Einfach nur gehen

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Aligator

Mitglied
Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang. Zweimal haben Autos gehupt. Die Sonne lässt sich ab und an durch zerfetzte Schleier blicken. Der kalte Wind fährt mir durch die Jacke und die Nase läuft. Ein Rabe krächzt.

Menschen sind wie sie sind. Sie sind Arschlöcher und auch nett. Sie sind irgendwie beides, das ist ja gerade das Problem. Sehe ich sie von der guten Seite, werde ich enttäuscht. Habe mir deshalb angewöhnt, sie als Produkte ihrer schlechten Erfahrungen zu betrachten. Und das Nette als geheuchelt. Ist halt reine Gewohnheitssache, das Menschsein.

Die Laster hauen mich fast um, mit ihrer Druckwelle. Sie rauschen vorbei, wie Luftwände. Sie wollen mich aus den Latschen holen. Keiner bremst. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Es fängt an ein wenig zu pissen.

Natascha. Am Anfang, da war sie mein Engel. Sie hat das Gute in mir aufglimmen lassen. Ja, ihre Worte und ihr Lächeln, das war wie Sauerstoff, mit der es aufglühte. Und da war eine Flamme, ein-, zweimal. Aber irgendwann war die Kohle dahin. Und sie hat draufgerotzt. Ich bin eben nicht von Dauer. Und mein Herz ist Kohle.

Ein Bahnübergang kommt. Wenn die Schranken runtergehen, lauf ich weiter. Was geht mich der Zugverkehr an? Ich bin Fußgänger. Ist doch mein gutes Recht, oder? Können die nicht warten bis ich vorbei bin? Beim mir gibt’s kein Halten mehr. Hmm, Glück gehabt, der Zugführer. Alles planmäßig. Keine besonderen Vorkommnisse heute.

Ich wär lieber ein Baum, wie der da. Einfach in der Gegend stehn und sich einen Scheiß um die Welt kümmern. Einfach sein. Aber ich muss ja denken, weil ich ein Hirn hab. Muss gehen, von meinen Gedanken abhauen. Mit jedem Schritt bin ich ihnen ein wenig voraus. Ein Stück Zukunft ohne Gegenwart und Erinnerung. Funktioniert ja nicht besonders gut, mein Plan. Wohl nicht zu Ende gedacht.

Da vorne ist ein Dorf. Da kann ich jetzt nicht durch. Ich muss außenherum. Bloß keine Menschen. Die mit ihren ganzen Vorhaben. Den ganzen Tag haben sie was vor. Sie kommen gar nicht herum, mit dem ganzen Kram. Füllen ihre unbedeutende Existenz mit Aufgaben, nur um weiter zu machen, um weiter ihrem blinden Getue einen Sinn zu geben. Und abends reden sie sich ein, sie hätten was geschafft. Ach, warum rede ich so schlecht von denen? Wohl weil ich das nicht habe. Und nicht haben möchte.

Hee! Pass doch auf, Penner! Jetzt hätt er mich fast erwischt und legt noch ne Vollbremsung hin. Schmeißt mir seine gute Kinderstube an den Kopf und lässt schon wieder sein teures Gummi auf der Straße. Was ein Vollpfosten. Hat bestimmt mit seinem Handy rumgemacht. Aber das Schlimme ist, er nimmt mir die Illusion meiner Straße, nämlich dass in den Fahrzeugen Menschen hocken. Lasst mich doch in der Fuck Fantasie meiner Anonymität.

Na ja, da drüben rauscht die Autobahn. Das wär doch eine Option. Ich muss nur kurz über‘ s Feld und dann kommt schon der Zubringer. So wird es sein, es ist beschlossene Sache. Vielleicht kann ich ja dort meine Ruhe haben.
 

Aligator

Mitglied
Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang. Zweimal haben Autos gehupt. Die Sonne lässt sich ab und an durch zerfetzte Schleier blicken. Der kalte Wind fährt mir durch die Jacke und die Nase läuft. Ein Rabe krächzt.

Menschen sind wie sie sind. Sie sind Arschlöcher und auch nett. Sie sind eigentlich beides, das ist ja gerade das Problem. Betrachte ich sie von ihrer guten Seite, werde ich irgendwann enttäuscht. Habe mir deshalb angewöhnt, sie als Produkte ihrer schlechten Erfahrungen zu betrachten. Und das Nette als geheuchelt. Ist halt reine Gewohnheitssache, das Menschsein.

