Fremdwort Mitleid

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Riecke

Mitglied
Fremdwort Mitleid
An wen erinnert mich diese Frau?’, dachte Elvira. Sie kannte die Frau, die ihr in der Straßenbahn schräg gegenüber saß, nicht. Sie war ihr fremd, aber diese Person hatte mit irgendjemand Ähnlichkeit. War es der Ausdruck in Ihrem Gesicht oder die Haltung der Frau.
Sie hatte ein ernstes, interessantes Gesicht und müde, sehr müde Augen. ‚Der Mantel ist ein wenig zu warm für diese Jahreszeit’, dachte Elvira. Aber vielleicht hat sie nur den einen. Die Frau hatte ein kleines Mädchen dabei, um das sie schüt­zend ihren Arm gelegt hatte. Das kleine Mädchen schaute sehr traurig. Elvira erhaschte einen Blick des Mädchens und lächelte das Kind an. Aber es kam kein Lächeln zurück. ‚Kinder sollten nicht so traurige Augen haben!’, grübelte Elvira. Auch der leere Blick aus den Augen dieses Kindes, erinnerte sie an jemand. Die Frau hielt in der Hand einen Zettel, auf dem sie immer dann, wenn der Bus hielt, schaute. Sie zeigte den Zettel einem Mann der neben ihr saß, aber der reagierte auf ihre Frage nicht. Er stand sogar auf und setzte sich auf einen anderen Platz. Elvira sah die Panik in den Augen der Frau und ihre Hilflosigkeit. Plötzlich wusste sie, an was und an wen sie die Frau mit diesem Kind erinnerte.
Genau so erging es ihr, als sie vor vielen, vielen Jahren in diese fremde Stadt kam. Allein, mit ihrem Sohn und zwei Töchtern kam sie nur mit dem, was sie auf der Flucht vor Krieg und Terror und Hunger, mitnehmen konnte und das war nicht viel. Sie kamen fast um dieselbe Jahreszeit, im Frühjahr, hier in dieser Stadt an. Und sie erinnerte sich daran, dass auch ihr Mantel, der einzige, den sie besaß, zu warm war.
Die fremde Frau erhob sich, nahm das Kind an die Hand und wollte aussteigen. Sie schaute immer wieder auf den Zettel. Elvira dachte: ‚Die kennt sich in dieser Stadt nicht aus. Genau wie ich damals, aber ich konnte die Sprache wenigstens verstehen.’ Wie schlimm muss das für diese Frau und dieses Kind sein. In dieser fremden Stadt, in der sie sich nicht auskennt und sie niemand versteht oder auch nicht verstehen will und man ihr feindlich und unfreundlich gegenüber tritt. Sie konnte die Frau gut ver­ste­hen, denn sie waren damals auch nicht beliebt, sie waren Flüchtlinge. Und die Leute meinten, wir seien Schmarotzer. ‚Und wir würden ihnen das bisschen, was sie noch haben, auch noch wegnehmen.’
„Wir haben selber nicht genug Wohnungen und da kommen die Ostpreußen oder Polacken auch noch hierher. Hätten auch in ihrer Heimat bleiben können!“, schimpften die Leute. ‚Konnten wir aber nicht!’, dachte Elvira, wenn sie mit ihren drei Kindern in ihrer Heimat geblieben wäre, wären sie verhungert oder von den Bomben getötet worden. Ihr Mann war vor dem Krieg bei der Bahn und sie versorgte die Kinder. Sie waren nicht reich, aber hatten ihr Auskommen und sie waren glücklich in dem kleinen Dorf. Sie hatte keine Eltern mehr, die waren früh gestorben. Die kleine Wohnung in dem Haus der Schwiegereltern war warm und gemütlich. Als ihr Mann als vermisst gemeldet wurde, bekam sie auch lange kaum Geld. Manchmal bekam sie Arbeit auf einem Bauernhof, dafür bekam sie ein paar Lebensmittel. Aber die Bauern sagten eines Tages, dass sie nicht mehr bei ihnen arbeiten könne weil sie alles abgeben müssten. Also, machte sie sich schweren Herzens auf den Weg nach Westen. Es fielen schon Bomben in der Nähe des Dorfes. Die Eltern ihres Mannes wollten ihre Heimat nicht verlassen. Sie waren zu alt und zu schwach für die Flucht. Elvira erfuhr später, dass ihre Schwiegereltern im Bombenhagel ums Leben gekommen waren.
