5. Spiele

molly

Mitglied
Spiele

Als Florian zum ersten Mal auf die Straße kam, spielten Michael, Nele und David zusammen Fußball. Zuerst blieb Florian am Zaun vom Nachbarshaus stehen. Seine braunen Löckchen wehten leicht im Wind. Er hatte die Hände in den Hosentaschen und beobachtete die Kinder. Michael forderte ihn auf, mit zu spielen.
Doch David sagte: „Moment mal, so schnell geht das nicht!"
Florian runzelte die Stirn. Er stellte sich vor David und fragte: „Was dagegen?"
„Nein“, sagte David, "aber sag erst einmal, wie alt du bist!"
„Bals sechs", antwortete Florian. David nickte zufrieden.
"Gut, das passt, bist fast so groß wie ich“, meinte er und lächelte schelmisch, „du musst aber erst eine Prüfung machen!"
„Prüfung?" fragte Florian gedehnt.
„Ich habe sie schon bestanden, Michi auch, nur du und Nele noch nicht!" sagte David. Nele schüttelte den Kopf, sie wusste nicht, was David meinte.
Er aber befahl: „Seid still“, und bohrte seinen Zeigefinger in Florians Bauch. „Du musst mit Nele beim Förster nach der Wildsau gucken, das ist die Prüfung!"
Seine Augen funkelten vor Freude und er erklärte Florian, wo er das Wildschwein fand und versprach, dass er ihm selbstverständlich über den Zaun helfen würde.
Florian nickte: „Mach ich.“ Doch jetzt arbeitete die Nachbarin im Garten und die Kinder überlegten sich ein anderes Spiel.

David schlug vor einen Karren zu holen, damit könnten sie verkaufen spielen! Die Kinder begleiteten ihn bis zur Querstraße und bald kam er mit einem sehr eigentümlichen Wagen zurück. Er bestand aus einem großen, breiten Brett auf vier hohen, mit Eisen beschlagenen Holzrädern und einen Griff zum Schieben. Früher hatte seine Großmutter Obst, Gemüse und Eier darauf gelegt und war damit zur Stadt auf den Markt gezogen. Jetzt fuhr Davids Mutter mit dem Auto hin und dieser Wagen verstaubte ungenutzt in der Scheunenecke, bis David ihn für Spiele entdeckte.

„Das ist ein Pritschenwagen“, sagte er und setzte sich drauf.
„Was gibt's zu verkaufen?" fragte Florian und lenkte den Wagen in Michael und Neles Hof.
David schaute sich erst einmal um: „Wir verkaufen Blumen, davon habt ihr genug!"
Michael schüttelte den Kopf. „Damit ist meine Mama sicher nicht einverstanden!"
David erwiderte: „du brauchst sie doch nicht zu fragen. Wir nehmen nur ein paar, das merkt niemand!"
„Nein“, sagte Nele, „wir haben versprochen, keine Blumen abzureißen. Wir können auf der Wiese und am Bach welche suchen.“
Das taten sie auch. Nele kam mit Efeuranken zurück, Florian brachte einen halb verwelkten Rosenstrauß von seiner Mutter an, Michael hatte verschiedene Gräser auf der Wiese gefunden und David ein paar Astern gepflückt. Er sagte, die hätten ganz traurig über den Zaun des Forsthausgartens geschaut.
Sie legten ihre Beute auf den Pritschenwagen, machten kleine Sträußchen daraus und zogen los.
Die erste Kundin war die Frau des Försters. Doch sie hatte, wie immer keine Zeit. Sie bat die KInder, ein anderes Mal wieder zu kommen, und David versprach ihr das. Danach klingelten sie bei Florians Mutter. Sie bezahlte ein Sträußchen mit vier Keksen, die David erst einmal auf den Wagen legte. Er sagte: „die gibt es erst, wenn alles verkauft ist!"
Michaels und Neles Mutter gab ihnen eine Tafel Schokolade und Nele bat, sie möge diese doch gleich verteilen. Die Mutter lachte und meinte, das würden sie alleine schaffen. Frau Wegmann arbeitete bei den Tieren im Stall und wollte nicht gestört werden. So besuchten sie zwei Häuser weiter die alte Frau Timm. Ihr hätte Nele am liebsten ein Sträußchen geschenkt, denn sie sprach sehr oft mit den Kindern.
David lehnte ab. „Heute wird verkauft und nicht verschenkt“, sagte er streng. Frau Timm hatte gerade Kuchen gebacken. Sie erhielt ein Blumensträußchen und jedes Kind dafür ein Stück Kuchen. Nun beschlossen sie, zu Frau Meier in den Laden zugehen.
Sie kamen bei Frau Böhler, der Milchverkäuferin, vorbei. Sie arbeitete in ihrem Blumengarten und Michael wollte den Wagen schleunigst an ihr vorbei schieben.
Aber David hielt an und fragte: „Kaufst du Blumen?" Zu Michaels Überraschung nahm sie ihnen ein Sträußchen ab. David sammelte vier Äpfel dafür ein und legte sie auf den Wagen.
„Willst du die auch noch verkaufen?" fragte Frau Böhler.
„Nein, nein, versicherte David, wir teilen, wenn wir alle Sachen verkauft haben!"
„In Ordnung“, sagte sie und die Kinder schoben den Wagen weiter zur Frau Meier; im Laden waren keine Kunden. David erzählte ihr, wer schon Blumen gekauft hatte.
„Was sollen sie denn kosten?" wollte sie wissen.
„Den Preis überlassen wir dir“, sagte David großzügig. Sie holte für jeden ein Eis und dafür gaben die Kinder ihr die beiden letzten Sträußchen.

