YatoYagami
Mitglied
Die tote Mutter
Ich erinnere mich noch genau an sie. Kleiner als ich. Lange, dunkle Haare mit roten Strähnen dazwischen. Grüne Augen. Verletzend konnte sie sein. Aber sie hat nur das Beste gewollt. Für alle. Manchmal war sie vielleicht etwas übereifrig. Doch in den letzten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren war sie auch heruntergekommen. Seelisch. Körperlich ebenfalls. Aber seelisch war schlimmer.
Wenn sie lachte, konnte man nichts erkennen. Keine Freude. Nur Schmerz, beinahe nur vorgetäuschte Heiterkeit. Jedoch nur für scharfe Beobachter. Alee anderen sahen einen überaus fröhlichen Menschen. Nur ein scharfer Beobachter konnte den gut verborgenen Schmerz erkennen.
Warum sie so geworden ist... durch ihre Familie.
Die Familie, das bin ich. Und noch zwei Personen. Jetzt wohnen wir allein im Haus. Ohne Mamas Segen. Ohne ihre Wärme. Ohne ihre Liebe.
Papa altert schneller. Sein Gesicht ist in Gram verfallen. Ich glaube er schämt sich, dass er seine Frau nicht kannte. Das sie sich zu weit voneinander entfernt hatten. Oder dass er seine Liebe nicht genug gezeigt hat.
Früher habe ich manchmal bezweifelt, dass er sie liebt. Heute weiß ich es auch nicht. Ich habe nie wirklich mit meinem Vater geredet. Außer Oberflächlichkeiten. Aber worüber auch. Die Dinge die ich mag, fand er immer blöd. Und verachtenswert. Darum bin ich wohl ein Mamakind geworden. Jetzt aber nicht mehr.
Jetzt muss ich allein mit dem Leben fertig werden.
Meine Schwester- mit ihr habe ich keinen Kontakt mehr. Sie wohnt noch in dem Haus, welches ich mein Zuhause nenne. Obwohl ich mich seit Omas Tod dort nicht mehr zu Haus gefühlt habe. Weil sich alles verändert hat. Zum Negativen. Meine Schwester ist kaum zu Hause. Wenn, dann heult sie oder kriegt hysterische Schreikrämpfe. Dann macht sie jeden zur Sau. Selbst Papa, der mal ein Vorbild für mich war.
Jetzt muss ich allein für mich kämpfen.
Früher hat mich meine Mama begleitet. Mir aus jeder Scheiße geholfen. Mein Dad meinte oft, ich hätte nur welche hinter die Löffel gebraucht. Dabei brauchte ich nur jemanden der mir zuhörte.
Dieser Jemand war meine Mutter. Nach langem Zögern meinerseits. Jetzt habe ich keinen Zuhörer mehr. Jetzt kann ich mein Innerstes nicht mehr nach außen kehren. Ich werde ein Stein werden.
Weil mir keiner mehr zuhört.
Meine Mama ist tot. Gestorben. Krepiert. Abgekratzt.
Es ist nichts mehr von ihr da.
Nur noch ihre verwesende Hülle in einem Holzkasten tief in der Erde.
Letztes Jahr ist sie gestorben.
Herzinfarkt.
Ich glaube, sie ist an gebrochenem Herz und gebrochener Seele gestorben. Wir waren Schuld. Nicht einer, sondern alle. Weil sie keiner ansehen wollte. Weil keiner ihr Leid sehen wollte. Weil alle nur mit sich und ihren Problemen mit Mama beschäftigt waren. Sie ist irgendwann einfach verreckt. Weil sie nicht mehr konnte.
Sie hat lange versucht, sich uns verständlich zu machen, doch niemand hat auch nur einmal daran gedacht, das meine Mama ein Mensch war.
Der mit Achtung behandelt werden wollte.
Der Stolz hatte.
Der sich hat unterbuttern lassen, damit wir es gut hatten.
Scheiße, sie war der Mensch, der uns am meisten Kraft und Rückhalt gab!
Jetzt ist meine Mama tot. Und das, weil keiner sie verstehen wollte.
Erloschen ist ihre Seele an Heiligabend. Das war vor einem Jahr. Damals haben plötzlich alle geheult. Selbst mein Vater, der sonst seine angebliche Stärke mit harten Kommentaren demonstriert.
Selbst meine Schwester, die sonst immer der Meinung war, Mama würde sie nicht lieben und verachten.
Selbst ich, die sich wieder die Schuld an allem gibt.
Ich hätte meinen Mund früher aufmachen sollen. Aber gegen zwei Orkane, die blind hin und her wüten, kann man nicht anschreien. Sie sehen und hören einen nicht, man wird als unwichtig abgetan. Am Grab haben alle geheult.
Vielleicht sollte ich das Wort Heuchelei verwenden. Niemand hat es ernst gemeint. Ich glaube, bis heute hat es niemand gerafft, das Mama tot ist. Ich wusste, dass sie schon vor ihrem Tod tot war. Seelisch halt.
Doch wirklich verstanden habe ich es nicht. Ich glaube das tut keiner. Und das will auch keiner. Denn Flucht ist immer einfacher als die Konfrontation.
Ich werde jetzt zu Mamas Grab gehen. Ich werde wieder nicht merken, dass sie tot ist. Vielleicht sehe ich aber diesmal ein lachendes Gesicht, was ich in den letzten Jahren so von ihr vermisst habe.
Fröhliche Weihnachten
Anm.: Geschrieben habe ich das zu Weihnachten, wie man merkt Aber ich hoffe, es passt trotzdem.