Diese Frau mit ihrem Kind hat bestimmt auch nicht freiwillig ihre Heimat verlassen. Sie muss auch ein schweres Schicksal gehabt haben. Man geht nicht aus seinem Heimatland weg, wenn man keinen Grund dazu hat. Ihre Schulfreundin Lisbeth, die damals auch hier in diese Stadt geflüchtet ist, hat vergessen wie es ihr mal ging, wenn sie immer sagt: „Was wollen die Fremden hier alle? Die sollen da bleiben wo sie hergekommen sind.“ ‚Wenn sie dageblieben wäre, wo sie herkommt, wäre sie vielleicht nicht mehr am Leben’, dachte Elvira. Aber Lisbeth hatte auch kein Mitleid mit diesen armen Kindern und das konnte Elvira nun gar nicht verstehen. Wenn man in diese traurigen, stummen Augen dieses Mädchens schaute, dann ahnte man, was diese Augen schon alles gesehen hatten. Und wie lange wird es dauern, bis in diese Augen wieder ein Lächeln kommt. Bei ihrem Sohn hatte es lange gedauert, bis er sein Lächeln und sein Lachen wieder fand. Aber er war nie wieder so fröhlich, wie vor der Zeit, als er die schrecklichen Dinge auf Flucht gesehen und erlebt hat.
Und dieses kleine Kind mit seinen großen,braunen traurigen Augen schaute nun hilflos zu Elvira, als die Tür der Straßenbahn aufging. Obwohl Elvira noch nicht an ihrem Ziel war, stieg sie mit der Frau und dem Kind aus. Sie fragte die Frau: „Kann ich Ihnen helfen?“ Die Frau verstand sie nicht, Aber sie merkte, dass Elvira freundlich zu ihr war. Sie reichte Elvira den Zettel, auf dem stand: „Ausländerbehörde Meldeamt um 11 Uhr Zimmer 117.
Die Frau war schon zu weit gefahren und das versuchte sie, der Fremden zu erklären. Aber das hatte keinen Sinn. Die Frau verstand nicht, was Elvira ihr sagte. Sie nahm die beiden an der Hand und ging mit ihnen über die Straße und stieg mit ihnen in die richtige Straßenbahn.
Es war schon 12 Uhr und um diese Zeit wollte schon bei ihrer Freundin Lisbeth sein, die hatte sie zum Mittagessen eingeladen. ‚Das wird sie nicht verstehen, dass ich wegen diesen beiden zu spät zum Essen komme. Aber das ist mir egal, das geht jetzt vor.’
Das kleine Mädchen setzte sich neben Elvira und sie ließ ihre Hand nicht los. Mit der anderen Hand klopfte Elvira auf ihre Brust und sagte mehrmals; „Ich bin Elvira, Deutschland, Bremerhaven!“ Dann zeigte sie auf die Frau, und fragte: „Und du?“ Die Frau verstand endlich die Frage, sie zeigte auf sich und sagte: „Ich Albulena, Kosovo, Prishtina.“ Dann zeigte sie auf ihr Kind und sagte: „Fikneta“
Das Stadthaus war nicht weit von der Haltestelle entfernt. Elvira brachte die beiden bis zum Zimmer 117, und klopfte, an die Tür auf der „Aufenthaltsgenehmigungen und Verlängerungen“ stand. Eine unfreundliche Frau öffnete die Tür, schaute genervt auf die Uhr. Elvira wollte der Frau erklären warum die beiden zu spät kommen. Aber die Frau ließ sie gar nicht aussprechen. Sie schloss einfach die Tür.
Elvira überkam ein seltsames Gefühl, das sie damals, als sie sich hier in dieser Stadt anmeldete, auch hatte, ein Gefühl der Hilflosigkeit, und des Ausgeliefert seins.
Sie ging wie benommen aus der Behörde zur Straßenbahn-Haltestelle zurück. Sie wurde den hilflosen und traurigen Blick des Kindes und dieser Frau nicht los. Eigentlich hatte sie keine Lust mehr zu ihrer Freundin zum Essen zu gehen. Sie hatte keinen Hunger mehr und sie hatte keine Lust sich schon wieder mit Liesbeth auseinander setzen zu müssen. Sie hätte nicht verstanden, was in ihr vorging, denn Mitleid war ihr fremd. Vielleicht lag es daran, dass sie in dieser Stadt einen anderen Start hatte als Elvira. Liesbeth kam mit Ihren Eltern in einem großen Fuhrwerk und mit Geld und Gold hier an. Sie hatten in der alten Heimat einen großen Hof.
