Katrin Volkmann
Mitglied
Wir heirateten im September. Es war ein stürmischer, verregneter Tag. Meine Freundin sagte: jeder Tropfen Regen bringt Glück und Segen. Ich klammerte mich an diesen Spruch und freute mich auf ein Leben mit Jan. Ich, die nie hatte heiraten wollen, sagte Ja! Mit diesem Ja! versprach ich mir mein Glück auf Lebenszeit und ich sah meinem Mann in die Augen und wusste endlich: er liebte mich!
Wenn ich heute zurück blicke, sehe ich mich am Fenster stehen, Nacht für Nacht, und ich höre mich grübeln und lese die wenigen Worte, die ich mit rascher Handschrift in meinen Notizblock kritzelte: „Und meine Haut fühlte sich stumpf und trocken an unter seiner Hand, ich spürte es, und meine Hüfte war dick – dort lag seine andere Hand. Ich war dick und hässlich geworden.“ Oder ich schrieb in mein Reisetagebuch: „Jan kann nicht genießen. Er hat es wahrscheinlich nie gelernt. Unruhig hastet er von einem Reisepunkt zum nächsten und ist doch nur besorgt, eine möglichst gute, am besten wohlhabende Figur zu machen. Er spielt falsch – und schlecht.“ Ich fragte mich oft: Was machst du hier, Caroline? Warum gehst du nicht einfach weg? Alle Liebe, die du brauchst, musst du dir ergaunern, mal trotzig, mal schmeichelnd.
Genau zwei Monate nach unserem ersten Hochzeitstag sagte mein Mann zu mir: „Ich liebe dich nicht mehr. Trennen wir uns.“ Ich ging in die Knie und erbrach mich auf dem Küchenboden.
Wir haben geweint, wir haben geredet, wir haben versucht normal zu sein. Wenn ich zurück blicke, dann sehe ich das Ufer nicht, von dem wir aufgebrochen sind. Unser Boot ging verloren in all den hysterischen Stromschnellen und wir warfen zügig die Rettungsringe über Bord, als sehnten wir ein schnelles Ende herbei. Ich flehte, schrie, zankte, jammerte, warf ihm eine Geliebte vor – er stand traurig vor mir, schüttelte immer wieder den hängenden Kopf, wollte und konnte mich nicht mehr ertragen. Einem Freund erzählte er später, seine Liebe zu mir hätte ihm die Luft zum atmen genommen, hätte ihn so sehr in die Enge getrieben, dass er selbst nicht mehr wusste, wer er eigentlich war.
Ein glühendes Eisen legt sich auf Brust und Arme. Immer wieder. Die Hitze fährt in die Beine hinab und dann empor zum Kopf. Immer die rechte Seite. Ich muss das mal untersuchen lassen. Immer die rechte Seite. Ist das die Gehirnhälfte der Frau, habe ich F. gefragt. Aber sie konnte mir keine Antwort geben; weiß selbst nicht, bin ich Frau, gehöre ich nach links oder rechts, was hat das mit dem Gehirn zu tun? Ich sage, gar nichts, und trinke Rotwein und morgen, weiß ich, wird mir beim Erwachen die rechte Schädelhälfte sieden und ich werde nicht wissen, hat es das mit Frausein zu tun oder mit Alkohol.
Wenn ich heute zurück blicke, sehe ich mich am Fenster stehen, Nacht für Nacht, und ich höre mich grübeln und lese die wenigen Worte, die ich mit rascher Handschrift in meinen Notizblock kritzelte: „Und meine Haut fühlte sich stumpf und trocken an unter seiner Hand, ich spürte es, und meine Hüfte war dick – dort lag seine andere Hand. Ich war dick und hässlich geworden.“ Oder ich schrieb in mein Reisetagebuch: „Jan kann nicht genießen. Er hat es wahrscheinlich nie gelernt. Unruhig hastet er von einem Reisepunkt zum nächsten und ist doch nur besorgt, eine möglichst gute, am besten wohlhabende Figur zu machen. Er spielt falsch – und schlecht.“ Ich fragte mich oft: Was machst du hier, Caroline? Warum gehst du nicht einfach weg? Alle Liebe, die du brauchst, musst du dir ergaunern, mal trotzig, mal schmeichelnd.
Genau zwei Monate nach unserem ersten Hochzeitstag sagte mein Mann zu mir: „Ich liebe dich nicht mehr. Trennen wir uns.“ Ich ging in die Knie und erbrach mich auf dem Küchenboden.
Wir haben geweint, wir haben geredet, wir haben versucht normal zu sein. Wenn ich zurück blicke, dann sehe ich das Ufer nicht, von dem wir aufgebrochen sind. Unser Boot ging verloren in all den hysterischen Stromschnellen und wir warfen zügig die Rettungsringe über Bord, als sehnten wir ein schnelles Ende herbei. Ich flehte, schrie, zankte, jammerte, warf ihm eine Geliebte vor – er stand traurig vor mir, schüttelte immer wieder den hängenden Kopf, wollte und konnte mich nicht mehr ertragen. Einem Freund erzählte er später, seine Liebe zu mir hätte ihm die Luft zum atmen genommen, hätte ihn so sehr in die Enge getrieben, dass er selbst nicht mehr wusste, wer er eigentlich war.
Ein glühendes Eisen legt sich auf Brust und Arme. Immer wieder. Die Hitze fährt in die Beine hinab und dann empor zum Kopf. Immer die rechte Seite. Ich muss das mal untersuchen lassen. Immer die rechte Seite. Ist das die Gehirnhälfte der Frau, habe ich F. gefragt. Aber sie konnte mir keine Antwort geben; weiß selbst nicht, bin ich Frau, gehöre ich nach links oder rechts, was hat das mit dem Gehirn zu tun? Ich sage, gar nichts, und trinke Rotwein und morgen, weiß ich, wird mir beim Erwachen die rechte Schädelhälfte sieden und ich werde nicht wissen, hat es das mit Frausein zu tun oder mit Alkohol.