Aufstand eines Jammerlappens

Heiner Bauer

Mitglied
Er hasste diese fürchterlichen Wochenenden! Er ertrug sie mit zusammengekniffenen Lippen und wie im Schmerz verzogenem Gesicht. Er ertrug sie, wie ein Martyrium, widerspruchslos, klaglos, stumm.

Alles nahm er schweigend hin, innerlich bis zum Äußersten angespannt, innerlich ganz Abwehr und mit dem Bewusstsein des Vergehens und Verschwindens all dessen, was einen erwachsenen Menschen ausmachte. Innerlich ganz Schmerz, ganz Zittern und mühsam unterdrücktes Würgen, vor Aufregung und Auflehnung und stumm ertragener Demütigung.

Sie aber ahnten nichts davon oder wollten es nicht ahnen. Nie war er für sie mehr gewesen, als der weltfremde Spinner, der ihre Tochter verführt und geheiratet hatte; der Schweiger, der Grübler, der Kerl ohne Rückgrat und eigene Meinung: ein stummer Schatten, ein reduzierter Mensch, ein Jasager, dem man notfalls gehörig über den Mund fahren konnte, unfähig, sich seiner Haut zu erwehren.

Er ertrug alles: fraglos, klaglos, widerspruchslos, aber mit wachsendem Widerspruchsgeist und einer Art Ekel vor sich selbst.

Heute aber, sollte alles anders werden! Heute wollte er seine eigene Meinung hinaussagen, laut und vernehmlich und sie auch verteidigen!

Die kleine Wanduhr schlug. Es war noch früh. Er stand in der kalten Küche und deckte den Frühstückstisch, damit sie nicht schon den ersten Anlass zum Streit bekamen. Er hasste diese Sonntagmorgensitzungen, die selbstgerechten Tiraden, zu denen er schwieg, wie zu allem.

Er hasste sich selbst dafür.

Sorgfältig stellte er Tassen und Teller auf den hellen Tisch und sortierte Wurstscheiben auf einen großen Teller: so, wie sie es immer haben wollten, ansprechend und appetitlich!

Seine Schwiegermutter trat in die Küche, barfuss, im roten Morgenmantel und mit wirrem Haar.

Hastig rief er "Guten Morgen!"

Mit einem Blick hatte sie die Situation erfasst: den gedeckten Tisch, die quackernde, dampfende Kaffeemaschine, in der das heiße Wasser langsam durch die Filtertüte rann.

"Ist dir heute nicht gut?", fragte sie mit seltsam belegter Stimme, "Du schläfst doch sonst bis Mittag?"

Er fühlte es heiß in den Kopf steigen, ein Brennen war in seiner Brust und ein Verlangen, jetzt laut zu schreien. Seine Ohren brannten, wie nach einem Satz Ohrfeigen.

Er wusste, dass er nie bis Mittag geschlafen hatte! Und sie musste es auch wissen, ganz genau.

Aber er schwieg dazu. Und sein Vorsatz, sich ein einziges Mal zu behaupten, ein zaghaftes, schüchternes erstes Mal, war im Eimer!

Dieser Sonntag würde sein, wie alle anderen: schlimm!

Er suchte krampfhaft, seine Erregung zu verbergen. Und er rückte mit einer jungenhaften Scheu und gesenktem Blick, um seinen Ärger zu verbergen, stumm an den Tassen und Tellern herum.

Sie sah es.

"Die Tassen stehen immer rechts vom Teller, mein Herr! Wenn man´s nicht kann, sollte man´s besser lassen! Nichts kann man von dir verlangen! Gar nichts!"

Im Bad, nebenan, waren das Quarren seines kleinen Sohnes zu hören und die lauten Stimmen seiner Frau und seines Schwiegervaters.

Die Tür ging auf, und die Küche füllte sich.

"Morgen!"

"Ausgeschlafen?"

"Morgen!"

Er stand scheu und verlegen am Küchentisch, im Schlafanzug und barfuss.

"Ich dachte, der Herr Wissenschaftler wickelt seinen Sohn mal selber!", polterte sein Schwiegervater, während er sich setzte und ein Brötchen aufschnitt: "Aber der lebt wahrscheinlich auch nach der Devise: Gott erhalte mir mein Bier und meiner Frau die Arbeitskraft!"

"Ich wickele ihn die ganze Woche über!", rief er laut und hilflos wie ein kleiner Junge, der sich für eine liederlich angefertigte Hausaufgabe vor dem strengen Lehrer zu rechtfertigen sucht.

"Ach red doch nicht, alter Freund, ich kenne dich...!"