Sie bekamen gleich Entschädigung, Lastenausgleich für das Haus, das sie zurückgelassen hatten und das sie und Liesbeth vor Kurzem erst besuchten. Als sie mit dem Bus in ihrem Dorf ankamen, erkannten sie alles wieder, es hatte sich nicht viel nach all den Jahren verändert. Hier war mal lange Zeit ihr Zuhause, ihre Heimat, aber jetzt waren sie hier fremd, Fremde. Auch das Haus der Schwiegereltern stand noch. Das Haus gehörte jetzt netten Leuten mit fünf Kindern. Elvira kamen die Räume in diesem so klein vor, sie hatte die größer in Erinnerung. Liesbeth, war erstaunt, dass sich der Hof ihrer Eltern kaum verändert hatte. „Eigentlich gehört der Hof ja mir!“, meinte sie.
„Nein!“, widersprach Elvira, „der gehört jetzt diesen Menschen, du hast doch ein schönes Zuhause. Willst du diesen Menschen ihr Zuhause stehlen?“ ‚Es gibt Menschen, die können nicht genug bekommen!’, dachte Elvira. und dazugehörte auch Liesbeth
Es gibt so viele Menschen die haben nichts, sind einsam und hilflos so wie diese Frau mit dem Kind. Ich hätte auf sie warten sollen, grübelte Elvira, und sie fragen können, wo sie wohnt, vielleicht hätte ich ihr helfen können, sich besser in dieser fremden Stadt zurechtzufinden.
Sie lief zum Stadthaus zurück. Atemlos klopfte sie an die Tür. Die unfreundliche Frau öffnete die Tür und fragte barsch: „Was wollen sie?“
Elvira fragte nach der Frau mit dem Kind, ob sie ihr sagen könne wo sie wohnt. „Das kann ich Ihnen nicht sagen wegen des Datenschutzes. Was wollen sie den von der Frau?“
„Ich will ihr helfen!“ Die Frau schaute sie an, als käme Elvira vom Mond.
„Helfen warum? Wozu? Der können sie nicht mehr helfen, die muss in ihr Land zurück.“
Das kann nicht sein,Elvira war entsetzt man konnte doch diese Frau und dieses Kind nicht wieder in das zerstörte Land zurück schicken.
Sie lief zur Straßenbahn zurück in der Hoffnung die beiden zu finden Aber sie konnte sie nicht finden.
 

Riecke

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Fremdwort Mitleid
An wen erinnert mich diese Frau?’, dachte Elvira. Sie kannte die Frau, die ihr in der Straßenbahn schräg gegenüber saß, nicht. Sie war ihr fremd, aber diese Person hatte mit irgendjemand Ähnlichkeit. War es der Ausdruck in Ihrem Gesicht oder die Haltung der Frau.
Sie hatte ein ernstes, interessantes Gesicht und müde, sehr müde Augen. ‚Der Mantel ist ein wenig zu warm für diese Jahreszeit’, dachte Elvira. Aber vielleicht hat sie nur den einen. Die Frau hatte ein kleines Mädchen dabei, um das sie schüt­zend ihren Arm gelegt hatte. Das kleine Mädchen schaute sehr traurig. Elvira erhaschte einen Blick des Mädchens und lächelte das Kind an. Aber es kam kein Lächeln zurück. ‚Kinder sollten nicht so traurige Augen haben!’, grübelte Elvira. Auch der leere Blick aus den Augen dieses Kindes, erinnerte sie an jemand. Die Frau hielt in der Hand einen Zettel, auf dem sie immer dann, wenn der Bus hielt, schaute. Sie zeigte den Zettel einem Mann der neben ihr saß, aber der reagierte auf ihre Frage nicht. Er stand sogar auf und setzte sich auf einen anderen Platz. Elvira sah die Panik in den Augen der Frau und ihre Hilflosigkeit. Plötzlich wusste sie, an was und an wen sie die Frau mit diesem Kind erinnerte.
Genau so erging es ihr, als sie vor vielen, vielen Jahren in diese fremde Stadt kam. Allein, mit ihrem Sohn und zwei Töchtern kam sie nur mit dem, was sie auf der Flucht vor Krieg und Terror und Hunger, mitnehmen konnte und das war nicht viel. Sie kamen fast um dieselbe Jahreszeit, im Frühjahr, hier in dieser Stadt an. Und sie erinnerte sich daran, dass auch ihr Mantel, der einzige, den sie besaß, zu warm war.
