Bismarck raucht...

4,00 Stern(e) 2 Bewertungen

wolanders

Mitglied
Bismarck raucht...

von

Wolfgang Anders

Eine rauchige Geschichtsbetrachtung
Leipzig 2002

Diese neueste Erkenntnis kann so keiner bestätigen.
Das bedarf der Erklärung.
Tatsächlich rauchte kürzlich ein von und zu Bismarck in Leipzig. Ein echter Bismarck-Hering, sagten manche, ein blaublütiger Hering, ein Fischkopp eben.
Nun, so despektierlich war das alles gar nicht gemeint.
Schwingt doch nicht zuletzt bei uns gemütlichen und friedfertigen Sachsen auch ein wenig Neid und Hochachtung oder Bewunderung oder was weiß ich, in all den Bezeichnungen, die am Stammtisch genannt werden, mit. Keine Bösartigkeiten. Es war ein Nachfahre des großen alten Fürsten Otto von Bismarck, der allhier im höchsten Hotel der Messestadt Leipzig sowas wie eine Vernissage, eine Lesung, gewissermaßen eine Rauchung veranstaltete.
Unsere gute alte - mehr alte als gute - Leipziger Volkszeitung berichtete vorher und nachher von diesem Premium-Ereignis.
Er hat geraucht.
Hier in unseren Mauern.
In unserer Luft.
Mit unserem Sauerstoff verbrannte er seine edlen Zigarren.
Die Stiftung Bismarck verwies den Autor, einen ebenso alten Sachsen aus Leipzig, an den edlen Nachfahren.
Er - der Autor - wollte die Lesung über Bismarcks Rauchphilosophie ein wenig aufwerten, auf höhere Ebenen führen, den Intellektuellen dieser Welt und anderen Einfaltspinseln neuere Erkenntnisse zuführen, wie zum Beispiel, daß die neuere deutsche und preußische Geschichte einen anderen Verlauf genommen hätte, wenn, ja wenn dieser französische Vertragspartner des Fürsten Bismarck mit Bismarck eine gute Zigarre geraucht hätte. Das Ergebnis des deutsch-französischen Krieges von 1871 wäre vermutlich ganz anders ausgefallen. Jules Favre, Monsieurs Thiers, Napoleon III. hätten mit dem neuen Reichskanzler eine Art Tabakkollegium rauchen können und mindestens der erste der Weltkriege wäre uns erspart geblieben, weil Clemenceau keinen Grund zum Chauvinismus gehabt hätte. So oder so ähnlich wäre die Geschichte verlaufen, wenn, ja wenn...

Kurz, nur Muth, so raucht sich auch der Tabak gut!
Meint Bismarck in einem Brief an seine Gattin vom 4.April 1859, geschrieben in Petersburg.
Und:
Ich habe bisher nur angenehme Eindrücke; das Einzige was mich erbittert, ist daß man auf der Straße nicht rauchen darf.

Es ist durchaus legitim, die deutsche Geschichte so oder so zu betrachten. Die gesicherten Erkenntnisse einer tiefschürfenden historischen Forschung und die profunden Kenntnisse des Autors belegen das.
Es begann alles im sogenannten oder auch \"PreußenJahr\" (die schreiben das tatsächlich so), also im PreußenJahr 2001.
Diese PreußenJahr 2001 wurde hier in Bundesdeutschland, in der deutschen demokratischen Bundesrepublik, richtiger in der Deutschen Bundesrepublik (DBR) ganz regierungsoffiziell gefeiert.
Und es war auch danach.
Geld spielte sowieso keine Rolle, die Schönen und Reichen, also Gerhard Schröder und Johannes Rau (Moment, da hat der Autor aber jetzt verwechselt...) und viele, viele Promis aus Politik und Regierung und McDoof und bekannt aus Funk und Fernsehen feierten und feierten...soviel Preußen gab es gar nicht, wie die feierten.
Die Museumsinsel in der Reichshauptstadt Berlin hatte noch nie soviel zu tun. Der Museumspädagogische Dienst daselbst war alleine schon ausgelastet durch die von hoher Wissenschaftlichkeit getragenen Fragen des Autors dieser bescheidenen Zeilen. Wie zum Beispiel die Frage nach Rolle und Bedeutung des Dr.Dr. Günther Gereke...Wer war Gereke?
Museumsfuzzis von fast ganz Berlin zerbrachen sich den Kopf. Westberlins versteht sich, in Ostberlin hätten sie schon eher fragen können. Denn, was das Wessi nicht braucht, kennt es auch nicht.
Na ja, so ist das eben.
Wir wissen Bescheid und die haben das Geld und nun auch noch die Macht.
Macht nichts.

Rauchte Bismarck wirklich und tatsächlich und leibhaftig in Leipzig?
In L.E.?
In der alten Reichsmessestadt Leipzig?