Die Laster hauen mich fast um, mit ihrer Druckwelle. Sie rauschen vorbei, wie rollende Luftmauern. Sie wollen mich aus den Latschen holen. Keiner bremst ab. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Es fängt an zu nieseln.

Natascha. Am Anfang, da war sie mein Engel. Sie hat das Gute in mir ... aufglimmen lassen. Ja, ihre Worte und ihr Lächeln, das war wie Sauerstoff, mit der es aufglühte. Und da war eine Flamme, ein-, zweimal. Aber irgendwann war die Kohle dahin. Und sie hat draufgerotzt. Ich bin eben nicht von Dauer. Und mein Herz ist Kohle.

Ein Bahnübergang kommt. Wenn die Schranken runtergehen, lauf ich weiter. Was geht mich der Zugverkehr an? Ich bin Fußgänger. Ist doch mein gutes Recht, oder? Können die nicht warten bis ich vorbei bin? Beim mir gibt’s kein Halten mehr. Hmm, Glück gehabt, der Zugführer. Alles planmäßig. Keine besonderen Vorkommnisse heute.

Ich wär lieber ein Baum, wie der da. Einfach in der Gegend stehn und sich einen Scheiß um die Welt kümmern. Einfach sein. Aber ich muss ja denken, weil ich ein Hirn hab. Muss gehen, von meinen Gedanken abhauen. Mit jedem Schritt bin ich ihnen ein wenig voraus. Ein Stück Zukunft ohne Gegenwart und Erinnerung. Funktioniert ja nicht besonders gut, mein Plan. Wohl nicht zu Ende gedacht.

Da vorne ist ein Dorf. Da kann ich jetzt nicht durch. Ich muss außenherum. Bloß keine Menschen. Die mit ihren ganzen Vorhaben. Den ganzen Tag haben sie was vor. Sie kommen gar nicht herum, mit dem ganzen Kram. Füllen ihre unbedeutende Existenz mit Aufgaben, nur um weiter zu machen, um weiter ihrem blinden Getue einen Sinn zu geben. Und abends reden sie sich ein, sie hätten was geschafft. Ach, warum rede ich so schlecht von denen? Wohl weil ich das nicht habe. Und auch nicht brauche.

Hee! Pass doch auf, Penner! Jetzt hätt er mich fast erwischt und legt noch ne Vollbremsung hin. Schmeißt mir seine gute Kinderstube an den Kopf und lässt schon wieder sein teures Gummi auf der Straße. Was ein Vollpfosten. Hat bestimmt mit seinem Handy rumgemacht. Aber das Schlimme ist, er nimmt mir die Illusion meiner Straße. Dass ich nicht alleien bin. Lasst mich doch bitte in der Fuck Fantasie meiner Anonymität.

Na ja, da drüben rauscht die Autobahn. Das wär doch eine Option. Ich muss nur kurz über‘ s Feld und dann kommt schon der Zubringer. So wird es sein, es ist beschlossene Sache. Vielleicht kann ich ja dort meine Ruhe finden.
 

Aligator

Mitglied
Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang. Zweimal haben Autos gehupt. Die Sonne lässt sich ab und an durch zerfetzte Schleier blicken. Der kalte Wind fährt mir durch die Jacke und die Nase läuft. Ein Rabe krächzt.

Menschen sind wie sie sind. Sie sind Arschlöcher und auch nett. Sie sind eigentlich beides, das ist ja gerade das Problem. Betrachte ich sie von ihrer guten Seite, werde ich irgendwann enttäuscht. Habe mir deshalb angewöhnt, sie als Produkte ihrer schlechten Erfahrungen zu betrachten. Und das Nette als geheuchelt. Ist halt reine Gewohnheitssache, das Menschsein.

Die Laster hauen mich fast um, mit ihrer Druckwelle. Sie rauschen vorbei, wie rollende Luftmauern. Sie wollen mich aus den Latschen holen. Keiner bremst ab. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Es fängt an zu nieseln.

Natascha. Am Anfang, da war sie mein Engel. Sie hat das Gute in mir ... aufglimmen lassen. Ja, ihre Worte und ihr Lächeln, das war wie Sauerstoff, mit der es aufglühte. Und da war eine Flamme, ein-, zweimal. Aber irgendwann war die Kohle dahin. Und sie hat draufgerotzt. Ich bin eben nicht von Dauer. Und mein Herz ist Kohle.

