Aus der Traum

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Olgeke

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Herr und Frau Braun hatten sich einen Traum erfüllt. Eine Hütte im Wald, etwas abgelegen aber nicht ganz ab vom Schuss. Es gab eine ordentliche Zufahrtsstrasse, Strom und fließend Wasser.
Der Umzug verlief reibungslos, und glücklich und zufrieden lebten sie nun schon einen Monat lang dort. Sie konnten es sich beide leisten mit Ende Vierzig mit dem Arbeiten aufzuhören, um nun das Leben in vollen Zügen zu genießen.
Hier hatten sie ihre Ruhe, Herr Braun genoss die Natur und Frau Braun schrieb an ihrem ersten Roman. Er hatte sich an diesem Wochenende vorgenommen den Keller endlich in Angriff zu nehmen, und seine Hobby- und Bastlerwerkstatt einzurichten.
Er schleppte sein Werkzeug, das er in dem alten Holzschuppen draußen zwischengelagert hatte, die schmale Steintreppe in den Keller hinab. Der bestand aus einem einzigen großen Raum und der Vorbesitzer hatte einige Möbel dagelassen die er sehr gut nutzen konnte. Einige Regale, ein großer Tisch, ein großer massiver Eichenschrank und sogar eine recht brauchbare Werkbank. Einmal abgeschliffen, seinen Schraubstock montiert, und schon ist sie wieder voll nutzbar. Den Eichenschrank wollte Herr Braun eigentlich nach oben schaffen. Er fand ihn zu schön für den Keller, doch er war viel zu wuchtig um ihn die Treppe hochzubekommen. Dazu müsste er ihn zerlegen, und das wollte er dann auch nicht. Dort drin sollten nun seine ganzen Werkzeuge lagern.
Völlig erschöpft von der Schlepperei nahm er sich ein Bier, setzte sich an den Tisch und plante wie die Werkstatt nun denn aussehen sollte. Während er sich so den aus schweren Natursteinen gemauerten Keller betrachtete, hörte er ein leises Kratzen bei dem großen Eichenschrank. Vorsichtig schlich Herr Braun zum Schrank und lauschte genauer.
Da war es schon wieder, und plötzlich huschte eine Ratte unter dem Schrank hervor.
Er sprang erschrocken zurück und verlor das Biest aus den Augen. Ratten im Haus gefielen Herrn Braun gar nicht, und wenige Minuten später stand auch schon die Rattenfalle im Keller.
Nach der nächsten Nacht hatte die Falle auch schon ihren Zweck erfüllt, und der Hobbybastler richtete seine Werkstatt fertig ein.

Und so lebte Familie Braun zufrieden die nächsten Monate in ihrer Hütte.
Er werkelte im Keller und entdeckte den Gärtner in sich, und sie beendete ihren ersten Roman. Das musste natürlich gefeiert werden.
Sie saßen bei einer guten Flasche Wein auf der Veranda vor der Hütte, stießen auf ihr Werk an und als es Abend wurde sorgten zwei Petroleumlampen für Gemütlichkeit.
Nach fast zwei Flaschen Wein reichte es beiden dann auch und sie gingen in Bett.
Sie hörten nicht mehr, wie später ein Waschbär eine der Lampen umstieß, die sie nicht gelöscht hatten. Frau Braun wurde von dem Rauch des Feuers geweckt, der sie zu einem Hustenanfall zwang. Sie weckte panisch ihren Mann, und beide konnten sich mit knapper Not durch´s Fenster nach Hinten raus retten. Fassungslos standen sie in der Nacht und konnten nur zusehen wie sich ihr Traum in Rauch auflöste.

Die Hütte brannte völlig nieder. Es dauerte nicht lange bis alles heruntergebrannt war und nur noch hier und da einige Balken vor sich hin glimmten. Dieser Sommer war seit Jahren der heißeste und es hatte seit Wochen nicht geregnet. Über blieb nur der aus schweren Natursteinen gemauerte Keller. Im Mondschein erkannten sie, dass das Feuer selbst dort Unten ganze Arbeit geleistet hatte. Nichts was auch nur annähernd brennbar war hatte das Inferno überstanden.
Auch nicht der große alte Eichenschrank in dem Herr Braun seine Werkzeuge lagerte.
Die lagen nun allesamt auf dem Boden, in der Asche und den glimmenden und qualmenden Resten des Schrankes.
Genau vor einem Durchgang im Mauerwerk, den der Schrank verdeckt hatte.
In den Steinen verankerte große Eisenscharniere ließen darauf schließen, das dort eine schwere Holztür gehangen haben musste, die nun auch nur noch Rauch und Asche war.
Herr Braun starrte verstört auf das schwarze Loch dort unten in der Steinwand. Er sprang in den Keller und ging langsam auf den Durchgang zu. Ein Tunnel, angefertigt aus den selben Steinen wie der Keller, doch man konnte nur knapp drei Meter hineinschauen. Weiter schaffte es das Mondlicht nicht.

