Wir (Jupp, Julian, Süleymann und ich) fuhren eines Sonntags mit unseren Rädern los, um Sommerbarsche zu fangen. Barsche sind die stärksten Raubfische, die man angeln kann, zumindest wurde das in den ersten aufkommenden YouTube-Videos behauptet. Natürlich fischten wir alle ohne Erlaubnisschein. Der Angelschein, den wir eigentlich dringend benötigten, war für uns das größte Ziel im Leben. Einmal diesen Angelschein zu machen, war wichtiger als der Hauptschulabschluss und noch wichtiger als der Mofaführerschein. Für diesen Angelschein musste man abends einen sehr lernintensiven Vorbereitungskurs in einer Kneipe besuchen. Aus unerklärlichen Gründen machte keiner von uns diesen Kurs.
Daran änderte auch nichts, dass Heini Krummpinkel, ein Junge aus einem jüngeren Jahrgang, letzten Winter wegen Schwarzangeln vom Fischereiaufseher Herrn Klowotzki erwischt und schwer verletzt wurde. Herr Klowotzki kam später wegen etwas anderem ins Gefängnis in Duisburg und erhängte sich angeblich mit einem Nylonstrumpf. Heini fuhr ein halbes Jahr in der Schule im Rollstuhl herum und bei seinen Toilettengängen wurde er von einer Lehrerin betreut. Wir machten uns darüber lustig und riefen: „Heini, muss sich wieder den Arsch abwischen lassen.“
Unsere Angel bestand nur aus einem Plastikbesenstiel, den Jupp seiner Mutter aus dem Putzschrank gestohlen hatte, und einem rostigen Haken. Unter einer Brücke, auf der Autos Richtung Stadt fuhren, ging es los mit der Angelei. Ein fetter Gründling biss sofort an, und auf den Gründling biss einer dieser aggressiven Sommerbarsche. Ich zog ihn heraus, und eine Frau mit Helm und gelber Warnweste rief nach unten: "Lass sofort das arme Fischchen frei, oder ich rufe die Polizei." Irgendwie löste sich der Haken, und der Barsch fiel wieder ins Wasser. Die Frau stand noch einige Zeit auf der Brücke und sprach mit ihrem Mann, der ebenfalls einen Helm und eine gelbe Warnweste trug. Ich vermutete, dass sie tatsächlich vorhatten, die Polizei zu rufen. Die Polizei kam dann auch, aber sie fuhr über die Brücke weiter. Glück gehabt, echt Glück gehabt. Süleymann musste sich dringend erleichtern. Er ging weiter nach hinten unter die Brücke, und im selben Augenblick kam das Fahrradpaar wieder zurück.
Die Frau rief: "Und jetzt auch noch die Umwelt beschmutzen." Süleymann wischte sich mit Blättern den Hintern ab. Das Paar wartete nur darauf, dass wir unter der Brücke hervorkommen. Wir kletterten deshalb den Hang der Brücke nicht wieder hoch, sondern kämpften uns durch einen Dschungel aus Brombeersträuchern. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass der Mann Fotos von unserer Flucht machte. Mit einer dieser ersten Digitalkameras. Der Mann lächelte aus unerklärlichen Gründen die ganze Zeit.
Dann kletterten wir einen Hang hoch und liefen in Richtung eines McDonald's. Wir kauften Cheeseburger und Milchshakes. Den Müll warfen wir neben einer Bank an einer Bushaltestelle.
Jupp kam auf die Idee, die Fliehburg zu besuchen. Die Fliehburg war eine Wohnanlage für Menschen ohne festen Wohnsitz. Ein Typ, der sich als Herr Niang vorstellte und aus dem Senegal kam, zeigte uns seine Bude, die nur aus einer speckigen Matratze, einem Campingkocher und einem Poster der Skyline von New York bestand. Er erzählte, dass er vor Jahren Daten in einen Computer eingegeben hatte, was dann aber von einer Maschine übernommen wurde. Er hatte jedoch vor, in den Reishandel einzusteigen. Wir verstanden nicht, was er damit meinte, fanden das aber irgendwie mega cool. Ich stellte mir sogar vor, irgendwann so wie Herrn Niang zu sein.
Wir verließen den lieben Herrn Niang wieder und kamen auf die Idee, Blitzableiterklötze vom Schuldach zu werfen. Die Grundschule trug den Namen Graf Moltkeschule, und die Blitzableiterklötze waren im Abstand von zwei Metern auf dem Dach der örtlichen Grundschule miteinander verbunden. Wir kletterten auf das Dach und warfen bestimmt zehn von ihnen herunter. Julian, der ein besonders fetter Junge war, blieb unten und sollte Wache schieben. Ihn traf Georg mit einem Klotz direkt am Kopf. Julian war sofort bewusstlos, und eine riesige Schramme zog sich quer über sein Gesicht. "Hat jemand Wasser?" wurde gefragt, "wir müssen ihm Wasser ins Gesicht gießen. Das habe ich so im Fernsehen gesehen." Wir gossen ihm Wasser ins Gesicht. Das Blut vermischte sich mit dem Wasser und floss zur Seite ab. Julian stand auf und meinte, es wäre nichts. Der Hausmeister, Herr Schwarzenberg, kam. Wir versteckten uns hinter einem Hügel im Gras. Komischerweise bemerkte er gar nichts davon, dass die Klötze abgerissen wurden.
