Erhebt Euch, Segel (2 Varianten)

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HerbertH

Mitglied
Variante 1:

Erhebt Euch, Segel

Erhebt Euch, Segel
Fangt ihn, den Wind
den Traum der Sonne,
der über Euch lacht
und mit den Wolkenkatzen
spielt.

Umzirzt ihn, den Halben,
halb Gott, halb Stärke,
halb strahlender Fakt,
mit der Weiße
Eures Linnens.

Umschmiegt sein Schlagen,
sein Heulen in den Wanten
Eurer Erinnerung.

So wie ich es Euch lehrte.


Variante 2:

Erhebt Euch, Ihr Segel

Erhebt Euch, Ihr Segel,
und fangt ihn, den Wind,
den Traum unsrer Sonne,
der über Euch lacht.

Umzirzt ihn, den Halben,
halb Gott und halb Stärke,
halb strahlender Fakt,
im Weiß Eures Bauches.

Umgarnt und verlockt den
mal Steten, mal Losen,
mit Zittern und Flattern
im Flug Eurer Bändsel.

Umschmiegt ihn, sein Schlagen,
sein Heulen in Stagen,
laut Eurer Erinn'rung.
Wie ich es Euch lehrte.
Ich kann mich nicht entscheiden, welche Version besser ist.
Welche gefällt Euch besser und warum?
 
I

Ivor Joseph

Gast
Hallo Herbert.
Die erste Version gefällt mir besser, weil sie unaufdringlicher ist und sich daher nicht schon beim zweiten Lesen abnutzt.

An der ersten Strophe habe ich nichts auszusetzen - sehr schön.
----------------------------------------

Die zweite Strophe erscheint mir vom Sinn her nicht ganz kohärent.

1. >> Halb Gott, halb Stärke
[ 4]sind keine Gegensätze, eher das Gleiche, wenn nicht gar das Selbe.
2. und dann noch eine dritte Hälfte.
[ 4]»Fakt« ist auch irgendwie unlyrisch.

Mir schwebte etwas vor wie:
Umzirzt ihn, den Halbgott der Stärke, mit euerem strahlend weißen Linnen, fangt ihn ein...
----------------------------------------

Die dritte Strophe gefällt mir wieder sehr gut.
----------------------------------------

Liebe Grüße, Ivor
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Ivor,

vielen Dank für den gedankenreichen Kommentar. Die Sache mit dem Halben Wind, und dem dreifachen

halb Gott, halb Stärke,
halb strahlender Fakt
scheint mir aus folgenden Gründen wichtig: Halber Wind ist Seglersprache. Die dreifache Halbheit ist ein Stilmittel, um die Gegensätze der Rollen des Windes deutlich zu machen und zu betonen: Einerseits (Halb-)Gott und damit zwischen dem Irdischen und dem Menschlichen angesiedelt, aber auch Halbstarker Flegel, der lustig mit dem Meer und den Segeln spielt und doch auch eine Naturgewalt, ein Faktum, das uns anstrahlt und begeistert.

Ich würde in diesem Punkte gerne bei meiner 2. Strophe bleiben.

Deine Einschätzung der beiden Varianten kann ich gut nachvollziehen. Was mich schwanken ließ, ist die aufgrund eines durchgehenden Metrums flüssigere Lesbarkeit von Variante 2.

Vielen Dank nochmals fürs Lesen und Kommentieren.

LG

Herbert
 

Mandelbaum

Mitglied
Hallo Herbert,
mir gefällt auch die erste Variante besser, weil sie bescheidener daher kommt. Das Spiel des Windes mit den Wolkenkatzen vermisse ich in Variante zwei.
Obwohl Variante eins kürzer ist, entstehen schönere Bilder, in denen ich mich freier bewegen kann.
Liebe Grüße,
Mandelbaum
 
I

Ivor Joseph

Gast
Aha, dann ist das in Ordnung.

Bin nur an der Donau geboren. Bei stillen Seitenarmen, auffliegenden Fassanen und in den Fluss herabhängenden Zweigen komme ich noch mit, aber Seglerausdrücke aus dem Norden nötigen mich oft zum Griff nach dem Wörterbuch.Kartoffeln...

So auch die "Wanten" hier.

Fisch mag ich sehr gerne, aber dieser kalte Hering mit den warmen

Liebe Grüße (-: Ivor
 
I

Ivor Joseph

Gast
... sorry ein Druckfehler. Es muss heißen:

Fisch mag ich sehr gerne, aber dieser kalte Hering mit den warmen Kartoffeln...
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Mandelbaum,

je länger ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich genau festmachen, wieso die 2. Variante aufdringlicher/unbescheidener
wirkt.

Witzig finde ich, dass ich die 1. Variante mehr oder weniger "herunterschrieb" und dann die 2. durch relativ viel Feilen entstand, vor allem, um das Lesen flüssiger werden zu lassen. Aber durch das Feilen ist wohl auch das Bild der Wolkenkatzen weggefallen, was durch die Bändsel nicht so richtig ersetzt werden konnte, vielleicht, weil jeder schon einmal Wolken am Himmel fantasievoll gedeutet, aber nur wenige soviel gesegelt sind, dass ihnen die Bedeutung der Bändsel für die Einschätzung des Wechselspiels zwischen Segeln und Wind etwas sagt.

Ich habe das Gefühl, dass ich hier noch viel über Lyrik lernen kann durch den Vergleich der Varianten.

Danke für Deine Einschätzung und den Kommentar.

LG

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Oliver,

kannst Du mir vielleicht weiterhelfen und eingrenzen, was genau pompös wirkt?