Ein Bahnübergang kommt. Wenn die Schranken runtergehen, lauf ich weiter. Was geht mich der Zugverkehr an? Ich bin Fußgänger. Ist doch mein gutes Recht, oder? Können die nicht warten bis ich vorbei bin? Beim mir gibt’s kein Halten mehr. Hmm, Glück gehabt, der Zugführer. Alles planmäßig. Keine besonderen Vorkommnisse heute.

Ich wär lieber ein Baum, wie der da. Einfach in der Gegend stehn und sich einen Scheiß um die Welt kümmern. Einfach sein. Aber ich muss ja denken, weil ich ein Hirn hab. Muss gehen, von meinen Gedanken abhauen. Mit jedem Schritt bin ich ihnen ein wenig voraus. Ein Stück Zukunft ohne Gegenwart und Erinnerung. Funktioniert ja nicht besonders gut, mein Plan. Wohl nicht zu Ende gedacht.

Da vorne ist ein Dorf. Da kann ich jetzt nicht durch. Ich muss außenherum. Bloß keine Menschen. Die mit ihren ganzen Vorhaben. Den ganzen Tag haben sie was vor. Sie kommen gar nicht herum, mit dem ganzen Kram. Füllen ihre unbedeutende Existenz mit Aufgaben, nur um weiter zu machen, um weiter ihrem blinden Getue einen Sinn zu geben. Und abends reden sie sich ein, sie hätten was geschafft. Ach, warum rede ich so schlecht von denen? Wohl weil ich das nicht habe. Und auch nicht brauche.

Hee! Pass doch auf, Penner! Jetzt hätt er mich fast erwischt und legt noch ne Vollbremsung hin. Schmeißt mir seine gute Kinderstube an den Kopf und lässt schon wieder sein teures Gummi auf der Straße. Was ein Vollpfosten. Hat bestimmt mit seinem Handy rumgemacht. Aber das Schlimme ist, er nimmt mir die Illusion meiner Straße. Dass ich nicht allein bin. Lasst mich doch bitte in der Fuck Fantasie meiner Anonymität.

Na ja, da drüben rauscht die Autobahn. Das wär doch eine Option. Ich muss nur kurz über‘ s Feld und dann kommt schon der Zubringer. So wird es sein, es ist beschlossene Sache. Vielleicht kann ich ja dort meine Ruhe finden.
 
S

steky

Gast
Ich lese hier die Geschichte eines Menschen, der sich nicht viel aus anderen Menschen macht, eines Egoisten. Und das war´s dann auch schon. Ich wünschte mir, du hättest ein Verständnis für seine Lage geschaffen, oder die Auswirkungen seines Verhaltens auf die Umwelt gezeigt. Das fände ich toll.

Eine Idee:

Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang. Zweimal haben Autos gehupt. Die Sonne lässt sich ab und an durch zerfetzte Schleier blicken. Der kalte Wind fährt mir durch die Jacke und die Nase läuft.

[blue]Ein Rabe krächzt.[/blue]

Menschen sind wie sie sind. Sie sind Arschlöcher und auch nett. Sie sind eigentlich beides, das ist ja gerade das Problem. Betrachte ich sie von ihrer guten Seite, werde ich irgendwann enttäuscht. Habe mir deshalb angewöhnt, sie als Produkte ihrer schlechten Erfahrungen zu betrachten. Und das Nette als geheuchelt. Ist halt reine Gewohnheitssache, das Menschsein.

Die Laster hauen mich fast um, mit ihrer Druckwelle. Sie rauschen vorbei, wie rollende Luftmauern. Sie wollen mich aus den Latschen holen. Keiner bremst ab. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

[blue]Es fängt an zu nieseln.[/blue]
Du könntest einen Subtext einbauen, der zur Metapher wird, und somit etwas erzählt, das dieses Verständnis schafft.

Aus den Lastern ließe sich ein nettes Wortspiel machen.

Ich persönlich finde ich es nicht Ordnung, traurige Menschen als Trotz- bzw. Dummköpfe darzustellen, nur weil sie nicht konform mit der Gesellschaft gehen, oder wenn man ihnen sagt, was sie brauchen, und was sie nicht brauchen. Das wissen diese Menschen selbst. Diesen Unterton nehme ich in deiner Geschichte ganz leicht wahr; vielleicht täusche ich mich.

