Das Kind muß weg, so rief ich aus

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Kind muß weg, so rief ich aus,
so kratzt es aus dem Bauch heraus,
es muß aus diesem Bauch heraus,
der Doktor kratzt und schabt es aus.

Das Kind muß weg, so rief die Welt sehr laut,
sonst wird die Welt zu voll, so rief die Braut,
das Kind muß aus dem Bauch heraus,
der Doktor kratzt, er schabt es aus.

Das Kind muß weg, so spricht die Straßenbahn,
sogar der Bus, mit unerwartetem Elan,
das Kind muß fort, zu schlecht sei diese Welt,
und keine Arbeit sei, zu wenig Geld.

Das Kind muß weg, so rief selbst das Gestell,
auf dem sie liegt, und schließlich geht es schnell.
 
K

Kadra

Gast
Hallo Bernd,

schade, ich habe dich bisher hier in der Lupe als wesentlich differenzierter denkenden Menschen kennengelernt. Ich hatte gehofft, dass wir ähnliche Propaganda von etlichen Jahren überwunden hätten...

Lieben aber nachdenklichen Gruss von
Kadra
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Kadra,

wenn ich unsere reiche Republik betrachte, was tut sie für die Kinder? Nehmen wir die wegfallenden Kindergärten, die wegfallenden Schulen, die wesentlich sinkende Qualität des Unterrichts, die Propagierung von Gewalt ...

Ich habe in einem Gedicht ein Problem angesprochen, sicher, ohne es hier in diesem Fall zu differenzieren, aber es ist ein einzelnes Werk.

Sicher ist es polemisch.

Propaganda?

Denke ich nicht. Vielleicht hast Du Recht, aber Zweifel sind erlaubt, auch an mir selbst.

Denken wir also an die Schöne Neue Welt.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
PS: Ich habe Mitgefühl mit der Ich-Erzählerin des Gedichtes, die ihre Lage ziemlich hoffnungslos ansieht. Sie tut etwas, was sie nicht möchte. Sie fühlt sich in einer Zwangslage.
Ich war der Meinung, das gehe aus dem Gedicht hervor, es scheint aber anders gelesen zu werden.

Vielleicht ist das Gedicht wirklich nicht so gut, zu plakativ und anderes...
 
K

Kadra

Gast
Lieber Bernd,

ich bin froh, dass du deiner Antwort noch ein Postscriptum hast folgen lassen, denn in der Tat las ich wenig Mitgefühl in deinen Zeilen. Deine Ploemik traf hier (neben dem Ungeborenen) ein weiteres Opfer - die Mutter, die sich nicht zutraut eine zu sein... Gründe hierfür mag es viele geben - Angst wohl vor allem.

Wie gesagt, ein immer noch sehr emotional besetztes Thema, das viel Feingefühl verlangt, welches ich dir eigentlich zutraue.

Lieben Gruss von
Kadra
 

Omar Chajjam

Mitglied
Insgesamt ist das Gedicht mißglückt, in Form und Inhalt am Anliegen vorbei. Die Endreime, die Du wie Kinderreime gestaltet hast, sind dafür nicht geeignet. Dabei wär das Anliegen ein Gedicht wert. Auch das Bild mit der Straßenbahn, die keine Kinder leiden mag, gefällt mir.

Gruß
Omar
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
lieber Omar,

danke für die Kritik.

Aber, ich denke, die reime sind es nicht,
sie verstärken, denke ich, das gedicht,

es sind nicht die worte,

es ist die phantasie der leser,

die ich nicht genügend beachtete.

da ich ein mann bin,
kann sich kaum jemand vorstellen,
ich schriebe ein gedicht vom standpunkt einer frau aus gesehen

das habe ich nicht kalkuliert, beim schreiben erschien es mir sonnenklar,

ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass sofort eine projektion des dichters in das gedicht vorgenommen wird, da für mich die distanzierung völlig klar erschien.

das war sie - offensichtlich - nicht.

ironie, sarkasmus und betroffenheit wurden nicht erkannt.
deshalb ist es schlecht. sie hätten erkennbar sein müssen. mir erschienen sie erkennbar. ich habe mich geirrt. ich war nicht sensibel genug, das zu spüren.

die reime sind es nicht.

in ausweglosen oder so erscheinenden situationen
wirken worte
wie vergrößerungsgläser

und in meinem fall verzerrte das glas zu stark

wohl
 

Antaris

Mitglied
Missglückt?