Wir hockten gut und gerne zwanzig Minuten kauernd auf diesem Hügel. Als Schwarzenberg weg war, liefen wir zur Trinkhalle. Die Trinkhalle, die nur „die Trinkhalle“ hieß, wurde von einer älteren jugoslawischen Frau geführt, die eine Perücke aus roten Haaren trug. Das war die einzige „Halle“, in der man bereits mit dreizehn Bier kaufen konnte. "Seid ihr schon sechzehn?" "Ja, natürlich." Jupp kam auf die geniale Idee, Altbier zu kaufen. Wir nahmen also Altbier. Das Bier war nicht gekühlt. Wir tranken es trotzdem, und wir taten so, als wäre es unheimlich lecker. "Schön erfrischend." Das sagten wir alle gefühlte achthundertmal. "Schön erfrischend. Lecker."
Die letzten Schlucke sind immer die schwersten. Süleymann hatte filterlose Kippen von seinem Onkel gestohlen, und die rauchten wir natürlich auch noch. Wir taten so, als wären wir angetrunken, und mega cool. Jupp erzählte, dass er sich nächsten Sommer den Hells Angels anschließen möchte. Dafür müsste man aber jemanden ermorden. Das fanden wir auch mega geil.
Der nächste Tag war ein Montag und wieder Schule. Wir fanden das echt super, dieses Altbier. Und deshalb tranken wir das Bier auch während des Unterrichts. Ich trank bestimmt drei Viertel einer Flasche und der Deutschlehrer Herr Fogel teilte der Klasse die mündlichen Noten mit. Ich bekam eine Fünf. Das war mir egal, denn ich interessierte mich für gar nichts.
Ich monierte zwar noch, dass ich mich eigentlich mehrmals im Unterricht gemeldet hätte, aber nie drankam. Vor Werken teilte ich mir noch eine mega geile Flasche Alt mit Jupp. Ein Herr Quitte leitete den Unterricht. Er war gelernter Dachdecker, konnte aber wegen einer Sonderregelung echter Lehrer sein. Er war eigenartig und fuhr mit einem Kickroller durch die Reihen aus Werkbänken. Er trug besonders enge Jeans und strich mit seiner Hand bei den Mädchen direkt am Arm entlang. So verliefen die Tage.
Daran änderte auch nichts, dass Heini Krummpinkel, ein Junge aus einem jüngeren Jahrgang, letzten Winter wegen Schwarzangeln vom Fischereiaufseher Herrn Klowotzki erwischt und schwer verletzt wurde. Herr Klowotzki kam später wegen etwas anderem ins Gefängnis in Duisburg und erhängte sich angeblich mit einem Nylonstrumpf. Heini fuhr ein halbes Jahr in der Schule im Rollstuhl herum und bei seinen Toilettengängen wurde er von einer Lehrerin betreut. Wir machten uns darüber lustig und riefen: „Heini, muss sich wieder den Arsch abwischen lassen.“
Unsere Angel bestand nur aus einem Plastikbesenstiel, den Jupp seiner Mutter aus dem Putzschrank gestohlen hatte, und einem rostigen Haken. Unter einer Brücke, auf der Autos Richtung Stadt fuhren, ging es los mit der Angelei. Ein fetter Gründling biss sofort an, und auf den Gründling biss einer dieser aggressiven Sommerbarsche. Ich zog ihn heraus, und eine Frau mit Helm und gelber Warnweste rief nach unten: "Lass sofort das arme Fischchen frei, oder ich rufe die Polizei." Irgendwie löste sich der Haken, und der Barsch fiel wieder ins Wasser. Die Frau stand noch einige Zeit auf der Brücke und sprach mit ihrem Mann, der ebenfalls einen Helm und eine gelbe Warnweste trug. Ich vermutete, dass sie tatsächlich vorhatten, die Polizei zu rufen. Die Polizei kam dann auch, aber sie fuhr über die Brücke weiter. Glück gehabt, echt Glück gehabt. Süleymann musste sich dringend erleichtern. Er ging weiter nach hinten unter die Brücke, und im selben Augenblick kam das Fahrradpaar wieder zurück.