Soweit mein erster Eindruck.

LG
Steky
 

Aligator

Mitglied
Hi Steky!

Danke für deine Beschäftigung mit dem Text.

Deine Subtext-Idee gefällt mir ausgesprochen gut, das werde ich weiter verfolgen. ( Auch weil ich gern subohm dampfe;) )

"Ich persönlich finde ich es nicht Ordnung, traurige Menschen als Trotz- bzw. Dummköpfe darzustellen, nur weil sie nicht konform mit der Gesellschaft gehen,..."

Was ist denn schlimm daran ein Trotzkopf zu sein? Im Gegenteil, solche Typen, so Lebenskünstler und Freigeister, die haben mich immer fasziniert. Seinen eigenen Weg zu gehen, gerade in unseren Zeiten der Gleichschaltung und Massenverblödung, das ist geradezu ein Muss! Viele meiner Freunde hatten - wie meine Wenigkeit - immer das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt und dass sie nicht dazugehörten. Dann muss man eben suchen, Dinge und Wege ausprobieren.
Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte, dass dies konträr zur blinden Nachahmung ist und nur dadurch eine wirkliche persönliche Weiterentwicklung von statten gehen kann.

Dass der Text bei dir so einen faden Nachgeschmack hinterlässt... könnte das nicht auch von dieser gesellschaftlichen Norm herrühren, die uns seit Kindestagen eingebläut wird? Dass man "etwas werden soll", man nicht wie dieser enden soll, der durch seinen Lebenstil aus der Masse herausfällt und Ziel von überheblichen Gelästere wird? Diesen Hippy, Penner oder Derwisch?

Ja, du hast recht! Wer gibt uns das Recht einen Menschen deswegen zu verurteilen?

Und (jetzt wieder zum Text) ich glaube nicht, dass ich eine abwertende Sicht des Prot hier gezeichnet hab. Er ist auf der Flucht und geht seinen Weg, merkt aber, dass es so nicht gehen wird (mein Gott, schon wieder gehen) und vielleicht kann man das Metaphorische über den ganzen Text spannen. Muss man zwar nicht, dann wirds aber schon sehr fad, wie ich finde.
Ich denk, die Tücke liegt im Medium als solches. Wenn ich reine Gedanken in Textform bringe, dann klingt das immer gekünstelt, denn man denkt ja nicht in solchen Sätzen. Man muss es vielmehr codieren und in eine Darreichungsform fassen, die dem Leser zugänglich ist. Die Gedankenmaschinerie arbeitet subjektiv, man kann sie unmöglich durch Erklärungen und Hintergrundinfos ergänzen. Es ist ein momentanes Erleben in Lichtgeschwindigkeit. Kurz gesagt, es wird beim einen was rüberkommen, der andre denkt, hä? son Scheiß.

Da wir uns hier in Kurzprosa befinden, stellt sich aus meiner Sicht nicht die Frage, wie der Prot dazu gekommen ist, so zu handeln und denken. Da kann einer nen Roman schreiben, was ich im übrigen eh nicht kann:) Oder lesen, was ich auch nicht mag:) Hier will ich kurz in etwas eintauchen und was mitnehmen. Oder eben nicht.

So, ich schreib dass jetzt nicht, um den Text zu verteidigen. Das beschäftigt mich halt. Ich weiß, dass man das besser kann. Und ich würds gern besser können. Deshalb nochmals ein fettes Dankeschön, auch dafür, dass du deine kostbare Zeit mit dieser Antwort verschwendest GRINS

Völlig losgelöst,
Aligator
 

Aligator

Mitglied
Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang. Zweimal haben Autos gehupt. Die Sonne lässt sich ab und an durch zerfetzte Schleier blicken. Der kalte Wind fährt mir durch die Jacke und die Nase läuft.

Ein Rabe krächzt.

Menschen sind wie sie sind. Sie sind Arschlöcher und auch nett. Sie sind eigentlich beides, das ist ja gerade das Problem. Betrachte ich sie von ihrer guten Seite, werde ich irgendwann enttäuscht. Habe mir deshalb angewöhnt, sie als Produkte ihrer schlechten Erfahrungen zu betrachten. Und das Nette als geheuchelt. Ist halt reine Gewohnheitssache, das Menschsein.

Es fängt an, ein wenig zu nieseln.

