Ganz herzlichen Dank an alle Kommentatoren meiner vorherigen Fassung! Eure gute Auseinandersetzung mit dem Text hat mir den Kick gegeben, das Ende komplett umzuschreiben.
Liebe Grüße, Zeder
Eine fürsorgliche Kollegin
Ich weiß nicht, ob es in jedem Büro jemanden gibt, der allen auf die Nerven geht.
Immer auf die Nerven geht.
Wobei es gar nicht die Nerven sind, die als erstes kapitulieren.
Eigentlich beginnt es mit der Konzentration, oder besser gesagt, mit der Fähigkeit zu derselben.
Es folgt eine Phase, die man als "innere Unruhe" bezeichnen kann.
Dann allerdings wird es existentiell: "Bin-ich-fähig-einen-Menschen-zu-massakrieren?" führt erbitterte Zwiesprache mit "Kann-ich-das-Fenster-zum-finalen-Ausstieg-nutzen?".
Und dann...
Frisch und ausgeruht am Morgen (was bei mir wirklich nicht oft vorkommt!) sitze ich an meinem Schreibtisch und nehme mir vor, eine schon zu lange vor mir hergeschobene, da unangenehme längere Ausarbeitung endlich zu einem sinnvollen Ende zu bringen. Es gelingt mir tatsächlich, die Gedankenfolge der vor einigen Tagen von mir bearbeiteten Seiten nachvollziehen zu können. Ich setze meine Finger auf der Tastatur an, um endlich diesem Werk ein Ende zu versetzen, da
TELEFON
"Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist Frau A!
Frau Z, nicht wahr, wir haben schon lange nichts mehr voneinander gehört, obwohl wir doch nur zwei Stockwerke voneinander getrennt sitzen. Schade eigentlich, oder?"
"Ja, Frau A. Schade."
"Ja, Frau Z, das ist wirklich schade. Sehr schade. Meinen Sie nicht auch?"
"...".
"Ja, nicht wahr? Frau Z, ich rufe übrigens an, weil ich hier einen Kunden habe, der wissen will, ob das Teil Sowieso lieferbar ist."
"Haben Sie im PC nachgesehen?"
"Ja! Ich habe gerade nachgesehen!"
"Und?"
"Es ist lieferbar."
"Schön! Und was soll ich ...?"
"Ich wollte Ihnen nur sagen, dass wir das jetzt nachbestellen müssen."
"Aber das geht doch automatisch an das Bestellwesen, Frau A."
"Ja, das weiß ich, Frau Z, aber ich dachte, ich rufe Sie an, damit Sie Bescheid wissen, wissen Sie!"
"Ähh, ja, danke, Frau A!"
"Bitte, Frau Z, und einen schönen Tag noch!"
Wie war das mit dem Satz, den ich eben schreiben wollte? Worum ging es gerade - ach ja, richtig, ich wollte die Verbindung von den drei Problempunkten herstellen und die offenen Fragen definieren. Also
TELEFON
"Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist Frau A!".
"Ja?"
"Habe ich eigentlich schon guten Morgen gesagt? Nein? Oder ... doch ja, ich hatte Sie gerade eben angerufen und schon guten Morgen gesagt! Nun, das macht ja nichts - dann wünsche ich Ihnen jetzt noch einmal einen guten Morgen! Nicht wahr, dann kann der Tag ja nur gelingen, bei so vielen Guten-Morgen-Wünschen!"
Der Telefonhörer möchte wieder auf seine Ausgangsposition, er zittert bedenklich.
"Ja?"
"Frau Z, ich habe nun im Bestellwesen nachgesehen, und das Teil Sowieso ist TATSÄCHLICH schon in die Bestellung aufgenommen worden!"
"Ja".
"Das ist doch wunderbar, wenn man sich darum nicht mehr kümmern muss, nicht wahr?"
"Sehr richtig".
"Ja, Frau Z, genau, das wollte ich Ihnen nur sagen, damit Sie darüber informiert sind."
"Ja!"
"Also dann, bis später vielleicht!"
Waaaas? Später?
Nein! Sie hat gesagt: "Vielleicht". Hat sie das gesagt? Oder bilde ich mir ein, dass sie... oder...? Wo war ich gerade? Ach ja, ich wollte diese bescheuerte Abhandlung zu Ende bringen, und dann gab es Probleme und ich müsste jetzt - wo sind meine Zigaretten und der Kaffee ist kalt. Also lese ich meine bearbeiteten Seiten noch einmal durch. Genau! Das war der Punkt, klar, hier muss ich weitermachen. Und zwar folgendermaßen:
TELEFON
"Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist Frau A!"
Wenn man das Kabel durchschneidet, ist fast alles gut (außer sie käme persönlich hoch)
"Ja!"
Dieses "Ja" kann man nicht mehr mit dem gängigen "Jaa" vergleichen, es ist ein Ja mit dem kürzesten a der deutschsprachigen Welt.
"Frau Z! Sie werden es nicht glauben, aber hier ist ein Kunde und möchte schon wieder das Teil Sowieso!"
