Auf dem Hof

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assikalb

Mitglied
Auf dem Hof


Auf dem Hof stand sie,
im Herz den Fluss und die Weiden.
Das greise Nass stürzt durch ihren Leib
und am Himmel der Mond
wirft ihr sein Licht vor die Füße.

Sie will das tote Kind erbrechen
Heraus, heraus aus ihrem Wanst.
Heraus mit dem Wurm der ihre Träume frisst,
sich durch ihr Fleisch bohrt.
Erbrochenes tropft ihr zwischen die Füße.

Auf dem Hof stand sie,
im Herz den Fluss und die Weiden.
Die Augen warten auf einen Schmerz.
Doch die Kadaver der Vergangenheit
Treiben auch heute nicht vorbei.

Der Mond speit ihr väterlich seine Leere ins Gesicht,
doch fehlt ihr der Geschmack der Väterlichen Faust auf ihren Lippen,
wie ein Hahn der kräht in ihrem Kopf,
der ein Theater macht,
sie immer wieder weckt,
bis auch sie im Fluss davon treibt.

Auf dem Hof stand sie,
im Herz den Fluss und die Weiden.
Ihre nackten Füße wärmen das kalte Pflaster,
das im Regen glänzt wie tausend Augen im Angesicht des Todes,
einen atemlosen Moment entfernt.

Sie starrt dem Wasser nach
das durch die Rinnen stürzt,
getrieben von der selben Kraft
die sie einst in diesen Knast stürzen ließ.
Aber ihr Kopf wollte nicht zerplatzen.

Auf dem Hof stand sie,
im Herz den Fluss und die Weiden,
umringt von zerstoßenen Schädeln
deren Atem einst noch ihre Wangen beschlug.

Ihr Haar sank tiefer und küsste den Boden.
So herrlich fest das ihr die Augen in den Rachen schlugen.
Für eine Nacht.

Sie erwachte auf dem Hof,
im Herz den Fluss und die Weiden.
Das Sonnenlicht erreicht nicht ihre Stirn,
das Lied der Spatzen nicht ihr Herz,
wo das graue Wasser des Flusses die Weiden umspült
und Wurzel um Wurzel aus dem hütenden Schoß der Erde zerrt.

Auf dem Hof stand sie,
im Herz den Fluss und die Weiden.
Ihr Gesicht entblößt nicht die Leere,
ihr Blick nicht Ihr Herz.

Der Nachtwind verschluckt den nackten Leib
Und gebiert ihn in den Tag,
säugt ihn mit der Kälte seines Herzens
und schweigt in seiner Brust.

Auf dem Hof stand sie,
im Herz den Fluss und die Weiden.
Die geisterhaften Fische auf den Strassen
meiden das Raunender Zweige,
das ihre Stimmen verschluckt
wie die Nacht ihre Tränen.

Auf dem Hof stand sie,
im Herz den Fluss und die Weiden,
in jeder Hand einen Tod.
Doch keiner groß genug,
dass ihre Arme ihn umschlingen könnten,
ihn halten,
länger als das Wasser auf ihrer Haut,
das die Wolken um sie weinten.
So warme Tränen,
so warm.
 
B

bonanza

Gast
ist mir etwas zu viel pathos und poesie, um wahr zu sein.
ich meine, das schäumt über.
keine ahnung, wie sich eine frau fühlt in dieser situation.
ich habe das gefühl, daß es schrecklicher und zugleich profaner ist.

bon.
 

Montgelas

Mitglied
hallo assikalb,


ein russisches gedicht,
poetisch, episch breit...

mir hat es gefallen,
wie ein szenario von tarkowski.


dir eine gute zeit

montgelas
 



 
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