Die Laster hauen mich fast um, mit ihrer Druckwelle. Sie rauschen vorbei, wie rollende Luftmauern. Wände aus nichts. Sie wollen mich umreißen. Keiner bremst ab. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

Bin in Matsch gelatscht.

Natascha. Am Anfang, da war sie mein Engel. Sie hat das Gute in mir ... aufglimmen lassen. Ja, ihre Worte und ihr Lächeln, das war wie Sauerstoff, mit der es aufglühte. Und da war eine Flamme, ein-, zweimal.
Aber irgendwann war die Kohle dahin. Und sie hat draufgerotzt. Ich bin eben nicht von Dauer. Und mein Herz ist aus Kohle.

Aus der Ferne steigt dunkler Rauch aus einem Fabrikschlot.

Ein Bahnübergang. Wenn die Schranken runtergehen, lauf ich einfach weiter. Was geht mich der Zugverkehr an? Ich bin Fußgänger. Ist doch mein gutes Recht, oder? Können die nicht warten bis ich vorbei bin? Beim mir gibt’s kein Halten mehr.
Hmm, Glück gehabt, der Zugführer. Alles planmäßig. Keine besonderen Vorkommnisse heute.

Eine Alditüte im Dreck.

Ich wär lieber ein Baum, wie der da. Einfach in der Gegend stehn und sich einen Scheiß um die Welt kümmern. Einfach sein. Aber ich muss ja denken, weil ich ein Hirn hab. Ich muss gehen, immer weiter, meinen Gedanken entkommen. Mit jedem Schritt bin ich ihnen ein wenig voraus. Ein Stück Zukunft ohne Gegenwart und Erinnerung. Funktioniert ja nicht besonders gut, mein Plan.
Wohl nicht zu Ende gedacht.

McDondaldstüte.

Da vorne ist ein Dorf. Da kann ich jetzt nicht durch. Ich muss außenherum. Bloß keine Menschen. Die mit ihren ganzen Vorhaben. Den ganzen Tag haben sie was vor. Sie kommen gar nicht herum, mit dem ganzen Kram. Füllen ihre unbedeutende Existenz mit Aufgaben, nur um weiter zu machen, um weiter ihrem blinden Getue einen Sinn zu geben. Und abends reden sie sich ein, sie hätten was geschafft. Ach, warum rede ich so schlecht von denen? Weil ich das nicht habe? Oder weil ich' s nicht will.

"Hee! Pass doch auf, Penner!"

Jetzt hätt er mich fast erwischt und legt noch ne Vollbremsung hin. Schmeißt mir seine gute Kinderstube an den Kopf und lässt schon wieder sein teures Gummi auf der Straße. Was ein Vollpfosten. Hat bestimmt mit seinem Handy rumgemacht.
Aber das Schlimme ist, er nimmt mir die Illusion meiner Straße. Dass ich nicht allein bin. Lasst mich doch bitte in der Fuck Fantasie meiner Anonymität.

Es wird kälter.

Na ja, da drüben rauscht die Autobahn. Das wär doch eine Option. Ich muss nur kurz über‘ s Feld und dann kommt schon der Zubringer. So wird es sein, es ist beschlossene Sache. Vielleicht kann ich ja dort meine Ruhe finden.

"... Stranger that I am ... in my own land"
 

Aligator

Mitglied
Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang. Zweimal haben Autos gehupt. Die Sonne lässt sich ab und an durch zerfetzte Schleier blicken. Der kalte Wind fährt mir durch die Jacke und die Nase läuft.

Ein Rabe krächzt.

Menschen sind wie sie sind. Sie sind Arschlöcher und auch nett. Sie sind eigentlich beides, das ist ja gerade das Problem. Betrachte ich sie von ihrer guten Seite, werde ich irgendwann enttäuscht. Habe mir deshalb angewöhnt, sie als Produkte ihrer schlechten Erfahrungen zu betrachten. Und das Nette als geheuchelt. Ist halt reine Gewohnheitssache, das Menschsein.

Es fängt an, ein wenig zu nieseln.

Die Laster hauen mich fast um, mit ihrer Druckwelle. Sie rauschen vorbei, wie rollende Luftmauern. Wände aus nichts. Sie wollen mich umreißen. Keiner bremst ab. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

Bin in Matsch gelatscht.