Die Leipziger Volkszeitung, das seriöseste weil einzige Blatt in Leipzig, vermeldete in ihrer Ausgabe vom Dienstag, 30.April 2002 auf Seite 19 auf ihrer Tratschseite LEIPZIG UND UMLAND:

Rauchen Sie Zigarren? Gut. Interessieren Sie sich für Politik und Geschichte? Noch besser. Tun Sie vielleicht beides? Ideal, dann sind Sie der richtige Gast am 15. Mai im Blauen Salon des Hotels Inter-Continental.
Carl Eduard Graf von Bismarck, Ur-Ur-Enkel des Reichsgründers Otto von Bismarck, gibt dort einen exklusiven Zigarrenabend. Der 41-Jährige lebt auf Schloß Friedrichsruh bei Hamburg, dem Stammsitz der Bismarcks. Seit 1993 verwaltet er die Lizenzen der Familie, die Immobilien und die Forstwirtschaft. Der junge Graf will in Leipzig zwei Zigarren der Firma \"Fürst Bismarck\" vorstellen, dazu gibt es Getränke aus dem adeligen Haus und die Möglichkeit, in zwangloser Atmosphäre mit ihm ins Gespräch zu kommen. Nach eigener Auskunft verbringt Graf Bismarck 90 Prozent seiner Zeit mit Politik, will im September auch für die CDU in den Bundestag. Karten für den Abend (Preis: 65 Euro) gibt es unter Ruf (0341) 9881187.

Eine kleine Polit-Werbe-und-Verkaufs-Show also.
Nicht schlecht, Herr Specht.
Der Autor dieser Zeilen wollte auch hin. Da er aber 90 Prozent seiner Zeit nach eigenen Angaben mit Nahrungssuche und Arbeit und Geldbeschaffung und Kunden verbringt, war es ihm nicht vergönnt, an diesem exklusiven Herrenabend, einer Art Tabak-Kollegium der Oberklasse, teilzunehmen.
Für 65 Euro hätte der Autor sich auch mit seiner eigenen Frau im Gartenverein \"Dahlie\" in Leutzsch einen schönen Abend machen können. Von dem Geld wären auch noch ein paar Gartenfreunde mit satt und trunken geworden.

So weit so gut. Wie sagten wir in der DDR doch gleich: ND gut - alles gut.

Der Autor glaubte sich erinnern zu können, an ein Buch mit und über Bismarck: Da war es auch schon (Kannte die Stiftung Bismarck noch nicht, sag ich doch, was das Wessi nicht braucht, kennt es auch nicht!):

Tagebuch eines Ordonnanzoffiziers
Juli 1870 ~ Febr.1871

von Graf Maurice de Hérisson.

Wir haben hier in unserer Bibliothek (der SAMMLUNG ANDERS, die wir hier mal ganz bescheiden nennen dürfen) eine leicht angegriffene Ausgabe einer Zweiten Auflage von 1885, Augsburg & Leipzig.
Eine Übersetzung, das Original von Hérisson gibt es auch noch. Hérisson hat viel geschrieben, sowohl Geschichte, als auch Reiseberichte. Auch noch in Französisch. Was keiner kann - außer dem Autor dieser wertvollen Zeilen.
Und so lesen wir hier einige recht interessante Aspekte der Geschichte zwischen einigen europäischen Völkern, und wie sie sich gegenseitig auf die Füße treten. Gut zu wissen, wer beim Ausbruch des Krieges wem Glück wünscht und aus welchen Motiven.
Gut zu wissen, wie die Briten die Franzosen austricksen, mit einem dreiseitigen Vertrag deren Dritter die Chinesen sind. Die Briten gestalteten den Vertragstext so, daß der englische Text zum Vorteil der Briten, der französische aber zum Nachteil der Franzosen war. Welche Nachteile den Chinesen zukamen wissen wir heute nicht mehr.
Und so blickten die Angelsachsen mit höchstem Interesse auf den Kontinent Europa, um zu sehen, wer nun wen mehr oder weniger klassisch besiegt. Von den Amerikanern ganz zu schweigen, die hatten ihre Beobachter auch schon da. Ob damals der Ruf Ami go home seinen Ursprung fand?
Man weiß es nicht.
Graf d`Hérisson muß eine ganz hervorragende Ausbildung genossen haben. Er sprach fließend deutsch und wohl auch chinesisch. Als Kapitän, das entspricht unserem Hauptmann, der französischen Mobilgarde kam er zu Jules Favre und diente ihm als Ordonnanz. Seine Fähigkeiten und seine historischen und politischen Kenntnisse erlaubten es ihm, zwischen der deutschen oder auch preußischen Seite, und seiner französischen Heimat zu übersetzen und sogar zu vermitteln. Seinen Aufzeichnungen zufolge will er im Alleingang mit Bismarck einige nicht unwesentliche Dinge für Paris, die französische Armee und seine Leute ausgehandelt haben. Die französischen Politiker dieser Zeit müssen nicht die Intelligentesten gewesen sein. Auch Bismarck deutet dies in seinen Briefen an seine Gattin an:

Versailles, 1. Febr.71
Gesund und viel Arbeit, alle Tage Franzosen von früh bis spät, wegen Ausführung des Waffenstillstands.
Die Leute sind so geschäftsunkundig, daß ich ihnen bei ihren Arbeiten helfen muß. Favre sitzt täglich von 12 bis 10 Ab. schreibend in meinem Zimmer.
Marie viel Dank für Brief.
Dein v.B.

Versailles, 27.2.71
Mein liebes Herz
ich habe Deine tägliche Treue im Schreiben schlecht vergolten, und jedesmal wenn mir Engel Deinen Brief ans Bett brachte, Reue und gute Vorsätze gehegt, aber es ging einen Tag wie den andern, täglich sechs auch 7 Stunden Thiers und Favre, und mein kleiner Freund Thiers ist sehr geistreich und liebenswürdig, aber kein Geschäftsmann für mündliche Unterhandlungen. Der Gedankenschaum quillt aus ihm unaufhaltsam wie aus einer geöffneten Flasche, und ermüdet die Geduld weil er hindert zu dem trinkbaren Stoffe zu gelangen auf den es ankommt. Dabei ist er ein braver kleiner Kerl, weißhaarig, achtbar und liebenswürdig, gute altfranzösische Formen, und es wurde mir sehr schwer so hart gegen ihn zu sein wie ich mußte. Das wußten die Bösewichter, und deshalb hatten sie ihn vorgeschoben.
Gestern haben wir endlich unterzeichnet, mehr erreicht als ich für meine persönliche politische Berechnung nützlich halte. Aber ich muß nach oben und nach unten Stimmungen berücksichtigen die eben nicht rechnen.
...

Graf d`Hérisson scheint die damaligen Verhältnisse ähnlich bewertet zu haben.
So schreibt er in seinem Tagebuche:

...Zuerst frappierte mich der Kontrast, den die beiden Redenden bildeten. Graf Bismarck trug die Uniform eines Obersten der weißen Kürassiere: weißen Waffenrock, weiße Mütze, mit gelbem Rand. Er sah aus wie ein Koloß. In seine Uniform eingezwängt, mit gewölbter Brust, eckigen Schultern, strotzend vor Gesundheit und Kraft, erdrückte er durch seine Nähe den gebeugten, mageren, langen, traurigen Advokaten in seinem Überrock, der überall Falten schlug und seinen lang herabfallenden weißen Haaren.
Ach! man brauchte nur einen Blick auf die beiden Unterhändler zu werfen, um den Sieger und den Besiegten, den Mächtigen und den Schwachen heraus zu erkennen.

Am Morgen, der auf den 22. Januar folgte, war das Volk, das über das Furchtbare: französische Hände den Deutschen im Blutvergießen Konkurrenz machend; das Chassepot-Gewehr in Eintracht mit Krupp; die Nationalgarde inoffensiv vor den Preußen, aber mörderisch vor den Franzosen - ganz entsetzt war, vollständig zum Frieden geneigt. Man hatte genug.

Bismarck nahm eine Untertasse mit drei Cigarren, reichte sie Jules Favres und fragte:
\"Rauchen Sie?\"
Jules Favres verneigte sich dankend und sagte, daß er nie rauche.
\"Da thun Sie Unrecht,\" sagte der Kürassier-Diplomat treuherzig.
\"Wenn eine Unterhaltung sich entspinnt, die vielleicht zu Diskussionen führen, eine heftige Sprache veranlassen kann, ist es entschieden besser, beim Sprechen zu rauchen. Sehen Sie, wenn man raucht,\" fuhr er fort, indem er seine Havannah anzündete, \"so lähmt die Cigarre, die man hält, die man doch nicht fallen lassen will, in etwas die physikalischen Bewegungen. In moralischer Beziehung besänftigt sie uns, ohne die Funktionen unseres Gehirns im Geringsten zu hemmen. Die Cigarre ist eine Ablenkung; der sich emporringelnde blaue Rauch, dem man unwillkürlich mit den Augen folgt, bezaubert uns und macht uns versöhnlicher. Man ist glücklich, denn das Auge ist besänftigt, die Hand gefesselt, der Geruchssinn befriedigt. Man ist geneigt, sich gegenseitig Konzessionen zu machen. Und unsere Arbeit, bei uns Diplomaten, besteht aus beständigen gegenseitigen Konzessionen. Sie haben als Nichtraucher einen Vortheil über mich, der ich rauche: Sie sind aufgeweckter, und einen Nachtheil: Sie lassen sich leichter hinreißen, sind leichter geneigt, dem ersten Impuls zu folgen,\" fuhr er mit einer etwas spöttischen Absichtlichkeit fort. \"Übrigens bin ich sicher, daß der Kapitän raucht.\"

