Eine Festung aus Decken, Kissen und Trauer

Jonny

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Eine Festung aus Decken, Kissen und Trauer

Gott, wie sah er bitter aus! Mehr Ränder als Augen und die unterlaufen. Ein Blick in den Spiegel an der Wand. Der Blick wanderte weiter über den Boden zu dem Tisch, wo sich die Flaschen schon wieder versammelten für die nächste Offensive. Eine ganze Armee, nur um ihn zu besiegen. Er wusste nicht, wie lange es jetzt schon so ging, obwohl es bei der Menge an leeren Flaschen schon viele Tage gewesen sein müssten. Würde es jemals wieder aufhören? Diese Verkapselung seiner selbst, diese Gleichgültigkeit. Aufwachen, überleben und wieder schlafen.

Heute auch? Oder konnte er sich vielleicht endlich mal befreien und in sein altes Leben zurück? Die Depressionen, die Trauer, die Angst, dies alles hinter sich lassen. Doch ehe er sich versah, hing er wieder an einer Flasche. Die Flüssigkeit floss wie eine wohltuende Medizin in ihn hinein. Sie legte sich wie eine warme Decke über seine erfrorenen Sinne. Bevor diese jedoch aufgetaut werden konnten, schlief er auch schon wieder ein. Ein Traum begann sich ihn ihm auszubreiten. Ein Traum voller schöner Momente. Alles war wieder zurück gestellt. Es begann sich in ihm zu regen. Die kleine Freude lugte hervor und das leise Gelächter räusperte sich.

Doch bevor sein Herz wieder zu leben begann, wachte er auf. Sein Kopf tat höllisch weh und sein Nacken war vom schlafen auf dem Boden völlig verrenkt. Wie eine Schockwelle einer vor ihm explodierten Bombe, traf ihn die Realität. Er begriff, dass es wie jede Nacht nur ein Traum gewesen war. Ein wunderbarer Traum, der jedoch jeden Morgen wieder aufhörte zu sein und tiefe schmerzende Wunden hinterließ.

So ging es Tag für Tag und er fühlte nur das, was ihn nicht berührte. Er hielt sich nur noch wie auf Roboterbeinen. Nichts konnte ihn dazu bewegen aufzustehen, mal raus zugehen und den schönen Tag zu genießen. Die herrlichen Sonnenstrahlen brannten in seinen Augen, während der zarte Klang der Vögel versuchte, in seinen Ohren mit scharfen Fingernägeln zu kratzen. Das Fenster wurde geschlossen, die Rolladen runter gezogen und sich wieder in die rettende Festung verkrochen, die sich aus einer Decke, Kissen und schlechter Stimmung bildete. Hier war er geschützt, nichts kam an ihn heran und nichts kam heraus.
 



 
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