Natascha. Am Anfang, da war sie mein Engel. Sie hat das Gute in mir ... aufglimmen lassen. Ja, ihre Worte und ihr Lächeln, das war wie Sauerstoff, mit der es aufglühte. Und da war eine Flamme, ein-, zweimal.
Aber irgendwann war die Kohle dahin. Und sie hat draufgerotzt. Ich bin eben nicht von Dauer. Und mein Herz ist aus Kohle.

Aus der Ferne steigt dunkler Rauch aus einem Fabrikschlot.

Ein Bahnübergang. Wenn die Schranken runtergehen, lauf ich einfach weiter. Was geht mich der Zugverkehr an? Ich bin Fußgänger. Ist doch mein gutes Recht, oder? Können die nicht warten, bis ich vorbei bin? Bei mir gibt’s kein Halten mehr.
Hmm, Glück gehabt, der Zugführer. Alles planmäßig. Keine besonderen Vorkommnisse heute.

Eine Alditüte im Dreck.

Ich wär lieber ein Baum, wie der da. Einfach in der Gegend stehn und sich einen Scheiß um die Welt kümmern. Einfach sein. Aber ich muss ja denken, weil ich ein Hirn hab. Ich muss gehen, immer weiter, meinen Gedanken entkommen. Mit jedem Schritt bin ich ihnen ein wenig voraus. Ein Stück Zukunft ohne Gegenwart und Erinnerung. Funktioniert ja nicht besonders gut, mein Plan.
Wohl nicht zu Ende gedacht.

McDondaldstüte.

Da vorne ist ein Dorf. Da kann ich jetzt nicht durch. Ich muss außenherum. Bloß keine Menschen. Die mit ihren ganzen Vorhaben. Den ganzen Tag haben sie was vor. Sie kommen gar nicht herum, mit dem ganzen Kram. Füllen ihre unbedeutende Existenz mit Aufgaben, nur um weiter zu machen, um weiter ihrem blinden Getue einen Sinn zu geben. Und abends reden sie sich ein, sie hätten was geschafft. Ach, warum rede ich so schlecht von denen? Weil ich das nicht habe? Oder weil ich' s nicht will.

"Hee! Pass doch auf, Penner!"

Jetzt hätt er mich fast erwischt und legt noch ne Vollbremsung hin. Schmeißt mir seine gute Kinderstube an den Kopf und lässt schon wieder sein teures Gummi auf der Straße. Was ein Vollpfosten. Hat bestimmt mit seinem Handy rumgemacht.
Aber das Schlimme ist, er nimmt mir die Illusion meiner Straße. Dass ich nicht allein bin. Lasst mich doch bitte in der Fuck Fantasie meiner Anonymität.

Es wird kälter.

Na ja, da drüben rauscht die Autobahn. Das wär doch eine Option. Ich muss nur kurz über‘ s Feld und dann kommt schon der Zubringer. So wird es sein, es ist beschlossene Sache. Vielleicht kann ich ja dort meine Ruhe finden.

"... Stranger that I am ... in my own land"
 

Aligator

Mitglied
Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang. Zweimal haben Autos gehupt. Die Sonne lässt sich ab und an durch zerfetzte Schleier blicken. Der kalte Wind fährt mir durch die Jacke und die Nase läuft.

Ein Rabe krächzt.

Menschen sind wie sie sind. Sie sind Arschlöcher und auch nett. Sie sind eigentlich beides, das ist ja gerade das Problem. Betrachte ich sie von ihrer guten Seite, werde ich irgendwann enttäuscht. Habe mir deshalb angewöhnt, sie als Produkte ihrer schlechten Erfahrungen zu betrachten. Und das Nette als geheuchelt. Ist halt reine Gewohnheitssache, das Menschsein.

Es fängt an, ein wenig zu nieseln.

Die Laster hauen mich fast um, mit ihrer Druckwelle. Sie rauschen vorbei, wie rollende Luftmauern. Wände aus nichts. Sie wollen mich umreißen. Keiner bremst ab. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

Bin in Matsch gelatscht.

Natascha. Am Anfang, da war sie mein Engel. Sie hat das Gute in mir ... aufglimmen lassen. Ja, ihre Worte und ihr Lächeln, das war wie Sauerstoff, mit der es aufglühte. Und da war eine Flamme, ein-, zweimal.
Aber irgendwann war die Kohle dahin. Und sie hat draufgerotzt. Ich bin eben nicht von Dauer. Und mein Herz ist aus Kohle.