Und er schob mir die Untertasse hin. Ich gestehe, wenn ich mich auch auf einen weniger erhabenen Gesichtspunkt als der Kanzler stelle, daß eine gute Cigarre mich stets gelockt hat. Dennoch hielt ich es für richtiger, abzulehnen. Ich wollte ganz Ohr sein, mich durch nichts zerstreuen lassen, und dann fühlte ich mich diesen beiden Männern in hierarchischer Beziehung zu untergeordnet, als daß ich mir erlaubt hätte, mich mit ihnen auf gleichen Fuß zu stellen, wie Personen, die in Gemeinschaft rauchen.

Und weil es so schön ist, zitieren wir den Grafen d`Hérisson einfach weiter. Einmal, weil man heute kaum noch solch geschliffenen Texte findet, und vor allem, weil es äußerst interessant und lehrreich ist. Man könnte auch meinen, die Geschichte wiederholt sich doch. Aber nein: Menschen und Motive scheinen sich zu ähneln, es ist wohl doch ein einziges Hin und Her, ein ewiger Kampf mit den Mächten dieser Welt...und dennoch können wir erleben, wie die Cigarre und das Rauchen hier in die europäische Politik eingreifen. Man lese und staune:

Die Unterhaltung fing gesetzt und ruhig an. Mit erstaunlichem Freimuth und bewundernswerther Logik sagte der Kanzler einfach und aufrichtig, was er wünschte. Er ging gerade auf`s Ziel los, was Jules Favre, der an seine Advokatenkniffe und diplomatischen Durchsteckereien gewöhnt war, ganz verdutzt machte. Er verstand Nichts von dieser vollkommenen Loyalität, dieser stolzen und mit dem alten Schlendrian wenig übereinstimmenden Art, die Fragen zu behandeln.
Der Kanzler drückte sich mit einer Leichtigkeit in der französischen Sprache aus, die ich bisher nur bei den Russen gefunden hatte, die sich unsere Sprache so rasch und glücklich aneignen und für die alle fremden Idiome wegen der Schwierigkeit ihrer Sprache kinderleicht sind.Er bediente sich kräftiger und eleganter Ausdrücke und fand ohne Anstrengung und ohne es zu suchen stets das rechte Wort, um einen Gedanken zu klassifizieren, eine Situation zu erklären.
Während ich der Reihe nach die Schriftstücke aus dem Ministerportefeuille herausnahm, die gebraucht wurden und die Notizen dazu schrieb, die mir diktiert wurden, genoß ich diese unerwartete Lektio in der Rhetorik und Unterhaltungskunst.
Als die Rede auf Garibaldi und die Dijon-Armee kam, funkelten die Augen des Kanzlers und nahmen plötzlich den Ausdruck des heftigsten Zornes an. man fühlte , daß er nur mit Mühe seinen offenen und gewaltigen Groll zurückhielt.
\"Ich denke,\" sagte er zu Jules Favre, \"daß wir ihn, ihn und seine Armee, aus unseren Waffenstillstandsbedingungen herauslassen. Er ist nicht einer der Ihrigen, Sie können ihn mir daher wohl überlassen. Er hat ein kleines Armeekorps sich gegenüber, dessen Effektivbestand ungefähr dem seiner Truppen gleichkommt.Mögen sie mit einander fertig werden, wie sie können. Wir haben mit ihnen Nichts zu thun.\"
Jules Favre erwiderte, daß das ganz unmöglich sei. Man hatte Garibaldi nicht um seinen Beistand gebeten, das war wahr. Er hatte schon früher seine und seiner beiden Söhne Mitwirkung der Regierung der nationalen Vertheidigung am 5. September früh durch eine an Rochefort gerichtete Depesche angeboten. Man hatte ihm abschlägig geantwortet. Aber da die Verhältnisse aus dem italienischen Condottiere den General einer französischen Armee gemacht hatten, wäre es eine Feigheit von ihm, dem Repräsentanten Frankreichs, Garibaldi zu verlassen, ihn von einem Waffenstillstand, der Allen zu Nutzen kommen sollte und in der Rückwirkung also auch sein Armeekorps, das fast nur aus Franzosen bestand, davon auszuschließen.

Die Provinz hatte übrigens, indem sie Garibaldi`s Dienste annahm, die Paris ablehnen zu müssen geglaubt hatte, diesen Fremden mit den Falten ihrer Nationalflagge zugedeckt und es war unmöglich, ihn im Stiche zu lassen.
Während dieser Ansprache, die viel länger und gewiß beredter war, als der schwache Umriß, den ich davon zeichne, und während Jules Favre den beweis führte, daß die Ehre des Vaterlandes in einer solchen Frage enthalten sei, hatte der Zorn des Grafen Bismarck immer zugenommen.

