und sonstige Querköpfe, die grundsätzlich gegen alles sind. Da ist die Sache klar, die tragen eine gewaltige Mitschuld an der Krise, die kann man sofort absondern und in die Hölle schicken. Aber es bleiben immer noch zu viele übrig.
Moment mal, was sagte der Infektionsfachmann eben? Eine der wichtigsten Ansteckungsherde in den letzten Wochen waren Ausschank und Konsum von Glühwein und sonstigen alkoholhaltigen Getränken in der Öffentlichkeit? Ich glaube, ich habe da eine Idee, ich muss gleich mal mit den Medizintechnikern sprechen!“
Zwei Stunden später ruft Gott den Teufel an und unterbreitet ihm seine Idee. Dieser ist hell begeistert, bedankt sich für das Vertrauen und sichert strikte Einhaltung der eben getroffenen Vereinbarungen zu.
Danach erklärt Gott persönlich in einer eilig angesetzten Pressekonferenz die zur Behebung der unhaltbaren hygienischen Zustände auf dem Platz vor der Himmelspforte notwendigen Schritte:
- Bis Ende der Woche wird ein Schnelltest entwickelt, mit dem sich sicher feststellen lässt, wer in den letzten 4 Wochen mindestens einen Becher Glühwein konsumiert hat.
- Der Konsum von Glühwein in den letzten 4 Wochen wird rückwirkend zur Sünde erklärt.
- Alle Einlassbegehrende werden beprobt. Positiv getestete Personen erhalten eine zweiseitige Information mit Erläuterung der leider erforderlichen Maßnahmen und einer genauen Wegbeschreibung zum Fahrstuhl in die Hölle.
- Das weitere Vorgehen ist mit dem Teufel abgesprochen. Dieser hat eine bevorzugte Behandlung und den Verzicht auf die schlimmsten Torturen zugesichert.
- Wenn sich die Lage an der Himmelspforte wieder normalisiert hat, kann der betroffenen Personenkreis erneut bei Petrus vorsprechen. Gute Führung in der Hölle wird auf das Urteil angerechnet!
Dann hebt Gott den Blick und schaut eindringlich auf die vor ihm sitzenden Presseleute: „Außerdem, meine Damen und Herren, bitte übermitteln sie auch dies noch auf allen Ihnen zur Verfügung stehenden Kanälen:
- Im Moment rekrutieren wir unter den Mitgliedern der Himmlischen Heerscharen geeignete Freiwillige. Diese werden während der gesamten Zeit des Lockdowns, besonders aber während Weihnachten und Silvester, das Geschehen auf der Erde beobachten und alle Personen registrieren, die sich nicht strikt an die Abstands- und Versammlungsregeln halten.
- Alle auffälligen Subjekte werden in einer Datenbank gespeichert. Wenn diese irgendwann einmal bei Petrus erscheinen müssen, werden sie sicher erkannt und ebenfalls für eine kürzere oder längere Runde durch die Hölle geschickt. Dies ist unabhängig vom Zeitpunkt ihres Ablebens, also auch noch in 100 Jahren!“
*****
Zwei Wochen später hat sich die Situation auf allen Ebenen eingespielt: vor der Himmelstür staut sich nur noch die übliche Schlange, und die Hölle ist wieder voll ausgelastet.
Nachdem die Masse der Glühwein-Sünder abgearbeitet ist, geht man nahtlos zu den Abstands- und Versammlungsregel-Ignoranten über. Der Nachschub für lange Zeit ist sicher!
In der Hölle herrscht Flaute. Der Teufel hat seine übliche miese Laune, und die lässt er mal wieder an seinen Mitarbeitern aus. Ein Teil der Hilfsteufel und Kohlenschipper sind in Kurzarbeit, die anderen bemühen sich nach Kräften, den wenigen Kunden ordentlich einzuheizen. Was bleibt ihnen auch sonst übrig, um den Frust zu kompensieren. Sie können doch wirklich nichts dafür!
Und alles wegen dieser Corona-Pandemie. Normalerweise bedeuten doch schlechte Zeiten auf der Erde eine Hochkonjunktur für die Hölle. Aber diesmal? Vor lauter Lockdown, Homeoffice, Abstandsgebote und Vermummungsanordnungen haben die Menschen doch gar keine Gelegenheit mehr zu sündigen.
Ehebruch? Männer und Frauen sitzen zuhause und passen gegenseitig aufeinander auf. Und wenn sich doch mal die Gelegenheit für ein paar freie Stunden ergibt, wie soll man da mit jemanden in Kontakt kommen? Bars, Kneipen und alle Etablissements, die Vergnügen versprechen: geschlossen! Männer und Frauen auf der Straße und den Geschäften lustfeindlich vermummt. Keine Chancen, keine Sünden! Und wenn es wirklich mal zu einer schnellen Vereinigung kommt, ist das Vergnügen mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz auch nicht wirklich prickelnd.
Du sollst nicht stehlen? Homeoffice, Kinderbetreuung, Ausgangssperre: die Leute sind doch permanent zuhause! Keine Chance für Diebstähle oder Überfälle. Ladendiebstahl ist noch im üblichen Rahmen, aber Einbruch meldet eine Einbuße von 90 %.
Mord und Totschlag? Rückläufig! Ein wenig mehr häusliche Gewalt, aber das macht den Kohl auch nicht fett.