Vielen Dank im Voraus und natürlich auch fürs Lesen und den Kommentar.

LG

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Ivor,

da ich inzwischen auch an der Donau lebe, weiß ich, dass hier der Wind nur selten mit den Segeln spielt und Wanten Mangelware sind ;)

Trotzdem guten Appetit mit den Donaufischen :D

Danke nochmal und liebe Grüße

Herbert
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo herbert,

mir gefällt vor allem vom klangbild
die zweite version besser.

sie hat etwas von einem shanty
könnte mir dies gedicht gut gesungen
vorstellen


fohes neues jahr
ralf
 

revilo

Mitglied
Ich meine damit die dritte Strophe. Wenn Du die erste Variante gelesen hast, erscheint sie doppelt gemoppelt. Die erste Version ist schlank, mager,aber durchaus prägnant. Die zweite Version hat deswegen Übergewicht! Deine Idee, 2 Gedichte einzustellen, finde ich klasse! LG revilo
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Ralf,

wenn man sie singen kann, hat sie wohl auch Fluss und Rhythmus.
Nachdem ich fast schon überzeugt wurde, dass die erste Variante besser ist, hast Du mich in meiner Unsicherheit wieder bestärkt, weil die zweite Variante auch ihre Meriten hat.

Danke fürs Lesen und den Kommentar :)

LG

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Oliver,

nun verstehe ich etwas besser, warum Du die erste Variante besser findest.

Umgarnt und verlockt den
mal Steten, mal Losen,
mit Zittern und Flattern
im Flug Eurer Bändsel.
ist die dritte Strophe, die etwas doppelt gemoppelt wirkt, wenn ich Dich richtig verstehe.

Du hast recht, es ist eine ähnliche Idee wie in der zweiten und der letzten Strophe der zweiten Variante. Ich hatte das eigentlich als Steigerung des Spiels der Segel mit dem Wind gedacht. Aber der Neuigkeitswert dieser Strophe ist möglicherweise nicht hoch genug. Wenn man diesen Dreiklang "umzirzen - umgarnen - umschmiegen" haben wollte, müßte man also die dritte Strophe interessanter machen... richtig? Da muss ich mal drüber nachdenken.

Die Idee mit den beiden Varianten gefällt mir auch, der Leser hat wie der Autor mehr Material zu überdenken ...

Danke noch mal

LG

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Neue Variante:

Erhebt Euch, Segel,
und fangt den Wind,
den Traum der Sonne,
der über Euch lacht.

Der mit den Wolkenkatzen spielt.

Umzirzt den Halben
Wind, halb zwischen
Bug und Heck,
mit der Weiße
Eures Linnens.

Bis er mit Euren Litzen spielt.

Umschmiegt seine Böen,
bis er heult,
in den Wanten
Eurer Erinnerung.

Weil ich es Euch lehrte.

Variante 1:

Erhebt Euch, Segel

Erhebt Euch, Segel
Fangt ihn, den Wind
den Traum der Sonne,
der über Euch lacht
und mit den Wolkenkatzen
spielt.

Umzirzt ihn, den Halben,
halb Gott, halb Stärke,
halb strahlender Fakt,
mit der Weiße
Eures Linnens.

Umschmiegt sein Schlagen,
sein Heulen in den Wanten
Eurer Erinnerung.

So wie ich es Euch lehrte.


Variante 2:

Erhebt Euch, Ihr Segel

Erhebt Euch, Ihr Segel,
und fangt ihn, den Wind,
den Traum unsrer Sonne,
der über Euch lacht.

Umzirzt ihn, den Halben,
halb Gott und halb Stärke,
halb strahlender Fakt,
im Weiß Eures Bauches.

Umgarnt und verlockt den
mal Steten, mal Losen,
mit Zittern und Flattern
im Flug Eurer Bändsel.

Umschmiegt ihn, sein Schlagen,
sein Heulen in Stagen,
laut Eurer Erinn'rung.
Wie ich es Euch lehrte.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hm, ich find alle drei Versionen noch nicht ganz rund... so wie - weißte ja,mag ich gar nicht ;) und auch nicht zuviele Wiederholungen - in jeder Variante aber auch schöne Anteile, die woanders fehlen... mal ein Vorschlag:


Erhebt Euch, Segel

Erhebt Euch, Segel
Fangt ihn, den Wind
den Traum der Sonne,
der über Euch lacht

Umgarnt ihn, den Halben
den Wolkenkatzen-Spieler

sein Heulen und Schlagen
zwischen Bug und Heck
rüttelnd an den Wanten
der Erinnerung

holt es ein

mit weißen Linnen.


>> was meinste?

LG, Rhea
 

HerbertH

Mitglied
Neue Variante 1:

Erhebt Euch, Segel,
und fangt den Wind,
den Traum der Sonne,
der über Euch lacht.

Der mit den Wolkenkatzen spielt.

Umzirzt den Halben
Wind, halb zwischen
Bug und Heck,
mit der Weiße
Eures Linnens.

Bis er mit Euren Litzen spielt.

Umschmiegt seine Böen,
bis er heult,
in den Wanten
Eurer Erinnerung.

Weil ich es Euch lehrte.
Neue Variante 2:

Erhebt Euch Segel
Fangt sie die Böe
Den Traum der Sonne
Die über Euch lacht

Umgarnt den Wind
Den Halben
Den Wolkenkatzen-Spieler

Sein Heulen und Schlagen
Zwischen Bug und Heck
Rüttelt an den Wanten
Der Erinnerung

Holt sie ein
Mit weißen Linnen.
 



 
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