"Du hast es grade nötig, Karl - Heinz!", rief seine Schwiegermutter unerwartet und laut; "Wann hast du denn mal deine Tochter gewickelt?"

"Was willste denn jetzt von mir, Marianne? Willste Streit? Ich sage: ich habe sie oft gewickelt! Basta!"

"Ach, hör doch auf, Karl - Heinz...!"

Sein kleiner Sohn begann unvermittelt zu schreien und sein Brötchen wieder auszuspucken.

"Freundchen!", rief sein Schwiegervater laut und drohend, "Matzerei machen wir nicht! Wenn du das noch einmal ausspuckst, nehme ich dir das weg!"

"Man muss es ihm in Bröckchen schneiden, dann isst er!", wagte er jetzt einen Einspruch.

"Quatsch!", rief sein Schwiegervater. Es war sein Lieblingsargument, und es klang endgültig, wie der Aufschlag eines Fallbeiles. Dann nahm er die Zuckerdose und süßte sich seinen Kaffee mit zwei Löffeln Zucker, wie jeden Morgen.

Der Kleine sah es.

"Zucker! Zucker! Zucker haben!", bettelte er.

Sein Schwiegervater schaufelte ihm ein Häufchen Zucker in den weit geöffneten Mund.

"Hier, mein Kind! Haste Zucker, jawoll!"

"Die Kinderärztin hatte es uns eigentlich verboten, wollte ich nur sagen. Weiß ja auch nicht...", wagte er einen neuen Einspruch.

"So ein Quatsch!", rief sein Schwiegervater, "Der Körper nimmt sich, was er braucht!"

"Wenn´s aber die Ärztin..."

"Quatsch! Ist wahrscheinlich genau so eine Spinnerin wie du, kannste ihr von mir bestellen, alter Freund! Ich sage: der Körper nimmt sich, was er braucht! Basta!

Komm, mein Kind, iss Zucker!"

"Zucker ist Nervennahrung!", nickte seine Schwiegermutter, "So willste immer alles wissen! Aber das einfachste weißte nicht!"

Er biss sich auf die Unterlippe und sah auf seinen weißen Teller, auf die hellen Brötchenkrümel. In sich spürte er die Flut steigen, steigen und steigen und steigen!

Sein Schwiegervater sah hilflos, dann ärgerlich auf den Tisch: "Wo sind meine sauren Gurken, Freunde? Wo sind meine sauren Gurken? Ihr wisst, dass ich jeden Sonntagmorgen meine sauren Gurken esse! Also, wo sind sie?! Und..., sehe ich erst jetzt: Warum habe ich nicht mein Messer?! Das hier ist, verdammt noch mal nicht mein Messer! Wer..., wer hat denn den Tisch gedeckt?"

"Dein Herr Schwiegersohn!"

"Ach...? Der Herr Wissenschaftler? Na, na, dann ist mir alles klar! War wieder mal mit höheren Dingen beschäftigt! Hohoho!"

Er sah stumm auf seinen weißen Teller, auf die hellen Brötchenkrümel darauf. Und die Flut in ihm stieg und stieg und stieg!

Seine Schwiegermutter bemerkte es: "Brauchst gar nicht so verbiestert auf deinen Teller zu gucken! Vati meint´s nur gut! Könntest dich wirklich mal mehr um den Haushalt kümmern! Ist doch nicht böse gemeint, aber der Fleißigste und Sauberste biste wirklich nicht!"

Er schwieg und schwieg. Es war jetzt schon schmerzhaft, zu schweigen, den Schrei zu unterdrücken. Wie ein Gefesselter im Boxring, schien er durch die Küche zu taumeln.

... nicht der Fleißigste und Sauberste..., und er dachte an die Berge von schmutzigem Geschirr, die ihn an jedem Wochenende hier erwarteten, an ihre benutzten Tampons, eingewickelt in ein Stück Klopapier, die er immer wieder hinter der Gardine des Badfensters fand. An die alten Zeitungen neben der Couch, den überquellenden Mülleimer, die verdorbenen Lebensmittel, ganz hinten, im untersten Fach des Kühlschrankes und an den immer überquellenden Aschenbecher auf dem Fensterbrett!

Sein Herz begann, dumpf und rasend zu hämmern. Er wurde eiskalt und presste die Backenzähne zusammen. Seine Augen wurden zu Schlitzen. Und er spürte, dass etwas aus ihm brechen würde. Fürchterlich und unabwendbar, vernichtend, zerstörend, zermalmend, wenn er sich nicht Gewalt antat!

"Und dann auch noch beleidigt sein, wenn man ihm nur mal ein einziges Wort...!