Und jetzt noch der totale Lockdown: keine Familienfehden zu Weihnachten, keine Nachbarschaftsstreitigkeiten zu Silvester, nur Friede, Freude, Eierkuchen! Dazu fehlte nur noch ein Heimatfilm mit dem Titel: „Es ist kaah Sünd mehr auf der Welt!“
Der Teufel starrt grimmig ins Feuer: Es muss sich etwas ändern! Wo ist denn die fehlende Kundschaft? Natürlich im Himmel! Dort muss es doch rammelvoll sein. Kommen die denn damit überhaupt klar? Sollte er nicht einfach mal seine Hilfe anbieten?
Er greift zum Telefon und drückt den rot markierten Knopf, die direkte Leitung: „Hallo, wer ist dort? … Das Vorzimmer Gottes? Ich möchte den Chef sprechen! … Was, Krisensitzung? Wann kann man ihn denn erreichen? … Nicht absehbar? Sagen Sie ihm, er soll mich so bald wie möglich zurückrufen. Es wäre auch zu seinem Vorteil!“.
Dann wirft den Hörer auf die Gabel, scheißt noch kurz einen Hilfsteufel zusammen, der ihm gerade über den Weg läuft, und gibt sich wieder seinen Depressionen hin.
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Gott ist gestresst! Petrus auf der Intensivstation, die Hälfte der Verwaltungsengel in Quarantäne, und draußen vor der Pforte stauen sich die Seelen.
Seit Stunden hockt er nun schon wieder in einer dieser ewigen Krisensitzungen, der bereits dritten diese Woche. Und keine Lösung in Sicht! „Da füttert man nun diesen Haufen ‚Experten‘ jahrelang durch, und wenn sie gebraucht werden, sind die zu nichts nütze! Geschwafel hier, Ausflüchte dort, aber keine klare Antwort auf die Herausforderungen dieser merkwürdigen Zeit.
Das Problem ist doch, dass es im Moment einfach zu viele gute Menschen gibt. Niemand hat mehr die Gelegenheit, eine Sünde zu begehen. Dazu kommt, dass auch ein Großteil der Schutzengel infiziert oder in Quarantäne ist. Die fallen aus wenn es darum geht, den eine oder anderen Unfall oder eine Infektion zu verhindern. Und das bedeutet dann wiederum: noch mehr Kundschaft vor der Tür!
Die einzig relevanten Gruppen von Sündern sind heutzutage doch nur die Mundschutzverweigerer, Aluhutträger, Impfgegner und sonstige Querköpfe, die grundsätzlich gegen alles sind. Da ist die Sache klar, die tragen eine gewaltige Mitschuld an der Krise, die kann man sofort absondern und in die Hölle schicken. Aber es bleiben immer noch zu viele übrig.
Moment mal, was sagte der Infektionsfachmann eben? Eine der wichtigsten Ansteckungsherde in den letzten Wochen waren Ausschank und Konsum von Glühwein und sonstigen alkoholhaltigen Getränken in der Öffentlichkeit? Ich glaube, ich habe da eine Idee, ich muss gleich mal mit den Medizintechnikern sprechen!“
Zwei Stunden später ruft Gott den Teufel an und unterbreitet ihm seine Idee. Dieser ist hell begeistert, bedankt sich für das Vertrauen und sichert strikte Einhaltung der eben getroffenen Vereinbarungen zu.
Danach erklärt Gott persönlich in einer eilig angesetzten Pressekonferenz die zur Behebung der unhaltbaren hygienischen Zustände auf dem Platz vor der Himmelspforte notwendigen Schritte:
- Bis Ende der Woche wird ein Schnelltest entwickelt, mit dem sich sicher feststellen lässt, wer in den letzten 4 Wochen mindestens einen Becher Glühwein konsumiert hat.
- Der Konsum von Glühwein in den letzten 4 Wochen wird rückwirkend zur Sünde erklärt.
- Alle Einlassbegehrende werden beprobt. Positiv getestete Personen erhalten eine zweiseitige Information mit Erläuterung der leider erforderlichen Maßnahmen und einer genauen Wegbeschreibung zum Fahrstuhl in die Hölle.
- Das weitere Vorgehen ist mit dem Teufel abgesprochen. Dieser hat eine bevorzugte Behandlung und den Verzicht auf die schlimmsten Torturen zugesichert.
- Wenn sich die Lage an der Himmelspforte wieder normalisiert hat, kann der betroffenen Personenkreis erneut bei Petrus vorsprechen. Gute Führung in der Hölle wird auf das Urteil angerechnet!
Dann hebt Gott den Blick und schaut eindringlich auf die vor ihm sitzenden Presseleute: „Außerdem, meine Damen und Herren, bitte übermitteln sie auch dies noch auf allen Ihnen zur Verfügung stehenden Kanälen:
- Im Moment rekrutieren wir unter den Mitgliedern der Himmlischen Heerscharen geeignete Freiwillige. Diese werden während der gesamten Zeit des Lockdowns, besonders aber während Weihnachten und Silvester, das Geschehen auf der Erde beobachten und alle Personen registrieren, die sich nicht strikt an die Abstands- und Versammlungsregeln halten.
- Alle auffälligen Subjekte werden in einer Datenbank gespeichert. Wenn diese irgendwann einmal bei Petrus erscheinen müssen, werden sie sicher erkannt und ebenfalls für eine kürzere oder längere Runde durch die Hölle geschickt. Dies ist unabhängig vom Zeitpunkt ihres Ablebens, also auch noch in 100 Jahren!“
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Zwei Wochen später hat sich die Situation auf allen Ebenen eingespielt: vor der Himmelstür staut sich nur noch die übliche Schlange, und die Hölle ist wieder voll ausgelastet.
Nachdem die Masse der Glühwein-Sünder abgearbeitet ist, geht man nahtlos zu den Abstands- und Versammlungsregel-Ignoranten über. Der Nachschub für lange Zeit ist sicher!