Wenn man brüllt: "Dusselige Kuh, lass mich in Ruh" reimt sich das und wäre der Situation angemessen.
"...".
"Ich habe ihm gesagt, dass wir es gerade bestellt haben! Das konnte ich ihm sagen, weil wir ja gerade darüber gesprochen haben, wie toll es ist, dass unser Bestellwesen das macht!"
Wenn man dafür sorgt, dass sie nie mehr telefonieren kann, wäre das ein Segen für die Menschheit.
"...".
"Und dann hat er gesagt, dass er gerne wartet, bis das Teil bei uns ist. Übrigens ein sehr netter Kunde. Schade, dass Sie ihn nicht kennen lernen konnten, er ist gerade wieder gegangen."
Wenn ich zum Hirschen würde, würde das etwas ändern?
"...".
"Ja, Frau Z, das wollte ich Ihnen nur sagen: Wir haben da ein tolles Bestellsystem, nicht wahr? Also bis später dann!"
Ich war erlegt. Blattschuss.
Zigarette!
Sofort!
Zigarettenschachtel auf dem Boden.
Direkt vor dem Telefonkabel. Es sagt: "Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist ..." Schluss!
Ratsch – Stecker aus der Wand.
Hä! Nicht mit mir!
Feuerzeug!
Neben kaltem Kaffee auf beschriebenen Seiten.
Tanzende Buchstaben formen die Worte: „Lass es sein!“
Gerne doch!
Seite für Seite genüsslich zerknüllt.
Im Papierkorb. Es klopft.
Meine Tür!
Schnell abschließen.
Schlüssel. Schlüssel???
Es klopft wieder.
Schlüssel!!!
Mit gezücktem Schlüssel renne ich zur Tür. Er zielt genau auf das Schloss. Gleich ist es vollbracht...
"Guuuuten Tag, Frau Z! Ich weiß, dass ich bereits guten Morgen gesagt habe. Mein Gedächtnis ist hervorragend, nicht wahr? War nur ein kleiner Scherz. Warum drehen Sie Ihren Schlüssel immer in meinem Bauchnabel herum? Hier – da ist das Schloss! Übrigens sehen Sie ganz schön gehetzt aus! Was ich Ihnen sagen wollte: Ihr Telefon ist kaputt. Zumindest kann ich Sie nicht erreichen. Haben Sie eine Störung? Dann sollten wir die Störungsstelle anrufen.“
[strike]Ich habe versagt.[/strike]
[strike]Weiß jemand, ob man sich nach einem Mord besser konzentrieren kann?[/strike]
Liebe Grüße, Zeder
Eine fürsorgliche Kollegin
Ich weiß nicht, ob es in jedem Büro jemanden gibt, der allen auf die Nerven geht.
Immer auf die Nerven geht.
Wobei es gar nicht die Nerven sind, die als erstes kapitulieren.
Eigentlich beginnt es mit der Konzentration, oder besser gesagt, mit der Fähigkeit zu derselben.
Es folgt eine Phase, die man als "innere Unruhe" bezeichnen kann.
Dann allerdings wird es existentiell: "Bin-ich-fähig-einen-Menschen-zu-massakrieren?" führt erbitterte Zwiesprache mit "Kann-ich-das-Fenster-zum-finalen-Ausstieg-nutzen?".
Und dann...
Frisch und ausgeruht am Morgen (was bei mir wirklich nicht oft vorkommt!) sitze ich an meinem Schreibtisch und nehme mir vor, eine schon zu lange vor mir hergeschobene, da unangenehme längere Ausarbeitung endlich zu einem sinnvollen Ende zu bringen. Es gelingt mir tatsächlich, die Gedankenfolge der vor einigen Tagen von mir bearbeiteten Seiten nachvollziehen zu können. Ich setze meine Finger auf der Tastatur an, um endlich diesem Werk ein Ende zu versetzen, da
TELEFON
"Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist Frau A!
Frau Z, nicht wahr, wir haben schon lange nichts mehr voneinander gehört, obwohl wir doch nur zwei Stockwerke voneinander getrennt sitzen. Schade eigentlich, oder?"
"Ja, Frau A. Schade."
"Ja, Frau Z, das ist wirklich schade. Sehr schade. Meinen Sie nicht auch?"
"...".
"Ja, nicht wahr? Frau Z, ich rufe übrigens an, weil ich hier einen Kunden habe, der wissen will, ob das Teil Sowieso lieferbar ist."
"Haben Sie im PC nachgesehen?"
"Ja! Ich habe gerade nachgesehen!"
"Und?"
"Es ist lieferbar."
"Schön! Und was soll ich ...?"
"Ich wollte Ihnen nur sagen, dass wir das jetzt nachbestellen müssen."
"Aber das geht doch automatisch an das Bestellwesen, Frau A."
"Ja, das weiß ich, Frau Z, aber ich dachte, ich rufe Sie an, damit Sie Bescheid wissen, wissen Sie!"
"Ähh, ja, danke, Frau A!"