Die fremde Frau erhob sich, nahm das Kind an die Hand und wollte aussteigen. Sie schaute immer wieder auf den Zettel. Elvira dachte: ‚Die kennt sich in dieser Stadt nicht aus. Genau wie ich damals, aber ich konnte die Sprache wenigstens verstehen.’ Wie schlimm muss das für diese Frau und dieses Kind sein. In dieser fremden Stadt, in der sie sich nicht auskennt und sie niemand versteht oder auch nicht verstehen will und man ihr feindlich und unfreundlich gegenüber tritt. Sie konnte die Frau gut ver­ste­hen, denn sie waren damals auch nicht beliebt, sie waren Flüchtlinge. Und die Leute meinten, wir seien Schmarotzer. ‚Und wir würden ihnen das bisschen, was sie noch haben, auch noch wegnehmen.’
„Wir haben selber nicht genug Wohnungen und da kommen die Ostpreußen oder Polacken auch noch hierher. Hätten auch in ihrer Heimat bleiben können!“, schimpften die Leute. ‚Konnten wir aber nicht!’, dachte Elvira, wenn sie mit ihren drei Kindern in ihrer Heimat geblieben wäre, wären sie verhungert oder von den Bomben getötet worden. Ihr Mann war vor dem Krieg bei der Bahn und sie versorgte die Kinder. Sie waren nicht reich, aber hatten ihr Auskommen und sie waren glücklich in dem kleinen Dorf. Sie hatte keine Eltern mehr, die waren früh gestorben. Die kleine Wohnung in dem Haus der Schwiegereltern war warm und gemütlich. Als ihr Mann als vermisst gemeldet wurde, bekam sie auch lange kaum Geld. Manchmal bekam sie Arbeit auf einem Bauernhof, dafür bekam sie ein paar Lebensmittel. Aber die Bauern sagten eines Tages, dass sie nicht mehr bei ihnen arbeiten könne weil sie alles abgeben müssten. Also, machte sie sich schweren Herzens auf den Weg nach Westen. Es fielen schon Bomben in der Nähe des Dorfes. Die Eltern ihres Mannes wollten ihre Heimat nicht verlassen. Sie waren zu alt und zu schwach für die Flucht. Elvira erfuhr später, dass ihre Schwiegereltern im Bombenhagel ums Leben gekommen waren.
Diese Frau mit ihrem Kind hat bestimmt auch nicht freiwillig ihre Heimat verlassen. Sie muss auch ein schweres Schicksal gehabt haben. Man geht nicht aus seinem Heimatland weg, wenn man keinen Grund dazu hat. Ihre Schulfreundin Lisbeth, die damals auch hier in diese Stadt geflüchtet ist, hat vergessen wie es ihr mal ging, wenn sie immer sagt: „Was wollen die Fremden hier alle? Die sollen da bleiben wo sie hergekommen sind.“ ‚Wenn sie dageblieben wäre, wo sie herkommt, wäre sie vielleicht nicht mehr am Leben’, dachte Elvira. Aber Lisbeth hatte auch kein Mitleid mit diesen armen Kindern und das konnte Elvira nun gar nicht verstehen. Wenn man in diese traurigen, stummen Augen dieses Mädchens schaute, dann ahnte man, was diese Augen schon alles gesehen hatten. Und wie lange wird es dauern, bis in diese Augen wieder ein Lächeln kommt. Bei ihrem Sohn hatte es lange gedauert, bis er sein Lächeln und sein Lachen wieder fand. Aber er war nie wieder so fröhlich, wie vor der Zeit, als er die schrecklichen Dinge auf Flucht gesehen und erlebt hat.
Und dieses kleine Kind mit seinen großen,braunen traurigen Augen schaute nun hilflos zu Elvira, als die Tür der Straßenbahn aufging. Obwohl Elvira noch nicht an ihrem Ziel war, stieg sie mit der Frau und dem Kind aus. Sie fragte die Frau: „Kann ich Ihnen helfen?“ Die Frau verstand sie nicht, Aber sie merkte, dass Elvira freundlich zu ihr war. Sie reichte Elvira den Zettel, auf dem stand: „Ausländerbehörde Meldeamt um 11 Uhr Zimmer 117.
Die Frau war schon zu weit gefahren und das versuchte sie, der Fremden zu erklären. Aber das hatte keinen Sinn. Die Frau verstand nicht, was Elvira ihr sagte. Sie nahm die beiden an der Hand und ging mit ihnen über die Straße und stieg mit ihnen in die richtige Straßenbahn.
Es war schon 12 Uhr und um diese Zeit wollte schon bei ihrer Freundin Lisbeth sein, die hatte sie zum Mittagessen eingeladen. ‚Das wird sie nicht verstehen, dass ich wegen diesen beiden zu spät zum Essen komme. Aber das ist mir egal, das geht jetzt vor.’
