Cowboy und Indianer

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G. R. Asool

Mitglied
Der Sommer flimmerte über der Prärie. Die Sonne schien auf Stummer-Bruders dunkle Haut und ließ sie glänzen. Er tunkte seine Finger in die rote Farbe. Langsam zog er die typischen Streifen unter seine Augen. Zwei links. Einen rechts. Die Kriegsbemalung war perfekt. Sein Gesicht hatte diesen weisen emotionslosen Ausdruck, den nur ein echter Indianerkrieger haben konnte. Mit wissender Überlegenheit sah er auf sein Opfer hinab.
[ 4]Nina ließ ein leises Wimmern hören. Sie zerrte an ihren Fesseln. Tränen schossen ihr in die Augen. Die pinken Scheuermale an ihren Handgelenken brannten.
[ 4]„Lass’ mich gehen, ich mag nicht mehr!“
[ 4]Stummer-Bruder blieb seinem Namen treu und sagte nichts. Stattdessen verfiel er in einen Hyänengesang. Sein Kampfschrei kreischte über die Ebene und der Kriegstanz um den Totem begann.
[ 4]„Ich will zu meiner Mama!“ schniefte Nina.
[ 4]„Das ist meine Squaw!“ Der mächtige Federschmuck von Blasses-Wasser warf seinen Schatten auf Ninas angstverzerrtes Gesicht. Eine dicke Träne lief ihr über die Wange. Stummer-Bruder jedoch blieb stumm. Gekonnt ignorierte er seinen Häuptling und tanzte in wilder Manier weiter.
[ 4]„Das ist meine Squaw!“ donnerte Blasses-Wasser seinen Stammesbruder entgegen.
[ 4]„Ich gehöre niemandem, lasst mich geh’n!“ Nina begann jetzt hemmungslos zu weinen.
[ 4]„Keine Widerrede, Squaw! Du bist mein.“
[ 4]„Ist sie nicht! Mach’ sie los!“ selbstbewusst und betont o-beinig betrat Craig die Szenerie. Der Stern an seiner Brust verlangte funkelnd nach Respekt. Sein verfilztes Haar lugte zottelig unter seinem Hut hervor.
[ 4]Wütend drehte sich der Häuptling um und schnaubte das Schnauben eines Silberrücken-Gorillas, auch wenn er einem nicht im Geringsten ähnelte.
[ 4]„Ich wiederhole mich nur ungern.“ Craig legte die Hand auf den Kolben seines Revolvers, als müsste er ihn zurückhalten wie ein wildes Pferd.
[ 4]„Verschwinde du hässliches Bleichgesicht!“
Der Sheriff zögerte nicht. Er war der Schnellste im ganzen Westen. Schneller als sein Schatten zog er und drückte ab. „Peng-Peng!“
[ 4]„Ich hab’ gesagt geh’ weg! Hugh, der große Häuptling Blasses-Wasser hat gesprochen.“
[ 4]„Du kannst nicht reden. Du bist tot. Fall jetzt gefälligst um. Ich hab dich erschossen.“
[ 4]„Nein, hast du nicht.“
[ 4]„Doch!“
[ 4]„Nein, ich bin ausgewichen!“
[ 4]„Stimmt ja gar nicht!“
[ 4]„Stimmt ja wohl! Du hast es nur nicht gesehen, weil ich so schnell bin. Schneller als das Licht.“
[ 4]„Na und! Ich hab’ mit Wärme-Such-Kugeln geschossen. Die treffen immer!“
[ 4]„Die sind aber nicht schneller als das Licht. Außerdem bin ich unbesiegbar!“
[ 4]„Manno, du bist doof! Und ein Spielverderber! Ein doofer Spielverderber!“
[ 4]Einer solchen Beleidigung hatte Blasses-Wasser nur noch Gewalt entgegenzusetzen. Wut kochte in ihm hoch und übernahm die Kontrolle. Ein Schalter wurde in ihm umgelegt. Mit zwei langen Schritten kam er auf Craig zu gestürmt. Wie eine kleine Lok unter Volldampf rammte er den dünnen Sheriff und schubste ihn heftig. Der Cowboyhut flog durch die Luft. Craig fiel hart auf den Hintern und überschlug sich. Heulend vor Schreck und Ärger blieb er im Gras liegen.
[ 4]Stampfend drehte sich der Häuptling um, um Stummer-Bruder seinen Standpunkt mit der gleichen Vehemenz klar zu machen. Doch der ließ sich nicht so leicht einschüchtern. Immerhin war er ein gefürchteter Krieger und einen Kopf größer. Einen Moment standen sich die beiden Indianer gegenüber und starrten sich an. Blasses-Wasser machte einen Schritt. Stummer-Bruder hob seinen selbst geschnitzten Tomahawk drohend über den Kopf. Noch ein Schritt. Blitzartig wurde das Kriegsbeil durch die Luft geschleudert. Es traf den Häuptling zielsicher zwischen die Augen und stoppte Blasses-Wasser mitten im dritten Schritt. Die Haut platzte auf und der eben noch so stolze Häuptling ging jaulend zu Boden. Blut lief auf sein Lieblingsshirt und ruinierte es.
[ 4]Nina weinte, immer noch am Totem gefesselt. Craig saß heulend im Gras. Blasses-Wasser jaulte und hielt sich die Stirn. Stummer-Bruder blieb seinem Namen gerecht und sagte nichts. Stattdessen trat er die Flucht an. Er drehte sich um und rannte Frau Admony direkt in die Arme. Alarmiert von den drei kleinen Sirenen war sie herbei geeilt.
[ 4]„Kinder, was soll denn das!?“ Sie packte Stummer-Bruder am Arm. „Schon wieder ihr drei! Mit euch hat man immer Ärger. Mach’ sofort die arme Nina los und dann ab zum Direktor mit dir!“ kommandierte sie den Größten der Mini-Indianer herum, während sie sich um den verletzten Häuptling kümmerte.
[ 4]„Und du auch!“ befahl sie dem schluchzenden Sheriff.
 



 
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