"Bitte, Frau Z, und einen schönen Tag noch!"
Wie war das mit dem Satz, den ich eben schreiben wollte? Worum ging es gerade - ach ja, richtig, ich wollte die Verbindung von den drei Problempunkten herstellen und die offenen Fragen definieren. Also
TELEFON
"Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist Frau A!".
"Ja?"
"Habe ich eigentlich schon guten Morgen gesagt? Nein? Oder ... doch ja, ich hatte Sie gerade eben angerufen und schon guten Morgen gesagt! Nun, das macht ja nichts - dann wünsche ich Ihnen jetzt noch einmal einen guten Morgen! Nicht wahr, dann kann der Tag ja nur gelingen, bei so vielen Guten-Morgen-Wünschen!"
Der Telefonhörer möchte wieder auf seine Ausgangsposition, er zittert bedenklich.
"Ja?"
"Frau Z, ich habe nun im Bestellwesen nachgesehen, und das Teil Sowieso ist TATSÄCHLICH schon in die Bestellung aufgenommen worden!"
"Ja".
"Das ist doch wunderbar, wenn man sich darum nicht mehr kümmern muss, nicht wahr?"
"Sehr richtig".
"Ja, Frau Z, genau, das wollte ich Ihnen nur sagen, damit Sie darüber informiert sind."
"Ja!"
"Also dann, bis später vielleicht!"
Waaaas? Später?
Nein! Sie hat gesagt: "Vielleicht". Hat sie das gesagt? Oder bilde ich mir ein, dass sie... oder...? Wo war ich gerade? Ach ja, ich wollte diese bescheuerte Abhandlung zu Ende bringen, und dann gab es Probleme und ich müsste jetzt - wo sind meine Zigaretten und der Kaffee ist kalt. Also lese ich meine bearbeiteten Seiten noch einmal durch. Genau! Das war der Punkt, klar, hier muss ich weitermachen. Und zwar folgendermaßen:
TELEFON
"Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist Frau A!"
Wenn man das Kabel durchschneidet, ist fast alles gut (außer sie käme persönlich hoch)
"Ja!"
Dieses "Ja" kann man nicht mehr mit dem gängigen "Jaa" vergleichen, es ist ein Ja mit dem kürzesten a der deutschsprachigen Welt.
"Frau Z! Sie werden es nicht glauben, aber hier ist ein Kunde und möchte schon wieder das Teil Sowieso!"
Wenn man brüllt: "Dusselige Kuh, lass mich in Ruh" reimt sich das und wäre der Situation angemessen.
"...".
"Ich habe ihm gesagt, dass wir es gerade bestellt haben! Das konnte ich ihm sagen, weil wir ja gerade darüber gesprochen haben, wie toll es ist, dass unser Bestellwesen das macht!"
Wenn man dafür sorgt, dass sie nie mehr telefonieren kann, wäre das ein Segen für die Menschheit.
"...".
"Und dann hat er gesagt, dass er gerne wartet, bis das Teil bei uns ist. Übrigens ein sehr netter Kunde. Schade, dass Sie ihn nicht kennen lernen konnten, er ist gerade wieder gegangen."
Wenn ich zum Hirschen würde, würde das etwas ändern?
"...".
"Ja, Frau Z, das wollte ich Ihnen nur sagen: Wir haben da ein tolles Bestellsystem, nicht wahr? Also bis später dann!"
Ich war erlegt. Blattschuss.
Zigarette!
Sofort!
Zigarettenschachtel auf dem Boden.
Direkt vor dem Telefonkabel. Es sagt: "Guuuuten Morgen, Frau Z! Hier ist ..." Schluss!
Ratsch – Stecker aus der Wand.
Hä! Nicht mit mir!
Feuerzeug!
Neben kaltem Kaffee auf beschriebenen Seiten.
Tanzende Buchstaben formen die Worte: „Lass es sein!“
Gerne doch!
Seite für Seite genüsslich zerknüllt.
Im Papierkorb. Es klopft.
Meine Tür!
Schnell abschließen.
Schlüssel. Schlüssel???
Es klopft wieder.
Schlüssel!!!
Mit gezücktem Schlüssel renne ich zur Tür. Er zielt genau auf das Schloss. Gleich ist es vollbracht...
"Guuuuten Tag, Frau Z! Ich weiß, dass ich bereits guten Morgen gesagt habe. Mein Gedächtnis ist hervorragend, nicht wahr? War nur ein kleiner Scherz. Warum drehen Sie Ihren Schlüssel immer in meinem Bauchnabel herum? Hier – da ist das Schloss! Übrigens sehen Sie ganz schön gehetzt aus! Was ich Ihnen sagen wollte: Ihr Telefon ist kaputt. Zumindest kann ich Sie nicht erreichen. Haben Sie eine Störung? Dann sollten wir die Störungsstelle anrufen.“
[strike]Ich habe versagt.[/strike]
[strike]Weiß jemand, ob man sich nach einem Mord besser konzentrieren kann?[/strike]