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Der Dolch
Ich liege im Gras in der Sonne und wärme mich an ihren Strahlen. Herrlich, wie sie über meine glatte Oberfläche gleitet und mich zum Glänzen bringt. Ich kann meine Pracht voll entfalten. Dieser kleine Park mitten in der Stadt, in dem ich mich befinde, ist ein Paradies. Und diese viele Leute hier um mich herum. Aber bis jetzt hat mich noch niemand entdeckt. Wenn ich mich nur ein wenig drehen könnte, dann würde ich im Sonnenlicht aufblitzen. Aber das kann ich leider nicht. Also warte ich geduldig. Warte auf den einen, der mich aufnimmt und mich zu dem macht, was ich bin.
Eine junge Frau mit einer großen Schultertasche schaut in meine Richtung. Doch das hohe Gras verdeckt mich. Sie sieht mich nicht. Dann eilt sie an mir vorbei. Schade. Ich warte weiter. Die Sonnenstrahlen haben mich schon fast verlassen und wollen mich zurück ins Schattenreich versinken lassen. Mit ihnen schwindet meine Hoffnung. Aber noch ist es nicht zu spät.
Plötzlich kommt ein Mann auf mich zu, groß und kräftig. Er bleibt vor mir stehen. Ich zeige mich von meiner besten Seite, scharf und aus elegantem Stahl. Leise blinke ich ihn an. Er bückt sich nach mir, hebt mich auf. Wohlwollend betrachte er meine schlanke, doppelschneidige Klinge von allen Seiten. Mein Griff liegt angenehm in seiner Hand. Dann verschwinde ich in seiner Jackentasche. Ich werde ihm gute Dienste leisten, er wird schon sehen.
Mein neuer Besitzer heißt Lukas. Das höre ich, als er seine Frau mit dem Handy anruft. Ich spüre auch seine tiefe Enttäuschung, als sie die Verabredung mit ihm für den Abend absagt. Lisa, seine Frau muss wohl noch länger arbeiten. Lukas verlässt unglücklich den Park mit hängenden Schultern. Er kehrt zu seinem Wagen zurück, mich in seiner Jackentasche. Ich ahne schon, dass es Arbeit für mich gibt.
Zwei Tage später stecke ich immer noch in seiner Jackentasche. Lukas hat mich nicht ein Mal angesehen. Ob er mich vergessen hat? Doch dann nimmt er am Abend seine Jacke von der Garderobe, zieht sie über und tastet nach mir. Er ist ein wenig aufgeregt. Aber ich gebe ihm Mut und Stärke. Zusammen gehen wir aus dem Haus und sitzen etwas später in seinem Auto. Doch wir fahren nur ein kurzes Stück. Dann warten wir. Ich weiß noch nicht, worauf wir warten.
Bis Lisa aus dem Haus kommt. Wir folgen ihrem Wagen, immer schön vorsichtig, damit sie uns nicht bemerkt. Lukas gibt sich viel Mühe. Unentdeckt fahren wir hinter ihr her, beobachten, wie sie auf einem kleinen Waldparkplatz am Stadtrand anhält. Wir parken etwas abseits an der Straße. Von hieraus können wir sehen, wie Lisa zu einem anderen Mann ins Auto steigt.
Ist das der Sven, mit dem sie heute so lange telefoniert hat? Ich habe es genau gehört, jedes Wort. Sie betrügt Lukas. Sie trifft sich mit diesem Mann, wenn er nicht da ist. Und manchmal gibt sie vor, noch arbeiten zu müssen. In Wahrheit ist sie dann auch bei Sven.
Immer wieder berührt mich Lukas‘ Hand, streicht mit seinen Fingern sanft über meine scharfe Klinge. Ja, fühl mich, halt mich fest. Wir sind auf dem richtigen Weg. Mein Appetit nach Fleisch ist geweckt, nach Fleisch und Blut.
Aber ich muss noch warten, länger warten. Ich höre, wie das Herz von Lukas wilder schlägt, während es dunkel wird. Es pocht laut in seiner Brust. Die Scheiben des anderen Autos beschlagen. Seine Wut wächst und wächst mit jeder Minuten. Das ist gut so, nur weiter so!
Er kann kaum noch ruhig sitzen, sein Puls rast. Und seine Hand hält meinen Griff nun fest umklammert.
Dann endlich verlässt Lisa den Mann. Sie steigt aus seinem Auto und fährt in ihrem eigenen weg. Das ist unser Zeichen. Lukas springt aus seinem Wagen und rennt auf den anderen zu, mich fest und sicher in seiner Jackentasche mit der rechten Hand umklammert. Dann wird sein Schritt plötzlich langsamer und zögernd. Nicht zögern! Gib mir, was ich brauche! Gib mir Fleisch, frisches Fleisch!
