Abschied

O

Oliver Uschmann

Gast
ABSCHIED

Als die großen Brüder fielen
War ich fern und ungestimmt
Bilderlos umhergetrieben
In den Straßen wie ein Wind

Jedoch er holte mich schnell ein
Der Untergang von uns im Ganzen
Er drängte sich in mich hinein
Und floss Beton wo einst die Pflanzen

Blaubeflimmert eingestimmt
Digital und laut befleckt
Hab ich mich schnell umbesinnt
Und mich still und leis versteckt

Lief in keine ruhige Kirch‘
Lief nicht schreiend durch die Nacht
Taumelte nicht Krieg und Rache
Habe nicht mal nachgedacht

Habe nur gespürt den Zweifel
An dem Sand auf dem ich stand
An dem Boden der mich einst
Noch hielt, nicht sicher, aber sanft

Habe unter Kriegsgeflimmer
Vorgeschob‘ner Worte macht
Beschlossen leis für jetzt und immer
Dass ich flüchte vor der Schlacht

Flüchte vor granat’gen Splittern
Knüppeln, Helmen, Heldentum
Flüchte vor dem Wort der Vielen:
„Bist‘ gegen mich, bring ich dich um“

Und so sitze ich und schweige
Stummgemacht vom großen Mord
Der doch nur ein Bildnis war
Für den Tod an jedem Ort

Für das Sterben ohne Bilder
Für das Leiden ohne Ton
Für das Wirken vieler Wilder
Die sich nennen – Zivilisation

Schweige stockend vor dem Geiste
Dem es kriecht aus seiner Faust
Vor dem Geiste, der sein Wesen
Auf allen Seiten brütend baut

Schweige bettbedeckt im Dunkeln
Hoffend auf die ruhige Nacht
Sehe Bilder leise funkeln
Stark gewehrt und leis gekracht

Will verlassen diese Stätte
Die meine Sprache nicht mehr spricht
Visioniert und weggeträumt
Geht zuende meine Schicht

Will das Schild passierend winken
Lebe wohl, oh alter Ort
Ohnmacht aus den Sternen trinken
Und einfach sagen: „Ich geh fort“

Doch dieser Ort, er lässt mich nicht
Er wächst vor jedem neuen Schritt
Folgt wie ein Schatten meinen Wegen
Wer einmal Mensch, dem traut man nicht

Drum drehe ich mich langsam um
Und sage unschuldslamm das Wort
„Die Liebe“, so naiv und stumm
Und dann erst schicken sie mich fort
 



 
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