EM 2004

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yza

Mitglied
Tragisch ist ein Wort, welches man in viele Kategorien unterteilen muss.
Es ist tragisch, wenn man aufs Klo muss und es ist keines da, dies steigert sich dann proportional, wenn man erleichtert doch noch eines gefunden hat, sein Geschäft macht, aber dann kein Papier vorfindet. Dies ist vielleicht die unterste Kategorie einer Tragik.
Tragischer ist schon, wenn das geliebte Haustier stirbt, obwohl es dafür keine Anzeichen gab.
Dazu muss man noch feststellen, dass die Tragik einer Situation sehr subjektiv ist und somit auch die Bewertung der Qualität. Es gibt Menschen die finden es schon als tragisch, wenn sie meterlange Kratzer im Lack ihres neuen Autos vorfinden. Na ja!?
Es gibt auch Menschen die es tragisch finden, wenn Deutschland ein EM Fußballspiel verliert!?
Tja, äh, dazu gehöre ich leider auch.
Ihr habt es doch auch gesehen, gestern. Verdammt, was für ein Mist. Ich meine, es war ja nicht so schlecht gespielt aber eben nicht gewonnen. Bei jeder Chance bin ich aufgesprungen habe gebrüllt und dann…
Doch kein Tor.
Ich gebe ja zu, ich bin da etwas explosiv, manch einer würde sagen, cholerisch, aber na ja, da geht’s eben mit mir durch.
Ja, ich fand, dass dieses Spiel tragisch für die deutsche Mannschaft war, allerdings wurde es für mich tragischer, denn seit Heute bin ich das erste Mal mit der obersten Tragik-Kategorie konfrontiert worden.

Nach der Halbzeit war ich schon so entmutigt, aber auch erzürnt, dass ich es nicht lassen konnte meiner Wut Ausdruck zu verleihen und bei jeder vergebenen Chance mit der Faust auf den Tisch schlug. Ich weiß, man soll sich beherrschen. Aber man muss auch verstehen, dass ich überzeugt vom Sieg war und keinen geringen Betrag verwettet hatte. Ich war überzeugt davon, dass die es schaffen ins Endspiel zu kommen und hatte sogar noch die Chance ein Ticket fürs Endspiel zu ergattern.
Irgendwie ist es mit mir durchgegangen, ich gebe zu, dass ich mich da in etwas reingesteigert habe, aber Emotionen gehören doch auch zum Leben, oder?
Jedenfalls kurz vor Ende, nachdem der Ball verdammt noch mal an den Pfosten knallte und nicht ins Tor, habe ich kurzerhand den Fernseher gegriffen, er ist nicht so groß, und schwups, weg war er! Na ja, eben halt aus dem offenen Fenster. Etwas unbeherrscht!
Ich hörte noch den dumpfen Klang des Aufpralls und dachte noch so bei mir, verdammt stabile Bildröhre, da ich keinen Knall der Implosion oder zersplittertes Glas wahrnehmen konnte.
Ich brauchte nur wenige Sekunden, um zu kapieren wie blöd ich doch war, denn nun konnte ich das Spiel nicht mehr zu Ende sehen und stellte schnell das Radio an. Da war nichts mehr zu holen, das Spiel war verloren und ich beruhigte mich auch schon wieder.
Im Grunde war ich müde und auf dem Weg ins Bett. Dann klingelte es an meiner Tür. Ohne nachzudenken öffnete ich und sah in 10 Augen von 5 Polizisten. Kein Wort!
Ein schneller Handgriff, man drehte mir den Arm um, presste mich unsanft gegen die Wand und legte mir Handschellen an, so dass ich sie schmerzlich spürte.
Ich hörte nur von einer Stimme, während meine Nase platt an die Wand gedrückt wurde: "Ist das der Idiot?"
Dann sagte einer: "Sie sind festgenommen! Alles was sie sagen, kann gegen sie verwendet werden. Besser sie halten die Klappe."
Ich sagte: "Was ist los? Was haben sie mir vorzuwerfen?" Die Sache mit dem Fernseher hatte ich schon fast wieder vergessen, was vielleicht auch an den 8 Dosen Bier lag, die ich intus hatte.
Einer der Polizisten sagte dann: "Sie haben doch ihren Fernseher aus dem Fenster geschmissen?"
Das war nicht zu leugnen und ich konnte dies nur bestätigen. Obwohl ich kaum Klamotten am Leib trug, schleifte man mich die Treppe hinunter und wollte mich abführen. Als wir aus dem Haus traten, standen dort drei Polizeiwagen mit blinkenden Lichtern.
Einer der Polizisten riss an den Handschellen und sagte: "Sehen sie sich das an?"
Die Tragik begann!
Links neben dem Hauseingang, direkt unter meinem Fenster im zweiten Stock lag mein Fernseher, relativ gut erhalten.
Unter ihm ein lebloser männlicher Körper.
Ich schrie sofort: "Das habe ich nicht gewollt. Das war ein Unfall"
Der Polizist, der mich an den Handschellen hielt, blickte mir direkt in die Augen und sagte: "Nein Freundchen! Das ist Totschlag! Mindestens vier Jahre!"
Ich schluckte und konnte es bei weitem nicht realisieren. Von hinten hörte ich eine weitere Stimme: "Von wegen Totschlag. Das ist Mord, dafür gibt’s Lebenslang!"
Ich sagte hysterisch: "Mord? wieso Mord?"
"Ja, Mord", sagte der eine Polizist und wedelte mit dem Pass des Toten vor meiner Nase herum. "Das ist ein Tscheche, Freundchen."

Was anderes sagte der Haftrichter auch nicht, ergänzte die Anklage nur um die Worte "vorsätzlich und aus niedrigen Beweggründen".
Ich kann euch nur raten, seht ein verlorenes Fußballspiel nicht als tragisches Ereignis an.
 



 
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