Gegen morgen

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Vera-Lena

Mitglied
Gegen Morgen

Die Haarsträhne nahmst du aus
meinem Gesicht.
Sie soll mir nichts wegnehmen,
sagtest du.

Herzpochende Lust
stieg in deine Fingerspitzen
und ich küsste die Wimpern dir
und suchte, dir Mond zu sein
und schmiegsames Gewässer
und spürte deine Kraft
und löste mich auf,
glitt über verschlungene Baumwipfel
in immer höhere Irgendwo,

wurde eine Öffnung
und fühlte dich
durch meine Brüste
hindurchwehen,
dass Anteil nähme
der stille Morgenstern,
Gefährte sei
dieser Verzückung,
als ich mich einwohnte
in Dich.
 
S

Sandra

Gast
Hallo Vera-Lena,

ich mag die Sprache,
ich mag die Romantik,
ich mag die behutsamen Beschreibungen,
die dein Gedicht ausmachen.

Es mag sein, dass dem ein oder anderen diese Zeilen zu verklärt sind, ich finde sie jedoch einfach wundervoll. Und ich lese diese Art romantische Liebebeschreibung sehr, sehr gerne. Es ist auch nicht leicht, in der Grammatik und in diesem Stil zu schreiben (zumindest nicht für mich ;) )
In dem fünfachen "und" erlese ich das Mühen und ewige Bestreben dem anderen alles und noch mehr zu sein. Ebenfalls das Empfinden, welches dieses Streben und sich Hingeben auslöst.

P.S. Wird Morgen als der frühe Tag nicht groß geschrieben?

LG
Sandra
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Sandra,

danke für Deine Beschäftigung mit dem Text!

Der Duden hat mir nicht eindeutig verraten können, ob gegen morgen, vielleicht doch groß geschrieben wird. Am besten erkundige ich mich bei Zeder, sie ist die Größe in puncto Garmmatik in der LL. Das heißt, eigentlich bedeutet es ja "gegen den Morgen hin" und müsste deswegen doch groß geschrieben werden.

Mit den "und" wollte ich zeigen, wie sich zunächst etwas zusammenaddiert, dass sich dann als Summe aber jeglicher Addition entzieht, weil es in etwas viel Größeres hinübergeglitten ist.

Ich denke auch, dass man in der Verschmelzung zunächst noch Einzelnes wahrnimmt,aber dann in eine derartige Rauschhaftigkeit gelangt, dass alles ineinanderströmt.

So wie Du das "und" deutest, das gefällt mir aber auch, es war mir aber während des Schreibens in dieser Weise nicht gegenwärtig.

Eine Verklärung sehe ich eigentlich nicht in dem Text, sondern ich bin fest davon überzeugt, dass die Verschmelzung zweier Wesen ja beständig im Universum stattfindet, und dass alle sich Verschmelzenden dadurch in diesen universellen Akt mit eingebunden sind.

Das ist für mich eher eine nüchterne Tatsache.

Wie schön, dass Dich dieser Text erfreuen konnte!
Dir noch einen schönen Abend.:)
Liebe Grüße von Vera-Lena
 
I

IKT

Gast
Weichheit und sinnliches Erleben, natürlich teilweise ein wenig "verklärt"! Genauso empfinde ich es, und es paßt. Manchmal muß es eben kuschlig, zärtlich, verklärt sein...:D
Zum "Morgen" - ja, groß schreiben.
Ansonsten gibts nicht zu meckern!
LG IKT
 

Montgelas

Mitglied
liebe vera-lena,

wenn ansonsten ordnung im haushalt
der gefühle herrscht,
da darf auch ein wenig verklärung sein ;)

meint

montgelas
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Iris,

Danke!

Ja, wenn Du meinst, dass alles zueinander passt, dann bin ich froh.

Das "Morgen" werde ich jetzt ändern.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Montgelas,

ich denke schon, dass die Beiden wussten, was sie taten und insofern wird es sich wohl um einen geordneten Gefühlshaushalt gehandelt haben. Aber wahrscheinlich zielt Dein Kommentar mehr auf die Stimmigkeit in der Aussage über dieses emotionale Erlebnis ab. Und es freut mich das Du die "Verklärtheit" nicht als unstimmig empfindest.

Danke für Deine Antwort!:)

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

presque_rien

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

wie du es schaffst, Wörter und Formulierungen wie "Herzpochende Lust", "Mond", "der stille Morgenstern" zu verknüpfen - ich selbst meide solche Ausdrücke seit Jahren, aus Angst, dem Kitsch anheim zu fallen - wie du sie so gänzlich unprätentiös verbindest und eine Stimmung kreierst, die eine physische Wirkung entfaltet (bei mir zumindest) - das ist mir ein Rätsel (und das ist gut so).

Wenn mir jemand gestern gesagt hätte, man könnte ein rührendes Liebesgedicht unter Verwendung der Phrase "Herzpochende Lust" schreiben, hätte ich wohl gelacht.