Er bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl hin und her; er hatte sogar seine halb aufgerauchte und noch brennende Cigarre auf den Rand der Untertasse gelegt und mit dem Zeigefinger heftig auf den Tisch schlagend, rief er:

\"Ich muß ihn aber haben, denn ich will ihn in Berlin herumführen lassen, mit einer Tafel auf dem Rücken, auf der die Worte stehen: \"Das ist die Dankbarkeit Italiens.\" Wie! Nach Allem was wir für die menschen gethan haben!... Das ist eine Schmach!\"

Ich nahm mir jetzt eine große Kühnheit heraus, die einem Manne von der Erziehung und Distinktion des Grafen Bismarck gegenüber, eine Chance zu gelingen hatte und die auch wirklich gelang.
Ich nahm die Untertasse mit den Cigarren halb lächelnd, halb mich verbeugend und in der Haltung der Hochachtung und Bitte, hielt sie ihm hin.
Einige Augenblicke lang schien er nicht zu verstehen, dann erlosch das feuer in seinen Augen plötzlich.
\"Sie haben Recht, Kapitän,\" sagte er, \"es ist nutzlos, zornig zu werden. Das führt zu Nichts... im Gegentheil!\"
Und die Unterhaltung nahm ihren gewohnten, gemäßigten Ton wieder an. Garibaldi`s Armee und er selbst wurden in den Waffenstillstand mit einbegriffen.

Eine kleine Begebenheit, die nichts mit dem Rauchen, wohl aber mit dem Militär und auch noch mit unseren Landsleuten (Das deutsche Volk, einig in seinen Stämmem...) zu tun hatte, kann sich der verdienstvolle Autor, Übersetzer, Herausgeber und Verleger nicht verkneifen: Während sich die Franzosen einschließlich Graf d`Hérisson laufend darin gefallen, die Deutschen mit den Preußen gleichzusetzen, respective alle Deutschen als Preußen zu bezeichnen, differenziert hier unser französischer Kapitän der Mobilgarde seltsamerweise:
Der Kaiser (Der neue deutsche Kaiser, also Friedrich Wilhelm..., von Bismarck stets nur als der König bezeichnet. Wesentliche Anmerkung des Autors, Übersetzers, Editors und Verlegers) wohnte in der Präfektur, in demselben Gebäude, welches bald M. Thiers` Palais werden sollte. Prinz Wittgenstein hatte Dienst bei dem Kaiser. ich begab mich daher nach der kaiserlichen Wohnung, vor deren Thür eine Schildwache mir das Bajonett entgegenstreckte. Der brave Sachse (Hervorhebung \"Der brave Sachse...!\" Das kann man gar nicht hoch genug bewerten! Meint der Autor als alter Sachse.) konnte nicht begreifen, daß ein bewaffneter französischer Offizier die Kühnheit haben könne, bei seinem Herrscher eindringen zu wollen.

Das ist es, was den Autor an diesem Stück deutscher Geschichte begeistert: Der brave Sachse und die Preußen - Sachsens Glanz und Preußens Gloria!
War es nicht so?
Das deutsche Volk, einig in seinen Stämmem?
Nur eine schöne Illusion?
Oder auch eine verpflichtende Vision?
Sprach doch der übernächste auf diesen deutschen Kaiser im Dreikaiserjahr 1888 folgende deutsche Kaiser, der unglückliche Wilhelm II. enttäuscht und verbittert zu einem seiner Generäle, zu Groener: \"Sie sind württembergischer General; nachdem ich nicht mehr Kaiser bin, habe ich nichts mehr mit Ihnen zu tun.\"
Das war 1918.
Im Jahre 1890 jedoch hat dieser Kaiser sein bestes Pferd im Stalle des jungen, zweiten Deutschen Reiches, seinen in Ehren ergrauten Reichskanzler Bismarck entlassen.
Da kam das deutsche Volk aber entschieden besser miteinander aus, als diese Herrschaften.
Wobei wir, hier und heute, lernen müssen, was uns diese Repräsentanten und Mächtigen und Herrschenden in einer anderen Zeit noch zu bedeuten haben. Da ist noch viel zu tun. Packen wir es an oder lassen wir es liegen und warten wir es ab?

