Anna Marie
Mitglied
Gruß an Rosie P.
Ein gnadenlos blitzblauer Himmel strahlt auf mich herab. Erschlägt mich fast.
Kein verdammtes Schäfchenwölkchen zu sehen. Und niemand, der mich hier abholt.
Cornwall! Endlich! Ich bin nach nur zweimaligem Umsteigen und einem, von einer fürchterlichen Reisekrankeit begleiteten Charterflug wieder da, wo ich immer schon sein wollte.
Naja, ein bißchen schlecht ist mir schon noch.
Aber der Blick in die Landschaft entschädigt.
Steile Küsten, rauschende Brandung, grün-weiß-lila getupfte, unendlich weite Hänge.
Könnte aber auch anders aussehen. Im Moment blicke ich etwas tränenverschwommen aus den Augen. Kleines Lüftchen hier! Dürfte noch dazu in die falsche Richtung wehen, oder warum sonst sehe ich die Kutsche nicht, die mich bringen soll auf das hochherrschaftliche Gut meiner Familie?
Jetzt stehe ich da mit meinen drei Koffern und der unförmigen Hutschachtel. Schön blöd!
Warum kommt ER nicht?
Wie wird es IHM wohl ergangen sein, ohne mich? Ob ER sich sehr verändert hat?
Bleibt zu hoffen, dass ER wenigstens mittlerweile die widrigen Umstände alle beseitigt hat, die uns damals, vor zwei oder fünf oder zehn Jahren so schrecklich zu schaffen machten und mich zu meiner überstürzten Abreise zwangen.
Vom Leben im Exil will ich erst gar nicht sprechen.
Der Wind hier ist auch nicht ohne. Bläst mir ins Gesicht und zersaust mein niedlich aufgetürmtes Haar unter dem rosa Wagenradhütchen. Mist! Ich wollte doch schön aussehen, wenn ich IHN wiedersehe.
Verflucht! Holt mich denn kein Schwein ab hier?
Wie lange muss ich mir denn noch die Füße in den Bauch stehen und glücklich aus der Wäsche gucken? Ob das jemand merkt, wenn ich jetzt ein kleines bißchen zornig mit dem Riemchenschuh aufstampfe auf das staubige Trottoir? Nicht, wenn ich dabei lächle.
Mein Kleid reicht bis zum Boden und bauscht sich ziemlich.
Der Sturm dürfte an Stärke zugenommen haben. Auch gut. Sieht man mich besser, so mit doppeltem Leibesumfang.
Huch, mein Hut! Und der ganze Müll, den es da plötzlich vom Bahnsteig aufwirbelt – Aua, eine Petflasche trifft mich. Die war aber noch nicht leer! Und Glucks und Kick und -
ich freue mich so auf’s Heimkommen.
Auf die Pferde. Die lustigen ehrgeizigen Mädels, die immer für die Dressur üben.
Die Jagdgesellschaft, das Hundegebell und den listigen, alten Fuchs, den Stallmeister.
Die gutmütige, verständnisvolle Perle. Wie eine zweite Mutter ... Mutter! Ach, wie wird sie sich fühlen, nun, da Vater von uns geritten ist. Schwerer Reitunfall! Was muss er auch noch in seinem Alter wie ein junger Hengst die rassige Vollblutstute besteigen?
Geliebtes Cornwall! Du wirst immer für mich da sein, das spüre ich. Und den beschissenen Orkan, der mich fast umbläst.
Holt mich doch endlich ab, ihr Taugenichtse!
Meint ihr etwa wirklich, ich nehme jetzt alle meine Koffer und gehe zu Fuß? Oder wie stellt ihr euch das vor?
Verflucht schwer, mein Zeugs!
Musste ich das wirklich alles einpacken? Oh, ich hasse mich und meine alle-drei-Tage-ein-neues-Kleid-Kaufsucht! Und nie passen die Schuhe dazu!
Hach geschafft! Ich bin schon am Bahnhofsausgang.
Moment mal! Was steht da auf dem hurrikanverwachelten* Ortsanzeigeschild?
NOMANNOWO.RY ? Liegt das nicht in Irrland?
Waren wir nicht in Cornwall verabredet?
ER mag Irrland. Das weiß ich.
Trotzdem.
Anmerkung: Rosie P. = Rosamunde Pilcher, Schreiberin von Liebesromanen (viel schöner als meine ;-) )
*verwachelt = umgangssprachlich für "verweht"
Ein gnadenlos blitzblauer Himmel strahlt auf mich herab. Erschlägt mich fast.
