GORGO 2000 (gelöscht)

Hi Markus,

die griechische Mythologie ist ein irrer Fundus, und ich hab selbst schon dran gedacht, mich für Horrorgeschichten in ihm zu bedienen. Trotzdem zündet deine Geschichte diesmal bei mir nicht. Erstmal kam mir der Gedanke, dass die Gorgonenschwestern keinen Bruder haben können, der die gleichen Fähigkeiten hat. War es nicht so, dass die Gorgonen wegen ihrer weiblichen Schönheit von Zeus in so abstoßende Wesen verwandelt wurden - damit nie wieder ein Mann diese Schönheit würde betrachten können? Ihre Eitelkeit spielte da, glaube ich, eine große Rolle. Jedenfalls war ihre Hässlichkeit nicht erblich, sondern eine Strafe, die sich auf ihre Weiblichkeit bezog.

Aber das ist nicht der Grund, warum die Geschichte irgendwie im Sand verläuft. Ich glaube, dass du es der Protagonistin zu leicht machst. Der Gorgone darf doch nicht durch einen Spiegel zu Stein verwandelt werden! Genau das hat doch Perseus schon gemacht. Wenn, dann müßte es etwas neues sein, mit dem du den Mythos um eine weitere Nuance erweiterst. So wird es nur zu einem Abklatsch.

Vermutlich liegt das daran, dass die Figur des Chinesen zu schwach gezeichnet ist. Seine Beweggründe, seinen Herren anzugreifen, erscheinen mir nicht zwingend genug. Wahrscheinlich steht und fällt mit ihm die Geschichte. Aus der Beziehung zwischen ihm und dem Gorgonen muss sich der Grund und die Art des Todes des Gorgonen ergeben.

Nur so ein Gedanke: Was wäre, wenn der Chinese selbst eine mythologische Gestalt wäre, die seit Urzeiten in den Gorgonen verliebt ist, ihn aber niemals anschauen darf, als eine Art Verweis auf Orpheus und Euridike, der seine Geliebte nur dann aus der Verdammnis holen wird, wenn er eben seine unsterbliche Liebe zu ihr überwindet, und sie nicht anschaut. Der Chinese wäre dann seit Jahrtausenden in eben diesem Zwiespalt gefangen und würde eine wunderbare, tragische Komponente erhalten.
Denn wäre es nicht unheimlich tragisch, wenn er seinen Geliebten zwar am Ende anschauen, aber eben nicht lieben könnte. Die ohnehin vorhandene Tragik würde sich so ins Unermessliche steigern.

Ach, ist das nicht romantisch?!! Auf jeden Fall wirst du dir etwas anderes für den Schluss einfallen lassen müssen.

Bin gespannt, ob dir etwas knackiges dazu einfällt.

Grüsse, Marcus
 

Markus Saxer

Mitglied
Hallo Marcus

Oh vielen Dank für diese sehr ausführliche Kritik und die Verbesserungsvorschläge zu meiner Story. Was Du über die Gorgonen schreibst stimmt natürlich, aber weißt Du, Marcus, erstens ist es ein Mythos, ich nehm da also nicht alles so wortwörtlich, was von dieser Sage überliefert wurde, und zweitens finde ich, darf man – gerade in einer Fantasy- oder Horror-Story – getrost die ‚Dinge etwas grosszügig’ auslegen. Dies ist dann vielleicht sogar die zusätzliche Nuance, die Du monierst.
Ich denke nicht, dass der Chinese zu schwach gezeichnet ist, ich finde, ich habe ihn vor allem zwielichtig gezeichnet, innerlich zerrissen, hin- und hergerissen zwischen sturer Auftragserfüllung und dem Aussteigenwollen, da „schon zuviel Blut vergossen“ wurde. Dein vorgeschlagener Twist, dass der Chinese selbst eine mythologische Gestalt sein könnte, gefällt mir. Das hat was. Aber vermutlich ist es einfach so, dass jeder Autor aus diesem Thema etwas anderes machen würde – und dies ist nun eben meine Story, die ich daraus gestrickt habe. Den Schluss an und für sich finde ich schon knackig, dass nun nämlich Pythagon seinerseits zu einem Museums-Exponat wird ;-) Natürlich liebe auch ich Geschichten voller Tragik und – ja ich gebe es zu! – Romantik … Ich hab auch einiges in der Art geschrieben. - Wer weiss, vielleicht werde ich aus diesem Stoff noch mal etwas längeres machen, so eine Art Novelle, dann könnte ich alles noch ein bisschen ausbauen. Die Story wurde übrigens so in einem Horror-Heftroman abgedruckt, sie kann so schlecht also nicht sein, sonst wäre sie wohl nicht angenommen worden.
Folgendes hätte mich noch von Dir interessiert: Was sagst Du zum Schreibstil? Zu den Dialogen? Zur Spannung? Deine Aussage, dass die Geschichte bei Dir nicht zündet, impliziert irgendwie auch für mich, dass Du sie GENERELL nicht so gut findest, also eben auch vom Schreibstil, vom Spannungsaufbau her usw. Ist dem so?
Interessant ist, dass meine Storys oft sehr widersprüchliche Kritiken hervorrufen. Die einen finden sie gut, die anderen daneben *hüstel*. Aber damit muss man leben können. Es liegt auch gar nicht in meiner Absicht, ja es erscheint mir unmöglich, etwas zu verfassen, das jedem Leser mundet, dazu sind die Geschmäcker einfach viel zu verschieden.