Wie hältst du das nur mit so einem Mann aus, Bea?"

"Sei jetzt still, Marianne! Will meine Ruhe haben, an meinem Tisch, am Sonntagmorgen!"

"Na, ist doch wahr, Karl - Heinz!"

Er musste sich jetzt ablenken! Gewaltsam verdrängte er das Wissen um die kommende, gefürchtete Frage! Nein, er würde diesmal nicht das Auto putzen, diesmal nicht zu den Großmüttern fahren und danach zum Kaffeetrinken in das Zoolokal! Nein, er war dreißig Jahre alt! Er war ein Ehemann, ein Vater! Er war ein Dozent, wenn auch ein rückgratloser, der immerhin schon etwas erreicht hatte! Nein, er war dreißig Jahre alt, nicht drei! Er würde das alles nicht tun, sich nicht unterwerfen und demütigen! Diesmal nicht! Diesmal nicht! Diesmal nicht!

Er musste sich jetzt ablenken. Und er streichelte die Händchen seines kleinen Sohnes.

"Tobiaschen..."

"Tobiaschen! Tobiaschen!", äffte sein Schwiegervater über der Fernsehzeitung, die er jetzt las: "Ich will das nicht, verstehst du? Ich habe dir schon tausendmal gesagt, das Kind heißt Tobias! Tobias und basta! Klar?"

"Brauchst gar nicht wieder so beleidigt zu gucken!", rief seine Schwiegermutter, "Man müsste glatt den Fotoapparat holen und jetzt dein Gesicht fotografieren!"

"Ich habe doch gesagt, ich will meine Ruhe, an meinem Tisch, am Sonntagmorgen!

War das nicht klar und deutlich? Andauernd müsst ihr streiten! Einer von euch beiden fliegt gleich raus, Freunde! Du, Marianne oder dein Schwiegersohn!"

"Ich? Karl - Heinz, also weißte, ich mach doch gar nichts! Ich hab doch wirklich gar nichts gesagt...!"

"Dann fliegt eben dein Herr Schwiegersohn raus, der Herr Wissenschaftler!"

Alles war zuviel, viel zuviel, schon lange zuviel! Er spürte das einzige Brötchen, das er gegessen hatte, wie einen Bleiklumpen im Magen. Er hätte jetzt gern losgebrüllt, ihnen die ganze Wahrheit ins Gesicht gebrüllt! Seine Wahrheit, die sie doch sehen, spüren, fühlen mussten!

Und er fragte sich immer wieder, ob es denn keine Scham und keine Skrupel im Menschen gäbe. Aber es musste wohl so beschaffen sein in der Welt, dass jeder sah, wie weit er gehen konnte. Und dass jeder diese Grenze zu durchbrechen suchte, immer wieder aufs neue und sich Macht verschaffte, wissentlich oder nicht, Macht über seinen Nächsten!

Und es musste wohl so sein, dass der Mensch ein Schwein war, ein richtiges Vieh, das auf der Seele des Nachbarn stand, vielleicht, ohne es zu ahnen und zu wollen. Aber er konnte nun einmal nicht anders, und all das Leben war nichts als Kampf, als Drängelei und Schubserei um das letzte Wort und das Recht und den Platz an der Spitze. Und es musste wohl dabei immer welche geben, die gewannen: roh, rücksichtslos, dickfellig. Wogegen die Sensiblen, Scheuen, Verletzlichen, die Mimosen, unten saßen, als Verlierer, als Leidende, als Geführte: minderwertig, mit sich selbst im Zwiespalt.

Und dazwischen gab es die Pragmatiker, die Heuchler, die sich an das jeweilige Leittier hängten, ihm dienten und seine Tritte weitergaben, bis hinunter, nach ganz, ganz unten!

Eine Binsenweisheit war es, die schon jedes Kindergartenkind verinnerlichte, aber nie war sie ihm schlagender zu Bewusstsein gekommen: die Menschheit war nichts, als ein von fortdauernden Machtkämpfen zerfressenes Rudel, dass sich gegenseitig verletzte, bedrohte, zerstörte!

Und alle Philosophie war Schein, alle Moral und Ethik verlogen, wo doch die Scham fehlte! Vielleicht war Scham das Unnatürliche, das Göttliche, was man versucht hatte, dem animalischen Menschen anzudichten, der doch nichts sein konnte, als ein selbstgerechtes geiles Vieh unter Viechern: greinend, sabbernd, schmatzend, rülpsend, furzend über der Morgenzeitung, die voll war von Kriegen und Morden, den Produkten seiner nächtlichen Untaten!

"Was grübelst du denn schon wieder?", fragte seine Frau spitz, "Du sollst doch nicht grübeln!"