In seinen Briefen, die der Autor dieser eher zufällig entstandenen Zeilen im Leipziger Zentralantiquariat fand, wurde ausgerechnet der olle Bismarck sympathischer und menschlicher als erwartet. Aber das ist eine andere Geschichte...
Aber gerade heute beginnt es zu bröckeln und zu kriseln in der deutschen Geschichte und ganz langsam lichtet sich der Rauch und der Nebel, der schwer auf uns lastet. Eine Entschuldigung nach der anderen entlastet unser anerzogenes deutsches Schuldbewußtsein. Da entschuldigt sich Rußland für das Kriegsverbrechen von Katyn beim polnischen Volk. Da entschuldigt sich der Papst bei seiner Reise in der Ukraine für Verbrechen, die im Namen der katholischen Kirche begangen wurden, da entschuldigt sich der Staat Polen bei einer jüdischen Gemeinde für die Erschlagung von 1600 jüdischen Bürgern einer polnischen Stadt. Wenn das so weitergeht, entschuldigen sich bald noch die Völker dieser Welt für das am deutschen Volk begangene Unrecht?
Und wieso nicht?
Die vertriebenen Ostpreußen und Sudetendeutschen jedenfalls haben noch nicht einmal den völkerrechtlichen Status der Palästinenser. Ohne jede völkerrechtliche Grundlage, staatsrechtlich völlig offen, wurden diese Menschen von Haus und Hof verjagt. Die letzte deutsche Reichsregierung wurde verhaftet und als Kriegsgefangene betrachtet, der Staat Preußen im Jahre 1947 aufgelöst. Einfach so, weil es unseren Nachbarn so besser erschien. Für sie. Die Briten haben es uns deutlich gezeigt, was sie wollten. Noch im Jahre 1951 fuhren alliierte Offiziere durch die Freie und Hansestadt Hamburg. Die Docks, 1945 beschlagnahmt und für Rechnung der Briten arbeitend, sollte Hamburg zurückkaufen. Schöne Freunde.
Aber das ist eine andere Geschichte...
Bleiben wir bei Bismarck.
Bismarck war zum überzeugten Monarchisten geworden, was er dem Franzosen Jules Favre so darstellt:

Sind Sie sicher, daß Frankreich so republikanisch gesinnt ist, wie Sie sagen, fragte der Kanzler.
Gewiß, versetzte Jules Favre.
Nun, ich bin durchaus nicht Ihrer Ansicht, Herr Minister.
Bevor wir mit Ihnen zu unterhandeln anfingen, haben wir, wie Sie sich wohl denken können, den moralischen Zustand Ihres Vaterlandes studirt und uns genau darüber orientirt. Trotz dieses für Sie unglücklichen Krieges, den die französische Nation napoleon III. mehr aufdrängte, als daß er ihn gewünscht hätte, wie ich Ihnen schon gesagt - und das hat uns gestattet, nachdem wir das Kaiserreich gestürzt, noch mit Frankreich, unserer alten und richtigen Feindin zu kämpfen - trotz des Unglücks und der Niederlagen Eurer Armee war, glauben Sie mir, nichts leichter, als das Kaiserreich wieder herzustellen. Ich will nicht behaupten, daß es in Paris mit Freuden begrüßt worden wäre, aber man hätte es sicherlich angenommen oder geduldet. Und ein Plebiszit hätte dann das Uebrige gethan.
Nein, wenn wir nicht mit den Bonaparte unterhandelten, so geschah es, weil es uns vortheilhafter erscheint, mit Ihnen einen Vertrag zu schließen. Was aber die vorgebliche Liebe Frankreichs zur Republik anbetrifft, die wäre mit wunderbarer geschwindigkeit verschwunden.
Sie sind noch nicht lange am Ruder. Warten Sie nur. Wenn Sie die Menschen erst einige Jahre regiert haben werden, werden Sie aus einem Liberalen, der Sie jetzt sind, ein Machthaber, aus einem Republikaner ein Monarchist werden. Glauben Sie mir: man kann eine große nation nicht leiten, sie nicht prosperiren lassen, ohne das Prinzip der macht, das heißt der Monarchie.

Und da Jules Favre dagegen protestirte, fuhr der Kanzler fort:
Sie werden schon dahin kommen, vielleicht gegen Ihren Willen, das will ich zugeben, aber Sie kommen trotzdem schon dahin. Sie sind zu scharfsichtig, um das nicht bald einzusehen und zu guter Patriot, um dann in Ihrem Irrthum zu verharren. Sehen Sie mich an. Wie hab`ich denn angefangen? Ich war liberal und nur durch die Macht der Urtheilskraft, durch den Beweis der Thatsachen und durch die Erfahrung an den Menschen, bin ich, weil ich mein Vaterland liebte, sein Wohl und seine Größe wollte, konservativ, wenn es Ihnen besser gefällt, Machthaber geworden. Der Kaiser hat mich dazu bekehrt. Meine Dankbarkeit gegen ihn, meine hochachtungsvolle Liebe datiren aus jener schweren Epoche, wo er ein solches Vertrauen zu mir gefaßt hatte, daß er mich allein gegen Alle schützte und hielt. Wenn ich heute der Mann bin, als den Sie mich vor sich sehen, wenn ich meinem Vaterlande einige Dienste erwiesen habe, so verdanke ich das einzig und allein dem Kaiser und ich werde ebenso wenig müde das zu sagen, als ich müde werde, meinen Herrscher zu lieben.