Hallo Bernd,

auch wenn ich beim ersten Lesen geschockt war halte ich Dein Gedicht keineswegs für missglückt oder plakativ. Für mich kommst sehr wohl rüber was Du ausdrücken willst. Unsere Gesellschaft tut nun mal nur so, als ob sie Kinder mag. Schau Dir das verlogene Gesabbel Geschreibsel überall an wegen des miserablen Abscheidens deutscher Schüler bei der sogenannten Pisastudie. Das war doch alles gar nichts neues... Diesmal ist Dir bestimmt kein "schönes", sondern ein unbequemes Gedicht gelungen, und mit der von Dir zugegebenermaßen drastisch umgesetzten Thematik mag man sich nun mal nicht gerne auseinandersetzen. Die Reime finde ich passend.

Mit feurigen Grüßen

Antaris
 

Jutta

Mitglied
Hallo Bernd,

ich kann mich nicht entscheiden, was ich bei Deinem Gedicht empfinde.
Ich finde es nicht schlecht, das muss ich hier vorweg sagen, nur etwas sonderbar ausgedrückt.
Eine Welt gegen Kinder, so empfinde ich es auch oft.
In dieser unserer Welt sind Hunde und Katzen weitaus begehrter. Kinder haben keine, oder sogut wie keine Lobby und es tendiert ja immer mehr dazu, das viele garkeine haben wollen, oder was noch schlimmer ist, sich ihrer entledigen, sei es durch Abtreibung, oder das man sie abschiebt oder umbringt.
Wer tagtäglich die Augen und Ohren offenhält, nicht vor der Wahrheit verschliesst, wird Dein Gedicht verstehen, so wie es gemeint ist.
Andererseits ist die Form, Die Du gewählt hast etwas wie ich schon sagte, "sonderbar", was aber wahrscheinlich seinen Reiz ausmacht.
Für mich ist es noch ein bisschen zu niedlich ausgedrückt, aber naja, jeder würde so ein Gedicht anders schreiben, ist doch klar.
Ich hatte auch mal ein Gedicht hier hergesetzt, das hiess, Wann ist ein Mensch ein Mensch und handelte von Abtreibung. Da waren die Gemüter auch sofort erhitzt, auch im negativen Sinn.
Ich finde, es bedarf hier keinerlei Entschuldigung.
Du hast geschrieben, wie Du es gefühlt hast, hast versucht, Dich in die Lage einer Frau einzufühlen.
Es trifft sicherlich nicht auf alle Frauen zu, aber einige hast Du doch wiedergegeben.

Liebe Grüsse von Jutta.
 
K

Kadra

Gast
Hallo Jutta,

>Wer tagtäglich die Augen und Ohren offenhält, nicht vor der Wahrheit verschliesst, wird Dein Gedicht verstehen, so wie es gemeint ist<

Meinst du mich?

>Da waren die Gemüter auch sofort erhitzt, auch im negativen Sinn.<

Meinst du auch hier mich?


Sich sehr wundernd

Kadra
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Jutta, liebe Antaris,

danke für die Unterstützung. Ich war doch etwas verunsichert.

Liebe Grüße von Bernd
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Kadra,

ich weiß nicht, was da los war.

Mir fiel es nicht leicht, das Gedicht zu schreiben. Noch schwerer, es hier zu veröffentlichen. Ich habe auch ein paar Jahre gewartet, ehe ich es in das Netz gestellt habe.
Deshalb möchte ich mich auch bei Dir noch mal für die Kritik bedanken.
 