"Spinnt schon wieder, der Herr Wissenschaftler! Aber weiß nicht, wie man einen Frühstückstisch deckt! Kein Wunder, bei den Pianistenpfoten!"

"Wozu auch? Hat ja seine Dienerschaft! Die Gewöhnlichen!"

"Widmet sich halt höheren Dingen, der Herr Wissenschaftler!"

Ihm war, als müsse er sich, angebunden auf seinem Stuhl, von einer Horde Schweine besudeln und begrunzen lassen, im Angesicht seines kleinen Sohnes!

Ihm war, als würde er gefesselt von einem irrsinnigen Trainer immer wieder und wieder in einen Boxring gestoßen, in dem ein Verrückter sich einen Spaß daraus machte, ihn, den Wehrlosen, zu bearbeiten! Schlag kam auf Schlag! Tritt kam auf Tritt! Stoß kam auf Stoß!

Sie trafen ihn überall: im Gesicht, im Unterleib, in den Genitalien und immer wieder in den Genitalien!

Sein Körper schmerzte!

Und sein kleiner Sohn sah zu, sah zu , sah zu, und er sah dies alles, hörte dies alles. Und er würde wohl irgendwann einmal die Achtung vor seinem Vater verlieren! Denn nur einen starken Vater kann man lieben und achten, nicht aber ein würdeloses Stück Fleisch, immer schweigend, das sich mit Schmutz und Schlamm und Kot bewerfen ließ. Das zuließ, daß man auf ihm herumtrampelte, wie auf einem Stück Altpapier!

Er fühlte plötzlich ein Würgen im Hals. Und er wollte hinausstürzen, als sein Schwiegervater ihn mit der Frage festhielt: "Halt! Wohin? Toilette! Gibt's nicht! Gibt's nicht sag ich! Basta! Du weißt, daß ich nach dem Frühstück immer zuerst auf die Toilette gehe, da meine Zeitung lese! Bringst meinen ganzen Tagesablauf durcheinander! Mußt eben früher aufstehn! Übrigens, Freunde: heute ist Sonntag! Was machen wir?"

Da war sie wieder, die gefürchtete Frage! Nein! Er würde es nicht tun, diesmal nicht! Er war Familienvater, dreißig Jahre alt! Und er hatte eine Dissertation geschrieben und verteidigt, sogar summa cum laude! Und er unterrichtete Studenten! Nein, er würde es nicht tun! Diesmal nicht und niemals mehr!

"Also, Freunde, was machen wir heute?"

"Ich habe zu arbeiten!", sagte er leise. Und der Brechreiz verstärkte sich. Er war fahl, wie vor einem Gerichtsurteil, und sein ganzer Körper zitterte jetzt.

"Ja, du hast tatsächlich zu arbeiten! Guck dir mal dein Auto an! Aufgabe erkennt, Herr Wissenschaftler? Und danach, würde ich sagen, fahren wir mal zu den Omas, die freuen sich auch mal! Und nehmen sie mit ins Zoocafe! Alle einverstanden? Alles klar! Also, los!"

"Aber, ich habe zu arbeiten!", beharrte er scheu, "Ich bin doch dreißig Jahre alt!"

Was soll denn das heißen? Du bist überstimmt! Du willst dich bloß wieder drücken! Andere sollen dein verdammtes Auto waschen, wie? Zu fein für solche gewöhnlichen Aufgaben, was? Zu fein für die alten Damen, die keinen akademischen Titel haben? Zu fein fürs Zoocafe? Du bist überstimmt!"

"Aber, ich muss doch arbeiten! Kann ich nicht allein entscheiden, wie ich meine Wochenenden verbringe?"

Da war sie wieder, die Wand, gegen die er lief. Und seine Schwiegermutter ließ ihr Besteck fallen über soviel Frechheit und plärrte laut und haltlos, als habe sie ein aufsässiges minderjähriges Kind vor sich: "Jetzt reichts mir aber auch mal! Jedes Wochenende muss man sich deine Frechheiten und Launen gefallen lassen! Vati meints doch nur gut! Warum kommst du denn dann überhaupt noch her, wenn du dich nicht ein einziges Mal unterordnen kannst?"

Krachend fiel die Küchentür hinter ihr ins Schloss.

Schluchzend lief seine Frau hinterher: "Warum musstest du Mutti so anschrein?

Alles machst du kaputt! Du kotzt mich an!"

Resolut griff sein Schwiegervater sich den kleinen Tobias, das Liebste, was er auf der Welt hatte: "Komm, mein Kind! Wir gehen! Dein Herr Vater spinnt mal wieder! Die Mimose, der Herr Wissenschaftler mit den schlanken Pianistenpfoten!"