Soweit der preußische Ministerpräsident und Kanzler des neugegründeten Deutschen Reiches, Otto der Eiserne.
Aus heutiger Sicht faszinierend. Aus der gleichen Familie wie Bismarcks König und Kaiser, der Familie der Hohenzollern stammen ähnliche Gedanken.
Louis Ferdinand von Preußen sagte seinem zweiten Sohn Michael: \" Mir scheint es nicht unmöglich, daß wir wieder die Monarchie bekommen, denn begeisterte Republikaner sind die Deutschen nie gewesen. Diese echte Chance haben wir nur im Fall einer Wiedervereinigung. Dann wird es eine neue Verfassung geben, und warum sollten die Deutschen sich dann nicht im Rahmen eines Volksentscheides einen Kaiser wünschen?\"
Der 1918 abgesetzte Kaiser Wilhelm II. schrieb etwa zehn Jahre später in seiner niederländischen Verbannung:
\"Die objektive Staatsgewalt wird am reinsten in der Person eines Monarchen verkörpert, der weder Parteien durch Zugeständnisse aller möglichen Vorteile gewinnen muß noch selbst - in seiner Unabhängigkeit von materiellen und finanziellen Dingen, unabhängig von Stellung, Karriere und äußerer Aufstiegsmöglichkeit, die jeder anstrebt - gewonnen werden kann.
Er verkörpert die Staatsgewalt mit der wichtigsten Eigenschaft:
er ist unbestechlich durch seine Stellung.\"

An dieser Stelle stellt der an sich verdienstvolle Autor erschrocken fest, daß er sich auf dem besten Wege zum Monarchisten befindet. Das war so nicht vorgesehen. Ausgangspunkt dieser tiefgründigen Betrachtungen war und ist immer noch das wissenschaftlich zu erforschende Rauchverhalten großer und berühmter Persönlichkeiten, dargestellt am Beispiel eines Grafen Otto von Bismarck, von Beruf Reichskanzler des Zweiten Deutschen Reiches mit Kaiser Friedrich Wilhelm an der Spitze.
Das wäre übrigens eine viel schönere Überschrift zu dieser ehrenwerten Schrift, als das lapidare, wenn nicht ironische \"Bisamrck raucht\".

Tatsache aber ist auch, denkt der Autor als alter Sachse und armes gebranntes DDR-Kind, daß man sich mit solchen Persönlichkeiten eher identifizieren kann, als mit den Pappnasen von heute.
Und mit dem Deutschen Reiche besser als mit diesem mißratenen Bundesdeutschland.
Wie sagte doch Louis Ferdinand, im Falle einer Wiedervereinigung würde es eine neue Verfassung geben?
Haben das nicht selbst die Bürgerbewegten der DDR angemahnt?
Steht das nicht auch im Grundgesetz?
Pardon - stand das nicht im Grundgesetz?
Haben das der dicke Kohl, gelernter Historiker, und seine Parteigenossen nicht gewußt? Oder bloß vergessen? Man kann sich ja mal irren. Das ist ja auch nicht so wichtig, wenn man damit beschäftigt ist, 17 Millionen DDR-Bürger mittels Treuhandanstalt und über die Politik und die Gesetzgebung zu enteignen und maßlos über den Tisch zu ziehen...

Was wollten wir doch gleich sagen?

Kurz, nur Muth, so raucht sich auch der Tabak gut!

Ein Telegramm von Bismarck an seine liebe Frau:

Versailles den 28. Januar 1871.
Capitulation aller Pariser Forts und dreiwöchentlicher Waffenstillstand zu Lande und zu Wasser von mir und Mr Jules Favre unterzeichnet. Pariser Armee bleibt kriegsgefangen in der Stadt.
Bismarck.

Man weiß nicht, wie schnell damals Telegramme ihren Empfänger erreichten. Jedenfalls müssen die Stadtverordneten vom Rat der Stadt Leipzig sehr schnell den Entschluß gefaßt haben, in Dankbarkeit für den Fall von Paris, wie es in einem Leipziger Geschichtsbuch heißt, Graf Bismarck und Graf Moltke zu Ehrenbürgern zu ernennen.

Der Liste der \"Ehrenbürger der Stadt Leipzig von 1832 an bis...\" kann man zu Bismarck entnehmen:

Lfd. Nr. 37

Namen: von Bismarck-Schönhausen
Stand: Fürst, Herzog von Lauenburg
Wohnort: Berlin
Ernannt am: 28. Jan. 1871
Gestorben am: 30.7.1898

Bemerkungen:
\"Dem großen Staatsmann zum Zeichen dankbarster und innigster Verehrung.\"

Von entgeltpflichtigen Recherchen in der o.g. Akte ... wurde zum jetzigen Zeitpunkt abgesehen.