Das kleine Mädchen setzte sich neben Elvira und sie ließ ihre Hand nicht los. Mit der anderen Hand klopfte Elvira auf ihre Brust und sagte mehrmals; „Ich bin Elvira, Deutschland, Bremerhaven!“ Dann zeigte sie auf die Frau, und fragte: „Und du?“ Die Frau verstand endlich die Frage, sie zeigte auf sich und sagte: „Ich Albulena, Kosovo, Prishtina.“ Dann zeigte sie auf ihr Kind und sagte: „Fikneta“
Das Stadthaus war nicht weit von der Haltestelle entfernt. Elvira brachte die beiden bis zum Zimmer 117, und klopfte, an die Tür auf der „Aufenthaltsgenehmigungen und Verlängerungen“ stand. Eine unfreundliche Frau öffnete die Tür, schaute genervt auf die Uhr. Elvira wollte der Frau erklären warum die beiden zu spät kommen. Aber die Frau ließ sie gar nicht aussprechen. Sie schloss einfach die Tür.
Elvira überkam ein seltsames Gefühl, das sie damals, als sie sich hier in dieser Stadt anmeldete, auch hatte, ein Gefühl der Hilflosigkeit, und des Ausgeliefert seins.
Sie ging wie benommen aus der Behörde zur Straßenbahn-Haltestelle zurück. Sie wurde den hilflosen und traurigen Blick des Kindes und dieser Frau nicht los. Eigentlich hatte sie keine Lust mehr zu ihrer Freundin zum Essen zu gehen. Sie hatte keinen Hunger mehr und sie hatte keine Lust sich schon wieder mit Liesbeth auseinander setzen zu müssen. Sie hätte nicht verstanden, was in ihr vorging, denn Mitleid war ihr fremd. Vielleicht lag es daran, dass sie in dieser Stadt einen anderen Start hatte als Elvira. Liesbeth kam mit Ihren Eltern in einem großen Fuhrwerk und mit Geld und Gold hier an. Sie hatten in der alten Heimat einen großen Hof.
Sie bekamen gleich Entschädigung, Lastenausgleich für das Haus, das sie zurückgelassen hatten und das sie und Liesbeth vor Kurzem erst besuchten. Als sie mit dem Bus in ihrem Dorf ankamen, erkannten sie alles wieder, es hatte sich nicht viel nach all den Jahren verändert. Hier war mal lange Zeit ihr Zuhause, ihre Heimat, aber jetzt waren sie hier fremd, Fremde. Auch das Haus der Schwiegereltern stand noch. Das Haus gehörte jetzt netten Leuten mit fünf Kindern. Elvira kamen die Räume in diesem so klein vor, sie hatte die größer in Erinnerung. Liesbeth, war erstaunt, dass sich der Hof ihrer Eltern kaum verändert hatte. „Eigentlich gehört der Hof ja mir!“, meinte sie.
„Nein!“, widersprach Elvira, „der gehört jetzt diesen Menschen, du hast doch ein schönes Zuhause. Willst du diesen Menschen ihr Zuhause stehlen?“ ‚Es gibt Menschen, die können nicht genug bekommen!’, dachte Elvira. und dazugehörte auch Liesbeth
Es gibt so viele Menschen die haben nichts, sind einsam und hilflos so wie diese Frau mit dem Kind. Ich hätte auf sie warten sollen, grübelte Elvira, und sie fragen können, wo sie wohnt, vielleicht hätte ich ihr helfen können, sich besser in dieser fremden Stadt zurechtzufinden.
Sie lief zum Stadthaus zurück. Atemlos klopfte sie an die Tür. Die unfreundliche Frau öffnete die Tür und fragte barsch: „Was wollen sie?“
Elvira fragte nach der Frau mit dem Kind, ob sie ihr sagen könne wo sie wohnt. „Das kann ich Ihnen nicht sagen wegen des Datenschutzes. Was wollen sie den von der Frau?“
„Ich will ihr helfen!“ Die Frau schaute sie an, als käme Elvira vom Mond.
„Helfen warum? Wozu? Der können sie nicht mehr helfen, die muss in ihr Land zurück.“
Das kann nicht sein,Elvira war entsetzt man konnte doch diese Frau und dieses Kind nicht wieder in das zerstörte Land zurück schicken.
Sie lief zur Straßenbahn zurück in der Hoffnung die beiden zu finden Aber sie konnte sie nicht finden.
 



 
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