Aus der Ferne steigt dunkler Rauch aus einem Fabrikschlot.

Ein Bahnübergang. Wenn die Schranken runtergehen, lauf ich einfach weiter. Was geht mich der Zugverkehr an? Ich bin Fußgänger. Ist doch mein gutes Recht, oder? Können die nicht warten, bis ich vorbei bin? Bei mir gibt’s kein Halten mehr.
Hmm, Glück gehabt, der Zugführer. Alles planmäßig. Keine besonderen Vorkommnisse heute.

Eine Alditüte im Dreck.

Ich wär lieber ein Baum, wie der da. Einfach in der Gegend stehn und sich einen Scheiß um die Welt kümmern. Einfach sein. Aber ich muss ja denken, weil ich ein Hirn hab. Ich muss gehen, immer weiter, meinen Gedanken entkommen. Mit jedem Schritt bin ich ihnen ein wenig voraus. Ein Stück Zukunft ohne Gegenwart und Erinnerung. Funktioniert ja nicht besonders gut, mein Plan.
Wohl nicht zu Ende gedacht.

McDondaldstüte.

Da vorne ist ein Dorf. Da kann ich jetzt nicht durch. Ich muss außenherum. Bloß keine Menschen. Die mit ihren ganzen Vorhaben. Den ganzen Tag haben sie was vor. Sie kommen gar nicht herum, mit dem ganzen Kram. Füllen ihre unbedeutende Existenz mit Aufgaben, nur um weiter zu machen, um weiter ihrem blinden Getue einen Sinn zu geben. Und abends reden sie sich ein, sie hätten was geschafft. Ach, warum rede ich so schlecht von denen? Weil ich das nicht habe? Oder weil ich' s nicht will.

"Hee! Pass doch auf, Penner!"

Jetzt hätt er mich fast erwischt und legt noch ne Vollbremsung hin. Schmeißt mir seine gute Kinderstube an den Kopf und lässt schon wieder sein teures Gummi auf der Straße. Was ein Vollpfosten. Hat bestimmt mit seinem Handy rumgemacht.
Aber das Schlimme ist, er nimmt mir die Illusion meiner Straße. Dass ich nicht allein bin. Lasst mich doch bitte in der Fuck Fantasie meiner Anonymität.

Es wird kälter.

Na ja, da drüben rauscht die Autobahn. Das wär doch eine Option. Ich muss nur kurz über‘ s Feld und dann kommt schon der Zubringer. So wird es sein, es ist beschlossene Sache. Vielleicht kann ich ja dort meine Ruhe finden.

"... stranger that I am ... in my own land"
 
F

floppy

Gast
Tolle Geschichte Aligator, ein interessanter road-trip.

ich kann mich sehr mit ihr identifizieren weil ich gern lange spaziere um den Menschen zu entkommen, der Weg ist auch das Ziel, das heißt jeder Schritt macht mich erschöpfter, lässt dunkle Gedanken verschwinden, irgendwann bin ich nur noch einer der geht, meine Laune wird auch besser und die Menschen reagieren dadurch auf dem Weg freundlicher bzw. kann ich diese Freundlichkeit dann erst sehen weil mein Geist freier ist.

Ich finde nicht dass der Protagonist ein Egoist ist, nicht per se. Das bin ich auch nicht, ich will einfach meine Ruhe. Wenn in diese Stille dann ein dämliches Auto einbricht was stinkt ist das nunmal nervig.

thx and good-bye

floppy
 
F

floppy

Gast
ich denk ich hab erst die geschichte falsch verstanden.
der protagonist will einerseits ruhe, andererseits scheint er Bock zu haben von einem Auto angefahren zu werden. wenn er wirklich ruhe will, wieso geht er dann zur autobahn? will er endliche ruhe durch den Tod?

@steky

"Ich persönlich finde ich es nicht Ordnung, traurige Menschen als Trotz- bzw. Dummköpfe darzustellen, nur weil sie nicht konform mit der Gesellschaft gehen, oder wenn man ihnen sagt, was sie brauchen, und was sie nicht brauchen. Das wissen diese Menschen selbst. Diesen Unterton nehme ich in deiner Geschichte ganz leicht wahr; vielleicht täusche ich mich."

