Gedichtmaschine

Stefan_Senn

Mitglied
BUH, hier spricht die Gedichtmaschine
Genosse Lyrikapperat
Verschling mich nicht
Schling meine Werke
Schmecken sie auch noch so fad
WASSOLLDENDASBITTE
Ein halbverdautes Stück marinierter Kalbsbraten
Reflektiert über sein kärgliches Dasein im Dünndarn
Und Schattenbilder sehnen sich nach Colorierung
OHOOHOMERKETAUFUNDSTAUNT
Lasse Viren war ein finnischer Langstreckenläufer
In den wilden 50ern
Und zweimal, verehrertes Auditorium
errang er olympisches Edelmetall
LASSTSIEFLIEGENDIETOMATENUNDDIEEIERDIEVERFAULTEN
Der greise Clown
Der Zahn der Zeit nagt nicht nur an seinem Körper
Auch die Kunst
Kontraktionen des Zwerchfells zu bewirken
Sollte von Zeit zu Zeit aufgefrischt werden
HEYERMUSSSICHNICHTERWEHERENDEMGEMÜSEBOMBARDEMENT
die greisen hüter der moral
die fratze des präteritums
sie MÜSSEN eliminiert werden
mutter, gesäumt ist mein lebensweg
von patronenhülsen
verwundet ist mein antlitz
doch ungebrochen der wille
AUSSERSTANDEISTERZUBRÜLLENHÖRTSEINRÖCHELN
meine füße taumeln
über unbeständigem untergrund
besiegt glaubt ihr mich
und im irrglauben seid ihr
DIEILLUSIONABERDIEHATTENWIRDOCHSCHONMAL
Küchenabfälle zu überhöhten preisen
der finale Strudel
reisst nur mit
die die gleiten
auf dem kielwasser der alten meister
ich schwebe in marinblauen sphären
und huldige den revolutionären
............................................................
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Stefan,

das Gedicht las ich, und musste na Majakowski denken. Eine merkwürdige Sache, denn ich hatte schon längere Zeit nicht an ihn gedacht. Es gibt enorme Unterschiede aber auch Ähnlichkeiten in der Poetik.
Der Titel: Gedichtmaschine - fürhte mich erst mal in Richtung Computerlyrik, da mich das interessiert, öffnete ich den Beitrag.

Und dann fand ich viel Besseres.
Ein Gedicht, das den Strom unserer zeit zeigt, ihre Probleme und (scheinbare) Ausweglosigkeit, die sich am Ende Bahn bricht in den marinblauen Sphären der Poesie.

Viele Grüße von bernd
 

dazone

Mitglied
Hallo zusammen!

Ich habe mir vor einniger Zeit vorgenommen, tatsächlich eine 'Gedichtmaschine' zu bauen bzw. zu programmieren. Das scheiterte jedoch an der mangelnden Zeit. Ich will es aber diese Jahr noch versuchen. Möchte damit vielleicht ein wenig dahinter kommen, inwiefern 'Poesie' sich sozusagen mit Algorithmen darstellen lässt. Ich fände es interessant, bei Poesie 'Technik' und 'Emotion' zu trennen... falls das geht. Es soll ein Experiment werden.
Falls etwas gescheites dabei herauskommt, werdet Ihr das irgendwann auf meiner Homepage finden: http://www.programmierte-poesie.de wo Ihr jetzt schon meine 'ganz menschlichen' Gedichte findet.

(Danke übrigens, Bernd für die Layout-Tipps mit den Gänsefüsschen. Das habe ich tatsächlich noch nicht bedacht. Werde es mal ändern!)

Aber auf jeden Fall ist das Gedicht grossartig!
Irgendwie hat man den Eindruck, dass es zwar überhauptnicht, aber doch total zusammenpasst und in sich einen Sinn ergibt.
Werde nochmal lesen und denken... und denken... und denken...


-oder mir einfach ein Programm schreiben, das das denken für mich übernimmt :)

Viele Grüße
David

P.S.: Ich habe schonmal im Internet eine ganz interessante 'Gedichtmaschine' gefunden:
http://www.in-chemnitz.de/guenter.gehl/poetron/gen.html
 



 
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