Ein gefährliches Spiel

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beok

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Als ich die Augen öffnete, erblickte ich eine Frau in einem braunen Rock und einem Kopftuch über der Stirn. Ich war wahrlich erstaunt, ich hatte meine Mutter oder meine streitenden Brüder erwartet. Komischerweise sah mein Zimmer anders aus, meine Eltern mussten es umgeräumt haben. Ich hasse es wenn meine Mutter meine Sachen in irgendwelche Schubladen räumt, wo sie nicht hingehören. Aber auch meine Schränke mit den Schubladen waren nicht da, alles war anders. Auch wenn ich eine Neugestaltung meines Zimmers immer befürwortet habe, so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Die mir unbekannte Frau kam zu mir und begrüßte mich mit den Worten:
„Symon, schnell, du hast verschlafen. Beeil dich, sonst verpasst du die Kutsche!“
„Simon“ meinte ich, die Frau schaute mich Verständnislos an. „ ... ist mein Name“, fügte ich hinzu.
„ Lass den Unfug!“, zischte sie zurück. „Und jetzt Lauf, die Kutsche wartet schon.“
Völlig überrumpelt stieg ich aus meinem Bett, grübelnd darüber welche Kutsche diese Frau wohl meinte. Mein Vater erzählte zwar etwas von einer neuen Putzfrau, welche die Hausarbeiten übernehmen solle, aber ich kann mir nicht erklären, warum meine Eltern bei der Auswahl der Arbeitskraft nicht besser auf den Charakter geachtet haben. Diese Frau war völlig verwirrt, das mit dem Namen, das kann ich noch verstehen, aber das sie unser Auto mit einer Kutsche verwechselt, das erschreckte mich.
Bevor ich in unser Bad gehen wollte, verwunderte mich, dass meine Eltern wohl zusätzlich das komplette Bad neugestaltet haben. Ich wollte die Tür öffnen, aber diese gab es nicht mehr. Stattdessen hingen Tücherartige Fetzen von der Wand, und machten den Durchblick in die Toilette unmöglich. Auch im Inneren des Bades fand ich eine komplett neue Einrichtung, eher mittelalterlich, aber dennoch stilvoll. Auch in den anderen Räumen war es so, alle Möbel und sonstige Einrichtungen waren zeitlich gesehen gefühlte 500 Jahre zurück gestuft. Sogar meine Klamotten waren altmodischer, aber ich konnte mir schwer vorstellen, dass meine Eltern eine komplett neue Garderobe für mich kauften. Es war, als ob das Ganze Haus und die gesamte Einrichtung erneuert worden war, allerdings nicht moderner, sondern altmodischer. Dennoch gefiel mir diese schlichte Einrichtung.

Zu meiner Überraschung fand ich vor unserer Haustür tatsächlich eine Kutsche. Es ist eine, wie man sie aus alten Filmen kennt. Allerdings keineswegs so schön und elegant, eher morsch und klapprig. Neben mir sitzt ein Junge, groß und schlaksig. Aus seinen Klamotten schließe ich, das seine Familie arm sein muss. Es sind eher Fetzen, welche stinken und schmutzig aussehen.
„Was bist du denn für einer, dich hab’ ich hier ja noch nie gesehen.
Etwas verdutzt überlege ich was ich sagen soll, entscheide mich dann aber für die einfache Begrüßung.
„Simon Stegmaier, und du?“
„Otto Diem“, murmelt er.
„Nie gehört“ erwidere ich, und mustere ihn weiter.
„Geht mir genauso“
Mir schießen duzende Frage durch den Kopf. Wo sind meine Eltern, was ist mit unserem Haus passiert war das wirklich die neue Putzfrau? Warum fahre ich mit einer Kutsche zur Schule, und wer ist dieser Junge. Ich würde all dies gerne so schnell ich kann fragen, aber Otto scheint eingenickt zu sein. Ich stupse ihn an, keine Reaktion. Auf einen weiteren Stupser folgt eine Ohrfeige, aber die hilft auch nichts. Mir fällt auf, das wir über einen Schotterweg fahren, normalerweise ist hier eine Straße. Es ist als ob ich mich im Mittelalter befinde, aber bei dem Gedanken muss ich lachen.

Unschlüssig gehe ich auf das Gebäude zu. Auch wenn gerade 2 Wochen Ferien sind, kann ich mit Sicherheit behaupten, dass dieses Gebäude nicht meine Schule ist. Über dem Eingang hängt ein Schild, mit der Aufschrift „ Tinen-Gymnasium“. Ich stelle fest, dass der Name derselbe ist wie der meine Schule. Darunter hängt ein Tafel mit der Aufschrift: „Siebenter Mai 1450“. Verdutzt folge den Schülermassen, da ich keine Ahnung habe, wo ich hin muss. Ich habe generell keine Ahnung was ich hier machen und wo ich bin. Ich bin mir nicht mal sicher wer ich bin.
Den Schultag habe ich halbwegs gut gemeistert, auch wenn ich keinen von meinen Mitschülern gesehen habe, und mir sogar die Lehrer unbekannt waren. Nach einer zweiten Kutschfahrt, welche identisch wie die erste Verlief, frage ich den Jungen, ob er mit zu mir wolle. Schließlich möchte ich endlich meine Fragen beantwortet haben. Das Haus ist leer und wir gehen in mein Zimmer, und setzen uns auf mein Bett.
„Otto, richtig?“. Er nickt.
„ Erzähl mir jetzt mal wer du bist“ fordert er.
„Halt!“ lache ich.
„Zuerst erzählst du mir mal, was das hier alles ist“
„Na dein Haus“, er schaut mich fragend an.
„Nein, ich meine Alles, die Schule, die Straßen, warum sieht alles so Anders aus?“
„Das ist doch so wie immer“, antwortet er.
Das ist doch so wie immer. Seine Worte schießen mir durch den Kopf. Plötzlich wird der Bildschirm dunkel. Mein Computer fährt sich herunter. Mein Blick schweift vom Bildschirm weg zu meinem Zimmer. Alles ist wieder normal. Es war nie anders, ich war nur in einer anderen Welt.
Ich ärgere mich, ich habe vergessen zu speichern.
 

Silberpfeil

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Hallo beok,

eine interessante Geschichte hast du da geschrieben. Der Einstieg gefällt mir besonders gut und eröffnet dem Leser viele Fragen, die den Text umso spannender machen.
Das Ende kann ich nachvollziehen. Trotzdem - und das tut mir leid - enttäuscht es mich ein wenig, denn ich finde, da kannst du noch viel mehr rausholen und deiner Phantasie freien Lauf lassen.
Viele Grüße, Silberpfeil
 



 
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