Ich wünsche Dir eine gute Zeit und sage thanx again!

LG, Markus
 
Nee, da hast du schon vollkommen Recht,
eine Geschichte bleibt immer in der Hand des Autors- so oder so. Der Stil ist wie in der letzten Geschichte völlig in Ordnung, d.h. die Geschichte ließ sich gut und flüssig lesen.
Aber du kennst das sicher selbst - wenn man eine Geschichte liest, und sie einen unzufrieden zurück läßt, dann muss man sagen, hier ist der Autor nicht ans Limit gegangen, also dem bestmöglichen Ergebnis am nächsten gekommen.
Ich kenne das bei meinen Geschichten auch. Das perfekte Ergebnis ist unerreichbar und muss es auch bleiben. Aber wo, wenn nicht in solchen Foren oder Werkstätten hat man denn sonst die Möglichkeit mal über die Wenns einer Geschichte zu reden. Es gibt ja nicht nur gut oder schlecht, sondern eine Geschichte ist ein fragiles Konstrukt, das mehr als nur eine Sollbruchstelle hat.

Also, "OK" ist die Geschichte auf jeden Fall, aber das will doch keiner von uns hören. Darum geht es doch nicht, wenn man schreibt - ob Horrorgeschichte oder ein anderes Genre - es geht darum eine Handlung bis ins Mark auszuloten.

Wenn man das schafft, dann ist man der einen Geschichte, die sich dem Autor auf Teufel komm raus entziehen will, schon einen Schritt näher gekommen.

Fachsimpelei, ich weiß.

Lass die Geschichte ruhig so, mich hat sie schließlich zum Träumen angeregt.

Das ist es doch, was man erreichen will, oder?

Also, Grüsse und andere Geschichten, bei denen ich keine Chance zu meckern habe.

Bis dahin,
Marcus
 

Markus Saxer

Mitglied
Hallo Marcus

Merci für Deine Antwort. Natürlich will man als Autor nicht nur lauter Seelenbalsam und Lobhudeleien hören (meckere also ruhig weiter), bringt einen ja nicht wirklich weiter, aber man ist natürlich nicht ganz unglücklich, wenn in einer Kritik neben dem Negativen aus das Positive einer Story hervorgehoben wird. Immerhin brachte Dich meine Geschichte zum Träumen (vielleicht hat’s Dich dann und wann ja sogar ein bisserl gegruselt) – und das ist für einen Schreiberling ja schon ein ganz schöner Lohn, wenn man mit einem Text auch nur EINEN Leser unterhalten und zum Träumen bringen kann. Aber natürlich muss man sich stetig verbessern (Stichwort: Limit …), muss versuchen nach den Sternen zu greifen – auch wenn man am Ende nur einen Wolkenzipfel, oder gar nur eine Baumkrone zu fassen kriegt. Aber das weißt Du alles schon selbst, schreibst ja eh mehr als ich, wie mir scheint.

Bis bald!
LG, Markus
 



 
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