Kein verdammtes Schäfchenwölkchen zu sehen. Und niemand, der mich hier abholt.
Cornwall! Endlich! Ich bin nach nur zweimaligem Umsteigen und einem, von einer fürchterlichen Reisekrankeit begleiteten Charterflug wieder da, wo ich immer schon sein wollte.
Naja, ein bißchen schlecht ist mir schon noch.
Aber der Blick in die Landschaft entschädigt.
Steile Küsten, rauschende Brandung, grün-weiß-lila getupfte, unendlich weite Hänge.
Könnte aber auch anders aussehen. Im Moment blicke ich etwas tränenverschwommen aus den Augen. Kleines Lüftchen hier! Dürfte noch dazu in die falsche Richtung wehen, oder warum sonst sehe ich die Kutsche nicht, die mich bringen soll auf das hochherrschaftliche Gut meiner Familie?
Jetzt stehe ich da mit meinen drei Koffern und der unförmigen Hutschachtel. Schön blöd!
Warum kommt ER nicht?
Wie wird es IHM wohl ergangen sein, ohne mich? Ob ER sich sehr verändert hat?
Bleibt zu hoffen, dass ER wenigstens mittlerweile die widrigen Umstände alle beseitigt hat, die uns damals, vor zwei oder fünf oder zehn Jahren so schrecklich zu schaffen machten und mich zu meiner überstürzten Abreise zwangen.
Vom Leben im Exil will ich erst gar nicht sprechen.
Der Wind hier ist auch nicht ohne. Bläst mir ins Gesicht und zersaust mein niedlich aufgetürmtes Haar unter dem rosa Wagenradhütchen. Mist! Ich wollte doch schön aussehen, wenn ich IHN wiedersehe.
Verflucht! Holt mich denn kein Schwein ab hier?
Wie lange muss ich mir denn noch die Füße in den Bauch stehen und glücklich aus der Wäsche gucken? Ob das jemand merkt, wenn ich jetzt ein kleines bißchen zornig mit dem Riemchenschuh aufstampfe auf das staubige Trottoir? Nicht, wenn ich dabei lächle.
Mein Kleid reicht bis zum Boden und bauscht sich ziemlich.
Der Sturm dürfte an Stärke zugenommen haben. Auch gut. Sieht man mich besser, so mit doppeltem Leibesumfang.
Huch, mein Hut! Und der ganze Müll, den es da plötzlich vom Bahnsteig aufwirbelt – Aua, eine Petflasche trifft mich. Die war aber noch nicht leer! Und Glucks und Kick und -
ich freue mich so auf’s Heimkommen.
Auf die Pferde. Die lustigen ehrgeizigen Mädels, die immer für die Dressur üben.
Die Jagdgesellschaft, das Hundegebell und den listigen, alten Fuchs, den Stallmeister.
Die gutmütige, verständnisvolle Perle. Wie eine zweite Mutter ... Mutter! Ach, wie wird sie sich fühlen, nun, da Vater von uns geritten ist. Schwerer Reitunfall! Was muss er auch noch in seinem Alter wie ein junger Hengst die rassige Vollblutstute besteigen?
Geliebtes Cornwall! Du wirst immer für mich da sein, das spüre ich. Und den beschissenen Orkan, der mich fast umbläst.
Holt mich doch endlich ab, ihr Taugenichtse!
Meint ihr etwa wirklich, ich nehme jetzt alle meine Koffer und gehe zu Fuß? Oder wie stellt ihr euch das vor?
Verflucht schwer, mein Zeugs!
Musste ich das wirklich alles einpacken? Oh, ich hasse mich und meine alle-drei-Tage-ein-neues-Kleid-Kaufsucht! Und nie passen die Schuhe dazu!
Hach geschafft! Ich bin schon am Bahnhofsausgang.
Moment mal! Was steht da auf dem hurrikanverwachelten* Ortsanzeigeschild?
NOMANNOWO.RY ? Liegt das nicht in Irrland?
Waren wir nicht in Cornwall verabredet?
ER mag Irrland. Das weiß ich.
Trotzdem.
Anmerkung: Rosie P. = Rosamunde Pilcher, Schreiberin von Liebesromanen (viel schöner als meine ;-) )
*verwachelt = umgangssprachlich für "verweht"