Ich versteh diese moralisierende Haltung von dir nicht. Du kamst mir immer vor wie einer der dadrüber steht und die Dinge lässt wie sie sind.

tschüssi --> floppy <--
 
S

steky

Gast
ich denk ich hab erst die geschichte falsch verstanden.
der protagonist will einerseits ruhe, andererseits scheint er Bock zu haben von einem Auto angefahren zu werden. wenn er wirklich ruhe will, wieso geht er dann zur autobahn? will er endliche ruhe durch den Tod?
Er sehnt sich nach Gesellschaft, kann sich das in seiner Traurigkeit aber nicht eingestehen. Darum geht´s hier.

Gibt solche und solche.

Ich versteh diese moralisierende Haltung von dir nicht. Du kamst mir immer vor wie einer der dadrüber steht und die Dinge lässt wie sie sind.
Über was denn drüber stehen? Dass es Leute gibt, die sich über andere erheben, die in Wahrheit die Sieger sind?

Mir gefällt der neue Text besser!

LG
Steky
 
F

floppy

Gast
"Ich versteh diese moralisierende Haltung von dir nicht. Du kamst mir immer vor wie einer der dadrüber steht und die Dinge lässt wie sie sind."

@steky

das ist literatur, keine 10 gebote. literatur darf alles. der mensch kann nicht alles.

"Er sehnt sich nach Gesellschaft, kann sich das in seiner Traurigkeit aber nicht eingestehen. Darum geht´s hier."

ja stimmt.
 
S

steky

Gast
das ist literatur, keine 10 gebote. literatur darf alles. der mensch kann nicht alles.
Das war meine persönliche Meinung, keine Kritik am Text, floppy ;)

Noch etwas zum Text:

Mir gefällt der erste Satz unheimlich gut. Ich denke, dass eben darin der Sinn des Lebens besteht:

Ständiges Marschieren. Weiterentwicklung geistiger - und somit: menschlicher - Fähigkeiten. Verwandlung.

Anzukommen - das machte mir viel, viel mehr Angst ...

LG
Steky
 

Wipfel

Mitglied
Servus steky,

der Sinn des (deines?) Lebens soll darin bestehen, auf einer Bundesstraße entlang zu laufen?
Seit einer ganzen Weile gehe ich die Bundesstraße entlang
Dir gefällt er, dieser Satz. Mir auch. Nur Lebenssinn entziehe ich ihm nicht. Kann es nicht. Aus einem Apfel schon. Oder aus einer Wolke.

Jedoch so verschieden ist diese Welt und sind deren Menschen... Gut so.

Grüße von wipfel
 
F

floppy

Gast
Ankommen ist sehr wichtig um das Gelernte zu verinnerlichen, danach kann es weiter gehen, auch eventuell zurück. Manchmal gehen die Menschen ja 2 Schritte vorwärts und 3 zurück.

Bei mir war es so dass ich mich um meine Entwicklung gekümmert hab, das Ankommen kam dann von alleine, jetzt gehts wieder weiter.

Du meinst sicher den Stillstand Steky mit Ankommen, das ist wirklich das Schlimmste. Wie Grönemeyer schon sang "Stillstand ist der Tod".
 

Aligator

Mitglied
Hi Floppy!

Vielen Dank für deinen Kommentar. Schön dass du dich in der Geschichte wiederfinden könntest.
Ich habe dir gerade schon mal geschrieben und dann war alles weg. Einfach so. Wasn scheiss.:)
Also nochmal. Ich denke nicht, dass der Prot seinen Tod sucht. Zumindest scheut er keinen Ärger, was bei einem besinnlichen Spaziergang auf dem Seitenstreifen nun mal nicht ausgeschlossen ist. Er geht auch nicht spazieren. Was er da tut macht eigentlich keinen Sinn. Er hat kein Ziel. Wie wenn man vor einem Leben ohne Sinn und Ziel davonlaufen wollte. Das Paradoxe ist, dass es in einem anderen Kontext durchaus Sinn macht. Aber vielleicht versteht er es erst bei Kilometer 90.
Ich habe versucht beim Leser Bilder zu erzeugen. Die wird jeder anders wahrnehmen und interpretieren. Das finde ich spannend.

Liebe Grüße,
Aligator
 

Aligator

Mitglied
Hi Steky!

Ich finds voll geil, wenn du das alles aus dem Satz liest. Großartig, wenn dich mein Geschreibsel nachdenklich gemacht hat. Und noch mal voll gut, dass du es mit uns teilst.
Die Absicht macht die Tat.

Liebe Grüße,
Aligator
 



 
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