Der Lenz

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Toby

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Der Lenz saß nachts auf einem Kasten Bier
(der Standardkasten Marke fünf mal vier)
und sang, wohl war's aus reinem Geltungsdrang,
den Sternen einen lauten Nachtgesang.

Er hielt ein Blümchen an den Leib gedrückt,
der Lenz, das müsst ihr wissen, ist verrückt:
Er sehnt sich fort, hinaus ins weite All,
zu der Geliebten und zur Nachtigall.

Ich ging vorbei, so rauschend wie der Wind
im Herbst, da rief er "Bleibe doch, mein Kind!
Von Lieb und Tugend weiß ich zu berichten,
für ein paar Cent kann ich dir Schönes dichten."

Der arme Wicht tat mir im Herzen leid,
gescheitert saß er da und grinste breit,
doch lange warn die Augen ihm erloschen,
ich beugte mich und gab ihm einen Groschen.

"Gott segne Euch für diese edle Tat!"
entfuhr es ihm, "Ihr seid ein Advokat
der eitlen Dichter und der Denker,
und seid Ihr's nicht, so seid Ihr wohl mein Henker."

Die Worte hatten allzuviel Gewicht.
"Pass auf, mein Lenz, dass nicht der Kasten bricht!"
schrie ich besorgt, da war es schon geschehn,
er lag im Staub und konnte nicht mehr stehn.

Dann war er still und ich ging bald nach Haus,
die Sterne und die Lichter warn schon aus.
Ich küsste meine Frau, kroch leis ins Bett -
der Lenz war da; es war wie immer nett.
 



 
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