Frau Braun schrie ihren Mann hysterisch an, er solle zurückkommen und von diesem Tunnel weggehen. Er drehte den Kopf langsam zu ihr und meinte er sei sofort da, er wolle nur kurz einige Schritte weit hineingehen.
Seine Frau protestierte heftig, doch statt zu ihr zukommen sagte er nur sie sollte ihm die Taschenlampe aus dem Wagen holen. Frau Braun zögerte kurz, doch sie sah ein, dass sie ihren Mann nicht davon abbringen konnte, und so holte sie die kleine Lampe und warf sie ihm zu. Er schaltete die kleine Taschenlampe ein und verschwand im Tunnel.
Die Lampe war nichts besonderes, doch er konnte so wenigsten soviel sehen, dass er sich nicht den Kopf stieß oder über irgendetwas stolperte. Der Tunnel war etwa zwei Meter breit und im höchsten Punkt der gewölbten Decke etwa genauso hoch wie breit.
Nach ungefähr Hundert Metern und einigen Biegungen bemerkt er dass der Tunnel leicht nach unten verlief, und die Wände immer feuchter wurden. Er beschloss noch ein kleines Stück weiter zu gehen und dann umzukehren.
Nach fünf Schritten blieb er erschrocken stehen, als er weiter vor ihm ein Geraschel und dann etwas auf ihn zulaufen hörte. Herr Braun konnte sich nicht rühren vor Angst und starrte auf das Ende des schwachen Lichtkegel seiner Lampe. Er schrie kurz auf und fasste sich an die Brust als drei Ratten auf ihn zugerannt kamen und an ihm vorbei in Richtung Ausgang verschwanden. Als der Schrecken verflogen war lächelte er kurz und beschloss dass es nun reichte, drehte sich um und machte sich auf den Rückweg. Nach einem kurzen Stück hörte er wieder etwas. Das waren aber nicht die Ratten vor ihm, sondern es kam von weiter drin im Tunnel. Herr Braun blieb stehen und lauschte. Er erwartete den Rest der Nagerfamilie, doch statt schnellem Rattengewusel hörte er schwere schlurfende Schritte die langsam näher kamen. Ihm stand der Schweiß in der Unterhose und er ging langsam rückwärts Richtung Ausgang, die Lampe in den Tunnel gerichtet.

Ein Kratzen wie von Fingernägeln die an der Tunnelwand entlang schleiften ließ ihn fast stolpern, und als sich ein dumpfes langgezogenes Stöhnen in seinen Gehörgang fraß, ließ er die Lampe fallen, drehte sich um und nahm die Beine in die Hand. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals als er merkte wie auch die Schritte hinter ihm schneller wurden, und er meinte zu hören dass sie sogar schneller wurden als seine eigenen. Ein langes, aggressives und sehr lautes Stöhnen hallte hinter ihm durch den Gang, und er drehte den Kopf kurz zurück. Er sah noch leicht den Schein seiner Taschenlampe die am Boden lag, und genau in diesem Moment huschte mit schnellen kurzen Schritten ein gebückt laufender unförmiger großer Schatten durch den Tunnel. Er drehte den Kopf wieder nach vorne und rannte noch schneller. Immer die hastigen kurzen aber schnellen Schritte, begleitet vom rasseln einer schweren Eisenkette hinter ihm. Nun konnte er den Ausgang weit vor sich erkennen und als ein weiteres Stöhnen gefolgt von einem grollenden Knurren sein Ohr erreichte, pisste Herr Braun sich beim laufen in die Hose ohne es selber wahrzunehmen. So schnell wie der Ausgang näher kam, kamen aber auch die Schritte von diesem Ding näher. Er konnte nun sogar den schnellen röchelnden Atem hinter sich wahrnehmen. Und dann war da wieder dieses krankhafte Stöhnen.

Frau Braun stand am Rand des Kellers und mit offenstehendem Mund und großen
Augen vernahm sie den elenden Schrei ihres Mannes der entfernt aus dem Durchgang zu hören war und langsam und röchelnd verstummte. Erschrocken und panisch kreischend lief sie los in den Wald. Sie kam nur einige Schritte weit, dann stolperte sie im Dunkeln über eine Wurzel, schlug mit dem Kopf an einem Baum an und blieb bewusstlos liegen.

Als sie wieder zu sich kam, wusste sie nicht wo sie war, und wusste nicht was sie hier zu suchen hatte. Frau Braun kauerte sich an einen Baum, zog die Knie vor die Brust und hielt die Arme darum. Sie zitterte vor Kälte, wippte mit dem Oberkörper, starrte in die Dunkelheit und lauschte in die Nacht. Der Mond schien nur schwach durch die Wolken, der Wind wehte leicht durch die Baumwipfel und hier und da raschelte und knackte es im Unterholz.
Etwa zehn Minuten bevor sie wieder zu Bewusstsein kam, näherten sich langsam schlurfende Schritte dem Durchgang in der Kellerwand.
Ein langgezogenes Stöhnen hallte durch die Nacht.
 
K

koollook

Gast
Dein Text ist spannend und teilweise auch markaber-echt (ich meine die Urinpassage).

Ich werde auf jeden Fall mehr von dir lesen und kommentieren.

Gruß,
koollook
 



 
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