Entschuldige - keine Textarbeit ;-).

LG,
Julia
 

Vera-Lena

Mitglied
Oh doch, liebe Julia,

das ist Textarbeit. Und als ich es fertig hatte, da wusste ich, dass es so sein muss wie es da steht, aber als die Worte kamen, dachte ich auch, was soll denn daraus werden?

Ich freue mich, dass Dich dieser Text so gültig, wie ich ihn empfinde, erreichen kann.

Danke für Deine Antwort, die mich sehr erfreut.
Einen schönen sonnigen Tag wünsche ich Dir.:)
Libe Grüße von Vera-Lena
 
E

El Lobo

Gast
in immer höhere Irgendwo,

Liebe Vera-Lena,
dies sinnliche Gedicht gefällt mir sehr gut.

Dennoch eine Frage und anmerkung:

"in immer höhere Irgendwo" das dünkt mich komsich, muss es nicht heissen: ........*höheres* Irgendwo?

Einen schönen Tag mit viel Sonne, Lachen im Gesicht wünscht Enzio
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Enzio,

ich denke schon dass es so richtig ist,
ich gaube es gibt keine "Irgendwos"
also den Plural von "Irgendwo".

Dass es der Plural ist wird aber vorher deutlich: "in immer höhere"

Ich habe das auch noch nirgends gelesen, dass jemand den Plural von Irgendwo verwändet hätte. Es ist aber bestimmt nicht falsch, so wie es da steht.

"in immer höheres Irgendwo" ist natürlich grammatikalisch auch richtig. Es macht aber eine andere Aussage.
Hier würde es darum gehen, dass man sich mit seinem Fühlen innerhalb eines schon vorher abgegrenzten Raumes befindet, in den man immer höher hinaufsteigt.

Ich wollte aber deutlich machen, dass das "Ich" in immer höhere Zonen unterschiedlicher Gebiete aufsteigt, die in ihrer Anzahl unendlich sind. Also man kommt mit diesem Aufsteigen an kein Ende, es geht immer noch höher.

Es freut mich, dass Dich der Text anspricht.:)
Danke für Deine Nachfrage und Deine guten Wünsche!
Auch Dir einen fröhlichen, lichtvollen Tag!
Liebe Grüße von Vera-Lena
 
E

El Lobo

Gast
Liebe Vera-Lena,
da ich keine farbliche Textteilung vornehmen kann kams wohl unklar rüber.

Nicht irgendwo wollte ich durch ein angehängtes *s* erweitern, sondern das Wort vor irgendwo durch ein*s* ergänzen, hab Sonne iM herzen, LG Enzio
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Enzio,

ich habe Dich schon richtig verstanden. Du meintest, dass ich mit dem "Irgendwo" im Singular bleiben sollte, "ein immer höheres Irgendwo" aber dann..... und jetzt gilt wieder alles, was ich Dir schon geschrieben habe, es wäre dann ein schon vorher festgelegter Raum des Fühlens usw.

Jetzt sind wir uns einig, denke ich....

:):):)
Liebe Grüße!
Vera-Lena
 

Venus

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

den Einstieg in dein Gedicht finde ich ganz besonders geglückt.
Die Wortwiederholung „dir“ in der 3. und 4. Zeile der zweiten Strophe wirkt etwas gezwungen auf mich. Vielleicht fällt dir dazu doch noch etwas ein?
Du beginnst dein Werk mit einem klarem, zeitgemäßen Bild, welches ein klein wenig an Kraft verliert durch den relativ trivialen Vergleich der „herzpochenden Lust“. Ich wage zu behaupten, dies ist die Schwachstelle in deinem Gedanken.

„Einwohnen in dich“
Ein offenes Bekenntnis. Welches mir sagen will, dass hier der Versuch zählt.

Es gefällt!

Lieben Gruß,
Gabi

PS:
Du hast einmal „dir/deine“ klein und „Dich“ am Ende groß geschrieben. War das Absicht?
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Venus,

danke für Deine Rückmeldung! Sie bedeutet mir viel.

Es ist wie immer, was an diesem Gedicht dran ist, weiß ich in cirka 2 Jahren,frisch geschrieben habe ich keinerlei Abstand dazu.

Die unterschiedliche Groß- und Kleinschreibung des "Du" ist mir nicht aufgefallen, aber sie gefällt mir.

Das "dir" in der 3. und 4. Zeile ist mir ganz wichtig.

In diesem Text erfolgt ja eine Verschiebung der Wahrnehmung bei dem Lyri. Zuerst nimmt es den Geliebten wahr, deshalb unbedingt die gehäuften "dir". Dann aber weitet sich das Bewusstsein, empfindet in der Verschmelzung etwas Universelles, um dann abermals, aber auf einer höheren Ebene,das "du" zu empfinden, eben dann eigentlich schon als ein "wir".

Ich freue mich, dass Dir der Text dennoch gefällt:)

Ganz liebe Grüße von Vera-Lena
 



 
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