Er stand allein in der kalten Küche, vor dem gedeckten Tisch mit den Essensresten und dem Berg Abwasch. Er wusste, sie würden ihn nun für den Rest des Tages wie Abschaum behandeln, stumm bleiben und ihn meiden, als habe er sie tief verletzt.

Und sie wussten, dass er ein Feigling war, ein Nichts, ein Niemand. Ein weltfremder Spinner, der ihre Tochter verführt und geheiratet hatte. Ein Schweiger, ein Grübler, ein Kerl ohne Rückgrat und eigene Meinung. Ein stummer Schatten, ein Waschlappen, ein Jammerlappen. Ein reduzierter Mensch, ein Jasager!

Und sie wussten alle längst genau, dass er wieder alles schlucken, dass er den Abwasch besorgen würde und die Küche aufräumen, dass er dann den blauen Plastikeimer und die Autobürste holen würde, um das Auto zu putzen. Und dass er dann mit ihnen zu den Großmüttern fahren würde und danach ins Zoocafe! Und dass er sich entschuldigen und vor ihnen auf den Brustwarzen herumrutschen würde. Und dass es überhaupt immer so weitergehen würde, an allen Sonntagen, das wussten sie längst!

Denn er, er war ein Nichts, ein Niemand, ein Waschlappen, ein Lackl, ein Jammerlappen, den man in jede Ecke stellen konnte! Und das würde er auch bleiben!
 

Deminien

Mitglied
Was soll uns das sagen?

Hi,

die Geschichte zeigt imo denselben Mann, der bereits in "Die Lust, zu leiden" beschrieben wurde.
Allerdings jetzt verheiratet und mit Kind.

Was mir fehlt ist eine Essenz, ein Grund warum die Geschichte erzählt wird. Es wird einfach nur ein Mann gezeigt, der nicht die Fahigkeit entwickelt hat seinen eigenen Weg zu gehen und sich dafür in selbstquälerischem Selbstmitleid suhlt.

Die Geschichte ist eine Momentaufnahme, ohne davor oder danach. Ich erkenne keinen sichtbaren Sinn dahinter außer einer Spekulation die mir nicht zusteht.
 
Das sehe ich aber anders. ich habe die geschichte mit faszination gelesen. das frühstück fast selbst geschmeckt. widerlich einfach widerlich spiessig. unmut macht sich breit, ständiges warten darauf, das er ausrastet, sich endlich wehrt. man möchte selbst darsteller der geschichte sein und voller kraft auf den tisch hauen. das ende finde ich gut, ein starker abgang lässt sich auch nicht ableiten. super geschrieben.
 

Ingwer

Mitglied
Hallo Heiner,

ich schwebe wohl irgendwo zwischen den beiden anderen Kommentaren: Die Situation ist sehr realitätsnah aufgebaut, wirkt fast plastisch. Auch ich habe mich so gefühlt, als würde ich an diesem Tisch sitzen.
Andererseits finde ich, dass irgendetwas an der Geschichte fehlt. Alles wirkt vorraussehbar, ein sanftes Dahinplätschern von Ereignissen, die (teilweise) ja sogar vorausgesehen werden. Gut: Weichei bleibt Weichei. Aber irgendwie ist man als Leser enttäuscht, dass das Ende der Geschichte so merkwürdig flau ausläuft.
Als Situationsbeschreibung ist Dein Text gut, als Geschichte jedoch irgendwie unfertig. Vielleicht könnte man die Stelle "der versuchten Revulution" noch stärker herausarbeiten?

LG
Ingwer
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Heiner,

Deminien schrieb:"Die Geschichte ist eine Momentaufnahme, ohne davor oder danach. Ich erkenne keinen sichtbaren Sinn dahinter außer einer Spekulation die mir nicht zusteht."

Das kann ich nur unterschreiben. Außerdem sind die Charaktere so überzogen, daß sie für mich ganz einfach unglaubwürdig erscheinen. Schade, denn Du schreibst ansonsten nicht schlecht. Und wen das oben Genannte nicht stört, der kann durchaus begeistert sein (Siehe September)

Gruß Ralph
 

Heiner Bauer

Mitglied
Warum so überbescheiden?

Hallo September,

warum so überbescheiden? Ich finde, jedem steht es zu, seine Meinung über die Dinge zu äußern. Ich fände es gut von Dir, zu artikulieren, was Dich stört oder Dir gefällt, denn schließlich schreibe ich für ein Publikum - und somit auch für Dich.

Gruß, Heiner
 



 
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