Die Frau rief: "Und jetzt auch noch die Umwelt beschmutzen." Süleymann wischte sich mit Blättern den Hintern ab. Das Paar wartete nur darauf, dass wir unter der Brücke hervorkommen. Wir kletterten deshalb den Hang der Brücke nicht wieder hoch, sondern kämpften uns durch einen Dschungel aus Brombeersträuchern. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass der Mann Fotos von unserer Flucht machte. Mit einer dieser ersten Digitalkameras. Der Mann lächelte aus unerklärlichen Gründen die ganze Zeit.
Dann kletterten wir einen Hang hoch und liefen in Richtung eines McDonald's. Wir kauften Cheeseburger und Milchshakes. Den Müll warfen wir neben einer Bank an einer Bushaltestelle.
Jupp kam auf die Idee, die Fliehburg zu besuchen. Die Fliehburg war eine Wohnanlage für Menschen ohne festen Wohnsitz. Ein Typ, der sich als Herr Niang vorstellte und aus dem Senegal kam, zeigte uns seine Bude, die nur aus einer speckigen Matratze, einem Campingkocher und einem Poster der Skyline von New York bestand. Er erzählte, dass er vor Jahren Daten in einen Computer eingegeben hatte, was dann aber von einer Maschine übernommen wurde. Er hatte jedoch vor, in den Reishandel einzusteigen. Wir verstanden nicht, was er damit meinte, fanden das aber irgendwie mega cool. Ich stellte mir sogar vor, irgendwann so wie Herrn Niang zu sein.
Wir verließen den lieben Herrn Niang wieder und kamen auf die Idee, Blitzableiterklötze vom Schuldach zu werfen. Die Grundschule trug den Namen Graf Moltkeschule, und die Blitzableiterklötze waren im Abstand von zwei Metern auf dem Dach der örtlichen Grundschule miteinander verbunden. Wir kletterten auf das Dach und warfen bestimmt zehn von ihnen herunter. Julian, der ein besonders fetter Junge war, blieb unten und sollte Wache schieben. Ihn traf Georg mit einem Klotz direkt am Kopf. Julian war sofort bewusstlos, und eine riesige Schramme zog sich quer über sein Gesicht. "Hat jemand Wasser?" wurde gefragt, "wir müssen ihm Wasser ins Gesicht gießen. Das habe ich so im Fernsehen gesehen." Wir gossen ihm Wasser ins Gesicht. Das Blut vermischte sich mit dem Wasser und floss zur Seite ab. Julian stand auf und meinte, es wäre nichts. Der Hausmeister, Herr Schwarzenberg, kam. Wir versteckten uns hinter einem Hügel im Gras. Komischerweise bemerkte er gar nichts davon, dass die Klötze abgerissen wurden.
Wir hockten gut und gerne zwanzig Minuten kauernd auf diesem Hügel. Als Schwarzenberg weg war, liefen wir zur Trinkhalle. Die Trinkhalle, die nur „die Trinkhalle“ hieß, wurde von einer älteren jugoslawischen Frau geführt, die eine Perücke aus roten Haaren trug. Das war die einzige „Halle“, in der man bereits mit dreizehn Bier kaufen konnte. "Seid ihr schon sechzehn?" "Ja, natürlich." Jupp kam auf die geniale Idee, Altbier zu kaufen. Wir nahmen also Altbier. Das Bier war nicht gekühlt. Wir tranken es trotzdem, und wir taten so, als wäre es unheimlich lecker. "Schön erfrischend." Das sagten wir alle gefühlte achthundertmal. "Schön erfrischend. Lecker."
Die letzten Schlucke sind immer die schwersten. Süleymann hatte filterlose Kippen von seinem Onkel gestohlen, und die rauchten wir natürlich auch noch. Wir taten so, als wären wir angetrunken, und mega cool. Jupp erzählte, dass er sich nächsten Sommer den Hells Angels anschließen möchte. Dafür müsste man aber jemanden ermorden. Das fanden wir auch mega geil.
Der nächste Tag war ein Montag und wieder Schule. Wir fanden das echt super, dieses Altbier. Und deshalb tranken wir das Bier auch während des Unterrichts. Ich trank bestimmt drei Viertel einer Flasche und der Deutschlehrer Herr Fogel teilte der Klasse die mündlichen Noten mit. Ich bekam eine Fünf. Das war mir egal, denn ich interessierte mich für gar nichts.
Ich monierte zwar noch, dass ich mich eigentlich mehrmals im Unterricht gemeldet hätte, aber nie drankam. Vor Werken teilte ich mir noch eine mega geile Flasche Alt mit Jupp. Ein Herr Quitte leitete den Unterricht. Er war gelernter Dachdecker, konnte aber wegen einer Sonderregelung echter Lehrer sein. Er war eigenartig und fuhr mit einem Kickroller durch die Reihen aus Werkbänken. Er trug besonders enge Jeans und strich mit seiner Hand bei den Mädchen direkt am Arm entlang. So verliefen die Tage.
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