Jutta

Mitglied
Liebe Kadra,

ich meinte es genauso, wie ich es geschrieben habe. War kein Angriff auf Dich und auch auf keinen anderen hier.
Ich denke nur, wenn ich mich in dieser Welt so umschaue, das dieses Gedicht schon der Wahrheit sehr nahe kommt, auch wenn es ein bisschen anders ausgedrückt ist, anders geschrieben ist, als wie manche es hier schreiben würden.
Deshalb kann ich auch nicht sofort wie Omar schreiben, es sei missglückt, was meiner Meinung nach gleichbedeutend mit schlecht ist.
Wer sagt denn, das man das ganze nicht auch in Kinderreime verpacken kann, wenn man auf zugegeben zynische Art auf einen Missstand aufmerksam machen will?
Du schriebst z. B. das Du geglaubt hast, wir hätten ähnliche Propaganda schon vor Jahren überwunden.
Wieso Propaganda?
Hier ist ein Mensch, Bernd, dem dieses Thema eben sehr am Herzen liegt und der sich so seine eigenen Gedanken dazu gemacht hat und dies aus Sicht einer Frau. Natürlich gibt es solche und solche Fälle und man kann nicht alles über einen Kamm scheren, aber ich glaube, das wollte Bernd hier auch nicht.
Du musst doch zugeben, das es Frauen gibt, die ein regelrechtes Spiel damit treiben. Sie nehmen weder die Pille, noch sonst was und wenn es dann passiert, dann, na dann wird es eben weggemacht, was soll´s.
Und danach wird munter weiter gevö....
Jetzt sag mir nicht, das es das nicht gibt, ich kenne selbst mehrere Fälle persönlich, wo es so abläuft.
Dann etwas anderes, um auf die Lobby der Kinder zurückzukommen:
Such mal mit Kindern eine Wohnung, dann kriegste knallhart gesagt, das mit Kindern nichts drin ist und das sie lieber Leute mit Tieren nehmen.
Was wird denn für Kinder getan, so frage ich Dich.
In meinem Gedicht von damals ging es um Abtreibung und um die Frage, ab wann ein Mensch ein Mensch ist und da gab es auch viele Leute, die garnicht verstehen konnten, wieso ich sowas geschrieben habe.
Ich bin wie ich gern hier zugeben eine Abtreibungsgegnerin, wobei es für mich nur eine Ausnahme gibt und das ist Vergewaltigung. Ansonsten bin ich strickt dagegen.
Und bloss, weil von der Umwelt, wie Bernd es hier ausdrückte, ein Kind nicht gewollt ist, sei es, das die Welt schon zu voll ist, wie er schrieb, oder der berühmte Spruch" In diese Welt setzt man doch keine Kinder mehr" macht mir soooooo einen Hals.
Die Frauen haben immer Kinder bekommen, sogar mitten im Krieg, na und, es war gut so.
Nur ist das Problem heute, das viele Frauen emanzipiert sind, der Karriere hinterherrennen und sich, wie es immer so schön heisst, keine Kinder mehr andrehn lassen wollen.
Nun gut, bei einigen ist es auch ganz gut, wenn sie niemals welche bekommen, aber wo geht die Welt denn hin, wenn es keine Kinder mehr gibt?

Uih, ich merke, wie mich dieses Thema schon wieder gefangen genommen hat und es fällt mir äusserst schwer, jetzt an dieser Stelle hier abzubrechen, weil es dazu noch jede Menge zu sagen gäbe, aber das würde den Lupenrahmen sprengen.
Soviel nur Kadra, ich habe niemand persönlich gemeint, sondern wollte nur zum Ausdruck bringen, das es äusserst schwierig ist, so ein Thema hier in der Lupe anzuschneiden, weil dann die Emotionen leicht hochkochen. Glaub mir, ich spreche/schreibe aus Erfahrung:D

Liebe Grüsse von Jutta.
 

Antaris

Mitglied
Kinderfresser?