Das Eis schleckten sie noch auf der Treppe von Frau Meiers Laden, die anderen Sachen verteilte David im Hof. Sie setzten sich an den Bach und aßen alles auf. Dann spielten sie „Taxi". Zwei Kinder durften auf den Wagen, die beiden anderen schoben, die Gasse hinauf und wieder hinunter, bis die Glocken, läuteten.
„Wenn du mich heute nach Hause begleitest, verrate ich dir ein Geheimnis“, flüsterte David Michael zu. Nele seufzte: „schon wieder ein Geheimnis, das will ich auch wissen!“
„Ich will mit“, sagte Florian.
„Beim nächsten Mal“, entschied David. Er setzte sich auf den Wagen und Michael schob mit ihm los.
In der Scheune sprang David wieder runter.
„Schwöre, dass du mein Geheimnis nie und keinem verrätst!" verlangte er. Michael versprach ihm das, doch damit war David nicht zufrieden.
„Du musst dreimal sagen: „Ich schwöre“ und dabei deine Hand aufs Herz legen“, erklärte er. Also legte Michael die Hand dahin, wo er sein Herz vermutete und murmelte: „Ich schwöre, ich schwöre, ich schwöre!"
David flüsterte: „Wenn du deinen Schwur brichst, soll dir das Herz in die Hose rutschen und jedes Wort im Hals stecken bleiben, verstanden!"
Michael versprach ihm noch einmal, keinem Menschen davon zu erzählen. Er wollte sein Herz an der rechten Stelle behalten.
David schaute ihn prüfend an. Michael dachte schon, er würde ihn nach Hause schicken und das Geheimnis für sich behalten.
Endlich forderte David ihn auf, mit zu kommen. Er schob den Wagen in die Ecke der Scheune und sagte: „Schau, ich stelle ihn nicht ganz an die Mauer, dann bleibt so viel Platz, dass ich mich verstecken kann, wenn keiner mich finden soll!“ Er zwängte sich zwischen Scheunenmauer und Pritschenwagen, und Michael versicherte ihm, dass er ein gutes Versteck gefunden hätte. Er sah David nur, wenn er sich bückte und unter den Wagen schaute. Dass David ihm sein Geheimnis mitgeteilt hatte, machte ihn froh.
Doch nun rief die Großmutter: „David, komm rein“, und Michael lief schnell nach Hause.
*
In der nächsten Geschichte ärgert sich David über die Nachbarn und die Kinder möchten wissen, was hinter einem Hügel liegt.
 



 
Oben Unten