Aufdeckung der inneren Schlupfwinkel

murmeltier

Mitglied
Ich bin zu verschlossen
Ich bin gar nicht so ehrlich, wie ich denke
Ich mache mir Bilder von mir und den anderen,
die nicht der Wirklichkeit entsprechen
Ich höre nicht richtig zu
Ich denke zu viel und fühle zu wenig
Ich lüge, indem ich schweige
und den Menschen nicht offen sage, was ich denke
Ich isoliere mich in Theorien
und erkenne dadurch nicht die klaren Tatsachen
Ich halte mich für was Besseres
und gebe mir mit den Menschen zu wenig Mühe
Ich laufe weg, anstatt auf sie zuzugehen
Ich bin sexuell und geistig verklemmt
Ich habe sehr dicke Mauern um mich herum gebaut
Ich gebe den anderen Menschen kaum eine Chanche
Bei mir läuft zu viel über den Kopf
Ich verdränge Gefühle
Ich gebe den anderen Menschen zu wenig von mir
Ich mache ein Geheimnis aus mir,
um mich so von anderen abzuheben
Ich bin nicht zufrieden mit mir
Ich muß lernen,
anderen zu zeigen,
daß ich sie liebe
Ich muß lernen,
ehrlich zu sein,
anstatt überlegt über Ehrlichkeit zu reden
Ich tu anderen Menschen unnötig weh
Ich verheimliche meine Weichheit durch unnötige Härte
Ich muß mit mir ganz von vorne anfangen
Ich tu mir selber zu oft leid
Ich mache ungerechtfertigt andere für etwas verantwortlich,
was ich allein zu verantworten habe
Ich verlange Verständnis und bemühe mich zu wenig,
andere zu verstehen
Ich stelle an andere Ansprüche,
die ich selber nicht erfüllen kann
Ich mache mir falsche Vorstellungen von anderen
Ich verlange Vertrauen und bringe kaum Vertrauen entgegen
Ich akzeptiere die anderen nicht so,
wie sie sind
und kann dadurch nicht erkennen,
wie sie sind
Ich find mich zum Kotzen
Ich bin ein Miesepeter
Ich muß mich ändern
Ich bin sauer auf mich selber

(Anfang 1983)
 

wolfsfrau

Mitglied
Schlupfwinkel

Hi Murmeltier

Wie mir scheint ist der Text ja schon 20 Jahre alt.
Wie bist du denn jetzt haste was dazu gelernt.

Viele liebe Grüße
die Wolfsfrau
 
Schön ehrlich. Würde ich nie zugeben.-

Aber wirkt wie eine Selbstherapie. So runtergeschrieben. Aber was solls. Das scheint hier die allgemeine Übereinkunft zu sein. Text egal, Aussage zählt.

S.
 

murmeltier

Mitglied
Hallo!

Jetzt, wo ihr mich so direkt darauf ansprecht, war das wohl auch der Anfang einer Art Selbsttherapie. Da hatte ich so ehrlich, umfassend und klar wie möglich aufgelistet, was Innen alles im Argen liegt. Rein persönlich für mich und mein Tagebuch.
Später meinte jemand, dem ich damals voll vertraute, daß man daraus mit entsprechenden Absätzen eine Art Gedicht machen könnte. Warum nich, dachte ich. Die Gedichte, die ich schrieb, hatten eh nicht viel mit gereimten Versen zu tun.
Hat auch lange gedauert, bis ich den Text an die LL schickte. Aber da das sowieso schon länger auf meiner Homepage steht, können es auch ein paar Leute mehr lesen.
In den vergangenen 20 Jahren fanden dann die Übungen zur Praxis statt. Ja, ich hab dazugelernt, an mir und den Beziehungen zu Menschen gearbeitet, will lebenslänglich weiterlernen und an allem weiterarbeiten, was gut ist und den Kraftaufwand lohnt.
Tja, wie bin ich jetzt. Ich könnte natürlich auf jede einzelne Zeile eingehen, was allerdings den Rahmen ein klein wenig sprengen dürfte. Kurz zum Schluß:
Ich find mich nicht zum Kotzen
Ich bin kein Miesepeter
Ich muß mich immer noch ändern
Ich bin nicht mehr oft sauer auf mich selber.

Alles Liebe und Gute
Murmeltier
 



 
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