Lukas bleibt neben dem Auto stehen. Er klopft an das Seitenfenster und bittet den Mann auszusteigen. Viel zu höflich! Deine Frau betrügt dich mit ihm, vergiss das nicht!
Sven schaut uns irritiert an, dabei kann er mich noch gar nicht sehen. Ich bin noch immer in Lukas‘ Jackentasche verborgen. Aber ich spüre, dass sein Plan aufgehen wird, weil Lukas jetzt ruhig atmet. Gefasst erklärt er dem Mann, dass sein Rücklicht kaputt ist und deutet mit seiner Linken zum Heck des Wagens.
Sven ist verunsichert, aber er steigt endlich aus. Jetzt ist gleich meine Zeit gekommen. Wir sind alleine auf dem Parkplatz und es ist dunkel.
Lukas steht dicht hinter Sven. Er zieht mich aus seiner Tasche. Seine Hand umschließt eisern meinen Griff. Wir sind ein Gespann. Ich giere nach Blut. Jetzt! Gib es mir!
Er zögert nur kurz, dann holt er aus und führt mich in den Rücken des anderen. Ich halte mich gerade, schneide durch sein Hemd und sein Fleisch. Immer tiefer dringe ich ein, an den Rippen vorbei, durch die Lunge und treffe mühelos sein Herz. Warmes Blut erwärmt meinen Stahl, während Sven lautlos vor uns zusammensackt. Er hat es verdient. Er wollte Lukas die Frau stehlen.
Lukas hält mich noch immer umklammert, Blut tropft von meiner Klinge zu Boden. Wie versteinert steht er da. Angewidert starrt er auf die Leiche. Ekel überkommt ihn und sein Blick wandert zu mir. Mach jetzt keinen Fehler. Wir sind ein gutes Team. Steck mich wieder ein. Es gibt noch viele Svens.
Lukas steckt mich nicht ein. Mit zittrigen Händen wäscht er mich in einer Pfütze ab. Nicht gründlich genug für mich. Es klebt immer noch Blut an mir. Aber er will nur seine Fingerabdrücke vernichten. Dann schleudert er mich im hohen Bogen in den nahen Wald. Nein, tu das nicht!
Doch er hört nicht mehr.
Hier werde ich warten müssen, sehr lange warten müssen, bis mich wieder jemand sieht. Selbst in der Sonne werde ich kaum blinken können. Aber irgendwann findet mich irgendjemand. Vielleicht ein Wanderer. Oder spielende Kinder. Und dann bekomme ich neues Fleisch zum Schneiden.
Der Dolch
Ich liege im Gras in der Sonne und wärme mich an ihren Strahlen. Herrlich, wie sie über meine glatte Oberfläche gleitet und mich zum Glänzen bringt. Ich kann meine Pracht voll entfalten. Dieser kleine Park mitten in der Stadt, in dem ich mich befinde, ist ein Paradies. Und diese viele Leute hier um mich herum. Aber bis jetzt hat mich noch niemand entdeckt. Wenn ich mich nur ein wenig drehen könnte, dann würde ich im Sonnenlicht aufblitzen. Aber das kann ich leider nicht. Also warte ich geduldig. Warte auf den einen, der mich aufnimmt und mich zu dem macht, was ich bin.
Eine junge Frau mit einer großen Schultertasche schaut in meine Richtung. Doch das hohe Gras verdeckt mich. Sie sieht mich nicht. Dann eilt sie an mir vorbei. Schade. Ich warte weiter. Die Sonnenstrahlen haben mich schon fast verlassen und wollen mich zurück ins Schattenreich versinken lassen. Mit ihnen schwindet meine Hoffnung. Aber noch ist es nicht zu spät.
Plötzlich kommt ein Mann auf mich zu, groß und kräftig. Er bleibt vor mir stehen. Ich zeige mich von meiner besten Seite, scharf und aus elegantem Stahl. Leise blinke ich ihn an. Er bückt sich nach mir, hebt mich auf. Wohlwollend betrachte er meine schlanke, doppelschneidige Klinge von allen Seiten. Mein Griff liegt angenehm in seiner Hand. Dann verschwinde ich in seiner Jackentasche. Ich werde ihm gute Dienste leisten, er wird schon sehen.
Mein neuer Besitzer heißt Lukas. Das höre ich, als er seine Frau mit dem Handy anruft. Ich spüre auch seine tiefe Enttäuschung, als sie die Verabredung mit ihm für den Abend absagt. Lisa, seine Frau muss wohl noch länger arbeiten. Lukas verlässt unglücklich den Park mit hängenden Schultern. Er kehrt zu seinem Wagen zurück, mich in seiner Jackentasche. Ich ahne schon, dass es Arbeit für mich gibt.