Hallo Bernd,

ist das einer der Texte, die den der Autor leiden lassen wie einen Hund wenn er sich mit ihnen befasst, aber er kann es nicht lassen? Das ist ein beunruhigendes Phänomen. Du hattest die Idee schon vor ein paar Jahren? Gut, nach dem Stripteasegedicht dachte ich fast, Du bist momentan etwas merkwürdig drauf (nettes Gedicht, aber gib es zu, im Erotikform fehl am Platze). Das Du Dir bei dem Kindergedicht viel gedacht hast, ist nicht zu übersehen. Lass Dich nicht entmutigen!

Mit feurigen Grüßen

Antaris
 
K

Kadra

Gast
Liebe Jutta,

dies nur schon mal vorweg: Ich bin selber eine Mutter. Außerdem finde ich es gut, dass du so ausführlich geantwortet hast, danke hierfür.

Das Thema "Abtreibung ja oder nein" ist, wie du selber sagst, sehr emotional besetzt. Beide Seiten haben für mich ihre Berechtigung. Ich lasse dir und auch Bernd eure Ansicht darüber. Mir persönlich liegt es allerdings nicht "plakativ" zu denken und zu schreiben. Ich mag es, wenn die Meinung nicht laut hinausgeschrien wird, wenn Meinungsbildung ein Prozess ist, dem Auseinandersetzung mit BEIDEN Seiten der Medallie vorausgegangen ist und wenn dies auch erkennbar wird. Dieses erkennbare differenzierte Denken hat mir persönlich an Bernds Text gefehlt. Seine Meinung zum Thema bleibt euch - um es noch mal zu sagen - unbenommen.

Lieben Gruss von
Kadra
 

Omar Chajjam

Mitglied
Mißglückt. - Ich habe das begründet. Schlecht - eine Wertung dieser Form hab ich immer abgelehnt. Es ist auch nicht zutreffend. Das Anliegen und Teile des Gedichts sind denn doch sehr geeignet. Daß Straßenbahnen Kinder nicht leiden können, ist einer jener Blitze am dunklen Dichterhimmel, die Hutschi auszeichnen.

Und das eine noch, Bernd wird immer dankbar an mich denken, wenn er mal im Regen steht. Das verzeiht auch die kritischen Worte.

Gruß
von Omar
 
F

fangor

Gast
ich find es eigentlich ganz gut das Gedicht.
Das Kind muss weg!
Das Kind muss weg!
Frisst nur die Haare vom Kopf!
 

peto-berlin

Mitglied
Hallo Bernd, also das Anliegen ist ja nicht schlecht gedacht. Doch hatte ich erst den Eindruck, daß du ein persönliches Problem verarbeiten wolltest. Ich denke du machst es dir zu einfach. Sicher hat jede, die sich zu einem solchen Schritte entschließt, ihre Gründe. Aber auch Männer haben ihre Gründe, wenn sie die Entscheidung mittragen. Mann kann nicht generell sagen, das Abtreibungen deshalb zu Stande kommen, weil die Bedingungen sich verschlechtert haben. Abtreibungen gabs schon immer. Nur finde ich es jetzt so besser, als wenn Kurpfuscher dieses tun und es zu noch größeren Opfern kommt, wie es eh schon gibt. Denn seelisch ist jeder, der sich dazu entschließt ein Opfer.
Welche Spuren es hinterläßt, habe ich in einem eigenen Gedicht niedergeschrieben. Bisher hatte ich es noch nicht veröffentlicht, ich weiß auch nicht, ob ich es tun werde. Aber vielleicht doch als Mahnung und Überlegung für jeden. Das die Gesellschaft so wenig für die Kinder macht, ist nicht der Grund für Abbrüche. Hinter jedem steckt ein Einzelschicksal. Was den Aufbau des Gedichtes betrifft, finde ich hättest du entweder im Stil der ersten Strophe fortfahren sollen, oder auch die Erste so wie die anderen Strohpen gestalten sollen.
 



 
Oben Unten