Geschlafen hab ich heut Nacht nicht

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Tabasco

Gast
Geschlafen hab ich heut Nacht nicht

Meine allerbesten Freunde
haben sich vor meinen Augen aufgelöst.
Und während ich langsam das Kabel berührte
waren sie längst alle weggedöst.

Da hat man sich mal zusammengerissen
um die eigene Schutzburg zu sprengen
und wenn ich so zitternd am Stromkabel hänge
weiß man nichts bess'res als abzuhängen.

Da war dieses Mädchen.
Ich fand sie sehr schön.
Ich hab mich gefragt, ob ich sie wiedersehe.
Sie hat den Abend lang zu mir geguckt,
was ich noch immer nicht richtig verstehe.

Ich glaub sie hat viel von der Bowle getrunken
und einmal hat sie mir zugewunken.
Da hab ich nur einfach schnell weggeschaut.

Der Kasper, der will sie auch schon seit langem,.
Er hatte beim Stolpern sie aufgefangen,
nur hat er sich leider nie mehr getraut.

Ich glaube eifersüchtig bin ich nicht.
Ich habe ja auch kein Recht dazu.
Denn selbst als ich merkte, sie will was von mir,
sah ich ihr lieber beim flirten zu,
als selbst mein Glück zu versuchen.

Ich geb mir jetzt noch 20 Sekunden,
dann ist so ziemlich alles vorbei.
Ja klar, ich bereuhe das ganze schon jetzt,
doch gleichzeitig bin ich endlich als "Ich" dabei.

Genau hier, genau jetzt.
Ich habe mich in der Zeit verschätzt.

Genau so, genau ich.
Mehr zum Sterben brauch ich nicht.

Hilfe hilfe. Leben zieht.
Die Augen, sie rollen im Kreise des Strudels.
Hilfe hilfe. Gedächnis zerfließt.
In meiner Magengegend sprudelt's.

Ein Schrei in der Stille,
er war nicht von mir.
Ein lautstarkes Krächtzen
und ich war es nicht.
Ein Quieken von draußen,
doch ich hänge hier.
Ein Todesgekreische
und ich mache Licht.

Helferkomplex, oh Helferkomplex,
da lass ich das Kabel doch rasch nochmal los.
Dann gehe ich raus, dann rett' ich die Frau
und setze sie männlich auf meinen Schoß.

Dann quassle ich von dummen Wichsern,
die Mädchen an die Wäsche geh'n.
Dann sag ich, ich würde sie allesamt töten,
sollte einer von ihnen vor mir steh'n.

Verliebte Blicke werden getauscht.
Es wird gefummelt und geküsst.
Und ach, wie schön: Die Sonne geht auf,
als wenn sie es zwanghaft tuen müsst'.

In all der Stumpfheit frag ich mich dann,
warum ich am Kabel nicht hängen blieb.
In all dieser Eintracht beschäftigt es mich,
wieso ich noch immer am Leben bin.
Im Glanze der Sonne gefällt sie mir nicht,
wirkt ferner als jeder Lottogewinn.

Der Plage entsprechend hab ich mich entschlossen
jetzt noch ein letztes Mal einzulochen,
um danach befriedigt am Kabel zu kochen.

Und alles schläft still.
Ich ficke, will sterben.
Und alles geht weiter,
im Himmel, auf Erden.

Wer will schon wissen, was ich zukünftig werde?
Wen intressiert's, ob ich ficke...oder sterbe?

Tabasco 2002
 



 
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