Zwei Tage später stecke ich immer noch in seiner Jackentasche. Lukas hat mich nicht ein Mal angesehen. Ob er mich vergessen hat? Doch dann nimmt er am Abend seine Jacke von der Garderobe, zieht sie über und tastet nach mir. Er ist ein wenig aufgeregt. Aber ich gebe ihm Mut und Stärke. Zusammen gehen wir aus dem Haus und sitzen etwas später in seinem Auto. Doch wir fahren nur ein kurzes Stück. Dann warten wir. Ich weiß noch nicht, worauf wir warten.
Bis Lisa aus dem Haus kommt. Wir folgen ihrem Wagen, immer schön vorsichtig, damit sie uns nicht bemerkt. Lukas gibt sich viel Mühe. Unentdeckt fahren wir hinter ihr her, beobachten, wie sie auf einem kleinen Waldparkplatz am Stadtrand anhält. Wir parken etwas abseits an der Straße. Von hieraus können wir sehen, wie Lisa zu einem anderen Mann ins Auto steigt.
Ist das der Sven, mit dem sie heute so lange telefoniert hat? Ich habe es genau gehört, jedes Wort. Sie betrügt Lukas. Sie trifft sich mit diesem Mann, wenn er nicht da ist. Und manchmal gibt sie vor, noch arbeiten zu müssen. In Wahrheit ist sie dann auch bei Sven.
Immer wieder berührt mich Lukas‘ Hand, streicht mit seinen Fingern sanft über meine scharfe Klinge. Ja, fühl mich, halt mich fest. Wir sind auf dem richtigen Weg. Mein Appetit nach Fleisch ist geweckt, nach Fleisch und Blut.
Aber ich muss noch warten, länger warten. Ich höre, wie das Herz von Lukas wilder schlägt, während es dunkel wird. Es pocht laut in seiner Brust. Die Scheiben des anderen Autos beschlagen. Seine Wut wächst und wächst mit jeder Minuten. Das ist gut so, nur weiter so!
Er kann kaum noch ruhig sitzen, sein Puls rast. Und seine Hand hält meinen Griff nun fest umklammert.
Dann endlich verlässt Lisa den Mann. Sie steigt aus seinem Auto und fährt in ihrem eigenen weg. Das ist unser Zeichen. Lukas springt aus seinem Wagen und rennt auf den anderen zu, mich fest und sicher in seiner Jackentasche mit der rechten Hand umklammert. Dann wird sein Schritt plötzlich langsamer und zögernd. Nicht zögern! Gib mir, was ich brauche! Gib mir Fleisch, frisches Fleisch!
Lukas bleibt neben dem Auto stehen. Er klopft an das Seitenfenster und bittet den Mann auszusteigen. Viel zu höflich! Deine Frau betrügt dich mit ihm, vergiss das nicht!
Sven schaut uns irritiert an, dabei kann er mich noch gar nicht sehen. Ich bin noch immer in Lukas‘ Jackentasche verborgen. Aber ich spüre, dass sein Plan aufgehen wird, weil Lukas jetzt ruhig atmet. Gefasst erklärt er dem Mann, dass sein Rücklicht kaputt ist und deutet mit seiner Linken zum Heck des Wagens.
Sven ist verunsichert, aber er steigt endlich aus. Jetzt ist gleich meine Zeit gekommen. Wir sind alleine auf dem Parkplatz und es ist dunkel.
Lukas steht dicht hinter Sven. Er zieht mich aus seiner Tasche. Seine Hand umschließt eisern meinen Griff. Wir sind ein Gespann. Ich giere nach Blut. Jetzt! Gib es mir!
Er zögert nur kurz, dann holt er aus und führt mich in den Rücken des anderen. Ich halte mich gerade, schneide durch sein Hemd und sein Fleisch. Immer tiefer dringe ich ein, an den Rippen vorbei, durch die Lunge und treffe mühelos sein Herz. Warmes Blut erwärmt meinen Stahl, während Sven lautlos vor uns zusammensackt. Er hat es verdient. Er wollte Lukas die Frau stehlen.
Lukas hält mich noch immer umklammert, Blut tropft von meiner Klinge zu Boden. Wie versteinert steht er da. Angewidert starrt er auf die Leiche. Ekel überkommt ihn und sein Blick wandert zu mir. Mach jetzt keinen Fehler. Wir sind ein gutes Team. Steck mich wieder ein. Es gibt noch viele Svens.
Lukas steckt mich nicht ein. Mit zittrigen Händen wäscht er mich in einer Pfütze ab. Nicht gründlich genug für mich. Es klebt immer noch Blut an mir. Aber er will nur seine Fingerabdrücke vernichten. Dann schleudert er mich im hohen Bogen in den nahen Wald. Nein, tu das nicht!
Doch er hört nicht mehr.
Hier werde ich warten müssen, sehr lange warten müssen, bis mich wieder jemand sieht. Selbst in der Sonne werde ich kaum blinken können. Aber irgendwann findet mich irgendjemand. Vielleicht ein Wanderer. Oder spielende Kinder. Und dann bekomme ich neues Fleisch zum Schneiden.
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