Der Hans mit der Axt

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Der Hans mit der Axt

Ich sehe ihn schon von weitem kommen. Er trägt ein rot-weiß kariertes Hemd und eine dreiviertellange Lederhose. Jetzt verschwindet er aus meinem Blickfeld. Nach kurzer Zeit taucht er wieder zwischen den Bäumen auf und geht ruhig auf dem schmalen Waldweg auf mich zu.

Bald steht er vor mir und schaut mich an. Ich weiß seinen Namen. Er heißt Hans. Nun kann ich ihn genauer betrachten. Hans ist kräftig gebaut. Sein Haar hat er sorgfältig zurückgekämmt. An der Stirn ist es etwas dünn geworden. Der rote Bart lässt ihn sehr männlich erscheinen. Ich erkenne einzelne silberne Fäden darin. Ich schaue mir nun noch einmal sein Haupthaar an. Auch darin erkenne ich nun verschiedene graue Strähnen.

Hans legt die Axt sorgfältig neben sich auf den Boden. Als ein Sonnenstrahl darauf fällt, sehe ich, dass die Klinge scharf geschliffen ist. Hans hat sein Werkzeug sorgfältig vorbereitet.
Nun kniet er sich vor mich hin und spricht: „Lieber Jakob, ich muss dich nun fällen. Entschuldige, wenn ich dir Schmerzen zufügen muss. Aber ich weiß nicht, wie ich sonst ein neues Haus für meine Familie bauen soll. Ich werde mich bemühen, sauber und schnell zu arbeiten. Ich danke dir für dein Holz.“

Ich werfe noch einen letzten Blick hinüber zum Platz meiner lieben Frau. Ein anderer Mensch hat sie schon vor langer Zeit gefällt. Es ist ein Stumpf zurückgeblieben, der mich seitdem an sie erinnert. Dann blicke ich hinüber zu unseren Kindern. Sie sind ganz schön gewachsen. Einige haben schon Tannenzapfen, die sehr kräftig aussehen. Kräftig und fruchtig. Sie werden das Leben weiter tragen. Ihr Anblick macht mich froh.

Nun steht Hans auf und ergreift seine Axt. Unsere Kinder und die anderen Bäume summen mir ein Abschiedslied. Der erste Hieb tut sehr weh. Danach fühle ich einen starken Trost in mir aufsteigen; die Natur zeigt ihr Mitgefühl.
So erfüllt sich meine Bestimmung.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das mit der Lederhose und dem rot-weiß-karierten Hemd ist für mich zu sehr Klischee, sonst gefällt mir der Text, zeigt die Ehrfurcht vor der Natur.
Oder solltest du das Ganze eher satirisch gemeint haben?
LG Doc
 
Der Hans mit der Axt

Ich sehe ihn schon von weitem kommen. Jetzt verschwindet er aus meinem Blickfeld. Nach kurzer Zeit taucht er wieder zwischen den Bäumen auf und geht ruhig auf dem schmalen Waldweg auf mich zu.

Bald steht er vor mir und schaut mich an. Ich weiß seinen Namen. Er heißt Hans. Nun kann ich ihn genauer betrachten. Hans ist kräftig gebaut. Sein Haar hat er sorgfältig zurückgekämmt. An der Stirn ist es etwas dünn geworden. Der rote Bart lässt ihn sehr männlich erscheinen. Ich erkenne einzelne silberne Fäden darin. Ich schaue mir nun noch einmal sein Haupthaar an. Auch darin erkenne ich nun verschiedene graue Strähnen.

Hans legt die Axt sorgfältig neben sich auf den Boden. Als ein Sonnenstrahl darauf fällt, sehe ich, dass die Klinge scharf geschliffen ist. Hans hat sein Werkzeug sorgfältig vorbereitet.
Nun kniet er sich vor mich hin und spricht: „Lieber Jakob, ich muss dich nun fällen. Entschuldige, wenn ich dir Schmerzen zufügen muss. Aber ich weiß nicht, wie ich sonst ein neues Haus für meine Familie bauen soll. Ich werde mich bemühen, sauber und schnell zu arbeiten. Ich danke dir für dein Holz.“

Ich werfe noch einen letzten Blick hinüber zum Platz meiner lieben Frau. Ein anderer Mensch hat sie schon vor langer Zeit gefällt. Es ist ein Stumpf zurückgeblieben, der mich seitdem an sie erinnert. Dann blicke ich hinüber zu unseren Kindern. Sie sind ganz schön gewachsen. Einige haben schon Tannenzapfen, die sehr kräftig aussehen. Kräftig und fruchtig. Sie werden das Leben weiter tragen. Ihr Anblick macht mich froh.

Nun steht Hans auf und ergreift seine Axt. Unsere Kinder und die anderen Bäume summen mir ein Abschiedslied. Der erste Hieb tut sehr weh. Danach fühle ich einen starken Trost in mir aufsteigen; die Natur zeigt ihr Mitgefühl.
So erfüllt sich meine Bestimmung.
 



 
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