Ich erinnere mich noch genau an sie. Kleiner als ich. Lange, dunkle Haare mit roten Strähnen dazwischen. Grüne Augen. Verletzend konnte sie sein. Aber sie hat nur das Beste gewollt. Für alle. Manchmal war sie vielleicht etwas übereifrig. Doch in den letzten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren war sie auch heruntergekommen. Seelisch. Körperlich ebenfalls. Aber seelisch war schlimmer.
Wenn sie lachte, konnte man nichts erkennen. Keine Freude. Nur Schmerz, beinahe nur vorgetäuschte Heiterkeit. Jedoch nur für scharfe Beobachter. Alee anderen sahen einen überaus fröhlichen Menschen. Nur ein scharfer Beobachter konnte den gut verborgenen Schmerz erkennen.
Warum sie so geworden ist... durch ihre Familie.
Die Familie, das bin ich. Und noch zwei Personen. Jetzt wohnen wir allein im Haus. Ohne Mamas Segen. Ohne ihre Wärme. Ohne ihre Liebe.
Papa altert schneller. Sein Gesicht ist in Gram verfallen. Ich glaube er schämt sich, dass er seine Frau nicht kannte. Das sie sich zu weit voneinander entfernt hatten. Oder dass er seine Liebe nicht genug gezeigt hat.
Früher habe ich manchmal bezweifelt, dass er sie liebt. Heute weiß ich es auch nicht. Ich habe nie wirklich mit meinem Vater geredet. Außer Oberflächlichkeiten. Aber worüber auch. Die Dinge die ich mag, fand er immer blöd. Und verachtenswert. Darum bin ich wohl ein Mamakind geworden. Jetzt aber nicht mehr.
Jetzt muss ich allein mit dem Leben fertig werden.
Meine Schwester- mit ihr habe ich keinen Kontakt mehr. Sie wohnt noch in dem Haus, welches ich mein Zuhause nenne. Obwohl ich mich seit Omas Tod dort nicht mehr zu Haus gefühlt habe. Weil sich alles verändert hat. Zum Negativen. Meine Schwester ist kaum zu Hause. Wenn, dann heult sie oder kriegt hysterische Schreikrämpfe. Dann macht sie jeden zur Sau. Selbst Papa, der mal ein Vorbild für mich war.
Jetzt muss ich allein für mich kämpfen.
Früher hat mich meine Mama begleitet. Mir aus jeder Scheiße geholfen. Mein Dad meinte oft, ich hätte nur welche hinter die Löffel gebraucht. Dabei brauchte ich nur jemanden der mir zuhörte.
Dieser Jemand war meine Mutter. Nach langem Zögern meinerseits. Jetzt habe ich keinen Zuhörer mehr. Jetzt kann ich mein Innerstes nicht mehr nach außen kehren. Ich werde ein Stein werden.
Weil mir keiner mehr zuhört.
Meine Mama ist tot. Gestorben. Krepiert. Abgekratzt.
Es ist nichts mehr von ihr da.
Nur noch ihre verwesende Hülle in einem Holzkasten tief in der Erde.
Letztes Jahr ist sie gestorben.
Herzinfarkt.
Ich glaube, sie ist an gebrochenem Herz und gebrochener Seele gestorben. Wir waren Schuld. Nicht einer, sondern alle. Weil sie keiner ansehen wollte. Weil keiner ihr Leid sehen wollte. Weil alle nur mit sich und ihren Problemen mit Mama beschäftigt waren. Sie ist irgendwann einfach verreckt. Weil sie nicht mehr konnte.
Sie hat lange versucht, sich uns verständlich zu machen, doch niemand hat auch nur einmal daran gedacht, das meine Mama ein Mensch war.
Der mit Achtung behandelt werden wollte.
Der Stolz hatte.
Der sich hat unterbuttern lassen, damit wir es gut hatten.
Scheiße, sie war der Mensch, der uns am meisten Kraft und Rückhalt gab!
Jetzt ist meine Mama tot. Und das, weil keiner sie verstehen wollte.
Erloschen ist ihre Seele an Heiligabend. Das war vor einem Jahr. Damals haben plötzlich alle geheult. Selbst mein Vater, der sonst seine angebliche Stärke mit harten Kommentaren demonstriert.
Selbst meine Schwester, die sonst immer der Meinung war, Mama würde sie nicht lieben und verachten.
Selbst ich, die sich wieder die Schuld an allem gibt.
Ich hätte meinen Mund früher aufmachen sollen. Aber gegen zwei Orkane, die blind hin und her wüten, kann man nicht anschreien. Sie sehen und hören einen nicht, man wird als unwichtig abgetan. Am Grab haben alle geheult.
Vielleicht sollte ich das Wort Heuchelei verwenden. Niemand hat es ernst gemeint. Ich glaube, bis heute hat es niemand gerafft, das Mama tot ist. Ich wusste, dass sie schon vor ihrem Tod tot war. Seelisch halt.
Doch wirklich verstanden habe ich es nicht. Ich glaube das tut keiner. Und das will auch keiner. Denn Flucht ist immer einfacher als die Konfrontation.
Ich werde jetzt zu Mamas Grab gehen. Ich werde wieder nicht merken, dass sie tot ist. Vielleicht sehe ich aber diesmal ein lachendes Gesicht, was ich in den letzten Jahren so von ihr vermisst habe.
Fröhliche Weihnachten
Anm.: Geschrieben habe ich das zu Weihnachten, wie man merkt Aber ich hoffe, es passt trotzdem.