Na, Gott sei Dank, denkt und dankt der Autor, dem diese wertvollen Erinnerungen zu verdanken sind. Mehr an Kosten hätte er auch nicht tragen können, obwohl...Sollte dieses Büchlein auf Grund und infolge seines beschaulichen und etwas weitschweifigen Inhaltes ein sogenannter Selbstläufer oder auch Bestseller werden, dann, ja dann könnte man die Recherchen auch vertiefen und entgeltlich noch weitere Dokumente heranziehen, was aber bis jetzt dem geneigten Leser, sofern es welche geben wird, nicht zugemutet werden kann oder soll, weil (man beachte die neue Satzstellung), weil - es geht auch so und für den Preis, falls das wirklich jemand kauft - obwohl und immerhin - muß man noch lange nicht die Perlen vor die Säue werfen. Oder so.

Mit der soeben ein wenig weiter oben erwähntenWeitschweifigkeit ist das so eine Sache.
Man sollte an dieser Stelle vielleicht mal dazu Stellung nehmen, was ja nicht schaden kann, weil - man sollte über alles reden, weil - also:
Selbstverständlich ist es erste Autorenpflicht, dem geneigten und interessierten, vielleicht aber auch nur gelangweilten Leser, respective der Leserin (Heutzutage wird das, besonders in der Politik anders dargestellt, heutzutage sagt man zum Beispiel: Leserinnen und Leser, oder so. Wie auch zum Beispiel: Bürgerinnen und Bürger, oder Wählerinnen und Wähler, oder Genossinnen und Genossen, oder Jugendfreundinnen und Jugendfreunde usw. usf.), also den LeserInnen (eine besonders doofe Schreibweise) den Text in aller gebotenen Schärfe und Kürze und Klarheit darzubieten. Okey?
Wenn nun aber komplizierte, historische Vorgänge, wie zum Beispiel die Kulturgeschichte des Rauchens im Zusammenhang mit dem Deutsch-Französischen Krieg und der zweiten Deutschen Reichsgründung dargestellt werden soll, dann muß man diese tiefenpsychologischen Aspekte, wie sie Bismarck in seinen Betrachtungen über das Rauchen dem Franzosen Jules Favre gegenüber so klar und deutlich brachte - siehe weiter oben - (nicht doch, weiter, noch weiter oben!) auch entsprechend würdigen.
Zugegebenermaßen neigt der Autor in seiner Eigenschaft als Sachse - übrigens auch und nicht zuletzt mit seinen erworbenen Fähigkeiten als typischer altliberaler und kosmopolitischer Leipziger Messestädter zur Redundanz. Der Autor könnte sich durchaus vorstellen, daß ein gewisser Marcel (nicht der Leipziger Friseurladen, nein:), daß ein gewisser Marcel Reich-Ranicki diese schöpferische, von einer überbordenden Phantasie getragenen Redundanz begeistert analysieren würde. Erinnert doch dieser Literaturpapst (auch katholisch, der Pole Reich-Ranicki?), der letztens von einem fast unbekannten Schreiber als Kritiker gewissermaßen gestorben wurde, erinnert doch dieser Reich-Ranicki den Autor an seinen ehemaligen Klassenlehrer. Eine etwas eigenartige Anzeige in der Leipziger Volkszeitung (die least man hier, der Autor jedoch bald nicht mehr, weil, weil, also, die drucken ihn nicht - den Autor, die anrworten nicht mal!) erinnerte vor einiger Zeit an seinen Klassenleiter Dr. Curt Beyer und seine Ellen. Die Anzeige erinnerte daran, daß Dr. Curt Beyer vor rund zehn Jahren das Zeitliche segnete. Als an einem trüben Freitag die Trauerfeier stattfand, saß der Autor als Betriebsleiter eines von der Treuhand vergewaltigten städtischen Dienstleistungsbetriebes an seinem Schreibtisch und ließ die Tiraden eines exzellenten Vertreters der sozialen und freien Marktwirtschaft über sich ergehen. Heute weiß der Autor, der noch nicht für einen der wichtigeren Literaturpreise vorgesehen ist, daß er keine fünf Minuten nach der sogenannten Wende, dem Ende der Wende oder der sogenannten undsoweiter...nicht den Löffel, wohl aber den Schlüssel hätte abgeben sollen, sich arbeitslos melden, und von da an das schöne Landleben genießen sollen.
Statt dessen hat er sich für die nicht mehr ganz so klassenbewußt agierenden DDR-Bürger engagiert und sein Sparbuch verzockt.
Hätte er m
 



 
Oben Unten